Der zweite Golfkrieg (1990-1991): Verteidigung des Völkerrechts oder hegemoniales Bestreben ? Eine Kriegsursachenforschung D I S S E R T A T I O N zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften vorgelegt dem Fachbereich der Politikwissenschaften Promotionsausschuß der Universität Kassel Datum der Disputation: 14. November 2005 von Mansur Khan Diplom Politikwissenschaften (M.A. International Relations) Kaiserslautern ______________ - Referent: Prof. Dr. Christoph Scherrer - Korreferent: Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt - Dem Dekanat eingereicht am: - Hundertmorgenring 65, 64546 Mörfelden-Walldorf - Telefon des Verfassers: 06105 403723 II I N H A L T S V E R Z E I C H N I S Seite E I N L E I T U N G 1 1. Problematik: Fragestellung und Forschungsziele 1 2. Abgrenzende Fragestellung 2 3. Untersuchungsmethode 9 1. Stand der Forschung 9 Theorie 2. Das Definieren von Macht im Bereich der Internationalen Beziehungen 82 2.1 Erkenntnisleitende Thesen der Arbeit die untersucht werden müssen 84 2.2 Macht als Ressource, Ziel oder Kontrolle 85 2.3 Eine Zusammenfassung vom Begriff Macht 92 2.4 Differenzierung zwischen Macht und Herrschaft 93 2.5 Von der Macht zur Herrschaft Begriffsdefinitionen 95 2.6 Das Sicherheitsdilemma 96 2.7 Quintessenz des Begriffs Macht als operrationalisierender Gegenstand 98 2.8 Der Begriff Macht als erkenntnisleitendes Interesse der US Außenpolitik 99 3. Kriegsursachenforschung 100 3.1 Aggressionstheorien 103 3.2 Die Mißperzeptionsthese der Kriegursachenforschung 105 3.3 Theorie der Hegemonialpolitik 111 3.4 Die „Totrüstung“ der Sowjetunion und das Ende der Bipolarität 118 3.5 U.S. hegemoniale Ambitionen am Golf: 1989 – 1990 124 3.6 Die Interregnumsperiode zum Hegemonialstatus der USA am Golf 128 3.7 Der Golfkrieg als Wegbereiter zur Hegemonialmacht der USA 131 3.8 Die „Neue Weltordnung“ der USA 134 3.9 Die Hegemonietheorie als Erklärung für den 2. Golfkrieg 136 3.91 Theoretisches Resümee: Realismus als Theorie und Praxis 138 III 3.92 Resümee der theoretischen Kriegsursachenforschung 141 Vorgeschichte des Konflikts 4. Historisches Verhältnis der USA zur Golfregion 152 4.1 Exploration- und Penetrationsphase der USA im Mittleren Osten 152 4.2 Die Golfregion rückt ins Zentrum der US Interessen 154 4.3 Das spezielle Verhältnis zwischen den USA und Saudi Arabien 156 4.4 Der 2. Weltkrieg und die Bedeutung des Erdöls für die USA 157 4.5 Die Nachkriegsordnung der USA und der Mittlere Osten 160 4.6 Die US Position bezüglich Kuwait und die Suez Krise 164 4.7 Verdrängung der Briten und Etablierung der US Vormachtstellung am Golf 164 4.8 Der dritte US Irak Krieg als weiterer Ölkrieg 165 Die Golfkrise und der 2. Golfkrieg 1990-1991 5. U.S.-Irak Beziehungen nach dem Ersten Golfkrieg 167 5.1 Die USA verlangen Zugriff auf das irakische Erdöl 170 5.2 Irak-Kuwait Beziehungen nach dem Ersten Golfkrieg 171 5.3 Präsident Bush übernimmt die Kontrolle über die Irakpolitik 175 5.4 Vorbereitungen der U.S.A. auf die Krise im Golf 177 5.5 U.S.-Kuwait Beziehungen vor dem Golfkrieg 180 5.6 Die Finanzielle Verstrickung zwischen Kuwait und den USA 185 5.61 Die Ökonomische Situation in den U.S.A. 185 5.62 Insidergeschäfte vor dem Golfkrieg 190 5.7 Die Inszenierung der Golfkrise 191 5.71 Der April Glaspie-Saddam Hussein Dialog 201 5.8 Die US Ölpolitik verschärft die angespannte Lage zwischen Irak und Kuwait 209 5.9 Erneutes grünes Licht für Saddam Hussein von Politikern im US Senat 212 6. Die Vorbereitung der Bush Regierung auf den Golfkrieg 216 6.1 Bushs Behauptung, die Vorbereitungen am Golf seien ausschließlich defensiv 217 6.2 Die Zeitabstimmung für den US Angriff gegen den Irak 219 6.3 Die Medien in den USA und ihr Einfluß auf den Golfkrieg 220 6.31 Der Sprachmord des Pentagons und der Medien 225 IV 6.32 Die Ausschaltung der Opposition in den USA 227 6.4 Die Babybrutkasten Lüge: Psychologische Kriegsführung der USA 228 6.5 Die Instrumentalisierung der UN 234 7. Die Gründe der Bush Regierung für den Golfkrieg 237 7.1 Die Lüge über das Atomprogramm des Irak 238 7.2 Der Mythos des unterbrochenen Ölflusses 241 7.3 Das Märchen von der Demokratie in Kuwait 244 7.4 Bushs Aussage, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe 247 7.5 Die Behauptung, Husseins ABC-Arsenal sei eine Bedrohung für den Frieden 248 7.6 George Bushs Saddam Hussein = Hitler Analogie 251 7.7 Die These der Bush Regierung, daß der Irak Saudi-Arabien angreifen würde 253 7.8 Die Abwendung von den Sanktionen 261 7.9 Die geplante Restaurierung Kuwaits 263 8. Desasterdiplomatie 264 8.1 Der Weg in den Krieg 284 8.2 Warum griff der Irak Kuwait an? 288 8.3 Das Täuschungsmanöver des 2. Golfkriegs 292 8.4 Der Amerikanische Triumph im Golfkrieg 294 8.5 Mit dem Golfkrieg wurden die USA zur Hegemonialmacht am Golf 295 8.51 Über den Golfkrieg zur Beherrschung der Erdölreserven im Mittleren Osten 297 8.52 Das Öl als Hegemonie-Instrument 301 8.6 Die Bilanz des Golfkriegs 304 8.7 Resümee über den 2. Golfkrieg 306 8.8 Der Griff nach der Hegemonie 313 Epilog: 9. Die konsequente Implementierung der Hegemonie 326 9.1 Schlussbetrachtung 335 V LITERATURVERZEICHNIS 338 Anhang 10. Danksagung 357 10.1 Selbständigkeitserklärung 358 10.2 Lebenslauf 359 - 1 - EINLEITUNG I. Problematik: Fragestellung und Forschungsziele Zum Thema zweiter Golfkrieg existiert mittlerweile eine Menge an Literatur, die sich vage in zwei Teile einordnen läßt. Zum einen die prä-2001 Golfkriegsliteratur, die tendentiell den Irak als Aggressor und insbesondere Saddam Hussein als expansiven Herrscher darstellt. Ab ca. 2001, mit der Amtsübernahme der Bush Administration, besteht jedoch die Tendenz den 2. Golfkrieg differenzierter zu analysieren, um so einen größeren Wert auf die Interessen der USA, bezüglich des Krieges, zu richten. Meines erachtens war die wissenschaftliche sowie die popular-wissenschaftliche Golfkriegsliteratur, der ersten Phase, zu sehr auf die irakische Aggression, bzw. Expansion ausgerichtet und ignorierte daher primär die Motive für eine US Dominanz, der äußerst wichtigen geo-strategischen Region des Mittleren Ostens, sowie die sich hierdurch bietende Möglichkeit einer globalen US Hegemonie. Oft besteht die literarische Tendenz, ohne Rückgriff auf die diplomatische Geschichte, Urteile über das Thema abzugeben. Dadurch entsteht die Gefahr von Analysen mit Wissenslücken, die unvollständig oder gar unplausibel, bzw. falsch sind. Aber auch die Literatur nach 2001 erweist sich als primär mangelhaft wenn es darum geht die Kriegsursachen zu ergründen. Um diesen Unzulänglichkeiten entgegenzuwirken soll die Arbeit einen Beitrag zur Frage leisten: Was sind die Ursachen, die erst zur Golfkrise und dann zum Golfkrieg führten? Hierbei soll die US-Außenpolitik im Bezug auf die Golfkrise von 1990 untersucht werden und die Frage ob diese schon im Vorfeld einen ausschlaggebenden Einfluß auf die sich anbahnende Golfkrise ausübte? Es gilt daher zu analysieren: Waren die Aussagen der Bush Administration mit denen sie den Golfkrieg rechtfertigte, glaubwürdig, oder basierten sie auf einer rhetorischen Realpolitik, um die Golf Region zu dominieren? Anders ausgedrückt, muß eruiert werden ob die Aussagen der US-Regierung mit ihren Handlungen am Golf während der Krise und des Krieges übereinstimmten. Hiermit soll ein Beitrag zur Kriegsursachenforschung des 2. Golfkrieg ermöglicht werden. Durch eine Analyse der Golfkriegsliteratur sollen Lücken empirischer und theoretischer Art aufgespürt werden, mit denen theoretische Erkenntnisse zu gewinnen sind, die dann die Kriegsursachen theoretisch erklären können. Die wissenschaftliche Relevanz besteht in der Kriegsursachenforschung bezüglich des 2. Golfkriegs. Hierbei müssen u.a. folgende Fragen beantwortet werden: War der Krieg für die - 2 - USA ein hegemonialer Krieg? Oder waren Misperzeptionen auf beiden Seiten für den Krieg verantwortlich? Dies sollen die beiden Hauptansätze der theoretischen Analyse sein, auf denen die Arbeit basiert. Dazu sollte auch untersucht werden ob die damalige Konstellation der Mächte eine bedeutsame Auswirkung auf den Krieg hatte? In wie fern die Charaktere der Hauptakteure über den Werdegang der Krise entschieden? Und ob auch der Irak versuchte seine eigene Hegemonie mit der Invasion Kuwaits zu etablieren? Mein eigener Beitrag ergibt sich u.a. aus den obengenannten Fragen sowie die folgenden Thesen, die analysiert werden müssen: Die Bush Regierung benutzte die Golfkrise um ihre Hegemonie am Golf zu etablieren. Saddam Hussein dachte die USA würden ihn nicht angreifen, falls er in Kuwait einfallen würde. Die Annexion Kuwaits war für die Ölpolitik der Bush Administration nicht akzeptabel. Bei der US-Irak Politik spielte der Rohstoff Öl eine maßgebliche Rolle, so daß der 2. Golfkrieg auch ein Ölkrieg der USA war. Die USA benötigten Ende 1990 auf Grund ihrer schweren Rezession einen Krieg, um ihre Wirtschaft zu sanieren. Der militärisch-industrielle-Komplex (miK) in den USA drängte während der Golfkrise 1990 zum Krieg, weil er damals von massiven Kürzungen betroffen war und da der Kalte Krieg beendet schien. Das Ende der Biopolarität zwischen den Supermächten signalisierte, mit dem Golfkrieg 1991, den Anfang hegemonialer Bestrebungen der USA. Der Irak versuchte mit der Invasion Kuwaits seine regionale Hegemonie zu forcieren. Der Golfkrieg beruhte auf Misperzeptionen beider Hauptakteure. Eine elitäre Gruppe, die sich um Präsident Bush geschart hatte, stellte Saddam Hussein in Kuwait bewußt eine Falle, um Realpolitik in der geostrategisch wichtigen Region betreiben zu können. Bei dem Golfkrieg der Bush Regierung ging es, entgegen deren Aussagen, nicht um moralische Prinzipien, sondern um Machtpolitik im Stil der Realisten. II. Abgrenzende Fragestellung zur Problematik Falls die offiziellen Aussagen der Bush Administration nicht mit deren Handlungen und Taten übereinstimmen, mit denen der Krieg am Golf zur Notwendigkeit erklärt und gerechtfertigt wurde, muß die gesamte US-Außenpolitik in bezug auf die Irak-Kuwait-Krise neu ergründet werden. [Die Erklärungen hierzu werden im Teil Stand der Forschung von zahlreichen Autoren präsentiert.] In diesem Fall drängen sich fast unweigerlich weitere Fragen auf. Fragen wie: Was waren die wirklichen - wahrscheinlich verschwiegenen realpolitischen Ziele, - der Bush Administration vor der Golfkrise und später im Golfkrieg? Suchte die Bush Administration - 3 - eine diplomatische Lösung der Krise, oder wurde diese bewußt unterlassen um einen Vorwand für einen Krieg mit dem Irak haben zu können? Ebenfalls muß dann diesbezüglich eruiert werden, ob die Bush Regierung den Sanktionen, die sie gegen den Irak im Weltsicherheitsrat implementierte, eine faire Chance gab damit diese greifen konnten? Und ob die UN die Rolle einer fairen unabhängigen supranationalen Institution bewerkstelligen konnte, für die sie ursprünglich geschaffen worden war? Die massive Bombardierung des Irak läßt die Induktion plausibel erscheinen, daß die USA nicht nur am Rückzug der Iraker aus Kuwait interessiert waren, sondern, daß sie das Ziel verfolgten, den Irak als potentielle Regionalmacht zu entwaffnen, was seiner Neutralisation oder Eliminierung als Regionalmacht gleich käme. War also das Hauptmotiv der Bush Regierung wirklich die Verpflichtung die "unprovozierte Aggression" des Iraks gegenüber Kuwait nicht hinzunehmen? Die der damalige US-Präsident George Bush mit den Worten: "This will not stand . . . this aggression against Kuwait," prägnant zusammengefaßt hatte. Ferner sollte untersucht werden, ob es sich bei der irakischen Invasion Kuwaits, am 2. August 1990, um eine "unprovozierte Aggression" gehandelt hatte. Letztendlich müssen die Aussagen der Bush Administration kritisch hinter fragt werden, denn diese änderten sich ständig während der Golfkrise (2. August 1990 - 15. Januar 1991) und ließen deshalb ein Gesamtkonzept in Form von offiziellen US-Aussagen vermissen.1 Auch die geo-strategisch ökonomische Beschaffenheit der Region des Nahen Ostens muß, was die US Außenpolitik betrifft, berücksichtigt werden. Pragmatisch muß daher eruiert werden ob die US-Regierung Interessen bezüglich der Kontrolle der Welt-Erdölvorräte hatte, vor allem im Bezug auf die damals neuen aufsteigenden Triadenmächte Europa und Japan/Südostasien? Aus Sicht der internationalen Beziehungen muß ergründet werden, ob die Bush Regierung nicht im Stil der Realpolitik handelte, um ihre Interessen in der Golfregion zu sichern bzw. zu erweitern, sprich, ob es sich nicht um eine Machterweiterung der USA in der Golfregion handelte und ob diese vielleicht auch auf Kosten ihrer Verbündeten in Europa und Japan realisiert wurde? Falls die erwähnte Machterweiterung statt gefunden hat, wird sie sich wahrscheinlich in wirtschaftlicher, militärischer und politischer Sicht entfaltet haben. Diese hegemoniale Absicherung, im Sinne der Realpolitik, müßte dann auch theoretisch analysiert werden, um möglicherweise eine These hervorzubringen, die das realpolitische Verhalten der Bush 1 Hübschen, Jochen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Edition Ergon Verl., Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 108 f. - 4 - Administration, während der Golfkrise und dem darauf folgenden Krieg erklären kann. Eine solche Erklärung müßte sich mit der Hegemonietheorie befassen, oder zumindest mit deren Teilen und Elementen. Natürlich muß auch die traditionelle Kriegsursachenforschung im theoretischen Sinne berücksichtigt werden, um ggf. Erkenntnisse im Bezug auf den Golfkrieg abzuleiten und theoretisch zu verwerten. Wenn möglich, soll eine Theorie oder These entwickelt werden, die das Geschehen der Golfkrise und des Golfkriegs (1990-1991) plausibel erklären kann. Die rein militärische Thematik des Golfkrieges wird nicht in Betrachtung gezogen, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Innenpolitisch muß ebenfalls analysiert werden, ob die Bush Regierung nicht von der eigenen Krise, sprich Rezession von 1990 im eigenen Land, die sie schwer belastete, ablenken wollte? Diese Rezession wurde Ende 1990 für die Bush Administration, bzw. die republikanische Partei immer mehr zur Blamage, von der es galt Abstand zu gewinnen, wenn auch nur in Form einer Ablenkung (i.e. Golfkrise und Golfkrieg). Daher besteht die Möglichkeit, daß die Bush Administration auch in diesem Sinne auf einen erfolgreichen Krieg im Golf setzte, denn historisch gesehen waren militärische Intervention bzw. Kriege für US-Präsidenten fast immer ein Mittel um ihre Popularitätskurve in die Höhe schnellen zu lassen.2 Auch auf irakischer Seite muß innenpolitisch eruiert werden, ob der durch den verheerenden 1. Golfkrieg (1980-1988) geschwächte Irak unter Saddam Hussein mit seiner Invasion Kuwaits nicht „die Flucht nach vorne“ gesucht, bzw. erzwingen wollte, vor allem da der Irak nach diesem langen Krieg im Ausland hoch verschuldet war. Hoffte also Saddam Hussein, sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die seit Existenz des Iraks bestehende Grenzstreitigkeiten mit Kuwait zu beseitigen, sowie seine (Auslands)schulden auf einen „Schlag“ loszuwerden? Im Bereich der internationalen Beziehungen muß auch der Frage nachgegangen werden, ob die damalige Bush Administration das Ende der Biopolarität antizipierte und den Zeitpunkt als äußerst günstig sah, um in der Golfregion ihre Hegemonie durchzusetzen. Anders artikuliert, nach dem klaren voranschreitenden Niedergang der Sowjetunion, war der US Führung bewußt geworden, daß nun eine einzigartige Chance bestand den Mittleren Osten zu dominieren, da die Sowjetunion realpolitisch einfach nicht mehr in der Lage war, sich gegen eine massive (militärische) US Involvierung in der Region zu wehren? Stimmt es also, daß 2 Grässling, Jürgen: Lizenz zum Töten? Wie die Bundeswehr zur internationalen Eingreiftruppe gemacht wird, Knaur Verl., 1997 München, S. 76. Vgl. auch Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege - Verschwörung und Krieg in der US-Außenpolitik, Grabert, Tübingen 1998. Die Ausnahme ist in diesem Fall der US-Irak-Krieg von 2003, der bis heute andauert. - 5 - über den Irak-Kuwait-Konflikt die Bush Administration ihre Chance sah, ihre angekündigte „Neue-Weltordnung“ zu implementieren und somit auch die Ölressourcen der Region zu kontrollieren? War dies also ein Versuch der Bush Administration die Hegemonie zu erlangen? Falls dies zutrifft muß aber ebenfalls hinterfragt werden, ob auch der Irak versuchte eine Art Vormachtstellung mit seiner Invasion Kuwaits zu erlangen? Wie erwähnt ist es wichtig zu ergründen ob zwischen den Hauptentscheidungsträgern (u.a. Bush und Hussein) gravierende Mißverständnisse existierten, die letztendlich zur Golfkrise führten oder diese zumindest eskalieren ließen? Oder ob diese Misperzeption von der Bush Administation geschickt ausgenutzt wurde, um die Hegemonie in der Region zu erlangen. Diese Arbeit soll die verschiedenen Faktoren und potentielle Entstehungs-Szenarien analysieren, die als mögliche Ursache und Erklärungen für den 2. Golfkrieg dienen könnten. Es ist unwahrscheinlich, daß nur ein einziges Szenario den 2. Golfkrieg verursachte, eher wahrscheinlich ist eine Kombination von Szenarien. Dennoch sind dabei die zuvor erwähnten Thesen der Hegemnonie & Misperzeption die wichtigsten. Eine kurze Auflistung dieser geht von folgenden potentiellen Kategorien der Szenarien oder Ursachenerklärungen aus: Die Hegemoniethese die besagt, daß die USA den Golfkrieg als Wegbereiter für ihre Dominaz benutzten, um damit eine militärische Präsenz in der geo-strategisch-ökonomisch wichtigen Region zu bekommen und somit eine entscheidende Kontrolle über die essentiellen Ölvorräte der Region ausüben zu können. Laut dieser These ist die Kontrolle dieser Region, mit 2/3 der Weltölvorräte, unumgänglich wenn die USA Hegemonialmacht werden wollen. Was im Umkehrschluß schlicht bedeutet: Ohne diese Region ist keine Weltherrschaft möglich! Das Misperzeptions Szenario besteht aus der Annahme, daß die Hauptentscheidungsträger sich mißverstanden und daher die Erwartungen und Pläne der anderen Seite falsch einschätzten. Es läßt sich in folgende Kategorien einteilen: 1.) Das wichtige Treffen zwischen US Botschafterin April Glaspies und Saddam Hussein verursachte fatale Mißverständnisse, eine Woche vor der irakischen Invasion Kuwaits. 2.) Das Fehlen einer eindeutigen US Abschreckungspolitik dem Irak gegenüber, da die USA keine eindeutige Warnung an Saddam Hussein schickten. 3.) Saddam Hussein dachte, die USA würden den Irak nicht angreifen, da ihre Verluste für die US Gesellschaft zu hoch seien. - 6 - Charaktere der Hauptentscheidungsträger: 1.) Saddam Husseins diktatorischer Charakter löste die Krise und damit den Golfkrieg aus. 2.) George Bushs Charakter verschuldete den Krieg, da er mit wenigen Mitarbeitern, etwa 8 anderen Mitgliedern, seiner Administration sich schon Anfang August 1990 dem Kriegskurs zugewandt war und diesen als realistisch ansah, um die Situation im US Interesse zu revidieren. 3.) Beide Staatsoberhäupter, George Bush und Saddam Hussein verstanden die jeweils andere Kultur und Gesellschaft nur mangelhaft. Daraus ergaben sich Fehleinschätzungen bezüglich der Aktionen und Reaktionen des Gegners während der Krise. 4.) Saddam Hussein ging von falschen militärischen Annahmen aus, da er falls es zu einem Krieg mit den USA kommen sollte, diesen im klassischen Sinne des Guerilla-Krieges gegen die USA führen wollte. Er dachte diesbezüglich an den Vietnamkrieg, mit einem ähnlich geführten hoffte er, den US Truppen so viele Verluste zuzufügen, daß diese sich zurückziehen würden, da in den USA die Proteste gegen einen solchen blutigen und verlustreichen Krieg extrem unpopulär sein würden. Ungelöste Konflikte, Streitigkeiten und Differenzen zwischen den regionalen Akteuren: 1.) Die Grenzstreitigkeiten zwischen einerseits Irak und Kuwait (Inseln, Rumailah Ölfeld), und andererseits Irak und Iran (Shatt al Arab Grenzflußmarkierung). 2.) Kuwaits überschreiten der OPEC Ölförder Quoten. Ideologische Konflikte: 1.) Der Konflikt zwischen der sekulären Baath Partei im Irak und der „fundamentalistischen„ Regierung im Iran seit 1979, der u.a. zum 1. Golfkrieg zwischen den beiden Staaten führte, brachte nach diesem Krieg (1980-88) einen militärisch gestärkten Irak hervor. Dieser sah sich mit seiner Baath Ideologie als Führungsnation der Araber im Mittleren Osten. Dennoch bestand eine ideologische Rivalität mit dem ägyptischen, syrischen und saudischen Führungsanspruch in der arabischen Welt. Als Anfang 1990 Saddam Hussein seinen Führungsanspruch äußerte, waren jedoch nicht nur andere arabische Nationen besorgt, sondern auch die USA sahen einen solchen Führungsanspruch als ein Hindernis für ihre Interessen in der gesamten Region an. Der Erste Golfkrieg als Ursache und Ursprung des Zweiten Golfkriegs 1.) Keiner der Konflikte und Streitigkeiten des ersten Golfkriegs wurde gelöst: Der Grenzverlauf zwischen Irak und Iran blieb generell umstritten. Auch die stets umstrittene - 7 - Grenze zwischen Irak und Kuwait wurde trotz des Bündnises zwischen den beiden Staaten im ersten Golfkrieg nicht gelöst, und belieb als ein ständiger Störfaktor bestehen, der in angespannten- oder Krisenzeiten zu eskalieren drohte. 2.) Der 1. Golfkrieg führte zu einer starken Verschuldung des Irak, dies führte zur Invasion Kuwaits, da Saddam Hussein hoffte, damit seine Schulden tilgen zu können und den Wiederaufbau seines Landes zu beschleunigen. 3.) Irak blieb Aufrüstungsseiger und war daher stärkste Militärmacht unmittelbar nach diesem Krieg mit territorialen Ambitionen in Kuwait. Die Machtverschiebung der internationalen Beziehungen: 1.) Die Veränderung der Machkonstellation in der Region (und der Welt) nach dem die Sowjetunion enorm geschwächt war war gravierend, da die Bipolarität nach dem Ende des Ost-West-Konflikts kaum noch existierte. Der Fall der Berliner Mauer signalisierte dies schon 1989. Der Ost-Block brach förmlich auseinander und die Sowjetunion war primär bemüht ihre eigene Auflösung zu verhindern, so daß die USA „freie Hand“ im Mittleren Osten hatten und sich nicht mehr um ein Eingreifen der Sowjetunion dort sorgen mußten. Ohne diese neue Konstellation der Mächte wäre eine militärische US Intervention in der geo- strategisch wichtigen Region des Mittleren Ostens kaum möglich gewesen, da das Risiko einer militärischen Konfrontation zwischen den Supermächten viel zu groß gewesen wäre. Kurzum, läßt sich sagen erst das militärische Machtvakuum durch Schwächung der S.U. machte den Krieg für die USA möglich. 2.) Saddam Hussein schien dies vorausgesehen zu haben, da er in Reden Anfang 1990 mehrmals darauf hinwies, daß die Araber wegen des Wegfalls der S.U. vorsichtig sein müssen, da dieser den USA ermöglichte nun direkt in das Geschehen in der Region einzugreifen. Diese Reden können daher als Warnung an arabische Nationen gedeutet werden, vor allem an jene die eng mit den USA verbunden waren, wie z.b. Ägypten. Die ökonomische Lage verursachte den 2. Golfkrieg: 1.) Wie schon erwähnt, war möglicherweise die schlechte wirtschaftliche Lage des Iraks ausschlaggebend für dessen Invasion Kuwaits. 2.) Nach 8 langen Jahren eines sinnlosen Krieges erwarteten die Iraker eine Befreiung von der wirtschaftlichen Katastrophe, die der Irak-Iran Krieg verursacht hatte, aber das Regime hatte keine Lösung für diese Probleme, da viele Kredite aus dem Ausland nun gesperrt waren. - 8 - Die einzige mögliche Antwort war höchstwahrscheinlich eine „Kompensation“ in der Form einer irakischen Invasion Kuwaits, mit der das irakische Regime hoffte die Bevölkerung zu beruhigen. 3.) Aber auch die USA waren im Herbst 1990 von einer schweren Rezession betroffen, die drohte, die Bush Regierung zu diskreditieren: Stichwörter waren damals der Banken und Sparkassen-Skandal in den USA, der mit bis zu $ 500 Mrd. den US-Steuerzahlen belastete. Eine Art Ablenkung von dieser innenpolitischen Misere war für die Bush Administration essentiell wichtig, vor allem da diese wieder gewählt werden wollte. 4.) Auch die bedrohlich schlechten Zeiten 1990 für den m.i.K. in den USA, wegen der erwarteten „Friedensdividende“ nach dem Mauerfall und der Auflösung des Ost-Blocks, trugen dazu bei, daß Anhänger der Aufrüstung in den USA auf einen lukrativen Krieg (im Mittleren Osten), inklusive neuem Feindbild (Saddam Husseins Regime) hofften. Dies würde einerseits das kommunistische Feindbild ersetzten, bzw. ablösen, der US Ökonomie wieder Auftrieb geben und somit auch innenpolitische Probleme wie Arbeitslosigkeit beseitigen. Andere mögliche Faktoren die den 2. Golfkrieg ausgelösten oder zu seiner Auslösung beigetragen haben, müssen auch untersuchte werden, wie z.B.: (1) Ein diplomatisches Scheitern der Akteure. (2) Der Einfluß der Medien und ihre Propaganda. (3) Die Instabilität der Region. (4) Israels Bestrebungen Iraks Militärpotential zu neutralisieren oder reduzieren. (5) Militärische Aufrüstung der Region. (6) Das Fehlen eines regionalen Allianz-Systems im Mittleren Osten, oder das Scheitern eines solchen. (7) Die Konspirationsthese, daß die US-Regierung den Irak durch eine zielbewußte Täuschung dazu bewegte in Kuwait einzufallen, um damit einen Vorwand zu haben den Irak angreifen zu können. Es spricht etwas für diese These, da Belege und Dokumente aufgetaucht sind, die in diese Richtung deuten. (8) Der Kapitalismus / Neo-Kolonialismus & Imperialismus, da dieser Kriege in Rezessionszeiten benötigt, um existenzfähig zu bleiben. Besonders die US Geschichte hat immer wieder gezeigt, daß Kriege ein probates Mittel waren um eine Rezession zu überwinden. (9) Die Rivalität zwischen einem relativ geeinten Norden gegen einen eher geteilten Süden, die nach der Ablösung des Ost-West-Konflikts nun die Form eines Nord-Süd-Konflikts, in den internationalen Beziehungen, angenommen hat, bei dem der 2. Golfkrieg von 1991 nur die Anfangsperiode eines weitaus größeren globalen Konflikts darstellt. (10) Die Möglichkeit, daß nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, eine Art Unordnung in den internationalen Beziehungen ausgebrochen ist, die zum 2. Golfkrieg führte. Dies würde bedeuten, daß nach der Ablösung der Bipolarität temporär eine Art fragile Multipolarität die internationalen Beziehungen bestimmte, bis die USA mit dem 2. Golfkrieg - 9 - (1990-1991) die Chance ergriffen diese Multipolarität durch ihre Unipolarität zu ersetzen. Getreu dem Realismus würde dann jede Nation versuchen in einer unsicheren ungeordneten Welt ihre Macht zu erweitern, um zumindest ihre Sicherheit zu gewährleisten. III. Untersuchungsmethode Die Arbeitsmethoden welche angewandt werden sollen, entspringen dem empirisch- analytischen Wissenschaftsverständnis. Quantitative sowie qualitative Informationen werden berücksichtigt. Das Ziel ist die komparative Gegenüberstellung der Aussagen der Bush Regierung und ihr Wahrheitsgehalt, bzw. der Frage, stimmen diese Aussagen mit den Ereignissen der Golfkrise und des Golfkriegs überein? Oder gab es Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten, die es gilt zu analysieren? Dies soll an Hand einer literarischen Text Analyse analysiert werden, welche die diversen Reden und Dokumentationen der Bush Regierung auf die Möglichkeit idealistischer Rhetorik gegenüber realpolitischen Verhalten überprüft. Auf die gleiche Art sollen auch die Motivationen des irakischen Regimes verifiziert werden, um letztendlich die Kriegsursachen des 2. Golfkriegs aufzuspüren. Die Arbeit wird primär auf das Fachgebiet der internationalen Beziehungen zurück greifen. Konzepte wie Realismus, Hegemonie, Kriegsursachenforschung und das Sicherheitsdilemma, sowie Begriffe wie Macht werden analysiert und ggf. entsprechend definiert, damit der Golfkrieg theoretisch und pragmatisch eruiert werden kann. 1.0 Stand der Forschung zum Thema zweiter Golfkrieg (1990-1991) Die analytische Aufarbeitung des Golfkrieges erfolgte unter verschiedenen Aspekten. Einige Autoren schrieben umfangreichen Studien und Dokumentationen, bei denen der militärische Verlauf sowie irakische Rüstungsambitionen im Bereich der ABC-Waffen im Mittelpunkt der Analysen standen, hierfür wären Hartmut Zehrer, Anthony Cordesman und Abraham R. Wagner exemplarisch. Cordesman und Wagner konzentrierten sich spezifisch auf die militärischen Abläufe und Ereignisse des 2. Goflkriegs, in ihrem voluminösen Werk The Gulf War Band 4.3 Dies tat auch Zehrer in dem Buch Der Golfkonflikt - Dokumentation, Analyse 3 Cordesman, Anthony / Wagner, Abraham R.: Lessons of Modern War, Vol. 4., The Gulf War, Boulder (Col): Westview Press 1996, S. 964. - 10 - und Bewertung aus militärischer Sicht4, während Morris M. Mottale in seinem Buch The Origins of the Gulf Wars bedingt darauf einging.5 Diese Arbeiten zeigen eher deutlich, daß der Irak kein angemessener Gegner für die USA und ihre Streitkräfte waren (auch wenn westliche Medien oft das Gegenteil suggerierten). Es zeigt sich schnell, daß der Irak hoffte den Krieg im Sinne eines klassischen Land- und Abnutzungskrieg zu führen, ähnlich dem Irak-Iran Krieg oder dem Vietnamkrieg, während die USA eine völlig neue Kriegsform verwirklichten, die primär eine Luftkrieg war und durch modernste techologische Überlegenheit den Irak schnell und vernichtend schlug.6 Andere Autoren wie z.B. Ken Matthews, mit seinem Werk The Gulf Conflict and International Relations, hinterfragten die Rolle der UNO beim Golfkonflikt und Krieg.7 In diesen Werken wurde oft daraufhingewiesen, daß die USA nach dem Kalten Krieg es schafften, die UNO dazu zu bewegen, ihren Krieg gegen den Irak fast vollständig zu unterstützen. Die USA nutzten dafür den Zugang zu ihrem einflußreichen und wichtigen Wirtschaftsmarkt, sowie zahlreiche Bestechungen um gewisse UNO-Mitglieder zur Verurteilung des Iraks zu bewegen. Daher argumentierten zahlreiche Autoren folgerichtig die UNO habe damals nicht so funktionierte wie sich dies ihre Erfinder vorgestellt hatten. Auch diese Werke sind hinsichtlich der Kriegsursachenforschung als zweitrangig einzustufen, da sich nicht erklären können, warum es eigentlich 1991 zum Krieg am Golf kam. Über die humanitären Auswirkungen der UNO-Sanktionen schrieb vor allem der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark, sowie Rania Masri, Sarah Sloan, David Sole, Allan Connolly, Marie Braun und Ken Freeland.8 In ihren Analysen wird klar, daß die Sanktionen mit fortschreitender Zeit, ob nun gewollt oder nicht, immer mehr einen Genozid verursachten. Auch wurde argumentiert, daß primär die Zivilbevölkerung, für einen nicht gewählten Diktator (Saddam Hussein) schrecklich leiden müsse, und daß dies moralisch weder vertretbar noch akzeptabel sei. Hier sei erneut erwähnt, daß diese Literatur keine Ergebnisse in Kriegsursachenforschung liefern kann. 4 Zehrer, Hartmut (Hrsg.): Der Golfkonflikt - Dokumentation, Analyse und Bewertung aus militärischer Sicht, Mittler & Sohn Verl., Herford / Bonn 1992, S. 568. 5 Mottale, Morris M.: The Origins of the Gulf Wars, University Press of America, Lanham, New York, Oxford 2001, S. 154 f. 6 Watson, Bruce W / George, Bruce, MP / Tsouras, Peter / Cyr, B. L.: Military Lessons of the Gulf War, Greenhill Books, London 1991, S. 91, 77, 216. 7 Matthews, Ken: The Gulf Conflict and International Relations, Routhledge, London 1993. Vgl. auch: The United Nations and the Iraq-Kuwait conflict, 1990-1996, UN Publications, New York 1996, S. 846. 8 Vgl. z.B.: Clark, Ramsey: Challenge to Genocide: Let Iraq Live, International Action Center, N.Y. 1998. Clark, Ramsey: The children are Dying - The impact of Sanctions on Iraq, New York: World View Forum 1996. - 11 - Es existieren auch einige Arbeiten zur Medienpolitik des 2. Golfkriegs. Hervorzuheben wären hier die Dissertationen von Philip M. Taylor, Andreas Bohlen und Christina Ohde, sowie Douglas Kellners Studie.9 Diese Dissertationen beurteilen die (anglo) amerikanische Medienpolitik durchwegs kritisch, in dem sie zeigen, wie gesteuert und regierungstreu sich die Medien in den USA verhielten. Zu einer sinnvollen öffentlichen Debatte über einen US- Krieg am Golf kam es daher erst gar nicht, obwohl statistisch des öfteren nachgewiesen war, daß über 50% der US Bevölkerung zunächst nicht für kriegerische Maßnahmen dem Irak gegenüber waren, nur wenn keine dieser Maßnahmen greifen würde, waren sie letztendlich bereit, Krieg zu führen. Zwar sind diese Studien interessant, können aber ebenfalls nichts substanielles zur Frage der Kriegsursachenforschung beitragen. Die Golfkriegsliteratur soll primär nach vier von mir ausgesuchten Kriterien analysiert werden, diese beinhalten folgendes: Wird der allgemeine Kontext des Golfkrieges berücksichtigt, existiert Platz für die Innenpolitik des Irak oder das Verhalten von Saddam Hussein und wird das wichtige Gespräch zwischen Hussein und April Glaspie, der US Botschafterin, erwähnt oder ignoriert und viertens wird die diplomatische Geschichte adequat berücksichtigt. Den Versuch, den Golfkrieg in einen größeren Kontext zu stellen, vollzogen nur wenige Autoren. Im deutschen Sprachraum zählen hierzu z.B. Werner Ruf, Henner Fürtig / Rolf Müller-Syring, Jochen Hippler und Kai W. Dierke. Während Ruf und seine Mitautoren ideologisch argumentieren und im Golfkrieg ein Beispiel dafür sehen, daß die USA ihre gegenwärtige Führungsrolle hegemonial voll ausspielten und unter Instrumentalisierung des UNO-Sicherheitsrates eine neue Struktur des Weltsystems durchsetzten, in dem "ein geeinter Norden einer zerrissenen und machtlosen 2/3-Welt gegenübersteht".10 (Ruf sprach daher von der Ablösung der Bipolarität durch eine von Instabilität gekennzeichnete „neue Welt-Un- Ordnung“). Ruf berücksichtigt den allgemeinen Kontext um den Golfkrieg, die Innenpolitik des Irak wird kurz gebracht und das wichtige Gespräch zwischen A. Glaspie & S. Hussein 9 Taylor, Philip M.: War and the Media - Propaganda and Persuasion in the Gulf War, Manchester, Manchester University Press 1998. Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Westview Press, San Francisco 1992. Bohlen, Andreas: Die sanfte Offensive –Untersuchungen zur Verwendung politischer Euphemismen in britischen und amerikanischen Printmedien bei der Berichterstattung über den Golfkrieg im Spannungsfeld zwischen Verwendung und Mißbrauch der Sprache, Diss. Potsdam Univ., 1992. Ohde, Christina: Der Irre von Bagdad – Zur Konstruktion von Feindbildern in überregionalen deutschen Tageszeitungen während der Golfkrise 1990/1991, Diss. Münster Univ. 1993. 10 Ruf, Werner (Hrsg.): Vom Kalten Krieg zur heissen Ordnung? Der Golfkrieg - Hintergründe und Perspektiven, Lit Verlag, Münster 1991, S. 215. Vgl. auch: Jochen Hippler: Krieg am Golf - Modellkrieg für die Dritte Welt?, in: Jahrbuch Dritte Welt, München 1992: Beck 1991, S. 86-101. - 12 - wird auch erwähnt; die diplomatisch Geschichte wird zwar berücksichtigt, aber leider etwas zu kurz. Fürtig/Müller-Syring fragen über den Golfkrieg hinaus, nach den Ursachen gewaltförmiger Konflikte in der Region.11 Henner Fürtig sieht multiple Ursachen für den 2. Golfkrieg: 1. Keine der Widersprüche des ersten Golfkriegs (Irak-Iran Krieg) wurden gelöst. Diese sind Grenzstreitigkeiten, ideologische Differenzen, die Aufrüstung beider Staaten, wobei der Irak als klarer Aufrüstungssieger aus dem 1. Golfkrieg hervorging, die enorme Verschuldung beider Staaten durch diesen Krieg, die zur instabilen ökonomischen Lage der Region führte, vor allem da primär die Golfstaaten und Saudi Arabien den Irak finanziell massiv unterstützt hatten. 2. Keines der Regime der Region besitzt eine demokratische Legitimation. 3. Das immense Gefälle an Ressourcen Verteilung und die sich daraus ergebende Machtkonstellation im Mittleren Osten führt zur Labilität. 4. Das Fehlen eines „Gravitationszentrums“ wie zu Nassers Zeit, das für mehr Stabilität sorgte, sowie der ideologische Konflikt der Ba´th Partei zwischen dem Irak und Syrien. 5. Die Entstehung von Büdnissen nach dem ersten Golfkrieg innerhalb der arabischen Staaten, die teilweise entgegengesetzte Ziele und Interessen hatten (Gulf Cooperation Council v.s. Arab Cooperation Council). 6. Die Ölpreispolitik der OPEC Staaten in der Golfregion, besonders nach dem 1. Golfkrieg. 7. Die Auswirkung der Iranische Revolution von 1979. 8. Die Überproduktion Kuwaits und der VAE, die im August 1988 anfing und bis zum 2. Golfkrieg anhielten und den Irak Milliarden von Dollar bitter benötigen Einnahmen kosteten, da hierdurch der Ölpreis massiv fiel. 9. Die Äußerung Saddam Husseins, daß Kuwait aus dem Rumailah-Erdölfed durch Schrägbohrugnen Öl im Wert von $ 2,4 Mrd. gestohlen habe.12 10. Die Fehleinschätzung der US-Regierung vor der Kuwait-Krise. Diese, so Fürtig, sei primär darin zu sehen, daß die USA mit den Ereignissen in Europa (Mauerfall) und der zerfallenden Sowjetunion sowie der Entwicklung einer neuen Iran-Politik beschäftigt waren, während sie die Ereignisse zwischen Irak und Kuwait vernachlässigten. Diesbezüglich zitiert 11 Fürtig, Henner / Müller-Syring, Rolf (Hrsg.): Ursachen gewaltförmiger Konflikte in der Golfregion - Internationale und zwischenstaatliche Faktoren, Peter Lang Verl., Frankfurt am Main / Berlin / Bern / New York / Paris / Wien 1993, S. 210. 12 Ebenda, S. 71-84. - 13 - er General Colin Powell der noch im Juli 1990, als Chef der Vereinigten Stabschefs der US- Streitkräfte, erklärte: `War in the Middle East is not a serious prospect, in spite of warlike rhetoric in the region.` Fürtig anschließlich wörtlich: „Die USA-Regierung unternahm weder einen ernsthaften Versuch Saddam Hussein in die internationale Ordnung zu integrieren, noch ihn merkbar abzuschrecken.“13 Diese Zitat ist präzise und korrekt, aber die darauf folgende Erklärung ist zu einseitig, da Fürig den Fehler begeht sich nicht mit den diplomatischen Vorgängen, die zum Zweiten Golfkrieg führten, zu beschäftigen. So mutmaßt er: „In der Quintessenz beschränkte die amerikanische Mißinterpretation der Vorgänge am Golf im ersten Halbjahr 1990 die Variationsbreite möglicher Reaktion der Administration. Die überragende Bedeutung der Region für die Erdölversorgung des Westens erzwang nach der Annextion Kuweits durch Irak a priori schon eine hohe Prioritätsstufe für eine Antwort der amerikanischen Regierung und der mit ihr in der NATO verbündeten Staaten. Aber nun war durch das nahezu gänzliche Fehlen ausformulierter, variantenreicher Vergeltungsmaßnahmen eine Situation entstanden, in der letztlich nur militärische Mittel, der Krieg schlechthin, übrig blieben.“14 Hier irrt er, da er die vielseitigen und unfangreichen diplomatischen Versuche die Krise zu beenden, oder zu mindest zu entschärfen einfach ignoriert, die u.a von der irakischen Seite gemacht wurden. Diesbezüglich zitiert er auf der gleichen Buchseite zwei britische Nahost-Autoren: Nach der Etablierung von ´Desert Shield` und der Erlangung von militärischer Erstschlagskapazität der Alliierten in der saudi-arabischen Wüste Ende November 1990 gab es für Saddam Husein kaum noch den Weg einer `gesichtswahrenden Lösung`. J. Bulloch (sic) und H. Morris ist zuzustimmen, wenn sie anführen: ´Diplomats said the (sic) first rule was always to leave your opponent an escape route, otherwise every confrontation would develop into a conflict.´15 Auch hier wird der allgemeine Kontext um den Krieg berücksichtigt, sowie die innenpolitische Lage des Irak; leider wird aber das wichtige Gespräch zwischen Glaspie und Hussein kaum erwähnt und die diplomatische Geschichte kommt eindeutig zu kurz zur Geltung. Jochen Hipplers Perspektive ist interessant, da er schreibt, daß die USA seit den 50er Jahren massiv an Wirtschaftskraft verloren haben. Der Golfkrieg von 1991 stellt für ihn daher den Versuch da, bei abnehmender Wirtschaftskraft, sich die Ölversorgung zu sichern, falls dies jedoch nicht ein Grund gewesen sein sollte, dann war zumindest das Interesse an niedrigen 13 Ebenda, S. 86-94. 14 Ebenda, S. 94. 15 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddam´s War – The Origins of the Kuwait Conflict and the International Response, London / Boston 1991, S. 182, zitiert in: Fürtig, Henner / Müller-Syring, Rolf (Hrsg.): Ursachen gewaltförmiger Konflikte in der Golfregion, S. 94. - 14 - Ölpreisen ausschlaggebend. Da in den USA bereits zu Beginn der Golfkrise darüber diskutiert wurde, daß die fragile US-Konjunktur schon bei einem Ölpreis von $25 pro Faß in eine Rezession abrutschen könnte. Der Irak hatte kurz vor der Krise noch versucht einen Ölpreis von eben $25 durchzusetzen, blieb an einer Öl-Hochpreispolitik interessiert und war somit ein Gegner der US-Wirtschaftspolitik. Ferner war der Irak (mit dem Iran) ein Gegner der feudalen Scheichtümer, die für Washingtons favorisierte Stabilität der Region als essentiel eingestuft wurden. Hippler konstatiert, daß der Golfkrieg unnötig war, da Beistandserklärungen zur Verteidigung Saudi Arabiens für dessen Sicherheit ausreichend gewesen wären, während der irakische Rückzug aus Kuwait durch ökonomische Maßnahmen (möglicherweise ergänzt mit militärischen Komponenten), sowie einem gesichtswahrenden Angebot an Saddam Hussein, druchaus ohne Krieg möglich war. Die einstigen vorgegebenen Ziele der Bush Adminstration, den Irak lediglich dazu zu bewegen sich aus Kuwait zurückzuziehen, wurden im Oktober 1990 völlig zu Gunsten einer Kriegspolitik umgeändert, die nun beabsichtigte, die Militärmaschine mit dem angeblichen A-, B- und C- Waffenpotentials, des Iraks, völlig zu zerstören.16 Dabei verweist Hippler vorab auf die pro-irakische Parteinahme der Bush Regierung, als die Golfkrise förmlich drohte zu eskalieren. So beschreibt er prägnant, daß nicht nur die US Botschafterin im Irak, April Glaspie, Saddam Hussein freie Hand in der Kuwait Frage, zum äußerst brisanten Zeitpunkt gab, sondern, daß diese sehr bedenkliche diplomatische Haltung auch von einer Sprecherin des US-Außenministeriums vertreten wurde, als diese, rund eine Woche vor dem irakischen Einmarsch in Kuwait, wörtlich und offiziell bestätigt: „´Wir [die USA] haben keinerlei Verteidigungsabkommen mit Kuwait und es gibt keine besonderen Verteidigungs- oder Sicherheitsverpflichtigungen gegenüber Kuwait.`17 Diese Erklärung wurde vom Außenministerium in Washington bis zum irakischen Überfall nicht etwa korrigiert, sondern in hoher Auflage verbreitet.“18 Hippler befürwortet damit jedoch keine Konspriationstheorie, mit der die Bush Administration absichtlich die falschen Signale an Saddam Hussein übermittlen ließ, um dann einen Kriegsgrund zu haben, mit dem sie die militärische Entmachtung des Iraks in Gang setzen konnte. Statt dessen sieht er als US Ziele primär einen niedrigen Ölpreis, ein Stabilität im US Sinne, die von Saudi Arabien, Kuwait und anderen Golfscheichtümern durch die physische Gewährleistung der Ölvesorgung, sowie der Unterdrückung von nationalistischen oder revolutionären Tendenzen gesichert wird. Ein 16 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1991, S. 19, 117-120. 17 USIS, U.S. Policy Information and Texts, 25.7.1990, S. 12, zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, Hamburg 1991, S. 113. 18 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, Hamburg 1991, S. 114. - 15 - weiteres wichtiges Ziel war die Verhinderung der irakischen Vormachtstellung am Golf, die der Krieg ermöglichte und womit die US Führungsrolle in der Region gesichert wurde.19 Wodurch die Hauptgewinner eines solches Krieges ganz klar die USA (und ihre Verbündeten Israel) gewesen wären, da diese nun ihren Status als Supermacht, in der wichtigen Region und folgerecht in der ganzen Welt, etabliert hätten, womit sie ihre globalen Hegemonieansprüche, quasi mit einem mächtigen Schlag, fast realisiert hätten. Hippler analysiert bezüglich der irakischen Invasion Kuwaits: „Die Invasion hatte nichts mit Systemkonkurrenz, nichts mit dem Verhältnis zu den Großmächten oder ähnlichen Faktoren zu tun.“20 Für ihn existierten primär 3 Punkte weshalb der Irak Kuwait besetzte: 1. Sicherung des Zugangs zum Meer durch Annektion des kuwaitischen Hafens. 2. Eroberung der kuwaitischen Ölfelder, wodurch der Irak seine Ölvorkommen fast verdoppeln konnte und somit über 20 % der Weltreserven verfügte. 3. Durch die Verdoppelung der Ölreserven würde der Irak eine entscheidenen Einfluß auf die Ölpreispolitik der OPEC haben und somit die Öl-Preisgestaltung nach seinen Vorstellungen (Mit)bestimmen können, was sich höchstwahrscheinlich mittelfristig in höheren Ölpreisen bemerkbar gemacht hätte. Ferner konnte der Irak seine kuwaitischen Schluden mit der Invasion „gegenstandslos machen“.21 Die Begründung für den US geführten 2. Golfkrieg nur in der ökonomischen niedrig Ölpreispolitik der USA zu sehen, hält er für fragwürdig. Statt dessen verweist er auf drei weitere Interessen der USA im Bezug auf Kuwait, Saudi- Arabien und die anderen Golfscheichtümer. Diese haben seit dem 2. Weltkrieg wichtige Funktionen für die USA und westeuropäische Länder übernommen: 1. Die physische Gewährleitstung der Ölversorgung. 2. Eine konsistente Niedrigpreispolitik des Öls, die oft gegen die eigentlichen Interessen dieser Öl produzierenden Länder war und 3. Die Kontrolle und Bekämpfung nationalistischer sowie revolutionärer Bewegungen und Tendenzen. Hippler verweist auch auf eine entgegengesetzte Interessen Konstellation der Hauptakteure im 2. Golfkrieg: Irak und Iran haben starke gemeinsame ökonomische Interessen, wenn es um die Ölpreispolitik geht, obwohl beide im 1. Golkrieg gegeneinander erbittert kämpften. Beide sind generell für höhere Ölpreise und beide traten für den Sturz der feudalen Prinzenherrschaftsregime am Golf ein, wobei der Iran auch noch eine subversive Ideologie für die USA und den Westen darstellte, insofern dieser eine „Islamisierung“ der Region befürwortete und diese als einzige Alternative zum westlichen kapitalistischen System sieht. Die westlichen Interessen, vor allem durch die USA manifestiert, wollen einen generell 19 Ebenda, S. 118 f., 123 f. 20 Ebenda, S. 114. - 16 - niedrigen Ölpreis. Sie wollen die Golfregion beeinflußbar halten und wenn notwendig kontrollieren. Dieses Bestreben ergiebt sich durch ihr fragiles Wirtschaftssystem, das auf leicht ausbeutbare primär Energiequellen besteht, bzw. von diesen längst abhängig geworden ist.22 Hippler stellt das bedeutende Argument auf, daß: „Selbst wenn die USA auf das Öl der Golfregion verzichten könnten ..., andere Länder können das nicht.“ Er führt als Beispiel Frankreich und Japan an, die damals jeweils 35% bzw. 64% ihres Öl aus der Golfregion importieren. Wären diese Nation gezwungen vollständig auf das Öl zu verzichten wäre eine tiefgreifende Wirtschaftskrise unvermeidlich. „Und solche Krisen in den europäischen Ländern oder Japan hätten nach Meinung der USA auch die US-Ökonomie in den Abgrund stürzen können.“23 Öl ist daher unentbehrlich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ihrer Ökonomien, die primär auf Konsum ausgerichtet sind. Einen anderen Kriegsgrund der USA sieht er in der Schutzfunktion, die diese gegenüber den Golfscheichtümern vertreten mußten. So wäre es für die Reputation der US Regierung schlecht, gewesen wenn sie diesen Staaten wie Saudi-Arabien oder Kuwait nicht während der Krise beigestanden hätten. Ein solches im „Stich lassen“ gegenüber diesen hätte jenen Führern signalisiert, daß auf die USA in Krisenzeiten kein Verlaß ist und sie dazu veranlaßt, sich mit Bagdad zu arrangieren. Dies war natürlich nicht im Interesse der Bush Administration. Ein weiterer Kriegsgrund der USA bestand darin die „Massenvernichtungswaffen“ zu zerstören und die Militärmaschine des Iraks zu schwächen, dies wurde auch offiziell verkündet. Gelegentlich wurde auch der Sturz Saddam Hussein als Zielvorgabe genannt.24 Die ökonomischen Thesen Hippler bezüglich der Öl Abhängigkeit westlicher Staaten wie Frankreich und Japan sind sicher zu berücksichtigen, aber mit Hinsicht auf hegemoniale Tendenzen der USA kann auch eine andere Schlußfolgerung vertreten werden, die besagt, daß die US Regierung ihren Abstieg in wirtschaftlicher Hinsicht mit dem 2. Golfkrieg versucht hat zu verhindern. Insbesondere da die wirtschaftlich Dynamik der USA relativ zu ihren Hauptkonkurrenten der EU (angeführt von der BRD) und Japan, seit den 50er bis in die 90er Jahre, ziemlich kontinuierlich abnahm. Statistiken hierfür gibt es genug. Vor allem hatte eine ökonomische Schwerpunktverlagerung statt gefunden, in der Südostasien für die Weltwirtschaft immer wichtiger wurde.25 Um diesen Zustand abzuwenden und sozusagen noch einmal ein „Amerikanisches Jahrhundert“ im 21. J.H. zu etablieren, benötigte die US 21 Ebenda, S. 114 f. 22 Ebenda, S. 118 f. 23 Ebenda, S. 119. 24 Ebenda, S. 118 f. - 17 - Regierung die Besitzergreifung der Golfregion, da diese ca. 2/3 der weltweit bekannten Ölreserven beherbergt. Ohne diesen essentiellen Rohstoff, der das gesamte 20. Jahrhundert prägte, wären alle Versuche die wirtschftliche Dominanz erneut zu erlangen wohl hoffnungslos geblieben. Daher meine These: Der 2. Golfkrieg war somit ein hegemonialer Krieg, der dem Versuch entsprach „noch einmal das Ruder herumzureißen“, um wirtschaftlich nicht nur über eine günstige relativ billige Ölversorgung zu herrschen, sondern auch diese „Ölwaffe“ wenn nötig gegen wirtschaftliche sowie politische Nationen und Region anzuwenden, falls diese sich nicht der hegemonialen Politik Washingtons anschließen, bzw. unterwerfen wollen. Anders artikuliert: Die US Regierung hat nach dem Niedergang des gesamten Ost-Block Staatensystems, inklusive der Sowjetunion und dessen kommunistischer Ideologie realisiert, daß nicht nur dieses politische wirtschaftliche System anfällig für Rezessionen und Depressionen ist, sondern, daß auch das kapitalistische System der USA zahlreiche Rezessionen und Depressionen hinnehmen mußte, wie z.B. die schwerwiegende 1987er Rezession, die das ganze System an den Rand eines Zusammenbruchs brachte. Auch 1990 zeigte sich wie anfällig die US Ökonomie war, als die Bush Administration, die 1990er Rezession nicht mehr in den „Griff bekam“ und sogar deswegen 1992 die US- Präsidentschaftswahlen, trotz eines siegreichen Golfkriegs 1991, verlor. Es bestand anno 1989 /90 noch die Möglichkeit die US Ökonomie zu „zivilisieren“, d.h. die enormen Rüstungsausgaben zu reduzieren, wie einige Beobachter es favorisierten, da diese sahen was für gravierende Schäden die Rüstungsanstrengungen in der Sowjetunion anrichteten. Das Phänomen des „Totrüstens“ der Sowjetunion würde diesen zufolge nicht auf diesen Staat beschränkt bleiben; auch die USA muß sich nach universellen ökonomischen Gesetzen richten und läuft daher ebenfalls Gefahr ihrer eigenen Volkswirtschaft schweren Schäden zuzufügen, die eine weltweite Rezession auslösen kann. Die Beführworter einer „zivilisierten“ US Ökonomie wurden jedoch nicht erhöhrt und konnten sich nicht durchsetzen! Statt dessen förderte die US-Hochfinanz, die eng mit dem militärisch- industriellen Komplex verbunden ist, eine erneute kontinuierliche Aufrüstungsphase.26 Nach dem militärisch erfolgreichen 2. Golfkrieg, wurden massenweise US-Waffensysteme und deren Versorgungsmittel an Saudi-Arabien und andere Golfscheichtümer verkauft. Hiermit florierte erneut der US-Außenhandel und brachte Einnahmen und Investitionsgeldern in die US-Ökonomie zurück. Die US Regierung hatte damit längst einen „neuen“ Weg eingeschlagen. Da wirtschaftlich die EU 1992 zu einem noch größeren Markt heranwachsen 25 Ebenda, S. 19-23. - 18 - würde als die USA selbt, und auch Japan zunehmend die US Wirtschaft herausforderte und in einigen Bereichen längst überholt hatte (Automobil-Industrie ect.) sah Washington seine Wirtschaftsposition relativ geschwächt gegenüber diesen dynamischen Ökonomien an, dazu kam noch Ende der 80er Jahre, die prosperierenden Volkswirtschaften Südostasiens (China, Südkorea ect.), die ebenfalls (bis zur 1998er Rezession), drohten an Hand ihrer viel höheren Wachstumsraten, die US Ökonomie diesbezüglich langfristig zu überholen. Um dem effektiv entgegen zu wirken hatte Washington längst beschlossen primär auf die militärische „Karte“ zu setzen, um sozusgen „das Ruder nocheinmal herumzureißen“. Der 2. Golfkrieg war in dieser Hinsicht das alles entscheidene Ereignis, das dazu dienen sollte aller Welt zu zeigen, daß die USA noch lange nicht bereit seien ihren relativen Niedergang in der Weltpolitik zu akzeptieren, sondern, daß sie mit diesem hegemonialen Krieg die Weltherrschaft gegen Ende des letzten Jahrhunderts anstreben! Leider wird diese wichtige These bei Hippler nicht berücksichtigt. Hippler kann drei der vier Kriterien erfüllen, da der allgemeine Kontext um den Krieg, die Innenpolitik des Irak sowie Husseins Verhalten und das Glaspie Gespräch in seiner Analyse überzeugend berücksichtigt werden. Leider wird aber die diplomatische Geschichte bei ihm so gut wie gar nicht berücksichtigt. Kai Dierke versucht in seiner Dissertation „Krieg und Ordnung“, ausgehend von der hohen faktischen Konflikthaftigkeit des regionalen Subsystems Naher Osten einen theoretischen Bezugsrahmen für die Analyse regionaler Kriege im Nahen Osten zu entwickeln; seine zentrale Schlußfolgerung lautet, daß die zwischenstaatlichen Kriege direkt mit der Struktur der regionalen Ordnung korreliert sind.27 Anhand von drei Fallbeispielen, dem arabisch- israelischen Krieg 1967, dem ersten und dem zweiten Golfkrieg erläutert er seine These, daß diese Kriege nicht primär Ausdruck bereits lange bestehender zwischenstaatlicher Konflikte waren, sondern Versuche führender arabischer Staaten darstellten, eine regionale Hegemonialordnung zu etablieren. Auch diese Arbeit liefert keine Erkenntnise zur Analyse der Kriegsursachen des 2. Golfkriegs. Dierke kann leider keine der vier Kritieren erfüllen, da er kaum auf diese eingeht. Bezüglich der Entstehung des 2. Golfkriegs vertritt Amatzia Baram eine andere Sicht. Er stellt die gewagte Hypothese auf, daß die Verbesserung der irakisch-iranischen Beziehungen nach dem ersten Golfkrieg (Irak-Iran Krieg von 1980-88) schon bereits die Vorbereitungen für die Invasion Kuwaits waren. Zwar gibt er seinen Lesern keine weiteren Quellen für diese 26 Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Focus Verl., Gießen 1995, S. 166 f., 169. 27 Dierke, Kai W.: Krieg und Ordnung - Eine Studie über regionale Kriege und regionale Ordnung am Beispiel des Nahen Ostens, Diss. Peter Lang Verl., Frankfurt/Main 1993. - 19 - These, so daß man sie weder verifizieren noch falisfizieren kann, aber dennoch bleibt seine These interessant. Baram stellt besonders die von Saddam Hussein initiierte Annäherung an den Iran im April 1990 in den Vordergrung. Mit dieser Initiative, so Baram, hoffte Saddam Hussein seine östliche Flanke von der „iranischen Gefahr“ zu befreien. Hussein offerierte, dem damals amtierenden iranischen Staatschef Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, Konzessionen bezüglich des stets umstrittenen Grenzwegs, dem Shatt al-Arab, der ironischer Weise auch Grund gewesen war wieso Saddam Hussein überhaupt den Krieg mit dem Iran 1980 riskiert hatte.28 Auch wenn er zugeben muß, daß seriöse Differenzen zwischen den beiden Staaten weiterhin bestanden, so kam es doch zu bilateralen Treffen, die im Juni begannen, während weitere für den späten August 1990 geplant waren.29 Für Baram war daher klar, daß im späten April 1990 der Irak eine komplette Wendung vollzogen hatte: „Iraq had turned against its wartime allies, the United States and Britain, while trying to befriend it`s old anti-Western enemy, Iran.“ Während Saddam Hussein sich zu ersten Mal seit Camp David öffentlich gegen Israel richtete und damit die Führung in der arabischen Welt für sich beanspruchte, war für Baram das einzig fehlende Puzzelteil, die Feindschaft mit Kuwait und Iraks ehemaligen arabischen Kriegsalliierten, dieses würde sich dann auf dem arabischen Gipfel in Bagdad ereignen.30 Für Baram scheint folgendes festzustehen: In einem persönlichem Treffen zwischen Mubarak und Saddam Hussein, beschuldigte Hussein einige „arabische Brüder“ mit der Überschwemmung des Ölmarkts, was den Irak wirtschaftlich schwer traf. Es war für alle Beteiligten klar, welchen Staat Hussein hierbei gemeint hatte, da außer Kuwait hauptsächlich nur noch die Vereinten Arabischen Emirate, sich der Ölüberflutung des Markts schuldig gemacht hatten. Außerdem, und dies wußte man in der arabischen Welt, bestand nach wie vor, eine prekäre Grenzstreitigkeit zwischen dem Irak und Kuwait. Saddam Hussein nannte diese Aktion einen „... all-out war that gravely damaged Iraq.“ Und er bestätigte in seinem Privatgespräch mit Mubarak: „We have reached a point when we can no longer withstand pressure.“ Diese Worte, so Baram, zeigten eindeutig, daß Saddam Hussein nicht mehr glaubte, daß die Differenzen zwischen den beiden Staaten auf diplomatische Weise noch gelöst werden könnten. Und daher behauptet er wörtlich: „It seems that this was the moment 28 Al-Siyasa, May 10-11, 1990, in Foreign Broadcast Information Service (FBIS), May 14, 1990, p. 14 Tariq ´Aziz in Radio Amman, May 15, 1990, FBIS, May 15, 1990, S. 8. Bezüglich der positiven iranischen Resonanz siehe: Radio Muscat, May 13, 1990, in FBIS, May 14, 1990. p. 15. Beide zitiert in: Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 14 f. 29 Al-Siyasa (Kuwait), June 18, 1990; Associated Press from Kuwait, June 18, 1990; and al-Jazira, June 19, 1990, zitiert in: Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S.15. 30 Ebenda. - 20 - when Saddam decided to turn the Iraqi masses` frustration from a liability to an asset,…”31 Laut Baram wurde dieser Zeitpunkt Mitte Juli erreicht, als der Irak nunmehr sich zur Invasion unwiederruflich entschieden hatte.32 Also hatte Saddam Hussein sich für die „Flucht nach Vorne“ entschieden! Interessant ist das wichtige diplomatische Gespräche zwischen Saddam Hussein und der US Botschafterin April Glaspie, das sich nur eine Woche vor der Invasion ereignete, und von vielen Autoren der Literatur als das letzte „grüne Licht“ bezeichnet wird, das Saddam Hussein ermutigte die Invasion Kuwaits durchzuführen. Baram verweist darauf, daß April Glaspie nach diesem Gespräch zwar versuchte darauf hinzuweisen, daß die irakische Version dessen eine Art Fälschung sei, aber das State Department bestätigte, daß es zwar Auslassungen beinhaltete aber generell korrekt war. Baram bestätigt, daß in diesem Gespräch Saddam Hussein versichert wurde, die USA würden sich nicht in inner-arabische Angelegenheiten einmischen. Was übrigens auch die Position des State Departments war. Angesichts der drohenden Aufstellung von 6 republikanischen Garden an der Grenze zum Kuwait, erklärt Baram folgerichtig, daß dies definitiv keine Warnung war, um den Irak von einer Invasion abzuhalten. Hierzu läßt er seine Leser wissen, daß die Botschafterin auch nie eine Authorisierung verlagte, um gegenüber Hussein eine mahnendere Haltung einnehmen zu dürfen. Laut Baram wäre aber genau dies nötig gewesen, in Anbetracht Saddam Husseins nur dünn kaschierter Drohung, daß falls Kuwait sich nicht seiner Aufforderungen unterwerfe, er dem Iran Konzessionen machen würde (was ja wie wir bereits gesehen haben geschehen war [i.e. Grenzverlauf]), um dann Kuwait anzugreifen. Baram hält die nun folgenden Ereignisse für eine Fehleinschätzung der US Regierung, da er schrieb, daß das State Department und das Weiße Haus der Überzeugung waren, daß die irakischen Truppen an der Grenze zu Kuwait nicht für eine totale Invasion bereit waren und daher meinten Saddam Hussein würde nur blüffen! Diese Information muß jedoch als Schwachpunkt von Barams Analyse gesehen werden. Da längst bestätigt wurde, daß jene Information schlicht falsch ist! Denn Niemand geringer als Präsident George Bush sn. selbst hatte direkt nach der irakischen Invasion bestätigt, daß der US Geheimdienst die Sachlage 31 Die Ansprache des 30. Mai 1990 wurde ausgestrahlt, nachdem der irakisch-kuwaitische Dispute öffentlich wurde, siehe FBIS, 19. Juli, 1990, S. 21. Zitiert in: Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 16. Bezüglich Saddam Husseins Entscheidung siehe das Interview vom 10. September 1990, mit einem schiitischen Oppositionsführer, sowie gleiches am 5. Januar 1992, mit einem Ex- Hochrangigen-US-Beamten, sowie die Komsomolskaya Pravda, vom 5. Januar 1991, alle Zitiert in: Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 16. - 21 - richtig eingeschätzt hatte. Auf einer Pressekonferenz des 8.August 1990 wurde er nämlich befragt, ob der US Geheimdienst die Amerikaner „habe hängen lassen“. Seine Antwort kam prompt: „Nein, überhaupt nicht“ Im original Ton: „In his press conference of August 8, asked whether American intelligence ´had let us down,` he responded with a hearty ´not at all.`”33 Bram bestätigt noch, daß Saddam Hussein die US Botschafterin sogar gewarnt hatte, denn wenn man ihn beleidigte (was die kuwaitische Führung in seinen Augen ja fast permanent tat), sei er gezwungen darauf mit starken Maßnahmen zu reagieren, selbst wenn diese, so der Diktator, irrational wären. Saddam Hussein ging sogar noch weiter in seinen Warnungen an die USA, da er diese gegen jegliche Einmischung in die Beziehungen des Iraks mit Saudi- Arabien warnte. Falls die USA den Irak schaden würden, so dieser, würde der Irak die US Interessen ebenfalls schädigen. Explizit warnte er daher die USA Schritte zu unternehmen von den diese nicht mehr zurück treten könnten.34 Barams Analyse weist ein paar weitere Schwachpunkte auf. Zwar bestätigt er folgerichtig, daß Kuwaits Haltung dem Irak gegenüber merkwürdig war. Auf der einen Seite ging die kuwaitische Führung auf keine der irakischen Forderungen ein, ja blieb diesen gegenüber sogar arrogant, während sie jedoch öffentlich verkünden ließ, daß der Konflikt mit dem Irak eine arabische Lösung brauche und daher allen fremden Mächten mitteilte sich aus dem Konflikt heraus zu halten.35 Hier hätte Baram aber sehen müssen, daß es einfach irrational gewesen wäre, so dem weitaus mächtigeren Irak zu trotzen, ohne eine Rückversicherung zu haben, von eben jenen ausländischen Mächten, die Kuwait in einer Notsituation helfen würden. Baram scheint sich diesem Dilemma nicht bewußt zu sein, daß Kuwait hoffnungslos einer irakischen Invasion ausgeliefert sei, während seine Außenpolitik (Öl-Überproduktion und trotzige Haltung dem Irak gegenüber) eine solche Invasion immer wahrscheinlicher machte. An dieser Stelle scheint er nur unzureichend informiert zu sein, da die britischen Nahost Kenner Bulloch und Morris bereits folgendes, bezüglich der Golfkrise, bestätigten: „Kuwait erhielt geheime Zusicherungen amerikanischer Unterstützung für den Angriffsfall.“36 32 Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 17 33 Graubard, Stephen R.: Mr. Bush´s War – Adventures in the Politics of Illusion, I.B. Taurus & Co. Ltd. London & New York 1992, S. 111. Vgl auch: Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg – Chronologie einer programmierten Katastrophe, Edition Ergon, Pfungstadt bei Darmstadt 1993, S. 96 34 Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 22. 35 Ebenda, S. 23 36 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, 1. Aufl., Rowohlt Verl., Reinbek bei Hamburg März 1991, S. 34. - 22 - Barams Analyse verspricht jedoch auch einige Ungereimtheiten der Golfkrise zu erklären. Da er konstantiert, daß der Irak ursprünglich nur vor hatte die kuwaitischen Inseln und das umstrittene Rumaila Ölfeld zu okkupieren. Interersanter Weise war es das wichtige Gespräche mit April Glaspie, das Saddam Hussein völlig umstimmte den ganzen Kuwait zu besetzen. Saddam Husseins folgenschweres Argument war „it would make no difference [to the United States] how much of Kuwait was conquered.”37 Auf deutsch: “es würde für die USA keinen Unterschied machen, wie viel von Kuwait erobert werden würde.” Saddam Hussein selbst erklärt was ihn dazu brachte ganz Kuwait einzunehmen, obwohl zuvor nur eine partielle Einnahme des Ölscheichtums geplant war. Er sagte diesbezüglich in einem Interview über sein Gespräch mit April Glaspie, das eine Woche vor der Invasion stattfand: „I .... asked her to persuade [President Bush] to pressure Kuwait if necessary. She replied … ´the U.S. does not want to be involved in inter Arab disputes.` I then said: ´we do not want you to be involved either` … They said they would not interfere. In so saying they washed their hands. What response should I have waited for? We entered Kuwait four days later. Regardless [however], Bush rallied the world … and attacked Iraq. What was the problem? They had said that they would not intervene!”38 Hier zeigt sich die eklatante Fehleinschätzung Saddam Husseins bezüglich der US Außenpolitik in Bezug auf die Golfkrise. Hussein gab dieses aufschlußreiche Interview nur ein einziges Mal, aber dies reichte völlig, um seine Invasion zu erklären. Es geht daher eindeutig aus dem Interview hervor, daß Saddam Hussein nicht erwartet hatte, daß die USA sich in seinen Grenzkonflikt mit Kuwait einmischen würden. Dies wird mit seinem Zitat „What response should I have waited for?“ nur allzu deutlich, denn hier sagte er wörtlich: “Auf welche Art von Aufforderung (Seitens der USA) hätte ich denn noch warten sollen?” Deutlicher konnte auch er es nicht mehr ausdrücken! Er macht zwar einen zeitlichen Fehler als er dann behauptet „4 Tage später besetzten wir Kuwait“, denn es war in Wirklichkeit ein Woche später, nur um dann nochmals verblüft zu fragen: „What was the problem? They had said that they would not intervene!“ „Was war das Problem gewesen? Sie hatten gesagt, daß sie nicht eingreifen würden!“ Was bestätigt, daß er damals nicht mit einem Angriff der USA rechnete. Eine gewisse Authenitzität besitzte dieses Interview zudem, da er es nur einziges Mal gab, denn er mußte erkannte haben, daß er mit diesen vor seinem Volk als etwas inkompetent erschienen. Vor allem da er zuvor oft von einer (anglo)amerikanisch- 37 Aziz Interview mit Viorst in “The New Yorker”, S. 64-67. Vgl. auch: Aziz in Milliyet, 30. Mai 1991. FBIS, 4. Juni 1991, S. 13 f. 38 Saddams Interview in Hurriyet, 10. Februar 1992, in FBIS, 13. Februar 1992, S. 22-23, zitiert in: Baram, Amatzia / Rubin, Barry (Ed.): Iraq´s Road to War, MacMillan Press Ltd. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire and London 1994, S. 24. - 23 - zionistischen Konspiration gegen den Irak geredet hatte. Nun verweist Baram auf eine Ungereimtheit, da Saddam Hussein mehrmals verlauten ließ, die USA und die Zionisten würden ein Komplott gegen den Irak schmieden. Warum dann Kuwait besetzen und damit diesen einen Vorwand geben, um den Irak zu zerstören? fragt Baram berechtigter Weise, um gleich die Antwort mitzuliefern. Warum, so Bram, hatte Hussein es nicht auf die sichere Art getan und nur den nördlichen Teil Kuwaits (wie wohl ursprünglich geplant) besetzt. Seine Antwort hierauf war eine solche „Mini-Invasion“ hätte die finanziellen Probleme des Irak nicht gelöst. Um etwas später mitzuteilen, daß für Saddam Hussein das Risiko akzeptabel gewesen war, denn mit einer Invasion ganz Kuwaits hatte er nicht nur das Ölreichtum Kuwaits beschlagnahmt, sondern er konnte auch noch die Golf-Araber durch Terror und Drohung völlig unterwerfen und sich als Held der Araber präsentieren. Zumal Hussein das Risiko eines US Angriffs als ziemlich niedrig einschätzte und darauf setzte, daß die Saudis ihre historische Rolle beibehalten würden und keine Fremden Truppen in ihr Land reinlassen würden.39 Barams fragte also diesbezüglich warum Saddam überhaupt eine Invasion Kuwaits druchführte, da er doch derjenige war, der öfter über eine US-zionistische Verschwörung gegen den Irak gesprochen hatte? Hier scheint er zu vergessen, daß April Glaspie ihm ja das „grüne Licht“ für seine Invasion gegeben hatte, und daß im Mittleren Osten unter Arabern oft von Konspirationen gesprochen wird. Die Führer der arabischen Staaten benutzen diese Konspirationsthesen oft populistisch, um nachhaltige Unterstützung für ihre Politik zu bekommen. Retrospektiv gesehen erfüllt Barams dennoch alle, von mir, aufgestellten Kriterien, da er die allgemeine Lage zum Golfkrieg berücksichtigt, die irakische Innenpolitik analysiert, sowie das Verhalten Husseins und zuletzt auch noch das Gespräch zwischen diesem und A. Glaspie analysiert. Stephen Pelletiére zieht aus dem 2. Golfkrieg ziemlich andere Schlüsse. Seine Betrachtungen sind auch interessant, da er am Ende seines Buches Iraq and the International Oil System – Why America Went to War in the Gul“ der Frage nachgeht: Gab es bei der Golfkrise ein Komplott und wenn ja, wer steckte dahinter? Seine Schlußfolgerung diesbezüglich sind höchst unorthodox. Pelletiére geht davon aus, daß nach dem ersten Golfkrieg die Lage im Mittleren Osten zu ungunsten der USA entwickelt hatte. Denn die Iraker hatten einen Sieg über den Iran errungen, eine Sache, die das State Department stets für den Irak als unerreichbar eingestuft hatte. Laut Pelletiére war dies ein geostrategischer Verlust für die USA in der Region. Die USA versuchten nun nach dem Krieg wieder Kontrolle über Irak 39 Ebenda, S. 25. - 24 - und Iran zu bekommen. Eine Sache die Pelletiére für merkwürdig hält ist die Tatsache, daß das State Department bei seiner Beschließlung Sanktionen gegen den Irak zu erlassen so einstimmtig vorgegangen war. Dies ist sehr ungewöhnlich, erinnert uns Pelletiére, und verweist wohl auf eine gut koordinierte Zusammenarbeit einiger Führungskräfte. Ferner sieht er die öffentliche Anti-Irak Kampagne als eine Maßnahme um die (Welt)Bevölkerung davon zu überzeugen, daß die Sanktionen gegen den Irak implementiert werden würden. Pelletiére sieht es als berechtigt daran zu glauben, daß es tatsächlich ein Komplott gegen den Irak gab. Er sieht in erster Linie die Israelis hinter diesem Komplott, da die kongressionellen Aktivitäten im hohen Maße von den Unterstützern Israels gelenkt wurden. Israel würde auch ein Hauptinteresse daran haben gegen den Irak militärisch vorzugehen. Als weitere Komplizen in diesem Komplott sieht er die US Ölindustrie. Als Beweis zitiert er einen Artikel der Washington Post, die ja von jeher als das Sprachrohr Washingtons galt, in dem folgendes stand: „4 Arab States Seen in Position to Reclaim World Oil Control.“ Drei dieser Staaten – Saudi-Arabien, Kuwait und die UAE – waren bekannte Größen des internationalen Ölgeschäfts, aber der Vierte war Irak. Wenn der Irak in einer Position wäre die Ölpreise zu kontrollieren (was nach seiner Invasion Kuwaits ja nicht mehr abwegig war), würde dies die Interessen der Ölbranche in den USA äußerst schaden.40 Desweiteren zitiert Pelletiére einen Artikel des International Defense Reviews vom Juni 1989, der einen irakischen General befragte über dessen militärischen Pläne. Dieser gab zu, daß der Irak plante eine arabische Rüstungsindustrie mit Saudi-Arabien und Ägypten aufzubauen, also den drei stärksten arabischen Staaten. Die Araber sind jedoch die führenden Käufer der US Rüstungsindustrie, würden diese nun jedoch ihre eigene Rüstungsindustrie aufbauen, gäbe es kaum noch Gründe für diese Staaten Milliarden von Dollar für US Rüstungsgütter auszugeben!, so Pelletiére. Also erschien dieses Projekt als eine direkte Bedrohung für US Rüstungsinteressen. Abschließend beantwortet Pelletiére die nicht unwichtige Frage: War dies alles ein Komplott? mit der Antwort: Wahrscheinlich war es so. Seine Erklärung lautet: Es konnte nicht eine so einheitliche anti-irakische Kampagne, innerhalb der US Regierung, i.e. dessen Bürokratie, in einem so kurzen Zeitraum gegeben haben, ohne das es sich dabei nicht um ein Komplott handeln könne! Das unorthodoxe an dieser These ist jedoch Pelletiéres Ansicht, daß es sich dabei nicht um ein Komplott handelt, das von einer Elite gesteuert wurde, sondern, daß es sich hierbei um ein Komplott handelt, das von vielen Interessengruppen gelenkt wurde, um die Iraker zu schädigen, da diese jenen Interessengruppen wiederum 40 Pelletiére, Stephen: Iraq and the International Oil System – Why America Went to War in the Gulf, Praeger, Westport Connecticut / London 2001, S. 210-214. - 25 - schaden würden. Diese Interessengruppen sollen, laut dieser These, ziemlich unabhängig von einander gehandelt haben. Das Endresultat gab jedoch den Anschein eines klassischen Komplotts, war jedoch keins in diesem Sinne.41 Bei näherer Betrachtung ergiebt sich einiges an brauchbaren Ansätzen in Pelletiéres Ansichten. Sicher war Saddam Hussein der US Ölindustrie ein Dorn im Auge, zumindest als er Kuwait besetzen ließ und sich damit das gesamte Öl des Ölscheichtums aneignete. Dies konnte nicht ohne Aversion von Seiten der US Ölkonzernen gesehen werden, da der Irak nun mit dieser Invasion wörtlich übernacht seine Ölreserven verdoppelt hatte und nun nur noch von Saudi-Arabien diesbezüglich knapp übertroffen wurde.42 Daher wuchsen Ängste, der Irak könnte in relativ kurzer Zeit, die wichtige Position innerhalb der OPEC, die zuvor Saudi- Arabien als „Swing-Producer“43 inne hatte, diesem steitig machen und sich damit selbst zur Ölmacht Nummer eins am strategisch wichtigen Golf etablieren. Dies wurde verständlicher Weise von den US Ölfirmen als direkte Bedrohung ihrer Interessen angesehen. Auch das Argument mit der US Rüstungsindustrie, die bei einer irakisch-saudischen-ägyptischen Rüstungsindustrie viel zu verlieren hätte, ist keinesfalls aus der Luft gegriffen, sondern eine weitere Bedrohung wichtiger US Wirtschaftsinteressen, die nicht unterschätzt werden sollten. Leider macht Pellietiére aber auch den gleichen Fehler in seiner Analyse, wie zuvor Amatzia Baram. Da er meint, daß Bush angeblich glaubte, daß der Irak Kuwait nicht angreifen würde. Dies ist jedoch falsch, da, wie schon beschrieben, Bush selbst aussagte, daß sein Geheimdienst die Invasion voraussagte, aber nicht den genauen Zeitpunkt voraussagen konnte. Pelletiére geht auch nur kurz und eher oberflächlich auf das wichtige diplomatisch Gespräch zwischen Saddam Hussein und April Glaspie ein. Er meint sogar zu wissen, daß durch Glaspies Aussage, die USA würden sich nicht in innerarabische Konflikte wie z.B. Iraks Grenzkonflikt mit Kuwait einmischen, angeblich Glaspie nur Hussein habe vermitteln wollen, daß dieser durchhalten müsse (bis bessere Zeiten aufbrechen). Dies ist jedoch eine reine spekulative Äußerung, für die Pelletiére auch keine weiteren Beweise und Indizien anführt und damit wirkt sie sehr problematisch, um nicht zu sagen unrealistisch, da sie nichts weiter als besagte Spekulation eines Autoren bleibt. 41 Ebenda, S. 214. 42 Mittlerweile existieren sogar Berichte laut denen der Irak mehr Ölreserven als Saudi-Arabien besitzt, BBC TV-Nachrichten vom 22.6.04 43 Der Begriff Swing-Producer bezieht sich auf Saudi-Arabien und dessen Möglichkeit durch die Erhöhung der Fördermenge oder durch Abwürgen der Produktion die Weltmarktpreise entscheidend zu beeinflussen. Siehe: Der Spiegel, Nr. 22/24.5.04, „Das Blut der Welt – Der Kampf um das Erdöl hat gerade erst begonnen“, S. 108 f. - 26 - Nichtdestotroz ist Pelletiéres Öl-Analyse weitaus besser und überzeugender als seine spekulative vorrige Aussage. Diesbezüglich schreibt er, daß Problem, zur Golfkrise, sei gewesen, daß die Amerikaner sich damals längst an billiges Öl gewöhnt hätten. Pelletiéres Meinung nach ist der Preis von $25 per Barrel, den Saddam Hussein zur Zeit der Golfkrise forderte, kein hoher Preis, selbst $30 ist nicht viel. Aber die Amerikaner wollen solche Preise nun mal nicht zahlen. Der eigentliche Fehler liegt aber nicht bei den Normalverbrauchern, sondern, viel mehr, bei den Strategien der Ölchefs, da ganze Industrien, in den USA, auf billigen Ölpreisen aufgebaut worden sind. Der Autor führt einige Beispiele an, die zu einem verschwenderischen Umgang mit dem wertvollen Rohstoff Erdöl in den USA geführt haben. So haben US Bürger praktisch nichts getan, um im Winter ihrer Häuser gegen erhöhte Heizkosten zu isolieren. Ferner werden immer mehr Wohngegenden weit weg von den Einkaufszentren gebaut, was natürlich den Spritverbrauch generell erhöht. Ein weiteres Problem, was letztendlich dazu führen muß, daß die OPEC eine Preipolitik gegen die USA implementieren muß hat mit dem Verkauf von US Waffen an diese Ölstaaten zu tun. Da diese Ölstaaten um solche Waffensystem zu kaufen immer mehr Öl verkaufen müssen, um die nötigen Divisen hierfür zu haben, sind diese gezwungen ihre Öleinkommen zu maximieren. Was auf lange Sicht darauf hinaus läuft, daß sich die OPEC Produzenten auf einen hohen Ölpreis einigen müssen, wenn sie auch weiterhin die teuren US Waffenprodukte kaufen wollen. Dies führt dann, laut Pelletiérs Analyse, zu einer Ölpreispolitik, die gegen die USA gerichtet ist, d.h. gegen billiges Öl für die US-Industrie. Vor allem auch weil diese die Energie intensivste Ökonomie, unter allen industrialisierten Staaten, besitzt, was die Herstellungskosten von Endprodukten betrifft. Um daher konkurrenzfähig zu bleiben was veredelte Produkte von anderen Nationen betrifft, müssen die USA relativ billiges Öl bekommen, da dieser Rohstoff für eine moderne Wirtschaft als existentiell und unentberlich gilt. Der Autor ist, bei seinen Recherchen, noch auf eine andere interessante Sachlage gestoßen. So argumentiert er, hätte man den Irak alleine gelassen, hätte dieser mit anderen OPEC Staaten versucht eine Art Allianz aufzubauen, um relativ hohe Ölpreise in diesem Kartell zu etablieren. Interersanter Weise hatten zwar Irak und Iran ihre Differenzen, aber in der Ölpreispolitik gingen sie den gleichen Weg, da beide nach höheren Ölpreisen riefen. Noch interessanter wird es wenn man weiß, daß diese beiden hierbei von Saudi-Arabien unterstützt wurden44, einem Land, das traditionelle im Interesse der USA oft gegen seine eigenen Interessen verstieß, um oft einen tiefen Ölpreise für die USA zu ermöglichen. Leider verpaßt - 27 - der Autor hier eine einmalige Chance, eine Öl determinierte Kriegserklärung gegen den Irak zu finden. Da die US Ölpolitik seit den 70er Jahren nicht mehr dermaßen von den Ölproduzenten herausgefordert wurde. Hier haben wir also Gründe für eine anti-Irak- Ölpolitik der USA, denn kurz vor der Golfkrise und während dieser waren drei der vier wichtigsten Ölproduzenten der OPEC, nämlich Saudi-Arabien, Irak und Iran allesamt an einem höheren Ölpreis interessiert. Lediglich Kuwait, als der Vierte Produzent weigerte sich diesen Weg einzuschlagen. Hätten die USA den Irak nicht vernichtend angegriffen bestünde also die reale Möglichkeit, daß die drei großen Ölproduzenten innerhalb der OPEC ohne größere Probleme einen höheren Ölpreis von wahrscheinlich $25 per Barrel durchgesetzt hätten. All dies war natürlich ein rotes Tuch für die US Ölindustrie und genauso ein Greuel für die US Ökonomie gewesen, die auf billigen Ölpreisen aufgebaut ist, und sogar auf Grund eines zu hohen Ölpreises in eine Rezession abdriften kann. Durch die militärische Zerstörung des Irak und damit auch seiner Ölindustrie wurde aber dieser Plan völlig zunichte gemacht, da der Irak bis heute als Hauptölproduzent der Region ausfällt, weil u.a. seine Ölanlagen im 2. Golfkrieg schwer von der US Bombardierung getroffen wurde. Die nicht Beachtung dieser Tatsachen, oder präziser ausgedrückt das Unterlassen einer konsequenten gedanklichen Fortführung dieser Tatsbestände muß als Defizit in Pelletiéres Öl-Analyse gelten. Vor allem auch da Niemand geringerer als der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger durch das unverblümte Zitat: `Erdöl ist zu wichtig, als dass man es den Arabern überlassen könnte´45, einen bestimmenden Eckpfeiler der US Ölpolitik prägnant zusammenfaßte. Pelletiéres Analyse bewährt sich primär auf Grund der tiefgreifenden ökonomischen Darstellung. Er berücksichtigt die allgemeine Sachlage zum Krieg, geht etwas auf die irakische Innenpolitik ein, vernachlässigt aber leider das wichtige Gespräch zwischen Hussein und Glaspie etwas zu sehr. Leider wird die diplomatische Geschichte fast völlig ignoriert. Einige Autoren, sehen Saddam Husseins Verhalten, sowie seine Diktatur, als ausschlaggebend für die Golfkrise und den drauf folgenden Golfkrieg. Trevor Dupuy argumentiert, daß Saddam Hussein nicht mit der physischen und moralischen Stärke der USA rechnete als er Kuwait besetzen ließ.46 Seine Analyse, daß Husseins Diktator alleine für den Krieg verantworlich ist, ist wie wir bereits gesehen haben schlicht falsch. Ferner kann er so gut wie keine der vier Kriterien erfüllen, da sein Analyse schlicht zu oberflächlich bleibt und generell viel zu kurz greift, was leider den Anschein vermittelt, daß er propagandistisch für 44 Pelletiére, Stephen: Iraq and the International Oil System, S. 220 f. 45 Der Spiegel, Nr. 22/24.5.04, „Das Blut der Welt“, S. 108. 46 Dupuy, Trevor N.: How to Defeat Saddam Hussein - Scenarios and Strategies for the Gulf War, Warner Books, N.Y. 1991, S. xi. - 28 - die USA Partei ergreifen würde. Norman Friedman behauptet, daß die Kriegsursachen in Saddams Husseins Herrschaft durch Terror zu erklären sind, da seine Diplomaten nicht den Mut gehabt hatten, sich gegen Saddam zu stellen, mit dem Argument, daß die Invasion Kuwaits keine empfehlenswerte Idee sein.47 Gegen diese Argumentation, sprechen jedoch u.a. die Aussage von einem der Hauptberater Saddam Husseins, der konstatiert, daß vor allem der Druck von auswärtigen Mächten, sowie damit verbundene ökonomische Gegebenheiten letztendlich den Diktator dazu bewog, ganz Kuwait zu annektieren. (Hierzu später mehr) Auch Friedmans Analyse kann keinen der vier Kriterien gerecht werden, primär da sie vie zu sehr die militärische Dimension in den Vordergrund stellt, und alles andere generell ignoriert. Beide Autoren, Friedman & Dupuy beziehen keine eindeutigen „Idealisten Positionen“, lassen aber erkennen, daß der Krieg gegen den Irak gerechtfertigt sei, und daß die USA den Frieden, die Demokratie und die Freiheit vertreten haben, als sie in den Golfkrieg zogen. Ebenfalls vertreten beide die Meinung, daß der Krieg unweigerlich stattgefunden hätte, egal welche Position die Bush Administration eingenommen hätte, da Saddam Hussein und sein Regime nur Stärke und Macht als Instrument benutzen und anerkennen, um das diktatorische Regime des Iraks aufrecht zu erhalten. Eine Analogie mit dem Dritten Reich wirkt für sie nicht abwegig, sondern charakterisiert die Politik des Irak unter Saddam Hussein. Für sie ist Saddam Hussein für die Golfkrise quasi allein verantwortlich, da er machtgierig ist und sein Territorium erweitern wollte. Da sie jedoch keinerlei Belege für ihre Behauptungen präsentieren sind ihre Argumente nicht verifizierbar und daher auch keineswegs wissenschaftlich und müssen als äußerst mangelhaft eingestuft werden. Überzeugender ist in dieser Hinsicht die Analyse von Ali Musallam, der zwar einen der ausschlaggebenden Gründe für die Golfkrise und den Golfkrieg in der Persönlichkeit von Saddam Hussein sieht, dies aber auch in der Konstellation der internationalen Beziehungen zum Zeitpunkt konstatiert, in dem er behauptet, daß der Krieg nicht ohne die Konstellation der auswärtigen Mächte statt gefunden hätte. Theoretisch greift er auf Hobbs zurück, in dem er behauptet, daß jeder Staat danach strebt seine Sicherheit zu gewährleisten, egal welche Mitteln er dafür anwenden muß, da es im internationalen System keine höhere Authorität als den Staat gibt. Daher gilt: Der Mangel an einer allgemein anerkannten Authortiät in den internationalen Beziehungen hat zur folge, daß jeder Staat für seine eigene Sicherheit sorgen muß. Grenzstreitigkeiten, geographische Faktoren, die die Sicherheit eines Staates in Frage stellen (wie z.B. im Fall Irak 1990: Arab al-Shatt Fluß zwischen Irak und Iran, die 47 Norman, Friedman: Desert Victory - The War for Kuwait, Updated Edition, The Naval Institute Press, Annapolis Maryland, 1992, S. 28, Einleitung & Kapitel 1. - 29 - strategischen Inseln zwischen Irak und Kuwait, die Iraks Ausgang zum Meer blockierten) verstärkten das Sicherheitsgefälle für den Irak. Wenn, so Musallam, in dieser schon angespannten Situation auch noch ein diktatorischer Führer wie Saddam Hussein zu dieser Konstellation hinzukommt, dann wird die Situation noch verschärft und somit droht eine potentielle Eskalation. Musallam bezieht sich dann auf Kenneth Waltz, in dem er sagt, daß die Ursachen des Krieges nicht auf einen einzigen Faktor reduzierten werden können. Daher beschreibt er die aktuelle Lage vor der Golfkrise: „The specific nature of the state of Iraq, therefore, constituted an important part of Saddam´s decision to invade Kuwait. Iraq entered the Gulf crisis with a particular set of problems and vulnerabilities resulting from its post- Ottoman legacy. Iraq had been created in a post-colonial settlement that left disputed borders; maintaining internal unity had been a struggle because of the diversity of ethnic groups with transnational ties and potential foreign supporters; it was surrounded by potentially hostile neighbours with which it had little in common; and it faced major economic problems. The insecurity and pressures arising from this predicament helped to move Iraq toward an aggressive foreign policy. This suggests that the particular combination of internal instability and dictatorial government with a certain type of autocratic leader, such as Saddam Hussein, may be devastating.”48 Er schrieb daher in seinem Resümee: „The personality of Saddam Hussein was, therefore, a key cause of the 1990-91 Gulf crisis. His predecessor, although possibly also temped by Kuwaiti oil wealth, had been too prudent to promote Iraqi claims to the extent of launching open hostilities against Kuwait.”49 Dennoch schrieb er: “Despite the importance of these factors, it is extremely unlikely that the invasion of Kuwait would have taken place had it not been for the anarchic situation that prevailed in the international arena at the time. … In the post-Cold War vacuum which prevailed in the Gulf region, there was much greater room for error and miscalculation. Saddam Hussein calculated that, without a preceived Soviet threat in the region, the United States might overlook the invasion of one of the small Gulf states; and the United States, which was itself vague about its commitment to Kuwait – and certainly not as clearly committed to Kuwait as it was to the major oil producer of the region, Saudi Arabia – had not defined its post-Cold War role in the Gulf region.”50 Hier beruft er sich auf Teile der Mißperzeptions-These, die besagt, daß die USA ihre Rolle in der Post-Kalten-Krieg Era noch nicht klar, definiert hätten. Jedoch ist diese Perspektive keine einseitige, da er den bekannten 48 Musallam, Ali Musallam: the Iraqi Invasion of Kuwait – Saddam Hussein, His State and International Power Politics, British Academic Press (an imprint of I.B. Tauris & Co Ltd), London / New York 1996, S. 109 f. 49 Ebenda, S. 109. - 30 - ägyptischen Journalist Mohamed Heikal zitiet: „Saddam Hussein´s paranoia was heightend, according to Heikal, when he allegdly received information from ´a friendly head of state, that a decision had been taken at the highest level in the West to treat Iraq as a new danger in the region`.” Als eine Reaktion hierzu veranstaltete Saddam Hussein das arabische Giepfeltreffen in Badgad im Mai 1990, wo er von einem westlichen Imperialismus sprach,51 der von USA ausgehen würde, wenn die Araber sich nicht auf eine unitäre Sicherheitspolitik einigen würden, da man nicht mehr auf die bipolare Rolle der UdSSR zählen könne, welche bisher für eine gewisse Stabilität in der brisanten Region gesorgt hatte. Heikal berichtet über das Thema Konspirations-These. Demzufolge soll Saddam Hussein von einem ungenannten Regierungsoberhaupt, das sich auf den amerikanischen Botschafter seines Lands berief folgendes mitgeteilt bekommen haben: Es bestehe ein Komplott an dem Washington, Saudi Arabien, Kuwait und andere Staaten beteiligt sind, das sich gegen einen irakischen Sieg im ersten Golfkrieg richtet, um zu gewährleisten, daß der Irak nach dem Krieg aufgeteilt werde.52 Diese Aussage läßt sich zwar nicht genau verifizieren, aber es existieren andere Dokumente, die in eine ähnliche Richtung tendieren, was die US-Irak-Kriegspolitik betraf. Heikal bewertete das von ihm erwähnte Komplott dann auch als: „... half true and half muddled...“53 Ali Musallams Analyse kann alle vier Kriterien erfüllen, da die irakische Innenpolitik, ebenso analysiert wird wie das Verhalten Husseins, das Hussein-Glaspie Gespräch gebracht wird, die allegemeine Lage um den Krieg ausreichend beschrieben wird und auch die diplomatische Geschichte berücksichtigt wird. Auch Michael Gordon und Bernard Trainor sind Änhanger der Mißperzeptionsthese. In ihrem Buch The General´s War fängt ihr erstes Kapitel gleich mit der Überschrift „War by Miscalculation“ an. Zwar gab es genug Berichte an die Bush Administration, die davor warnten, daß der Irak Kuwait überfallen könnte. Die Administration in Washington ging jedoch kaum auf diese Berichte ein, da sie die sich verschlimmernde irakische Wirtschaftslage und dessen disproportional großes Militär nicht richt einschätzte. Es wurde geglaubt, daß der Irak nach 8 Jahren Krieg gegen den Iran kriegsmüde war und versuchen würde seine Ziele durch diplomtischen Druck, sowie Unterwanderung seiner Gegener, zu erreichen. Dies waren die Argumente, die die CIA in ihrer 1989er Studie „Iraq: Foreign 50 Ebenda, S. 110. 51 Ebenda, S. 92. 52 Heikal, Mohamed: Illusions of Triumph – An Arab View of the Gulf War, HarperCollins, Fontana London 1993, S. 158 f. 53 Ebenda, S. 159. - 31 - Policy of a Major Regional Power“ bekannt gab.54 Auch eine Pentagon Studie drückte es ähnlich aus, in der darauf hinwegwiesen wurde, daß der Irak zwar eine Bedrohung für kleinere Nachbarstaaten sei, aber an keinen militärischen Abenteuern teilnehmen wird.55 Zwar wurde das aggressivere Vorgehen des Irak täglich von den US Geheimdiensten während der Krise beobachtet, aber die Bush Administration glaubte, daß normale Beziehungen zum Irak der beste Weg wären diesen zu beeinflußen. Dies fand auch Niederschlag in der präsidentialen National Security Directive 26, die außenpolitische Direktiven zum US Verhältnis mit dem Irak kodifizierte: Normal relations between the United States and Iraq would serve our longer-term interests and promote stability both in the Gulf and the Middle East. The United States should propose economic and political incentives for Iraq to moderate its behavior and to increase our influence with Iraq …56 Diese Direktive beschreibt den Kurs den die Bush Administration die ganze Zeit bis zum irakischen Überfall am 2. August 1990 beibehielt. Sie erklärt auch warum Geschäfte mit diesem weiterhin getätigt wurden. Trotzdem stellen Gordon und Trainor schon fast indirekt die Frage, warum es keine Warnung an Saddam Hussein zu diesem krititschen Zeitpunkt gab.57 Für sie steht auch fest, daß die Politik der Abschreckung völlig scheiterte: „The war was a stunning failure of America´s policy of trying to deter war.“58 Aber sie waren sich auch darüber im klaren, daß George Bush als US Präsident die Außenpolitik an sich gerissen hatte. Als nämlich Mitarbeiter des Verteidigungsministerium von ihm eine abschreckende Warnung an Saddam Hussein weiterleiten wollten, mußten sie mit ansehen, daß man sie im Weißen Haus einfach überging, statt einer echten Warnung an Saddam Hussein wurden nur die Standard Botschaft geschickt, die auch an Botschafterin April Glaspie überreicht wurde. Von Abschreckung konnte nun keine Rede mehr sein, da diese Botschaft an das irakische Regime nur wieder die Standardformel wiederholte, man wollte mit dem Irak die Beziehungen verbesser.59 Gordon und Trainor zitieren daher diese Botschaft Bushs an Saddam Hussein: Let me reassure you, as my Ambassador, Senator Dole and others have done, that my Administration continues to desire better relations with Iraq. We will also continue to support our other friends in the region with whom we have had long- standing ties. 54 Gordon, Michael R. / Trainer, Bernard E.: The General´s War – The Inside Story of the Conflict in the Gulf, Little, Brown and Company, Boston / New York / Toronto / London 1995, S. 6-10. 55 Ebenda, S. 10. 56 Ebenda, “Prelude to War: US Policy Toward Iraq 1988-1990,” by Zachary Karabell, edited by Philip Zelikow, S. 7 f., zitiert in: Gordon, Michael R. / Trainer, Bernard E.: The General´s War, S. 11. 57 Gordon, Michael R. / Trainer, Bernard E.: The General´s War, S. 23. 58 Ebenda, S. xiii. 59 Ebenda, S. 24 f. - 32 - We see no necessary inconsistency between these two objectives.60 Es war klar, daß eine solch freundliche Botschaft den Irak nicht davon abhalten würde Kuwait zu überfallen. Aber laut den Autoren waren es nicht nur die USA, die die Lage falsch einschätzten, auch die irakische Führung machte eklatante Fehler bei der Kalkulierung der US Reaktionen auf ihre Invasion. So fanden die Autoren heraus, daß Saddam Hussein und seine Berater die Lage völlig falsch einschätzten. Nach dem Krieg erzählte ein irakischer General den Amerikanern: Saddam Hussein besitzt eine Spielernatur, er war sicher, daß die USA ihn nicht angreifen würde, und falls doch dann nur durch die Luftwaffe. Er sagte dem irakischen Volk, wiederholt, daß Luftwaffen in der Geschichte der Kriege noch nie einen Krieg gewonnen hätten, und daß die Amerikaner nie die Nerven besitzten würden die irakische Armee in einem Bodenkrieg anzugreifen. Ich erinnerte mich wie er sagte, daß die USA es nicht einmal verkraften könnte Hunderte von Soldaten zu verlieren, währen die Iraker bereit wären Tausende zu opfern.61 Hier zeigt sich wie komplett die Fehleinschätzung Saddam Husseins waren. Er verstand nicht, daß die USA keinen altmodischen Krieg im Stile des Vietnamkriegs mehr kämpfen würden, er unterschätzte den enormen technologischen Vorsprung der US Waffen und vor allem begriff er nicht wie entschlossen die Bush Regierung war, diesen Krieg schnell und bedinungslos zu beenden. Es ist davon auszugehen, wie einige Beobachter gemutmaßt haben, daß Saddam Hussein dachte er könnte diesen Krieg im Stil des Vietnamkriegs kämpfen, er dachte wenn er die US Truppen in blutige und verlustreiche Bodenschlachten in Kuwait und Irak verwickeln könnte, würden diese schnell versuchen, einen Kompromiß mit ihm zu suchen. Diese Mentalität bestätig sich auch im Gespräch mit April Glaspie, im dem er ihr sagte, daß die USA eine Gesellschaft seien die keine 10 000 Tote verkraften könnte und der Irak im Gegensatz Hunderttausende in seinem Krieg gegen Iran geopfert hatte. Somit hatte er den Willen des Feindes unterschätzt, sowie seinen Waffen technologischen Vorsprung, dessen neue Kriegsführung, die auf mobile Einsätze beruhte und seine eigenen militärischen Fähigkeiten enorm überschätzt. Die beiden Autoren können leider nur bedingt die Kriterien erfüllen. So fehlen wichtige Hintergrund Informationen zu der diplomatischen Geschichte, die Innenpolitik des Irak wird so gut wie gar nicht gebracht und das Hussein-Glaspie Gespräch wird nur am Rande erwähnt. Andere Analysten der Misperzeption-These sehen die Golfkrise und den Krieg etwas differenzierter. Diesbezüglich ist Professor Graubard der Auffassung, daß George Bush während der Golfkrise generell kein Konzept für die Golfregion besaß und eigentlich nur die 60 Ebenda, S. 4. - 33 - Politik seines Vorgängers, Ronald Reagan verfolgte. Er hielt sich vor allem an die Devise, die Reagan permanent verfolgte, wenn es innenpolitisch miserabel lief, mußte eine außenpolitische Krise für Ablenkung sorgen.62 Reagan tat genau dies als 1983 240 US- Marines in Libanon bei einem Anschlag ihr Leben verloren, zwei Tage später ließ er Grenada besetzen und das Wählervolk in den USA war begeistert.63 Auch Graubards Analyse kann nur mangelhaft die Kriterien erfüllen. So fehlen wichtige Teile der diplomatischen Geschichte, die Innenpolitik des Irak wird generell ignoriert und das Hussein-Glaspie Gespräch findet kaum Beachtung. Khalid Bin Sultan, der ex-Oberkomandeur der saudischen Streitkräfte, geht davon aus, daß Saddam Hussein nicht wirklich mit einem Angriff der USA rechnete und glaubte er könne daher von den USA gewissen Konzessionen erlangen.64 Leider ist auch seine Analyse mangelhaft. Zwar wird die irakische Innenpolitik etwas berücksichtigt, aber das Hussein-Glaspie Gespräch wird nur kurz erwähnt und die diplomatische Geschichte wird zwar gebracht aber mit vielen Abstrichen wichtiger Hintergrund Information. Auch Alexander L. George sieht zumindest teilweise das fehlende Wissen oder Verständniss für die arabisch-moslemische Kultur, bei den Entscheidungsträgern der US Administration, als ausschlaggenbend für die Misperzeptionen die zum Krieg führten.65 Jürgen Hübschen ist der Auffassung, daß Bush als Oberbefehlshaber der US Streitkräfte generell nichts von der arabischen Kultur verstand, wie z.B. das Feilschen, welches ein Grundpfeiler der arabischen Kultur darstellt und daß Bush höchstwahrscheinlich absichtlich nicht auf Verhandlungen einging, welche die Krise hätte entschärfen oder gar beseitigen können.66 Hübschen erfüllt die meisten der Kriterien mit seiner Analyse. Aber die irakische Innenpolitik wird zu kurz erwähnt und auch das wichtige Hussein-Glaspie Gespräch bleibt leider nur am Rande erwähnt. Die diplomatische Geschichte wird aber immerhin ausreichend berücksichtigt, wenn auch hier bedeutende Abstriche zu machen sind. Der bekannte US Journalist Bob Woodward beschreibt Bush als den Entscheidungsträger, der mit acht anderen Kabinettsmigliedern schon sehr früh für die militärische Option gegen den 61 Ebenda, S. 185. 62 Graubard, Stephen R.: Mr. Bush´s War - Adventures in the Politics of Illusion, I.B. Tauris & Co. Ltd. London 1992. 63 Grässlin, Jürgen: Lizenz zum Töten?, Knauer Verl., München 1997, S. 76. 64 Sultan, Khaled Bin / Seale, Patrick: Desert Warrior - A Personal View of the Gulf War by the Joint Forces Commander, HarperCollins Publishers, London 1994. 65 George, Alexander L.: Bridging the Gap – Theory and Practice in Foreign Policy, United States Institute of Peace, Washington 1993, S. 42, 78. - 34 - Irak plädierte, während nur General Colin Powell für eine diplomatische Lösung war, sich aber schnell der Meinung seiner Kollegen anschloß, als er merkte, daß Bush einer diplomatischen Lösung abgeneigt gegenüber stand, da er behauptete, daß eine diplomatische Regelung die Krise nicht beenden könne.67 Auch Woodward kann nur mangelhaft die Kriterien erfüllen. So ist zwar die diplomatische Geschichte berücksichtigt, aber leider fehlen hierzu viele wichtige Hintergrund Informationen. Auch bei der irakischen Innenpolitik fehlt nahezu alles, so daß sich hier förmlich der Verdacht aufdrängt Woodward würde sich hierfür gar nicht interessieren. Ferner wird das Hussein-Glaspie Gespräch zwar erwähnt, aber dies wird eben nur nebenbei getan, so daß der Eindruck entsteht, es sei von geringer Bedeutung. Eine sehr gewagte und rein spekulative Analyse vertritt Morris M. Mottale. Er stellt ohne jegliche Quellenangaben, die Behauptung auf, daß jegliches Ersuchen der US Regierung um eine diplomtische Lösung der Golfkrise von Saddam Hussein abgelehnt wurde.68 Diese Behauptung ist jedoch (wie sich noch zeigen wird) völlig substanzlos und wird u.a. von US- amerikanischen Belegen wiederlegt! Völlig entgegen den Tatsachen argumentiert er: „The international reaction led by the U.S. was originally an attempt at compromise with Saddam but as he refused any entreaties, the U.S. reaction set in motion embargoes and blockades. … As diplomatic negotiations failed, the U.S. prepared for war and an invasion of Kuwait.“69 Die Behauptung das exakte Gegenteil entspreche der Wahrheit, wäre keine Übertreibung gewesen. Auf Seite 157 seines Buches The Origins of the Gulf Wars schreibt er: „United Nations´ inspection of iraqi army and research bases in time revealed a systematic attempt of Saddam Hussein to build secretly a vast array of chemical and bacteriological weapon.“ Schon allein die umfangreiche und intensive Suche der Bush jr. Regierung nach dem US forcierten Irak-Krieg 200370 zeigt, daß diese Massenvernichtungswaffen größtenteils nicht existierten oder primär von den USA im Irak-Iran Krieg und danach geliefert wurden.71 Mottale präsentiert zusammenfassend einige mögliche Kriegsursachen, eine von diesen nennt er „the military-industrial-bureaucratic-technological complex“, und meint, daß dieser auf den Irak nicht zutreffe, da dieser einen solchen nicht funktionsfähig zustand gebracht hätte. Hier macht er durch seine Einseitigkeit jedoch den Fehler nur den irakischen militärischen- 66 Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Edition Ergon, Pfungstadt bei Darmstadt 1992. 67 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. 1991. 68 Mottale, Morris, M.: The Origins of the Gulf Wars, University Press of America, Lanham / New York / Oxford 2001, S. 155. 69 Ebenda, S. 156. 70 Siehe. u.a.: Khan, Mansur: Das Irak-Komplott – Mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Grabert Verl., Tübingen 2004. 71 Ebenda, S. 284 ff. - 35 - industriellen-bürokratischen-technologischen Komplex zu betrachten und läßt, beim 2. Golfkrieg, das viel wichtigere und größere US Gegenstück völlig aus den Augen, als ob es ebenfalls nicht existiert hätte. Dann präsentiert er in seinem Resümee, das klassische Realisten Argument, des Sicherheitsdilemma, mit dem jeder Staat konfrontiert ist. Er stellt dann die interessante These auf, daß in Nordamerika und Westeuropa Institutionen existieren, die durch Allianzen und gemeinsame Interessenlagen Sicherheit gewähren, die im Mittleren Osten fehlen. Diese sicherheitsgewährenden Organisationen sind die Nato und die E.U.72 Hier aber stellt er ein unrealistisch Analogie zwischen Europa und dem Mittleren Osten auf. Es sei diesbezüglich zu bedenken, was denn wäre wenn ein radikal expansionistischer islamischer Statt, mit imenser techologischer sowie finanzieller Unterstützung der islamischen Staaten, im Herzen Europas vor ca. einem Halben Jahrhundert installiert worden wäre und bis heute existieren würde? Wie Israel diese Funktion im Mittleren Osten besitzt. Die Entwicklung Europas hätte dann sicherlich ganz andere Formen angenommen und eine Etablierung einer E.U. (sowie Nato) wäre ein problematisches Unterfangen gewesen. Ebenfalls vergißt er zu erwähen, daß es zwei verheerende Weltkriege benötigte, bis Europa diese Institutionen und Organisationen hatte. Es wäre diesbezüglich verhängnisvoll zu verlangen der Mittlere Osten sollte den gleichen Weg beschreiten, da diese Region oft als Pulverfaß bezeichnet wurde. Bei seiner Analyse der Kriegsursachen wird es erneut sehr eindimensional, da er als Kriegsgrund die „imperiale Riveralität zwischen Irak und Iran als ausschlaggebend hält. Im Originaltext: „The societal predisposition toward praetoriansism or military authoritarianism resulted in political systems that had a manifest interest in arms acquisitions and imperial expansion as in the case of Iraq and Islamic Iran.“73 Hier verliert er kein Wort über mögliche US-amerikanische oder europäische imperiale Ambitionen, was den 1. Golfkrieg betrifft, keine Wort über die US angeführte Installierung vom Schah im Iran oder Saddam Hussein im Irak (hierzu später mehr), die massgeblich zum 1. Golfkrieg beigetrugen.74 Auf der letzten Seite seines Buches befürwortet er indirekt eine US-Rolle im Mittleren Osten, da, so die unterschwellige Botschaft, nur diese die Stabilität erhalten könne. Im Originaltext: „American military presence in the Gulf, principally committed to prevent Iran and Iraq to take over their weaker Gulf neighbors. It was an undertaking that was premised on the maintenance of the political stability in the international system and the unhindered flow of oil to the world, a strategic commodity always in demand.” Kein Wort 72 Mottale, Morris M.: The Origins of the Gulf Wars, Lanham / New York / Oxford 2001, S. 160 f. 73 Ebenda, S. 162. 74 Khan, Mansur U.: Das Irak-Komplott – Mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Tübingen 2004, S. 56-74. - 36 - über US Interessen, außer der vagen Ölflußaufrechterhaltung, und auch keine Stellungsnahme zu dem Henry Kissinger Zitat, daß jener hoffte, Iran und Irak würden sich gegenseitig im 1. Golfkrieg zerstören, während jegliche mögliche hegemonialen Tendenzen auf US Seite für ihn anscheinend kein Thema sind. Im vorletzten Absatz seines Buches findet sich das Zitat: „Ironically, the only thing in common ideologically between the Iraqi dictator, the Iranian Ayatollahs and the Saudi rulers was a striking desire in the name of Arab or Islamic solidarity to destroy the Israeli state. The other element in common to one degree or another was a deep and virulent hostility toward America and its values.” Der erste Satz, dieses Zitats, basiert auf einer unbestätigten Annahme, die vielleicht auf frühere (arabische) populistische (Propaganda) Äußerungen zurück zu führen ist. Der zweite Satz besitzt einen anklagenden Charakterzug. Jedoch wird nie der Frage nachgegangen warum eine tiefe Virulenz in Bezug auf Amerika und seine Werte existieren könnte. Auch im 2. Golfkrieg bleibt seine Analyse was Kriegsursachen betrifft primär auf den Irak bezogen. Die letzten beiden Sätz des Buches lauten: „As a new administration came to power in Washington in January of 2000, (sic) its main strategic anxiety came to be the potential threat of `rogue states` in acquiring and employing chemical, bacteriological and atomic weapons launched by missiles on American and European territory. Iran and Iraq figured prominently in this list.” An Hand der Ereignisse nach dem Irak-Krieg von 2003 bekommt dieses Zitat sogar propagandistische Züge. Auch dieser Autor kann bestenfalls mangelhaft jene Kriterien erfüllen. Es fehlt generell an Sachkenntnis über die diplomatische Geschichte, die Innenpolitik des Irak wird kaum berücksichtigt und das Hussein-Glaspie Gespräch wird ignoriert. Alexander L. George unternimmt den Versuch, die Golfkrise sowie den folgenden Krieg primär aus Sicht der Abschreckungstheorie zu erklären. Dabei ignoriert er die diplomatische Geschichte völlig, was dazu führt, daß er von falschen Annahmen ausgeht. Zwar ist seine These nachvollziehbar, daß die freundliche US Irak-Politik davon geprägt war, daß Irak, während des Irak-Iran-Krieg benötigt wurde um die „fundamentalistische“ Regionalmacht Iran in Schach zu halten. Eine Sache, die er als Standard Power Politics bezeichnet, also als klassiche Realpolitik. Zweitens hatte Washington mit dieser Politik die Möglichkeit, Saddam Hussein zu reformieren. Diese Reformierung bescheibt er als: „... Washington´s actions toward Iraq included elements not only of an effort to resocialize and reform a rogue leader but also elements of appeasement.” Der dritte Grund für diese Politik der Bush Administration war, den Irak von der Sowjetunion wegzubewegen.75 Eindimensional wird 75 George, Alexander L.: Bridging the Gap – Theory and Practice in Foreign Policy, United States Institute of Peace, Washington 1993, S. 35 f. - 37 - seine Analyse mit dem anklagenden Zitat: „Washington did not perceive Saddam Hussein as committed to an expansionist foreign policy aiming at a hegemonic role, one that would constitute a new threat to U.S. and western interests in the region.“76 Hiermit kritisiert er die US-Politik und deren Institutionen und Entscheidungsträger, während er kein Wort über mögliche US expansionistische Interessen und Ziele verliert, auch eine hegemoniale Rolle der USA scheint daher kein Thema für ihn zu sein. Obwohl die USA zweifelos eher in der Lage wären eine solche anzustreben als der Irak. Einen Grund für die Misperzeptionsthese ist bei ihm die Annahme, daß die US Regierung zum damaligen Zeitpunkt 1989-1990, ihre Aufmerksamkeit auf die Sowjetunion und Osteuropa richteten, und nicht auf den Mittleren Osten, d.h. den Irak und Kuwait.77 Für das Scheitern der Abschreckungspolitik Washingtons zitiert er eine nicht gerade unabhängige Quellen, nämlich George Herbert Walker Bush sowie seinen speziellen Sicherheitsberater Brent Scowcroft. Bush, nach der Bombardierung des Irak: `We tried the peaceful route; we tried working with him and changing [him] through contact. The lesson is clear in this case that it didn´t work.` Und während einer Pressekonferenz am 27. Mai 1992: „President Bush defended his pre-Gulf War policy toward Iraq, saying that his administration tried to work with Saddam ´on grain credits and things of this nature to avoid aggressive action. And it Failed.”78 Besonders an dieser Stelle macht sich das ignorieren der diplomatischen Geschichte auf bedauerliche Art bemerkbar, da der Autor es u.a. auch nicht für nötig hält auf den wichtigen Dialog zwischen April Glaspie und Saddam Hussein einzugehen, der sich 8 Tage vor der Invasion Kuwaits ereignete. Überhaupt kann an dieser Stelle von einer Entstellung der Tatsachen geredet werden, da die Bush Administration (wie sich später noch zeigen wird) den diplomatischen Versuchen die Golfkrise auf friedliche Weise beizulegen permanent aus dem Wege ging, ja sogar maßgebend dazu beitrug, daß sämtliche friedliche Vermittlungsversuche schon im Ansatz Scheiterten. Georges Hauptthese bleibt jedoch die „Abschreckungspolitik“, was er als „deterrence“ beschreibt, die die US-Entscheidungsträger stufenweise hätten besser anwenden sollen, so seine Kritik. Auch er beruft sich auf eine Variante der Misperzeptionsthese, in der Washington das resolute Vorgehen des Irak in Bezug auf Kuwait unterschätzt, bzw. falsch eingeschätzt hatte. George im Original: „As assisstant secretary of state John Kelly put it in his congressional testimony in late April, Iraq´s difficult behavior was recognized and posed a challenge, but it remained important to provide Iraq with an oportunity ´to reverse this deterioration of relations.´ This message was conveyed in several ways-including 76 Ebenda, S. 34. 77 Ebenda, S. 35. 78 Ebenda, S. 36. - 38 - a visit to Baghdad in May by Richard Haass, the National Security council (NSC) specialist on Near East and South Asian affairs-but always in the context of Washington´s desire to continue to seek friendship with Iraq.” When Saddam began openly menacing Kuwait in mid-July 1990 and then mobilized large forces on the border, the administration finally took a more sober view of his intentions. A belated ad hoc effort was mounted to deter him in case he was planning to attack Kuwait. But the administration was able to put together only a weak deterrence strategy and, moreover, coupled its bland deterrence effort with official reassurances to Saddam that it continued to desire friendly relations- a dual strategy of deterrence and reassurance that failed to achieve its objective.”79 Hier macht er den gleichen Fehler wie andere Autoren zuvor, da er die Ansicht vertritt, die Bush Administration und ihr Geheimdienst (u.a. CIA) dachten Saddam Hussein würde nur blöffen und, daß sie seine Rüstungsambition falsch eingeschätzten. George erneut: „Intelligence was very slow, … Coupled with this intelligence gap was a misplaced sense of assurance that we knew what we needed to know with regard to the approxiamte size and progress of Iraq´s strategic weapons program and that we could reliably assess its current military capabilities. … The weakness of the intelligence effort was perhaps magnified by the calculated, determined policy of friendship…”80 Eben weil er den Glaspie-Hussein Dialog völlig ignoriert, ist seine Analyse diesbezüglich sehr limitiert. Von einem „intelligence gap“ zu sprechen ist äußerst gewagt und auch die „Freundschaftspolitik“ dem Irak gegenüber kann eine solche nicht überzeugend erklären. Eine weitere Fehleinschätzung seinerseits ist die Annahme, daß die Bush Administration mit ihrer Truppenkonzentration nach der Invasion Kuwaits sich nicht richtig, sprich resolut festgelegt und verpflichtet hätte. Dies reflektiert auch seine Auffassung warum die US-Irak-Politik scheiterte, das heißt warum sie den Krieg nicht verhindern konnte. Für George steht daher fest: „The list of strategic failures includes the early effort to reform and resocialize Saddam Hussein, which included an element of appreasement; the effort to deter him from attacking Kuwait; then the effort to use two strong variants of coercive diplomacy to persuade him to get out of Kuwait.“81 Dennoch argumentiert er 2 Absätze weiter: “… one needs to consider that perhaps some of these strategic failures were not conceptual, that policy makers did in fact have an adequate grasp of the nature and general requirements of these strategies. Then, the explanation for their failures may be found, … either in poor implementation of the strategies or in an inability to cope with severe situational constraints on more effective application of the strategies.”82 79 Ebenda, S. 37 f. 80 Ebenda, S. 41. 81 Ebenda, S. 39 f. 82 Ebenda. - 39 - Hier wird seine Analyse unklar und scheinbar diskrepant. An anderer Stelle macht er der damaligen Administration unhaltbare Vorwürfe, durch schlicht falsche Aussagen, als er meint „... the intelligence community appears to have lacked the kind of knowledge of Iraq´s economy necessary for developing confident, reliable assessments of the impact economic sanctions were likely to have. The administration´s lack of confidence in its ability to predict the effect of sanctions and to assess the speed with which Iraq´s military would be able to produce weapons of mass destruction played a role in its decision to shift to an ulitmatum backed by the threat of war.” Die Angaben dieser Sätze stimmen so nicht, wie sich später noch zeigen wird, hatte die Bush / Reagan Administration selbst maßgebend und teileweise entscheidend dazu beigetragen, daß der Irak (für den 1. Golfkrieg) biologische und chemische Waffen produzieren konnte. Auch die Aussage über die Inkompetenz des US Geheimdienstes (CIA ect) bezüglich der Auswirkungen der Sanktionen (nach der Invasion Kuwaits) stimmt nicht, da die CIA selbst berichtete, daß die Sanktionen die effektivsten der modernen Geschichte waren. Nur das frühe Verwerfen dieser, durch den Anfang des Krieges, ließ diese nicht ihre vollständige erdrosselnde Wirkung entfalten. Seine Misperzeptionsthese geht auch von dem unverständnis der „Muslim Culture“ und deren Psychologie aus. Auch Saddam Hussein hat sich hier möglicherweise schuldig gemacht. „We cannot, ... do more than call attention to the possibilty that Saddam misinterpreted in one or another of these ways Washington´s effort to reassure him. … difficulties may arise when reassurance is coupled with or subsituted for deterrence of an adversary who, as Saddam evidently did, regard his opponent as basically hostile and certain in the long run to oppose the realization of his most important foreign policy aspirations.”83 Eher kaschierte Ziele der Bush Administration kommen bei George dennoch zur Geltung, so teilt er mit, daß Journalisten eine möglichen Abzug der irakischen Truppen aus Kuwait, nach deren Invasion, als ein Alptraum Szenarios beschrieben. „The possibility that Saddam might announce partial or conditional withdrawal from Kuwait was referred to by well-informed journalists as the administration´s `nightmare scenario.` Very detailed contingency plans were made to deal with such a development and were discussed with coalition partners.”84 Hätten die Iraker sich daher aus Kuwait zurückgezogen, wäre dies einigen Mitgliedern der Bush Regierung arg mißfallen, teilt George mit. „ .. some members of the administration believed that success in coercing Saddam Hussein to withdraw from Kuwait would be an unsatisfactory outcome to the crisis: it would leave him in power, his military forces intact, 83 Ebenda, S. 78. 84 Ebenda, S. 82. - 40 - and Iraq free to pursue ist military programs for developemnt of weapons of mass destruction. From this standpoint, failure of coercive diplomacy could be countenanced in that it would provide an opportunity to use military force to remove Saddam from power, destroy his military forces, and end Iraq´s weapons development programs.”85 Ebenfalls läßt George uns wissen, daß das psychologische Profil des Diktators in Washington bekannt war. Es besagte: Saddam Hussein war kein Märtyrer Typ, sein Überleben in der Vergangenheit wurde immer dadurch gesichert, daß er ahnen konnte wenn er miskalkuliert hatte. Als Dinge gegen ihn liefen, war er immer in der Lage gewesen, erfolgreich dagegen zu steuern. Spätestens hier geht George aber nicht der interessanten realpolitischen Frage nach, ob die Zerstörung des Militärapparats Saddam Husseins nicht eine beasichtigte zielbewußte Strategie Washingtons war, um ihre Position im Mittleren Osten enorm auszubauen, sprich eine immense Machtmaximierung zu erlangen mit der die letztendlich nicht nur die Hegemonie der Region, sondern möglicherweise auch in der Welt angestrebt werden kann. In einem solchen „power politics“ orientierten Szenario wäre der besagte Glaspie-Hussein Dialog eben die Falle gewesen, die als ein Katalysator dienen würde, um einen Vorwand für die erwähnte Machtmaximierung Washingtons zu haben. George geht nicht nur dieser wichtigen Frage nicht nach, sondern stellt Behauptungen auf für die er weder Beweise noch Indizien bringt. „Although the Bush administration, … refused to offer a formal carrot to make it easier for Saddam to back down, insisting there could be `no reward for aggression,` it did convey several assurances that Saddam could have used for face-saving purposes had he decided to pull Iraqi forces from Kuwait. On several occasions administration leaders had stated that Iraq would not be attacked if it evacuated Kuwait, an assurance that presumably also guarantieed that vulnerable Irai forces existing from Kuwait would be granted safe passge back to Iraq.”86 Der Verfasser konnte keinen einzigen Beleg für diese Behauptung finden! Alexander George behauptet Bush hätte keinen formellen Konzession an den Irak gegeben „refused to offer a formal carrot“, was bedeuten könnte es wären informelle, also für die Öffentlichkeit geheime, nicht zugängliche Konzessionen dieser Art gemacht worden. Wenn dies aber der Fall sein sollte, so müssen solche „Konzessionen“ unter Ausschluß der Öffentlichkeit äußerst skeptisch bewertet und gesehen werden, da es keinen Grund gibt sie nicht öffentlich zu präsentieren, weil dies ihre Wirkung und Authentizität nur verstärkt hätte. Mit anderen Worten, wären diese „Carrots“ & „Konzessionen“ (um Saddam Hussein zum Rückzug aus Kuwait zu bewegen) seriös gewesen hatte Washington sie wenigsten über die 85 Ebenda, S. 82. 86 Ebenda, S. 83. - 41 - Massenmedien der Welt präsentiert, wenn auch nur um eine Bereitschaft zum Verhandlen zu signalisieren. Das völlige Fehlen solcher angeblicher „carrots“ verstärkt aber nur den Verdacht, daß sie entweder überhaupt nicht exisitierten oder falls sie existieren nicht authentisch, sprich von Anfang an nicht seriös waren. Was letztendlich wieder der These auftrieb geben würde, daß Saddam Hussein nicht nur in eine Falle gelockt werden sollte, sondern, daß er sich dort dann auch in Sicherheit wiegen sollte, bis die US Streitkräfte dermaßen massiert aufgebaut seien würden, um von Saudi-Arabien sein Militär vernichtend schlagen zu können. George kritisiert die Bush Administration, da sie eine Abschreckungspolitik verfolgte die Elemente der Zwangs-Diplomatie benutzte ohne Angst vor ihrem eigenen Scheitern zu haben. „It is not far-fechted to characterize the Bush administration´s policy as coercive diplomacy without fear of the consequences of failure.“ Seine Analyse wird abschließend exemplarisch konkretisiert durch seine Analogie zwischen der Kuba- und der Golfkrise: In the Cuban crisis, moreover, Kenndey coupled his ultimatum with a substanial carrot: an agreement not to invade Cuba and a secret agreement to remove the U.S. Jupiter missiles from Turkey. In the Gulf crisis Bush relied solely on the ´stick` and offered no carrot for a compromise settlement, insisting that there be no reward for aggression, although the ingredients for face saving were available to Saddam.”87 Mit dieser Abschreckungsanalyse versucht George zumindest teilweise die Ursachen für den 2. Golfkrieg zu ergründen, seine Analyse greift aber hierbei viel zu kurz. Es erfolgte weder eine Untersuchung der diplomatischen Geschichte, noch wird die Konstellation der internationalen Beziehungen und Mächte zu diesem Zeitpunkt in Betrachtung gezogen (u.a. Ablösung der Bipolarität). Auch der Grenzstreitigkeitskonflikt zwischen Irak und Kuwait wurden nicht berücksichtigt, sowie die Wasserweg Zwietracht zwischen Irak und Iran (Shatt al Arab) bleiben unberührt. Ebenfalls wird die Ölpreispolitik der Periode nicht untersucht (Erdöl Überproduktion von OPEC Mitglied Kuwait / US Öl Interessen in der Region, ect.). Auch der 1. Golfkrieg zwischen den beiden bereits genannten Staaten und die damit verbundene wichtige US Politik in diesem Krieg wird umgangen. Georges kann so gut wie keine der aufgestellten Kriterien erfüllen, dies hat nichts damit zu tun, daß seine Analyse schlecht wäre, das primäre Problem ist, daß er viel zu viel Wert seinem Lieblingsthema Abschreckungspolitik widmet, als daß er sich um die Innenpolitik des Irak, die diplomatische Geschichte und den wichtigen Hussein-Glaspie Dialog kümmert, so daß er die Kriterien fast vollständig verfehlt. 87 Ebenda, S. 87. - 42 - Hertfried Münkler sieht den 2. Golfkrieg als Mißperzeption der beiden Kontrahenten an. Er bezeichnet April Glaspies Verhalten gegenüber Saddam Hussein als „... ein schwer wiegendes diplomatisches Versagen“.88 Er sieht in den kontinuierlich sinkenden Öleinahmen des Irak die primäre Kriegsursache für dessen Überfall auf Kuwait.89 In seinem Buch Der neue Golfkrieg behauptet er, daß die USA am Golf eine größere militärische Präsenz nicht beabsichtigt hätten, sondern in diese „hineingenötigt“ wurden.90 Was jedoch nicht stimmen kann, denn wenn es so gewesen wäre, stellt sich unweigerlich die Frage warum die USA auch nach mehr als 14 Jahren, nach dem 2. Golfkrieg, ihre militärische Präsenz in der Golfregion aufrecht erhalten. Selbst entgegen ihrer Versprechen an die Saudis, sie würden ihre Truppen schnell nach dem Golfkrieg von 1991 abziehen, verstießen sie gegen dieses, was nicht unerheblich zu Spannungen zwischen Riad und Washington in den 90er Jahren führte und heute für Anschläge auf US Militärbasen in Saudi-Arabien mit verantwortlich ist. Münkler kann ebenfalls keine der Kritierien überzeugend erfüllen. Dies liegt vor allem daran, daß er anscheinend nur ein sehr oberflächliches Wissen über die diplomatische Geschichte des 2. Golfkriegs besitzt und generell auch keine Analyse der irakischen Innenpolitik aufstellt, immerhin wird zumindest der Hussein-Glaspie Dialog berücksichtigt, aber dies alleine reicht natürlich nicht aus, um die Kriterien zu erfüllen. Während H. Rahman die Ursachen des Kriegs primär in den Grenzstreitigkeiten zwischen Irak und Kuwait sieht, da der Irak seit seiner Existenz 1932 Kuwait als Provinz des ehemaligen Osmanischen Reichs ansah, das demzufolge aus irakischem Territorium verwaltet wurde.91 Rahman beschrieb, daß der Irak um die Golfkrise zu beenden der Bush Administration diplomatische Lösungen vorschlug, doch diese scheiterten jedes mal an Präsident Bushs Argument, daß es keine Belohnung für Aggression geben könnte und nur der vollständige bedingungslose Rückzug irakischer Truppen könnte einen Krieg mit den USA verhindern.92 Zwar gibt Rahman sich reichlich Mühe den Grenzkonflikt zwischen den beiden Kontrahenden ausgibig zu beschreiben, aber leider kann auch er die Kriterien nicht erfüllen. Dies hat vor allem damit zu tun, daß die generelle diplomatische Geschichte zwar berücksichtigt wird, dies aber nicht ausführlich genug geschiet. Dafür wird aber die irakische Innenpolitik ausreichend geschildert, das Hussein-Glaspie Gespräch wird auch gebracht, aber leider zu kurz greifend. 88 Münkler, Herfried: Der neue Golfkrieg, Rowohlt Verl., Reinbek bei Hamburg 2003, S. 104 f. 89 Ebenda, S. 48. 90 Ebenda, S. 41. 91 Rahman, H.: The Making of the Gulf War – Origins of Kuwait’s Long-Standing Territorial Dispute with Iraq, Ithaca Press, Berkshire 1997, S. 110 f. 92 Ebenda, 304 f., 302, 309. - 43 - Der ehemalige Justizminister der USA Ramsey Clark sieht die Rolle der Bush Administration als kriegsentscheidend. Daher schrieb er: Betrachtet man das amerikanische Engagement in der Golfregion..., dann trägt vor allem die US-Regierung, und nicht der Irak, die Verantwortung für diesen Krieg... Die US-Regierung benutzte das kuwaitische Königshaus, um eine irakische Invasion zu provozieren, die wiederum einen massiven Angriff auf den Irak rechtfertigen würde, einen Angriff, der zur amerikanischen Herrschaft über den Golf führen sollte.93 Für Clark trug auch die lang jährige US Politik seit der irakischen Revolution von 1958 dazu, daß es 1990 zur Golfkrise kam. In dieser Hinsicht war es Washingtons Bestreben gewesen seine Dominanz am Golf auszuspielen. Clark kann die meisten der Kriterien erfüllen. So wird die wichtige diplomatische Geschichte bei ihm sehr aufschlußreich geschildert, auch die Innenpolitik des Irak wird berücksichtigt und der Hussein-Glaspie Dialog wird ausreichend gewürdigt. Auch der allgemeine Kontext um den Krieg wird überzeugend dargeboten, so daß seine Analyse als eine der ausgewogensten und präzisesten gelten muß. Martin Yant argumentiert auf ähnliche Weise, daß die Bush Regierung die Bedrohung des irakischen Regime maßlos übertrieb, um eine populistische Basis für einen US Krieg gegen dem Irak zu bekommen. Ferner war sie bestrebt, ob nun absichtlich oder zufällig bleibt hier offen, die irakische Invasion Kuwaits voranzutreiben, damit sie ihre Macht in der Region ausbauen konnte.94 Auch Yants Analyse erfüllt die Kriterien: Die diplomatische Geschichte wird überzeugend gebracht, die Innenpolitik des Irak ist präsent, der Hussein-Glaspie Dialog wird ausreichend zitiert und der allgemeine Kontext um den Krieg wird berücksichtigt, so daß auch hier alles überzeugen kann. Adel Darwish und Gregory Alexander wiesen darauf hin, daß trotz des von den US Geheimdiensten (u.a. mit Spähsatelliten) beobachteten Zusammenziehen von Truppen nah an der kuwaitischen Grenze, von den USA nie eine Warnung an Saddams Irak gesendet wurde. Sogar noch am 1. August 1990, einen Tag vor der irakischen Invasion Kuwaits, bestand die Möglichkeit diese durch eine bestimmte und direkte Warnung zu verhindern.95 So schrieben die beiden Autoren: 93 Clark, Ramsey: Wüstensturm: US-Kriegserbrechen am Golf, Lamuv Verl., Göttingen 1995, S. 29. 94 Yant, Martin: Desert Mirage – The True Story of the Gulf War, Prometheus Books, Buffalo N.Y. 1991. 95 Darwish, Adel / Alexander, Gregory: Unholy Babylon – The Secret History of Saddam´s War, St. Martin´s Press, 1.st US ed., N.Y. March 1991, S. 267, 275. - 44 - On 1st August a crisis meeting was held at the White House; the CIA’s conclusion was ´They are ready; they will go.` Yet the Americans still issued no last-minute warning to Saddam Hussein.96 Sie wiesen auch nach, daß Saddam Hussein über die rasche US Reaktion gegen ihn verblüfft war und schon am 6. August 1990 versuchte Washington zu versichern, daß der Irak immer noch als Beschützer der US Interessen in der Region fungieren könnte.97 Auch sie verweisen darauf, daß Saddam Hussein die US Botschafterin April Glaspie mit ihrem Zitat „We have no position on Arab-Arab disputes,“ so verstand, daß die USA ihm in der Kuwait Frage freie Hand ließen.98 Auch sie erfüllen die Kriterien: Da die diplomatische Geschichte, der Hussein-Glaspie Dialog, die Innenpolitik und die allgemeine Darstellung des Kontext zum Konflikt und Krieg stimmen. Einige Autoren sehen den Golfkrieg als einen von Washington lange geplanten Krieg. Diese Konspirationstheorie wird u.a. von Brian Becker, Ali Towfik und Sami Yousif vertreten. Ihnen zufolge verschärfte die Bush Regierung zielbewußt den Grenzstreit zwischen Irak und Kuwait. Sie zitieren u.a. ein Dokument, das die UN als authentisch erklärte, welches beim Einmarsch der Iraker in Kuwait City sichergestellt wurde. In diesem, datiert auf den 22. November 1989, riet der CIA dem kuwaitischen Geheimdienst: ´... daß es wichtig sei, die sich verschlechternde wirtschaftliche Situation in Irak zu nutzen, um die irakische Regierung in Sachen Grenzverlauf unter Druck zu setzen.`99 Auch die pro-irakische Politik die von Präsident Bush, noch als dieser Vizepräsident unter Reagan war, betreiben wurde, sowie aktive materielle Unterstützung dem Irak gegenüber, sehen diese als konspirativ an. Hiermit sollte Hussein nur in Sicherheit gewogen werden, so daß er sets glauben würde, die USA seien ein Verbündeter des Irak. Ferner bezeichnen jene Autoren den Dialog zwischen Hussein und US-Botschafterin Glaspie, der nur eine Woche vor der Invasion Kuwaits stattfand, als das letzte täuschende grüne Licht an Hussein, da Glaspie mit dem folgenschweren Satz: „We have no opinion on your Arab - Arab conflicts, such as your dispute with Kuwait(.)“100, eindeutig zitiert wurde. Damit gaben die USA klar zu erkennen, daß sie trotz der akuten Krise keine Position bezogen. Ferner berichten jene Autoren über zahlreiche Aussagen, vor der Invasion Kuwaits, von US Politikern und Militärs, die allesamt betonen, daß die USA kein Verteidigungsbündnis mit Kuwait hätten und daß die Krise ein 96 Ebenda, S. 275. 97 Ebenda, S. 291. 98 Ebenda, S. 268. 99 Clark Ramsey: Wüstensturm – US-Kriegsverbrechen am Golf, Lamuv Verl., Göttingen 1995, S. 44. 100 The New York Times International, Sunday, September 23, 1990, “Excerpts From Iraqi Document on Meeting with U.S. Envoy”, Special, S. 9A. - 45 - inner-arabisches Problem sei, mit dem Amerika nicht assoziert sei. Dies alles läßt sich auch literarisch verifizieren. So daß, durchaus der Verdacht besteht, die Bush Administration habe den Irak in eine Falle gelockt. (Hierzu mehr im 3 Teil, Abschnitt 4.7 & 4.71). Leider wird die Konspirationstheorie aber auch maßlos übertrieben. So schrieb zu Beispiel Ali Towfik ohne Quellen Angaben, daß die Invasion Kuwaits schon Jahre zuvor vom CIA und dem Zionismus geplant war, um die ganze Region zu zerstören.101 Ferner, erzählt er sogar, daß die Invasion zwischen Bush und Hussein eine ausgemachte Sache gewesen wäre. Towfik im Original: „In fact, the invasion of Kuwait was a very well-planned plot between Bush and Hussein …”102 Und nennt Hussein und seinen damaligen Außenminister Aziz CIA Agenten103 (wieder ohne Quellen Angaben). Dies geht sogar so weit, daß Towfik das Treffen, zwischen Baker und Aziz in Genf am 9. Januar 1991, als reines Täuschungsmanöver abtut, um zu behaupten, hier wären Aziz von Baker die Pläne zur Bombardierung des Irak ausgehändigt worden. Hussein sei über Bush erst nachträglich empört gewesen, als sich herausstellte, daß die Bombardierung viel heftiger ausfiel, als von den Plänen angeblich ausgegangen war.104 Leider sind solche extremen Konspirationsthesen nicht nur abwegig, sondern sie diskreditieren auch die seriöseren Ansätze der Konspirationstheorie, die, in der Forschung, durchaus ihre Berechtigung haben. Was die Kriterien dieser Autoren betrift so läßt sich generell sagen, daß diese zwar ausführlich den Hussein-Glaspie Dialog berücksichtigen, die diplomatische Geschichte eher kritisch betrachten, die irakische Innenpolitik gekonnt analysieren, dafür aber den generellen Kontext zur Krise und dem Krieg jedoch zu einseitig sehen. Was letztendlich bedeutet, daß sie Kriegsursachen, die auf Misperzeptionen basieren, generell keine größere Bedeutung schenken, da sie zu sehr von ihren konspirativen Thesen überzeugt sind. Mit Hinsicht auf eine wissenschaftliche Analyse, ist eine derartige Vorangehensweise jedoch zu voreingenommen, da die konspirative Sichtweise als die einzig plausibelle vorab auserkoren wird, ohne zahlreiche andere These gegeneinander geprüft zu haben. Abschließend zum Stand der Forschung sollen einige Erklärungsmodelle für den 2. Golfkrieg, nach Prioritäten der Relevanz, herangezogen werden. 1. Das hegemoniale Erklärungsmodell 2. Die Konspirationsthese 101 Towfik, Ali: The Prearranged Gulf War, Ali Towfik Printing, Los Angeles 1991, S. 6. 102 Ebenda, S. 7. 103 Ebenda, S. 8 f. 104 Ebenda, S. 11 f. - 46 - 3. Diplomatisches Scheitern 3.1 Die US-Außenpolitik im Mittleren Osten führte zum Krieg 3.2 Die USA schickte keine eindeutige Warnung an Saddam Hussein 3.3 Die USA gingen auf keine der irakischen Angebote zur Lösung der Krise ein 4. Die realpolitische Dimension 4.1 Erster Golfkrieg als Ursache und Ursprung des Zweiten Golfkriegs 4.2 Die Überfall - Invasions- Theorie/These 4.3 Die USA wurden in den Golfkrieg hineingezogen 4.4 Grenzstreitigkeit zwischen Irak und Kuwait als Kriegsauslöser 4.5 Fehlen eines Allianz-Systems als Kriegsverursacher 5. Misperzeption als Erklärungsmodell 5.1 April Glaspies Treffen mit Saddam verursachte fatale Mißverständnisse 5.2 Saddam Hussein rechnete nicht mit einem Angriff der USA auf den Irak 5.3 Saddam Husseins Charakter verschuldete den Krieg 5.4 George Bushs Charakter verschuldete den Krieg 5.5 Falscher Entscheidungsprozeß der Entscheidungsträger in den USA 5.6 Falscher Entscheidungsprozeß des Entscheidungsträger im Irak 5.7 Saddam Hussein dachte, die Sowjet Union würde den Irak beschützten 6. Die ökonomischen Faktoren 6.1 Das Erdöl als Kriegsgrund 6.2 Kuwaits überschreiten der OPEC Ölförder Quoten verursachten die Krise 6.3 Die Desolate Ökonomie des Irak führte zum Krieg 6.4 Die Rezession in der USA zur Zeit der Golfkrise 6.5 Schlechte Zeiten für den militärisch-industriellen-Komplex in den USA 7. Die Veränderung der Machtverteilung in der Region 7.1 Ende der Bipolarität, durch Schwächung der S.U., löste den Krieg aus 7.2 Instabilität der Region ist für den Krieg verantwortlich 8. Die militärische Dimension 8.1 Militärische Aufrüstung der Region führte letztendlich zum Krieg 8.2 Das US Ziel das Militärpotential des Irak zu zerstören 8.3 Israels Bestrebungen Iraks Militärpotential zu neutralisieren oder reduzieren 9. Eigendynamische Entwicklung der Dinge während der Krise 10. Die Medien und ihre Propaganda verschuldeten den Krieg 11. Das „moralische“ Modell bewegte die USA zum Eingreifen - 47 - 12. Die Ideologie der Baath Partei verursachte den Krieg Zweck dieser Analyse ist es auf die einzelnen Erklärungsmodelle einzugehen und sie zu beschreiben, um diese letztendlich gegen einander zu testen, damit festgestellt werden kann welches Modell als am wahrscheinlichsten zur Krise und zum Krieg führte. 1. Das hegemoniale Erklärungsmodell für den 2. Golfkrieg wurde u.a. von Professor Werner Ruf, Professor Jochen Hippler, Henner Fürtig / Rolf Müller-Syring, Ramsey Clark, Martin Yant, Douglas Kellner, Kai W. Dierke, Ali Towfik, Sami Yousif, Brian Becker, Pierre Salinger und Erik Laurent entwickelt. Ruf und seine Mitautoren argumentierten links ideologisch und sahen den Golfkrieg in einem größeren Kontext. Sie sahen bedingter Maßen im Golfkrieg ein Beispiel dafür, daß die USA ihre gegenwärtige Führungsrolle hegemonial ganz ausspielten und unter Instrumentalisierung des UNO-Sicherheitsrates eine neue Struktur des Weltsystems durchsetzten, in dem "ein geeinter Norden einer zerrissenen und machtlosen 2/3-Welt gegenübersteht".105 Dies Modell setzt auf die Hegemonial-These ohne die dazu gehörigen Theoretiker wie Robert Gilpin zu berücksichtigen. Für die Autoren (außer Dierke) gilt daher mehr oder weniger, daß die USA die führende Nation im „Nord-Süd-Konflikt“ sind. Sie streben nicht nur eine „Neue-Weltordnung“ an, sondern sie verteidigen diese bereits. Der 2. Golfkrieg war somit ein hegemonialer Krieg für die USA, die mit diesem ihre eigene neue Ordnung durchsetzen konnten. Das Öl spielte in diesem Modell stets eine wichtige Rolle und Professor Hippler argumentiert daher nicht zu unrecht, daß das Öl für die USA nach dem 2. Golfkrieg immer wichtiger wurde. Auch die US Ökonomie war immer mehr nach 1991 auf billiges Öl aus dem Mittleren Osten angewiesen. Dennoch sieht dieses Modell andere Industriestaaten wie die BRD und Japan als noch Öl abhängiger als die USA. Somit läßt sich das Öl für die USA als Druckmittel benutzen, um die wirtschaftliche Entwicklung dieser Staaten wenn notwendig zu beeinflussen. Die sog. „Ölwaffe“ kommt daher den USA gelegen, da sie nach dem 2. Golfkrieg das Öl des Mittleren Osten praktisch im Alleingang kontrollierten. In diesem hegemonialen Modell wurde der Golfkrieg von den USA benutzt, um die Bipolarität mit der S.U. zu beseitigen. Damit wurden die USA zur unanfechtbaren Supermacht, die keine ernsthaften Rivalen mehr hatte. Die Autoren befürworten jedoch keine definitive Konspirationsthese, das heißt sie sind sich letztendlich nicht völlig darüber sicher 105 Ruf, Werner (Hrsg.): Vom Kalten Krieg zur heissen Ordnung? Der Golfkrieg - Hintergründe und Perspektiven, Lit Verlag, Münster 1991, S. 215. Vgl. auch: Jochen Hippler: Krieg am Golf - Modellkrieg für die Dritte Welt?, in: Jahrbuch Dritte Welt 1992, München: Beck 1991, S. 86-101. - 48 - ob die US Botschafterin und andere Regierungsmitglieder der USA damals Saddam Hussein in eine Falle in Kuwait lockten. Während Clark, Yant, Ali Towfik, Sami Yousif, und Brian Becker jedoch davon ausgehen, daß Saddam Hussein in Kuwait eine Falle gestellt wurde, ist sich der Rest der Autoren hierüber nicht einig. Alle Autoren sehen jedoch den Golfkrieg als absolut nützliche Chance für die USA, um ihre Führungsposition in der Welt auszubauen. Somit sprechen sie entweder indirekt oder direkt aus, daß nach dem Golfkrieg 1991 die Welt noch weiter polarisiert wurde. Diese Polarisierung bezieht sich in erster Linie auf den „Nord-Süd-Konflikt“. Damit ist eine konkrete Einteilung der Welt in einen reichen Norden und armen Süden zu verstehen. Dieses Modell geht von der Suche nach Profit Möglichkeiten für die USA aus. Hierbei spielt die an Rohstoff reiche Golfregion eine Schlüsselrolle für die USA. Da billiges Öl für die US Ökonomie auf lange Sicht unerläßlich ist. Das Modell sagt auch die Weltherrschaftsbestrebungen der USA vorher. Ohne die geo-strategisch sowie ökonomisch wichtige Golfregion können die USA jedoch ihre hegemonialen Pläne nicht verwirklichen, daher war der Golfkrieg für die US Führung absolut notwendig. Laut diesem Modell hätte ein solcher früher oder später statt finden müssen, wenn die USA nicht nur ihre Position in der Region ausbauen wollen, sondern eben auch wenn sie zur weltbeherrschenden Hegemonialmacht aufsteigen will. Nach diesem „hegemonialen“ Modell waren daher die USA stets bestrebt, den Mittleren Osten für sich zu „sichern“, sprich diese wichtige Region unter ihre Kontrolle zu stellen, um somit eine Art imperiale Verwaltungsmacht in der Region spielen zu können. Der Verfasser hält dieses Model für am plausibelsten, wenn die diplomatische Geschichte mit diesem kombiniert wird. 2. Die Konspirationsthese. Dieses Erklärungsmodell besagt, daß eine kleine Clique um George Bush den Irak zielbewußt in Kuwait in eine Falle lockte, um dann diesen in einem vernichtenden Krieg als Regionalmacht ausschalten zu können. An Hand der diplomatischen Geschichte läßt sich einiges für diese These heranziehen. Wie später noch ausführlicher belegt wird, existieren einige Dokumente, die durchaus für einen konspirativen Werdegang seitens George Bush sprechen. Auch das kompromißlose Handeln Bushs paßt in diese Sichtweise hinein, da Bush jeglichen diplomatischen Versuch die Krise beizulegen, stets als irakisches Täuschungsmanöver bezeichnete. Einige Autoren sind mehr oder weniger von diesem Erklärungsmodell überzeugt. Wie z.B. Brain Becker106, Sami Yusif107, Craig Hulet108, 106 Siehe dessen Kapitel “U.S. Conspiracy to Initiate the War against Iraq”, in dem Buch von: Clark, Ramsey and Others: War Crimes – A Report on United States War Crimes Against Iraq, Maisonneuve Press, Washington D.C. 1992, S. 74-82. - 49 - Ali Towfik109, Michael Emery110, Ramsey Clark, Russell S. Bowen111, Pierre Salinger und Eric Laurent112. Dennoch sollte gesagt werden, daß die Evidenzen für eine Bestätigung dieser These nicht ausreichen, so daß ihr Beitrag letztendlich spekulativ bleibt und sie gegenüber der Hegemoniethese stark relativiert werden muß. 3. Diplomatisches scheitern verursachte den Golfkrieg. Die Bush Regierung war nicht wirklich an einer diplomatischen Lösung der Golfkrise interessiert, da sie schon am Anfang behauptete, es könne keine Kompromisse für Aggression geben. Es ist daher richtig anzunehmen, daß eine diplomatische Lösung die Krise hätte entschärft und beenden können. Das Scheitern der Diplomatie ließ den Kontrahenten USA und Irak nur Zwei Optionen übrig, entweder auf Sanktionen zu setzen (US-Option) oder Krieg zu führen (US / irakische Option). Fazit: Das Scheitern der Diplomatie führte direkt zum Krieg, aber es war nicht der einzige Grund dafür. 3.1 Die US-Außenpolitik im Mittleren Osten verursachte den Golfkrieg. Diese These ist nach wie vor eine essentielle These, die versucht die Ursache des Golfkriegs zu begründen. Autoren wie Ramsey Clark, Martin Yant, Pierre Salinger und Eric Laurant sind vehemente Vertreter dieser These. Es läßt sich wohl kaum bestreiten, daß die US- Außenpolitik dazu beigetragen hat, daß der Golfkrieg zustande kam. Die Bush Administration, so diese zentrale These der oben genannten Autoren, war ausschlaggebend daran beteiligt, daß es zum Golfkrieg kam (ob gewollt oder nicht bleibt natürlich eine andere Frage). Die besagten Autoren gehen davon aus, daß die Bush-Administration zuerst den Irak bewußt (während des Ersten Golfkriegs und auch danach) aufgerüstet hat. Selbst nur wenige Tage vor Iraks Überfall auf Kuwait, schickte die Bush-Administration Kredite für Waffen und andere Waren an den Irak, obwohl US-Geheimdienste (CIA, NSA, DIA, ect.) davor warnten, daß ein möglicher irakischer Überfall auf Kuwait bevor stehe. Die besagten Autoren berufen 107 Siehe dessen Kapitel “The Iraq-US War: a Conspiracy Theory“, in dem Buch von: Bresheeth, Haim / Yual-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, Zed Books Ltd., London / New Jersey 1991, S. 51-69. 108 Siehe dessen Kapitel “Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg“, in: Chomsky / Beinin u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 67-80. 109 Towfik, Ali: The Prearranged Gulf War, Private Publishing, Los Angeles CA, 1991. 110 Siehe dessen Kapitel “Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, in: Chomsky / Beinin u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 81-99. 111 Bown, Russell S.: The Immaculate Deception – The Bush Crime Family Exposed, America West Publishers, Carson City NV 1991. Siehe hier vor allem Kapitel 8: “The Bush-Whacking of Iraq”. - 50 - sich darauf, daß die US-Regierung beschwichtigende und ermutigende Signale nach Bagdad schickte. So, die Autoren, sendete Washington die Nachricht an Saddam Hussein, daß die USA den Irak unterstützen würden die Ölpreise von damals ungefähr $18-20 per Barrel auf $25 zu erhöhen. Zur gleichen Zeit hatte Saddam Hussein mit Kuwaits Führung Streitikeiten wegen dessen illegaler Öl-Überproduktion, die zur Golfkrise führten. Die Unterstützung der Bush-Regierung konnte Saddam dann nur in der Hinsicht interpretieren, daß die USA auf Seiten Iraks waren wie zuvor im Ersten Golfkrieg. Des weiteren schickte Bush im April, 1990 Fünf US-Senatoren unter der Anführung von Bob Dole nach Bagdad, diese Delegation beteuerte Saddam Hussein gegenüber, daß die Bush-Regierung bessere Beziehungen zu Saddams Irak haben wolle, außerdem bezeichneten sie Saddam als einen Faktor der Stabilität im Mittleren Osten. Auch dies muß für Saddam schmeichelhaft gewesen sein und ihn überzeugt haben, daß er auch weiterhin auf die Unterstützung der USA setzen könne. Im heiligen Monat des Islams (Idt) schickte Bush Saddam Hussein einen Glückwunschsbrief. Während der Golfkrise (25. Juli, 1990) schickte Bush die US-Botschafterin April Glaspie nach Bagdad; ihr fehlleitendes Gespräch mit Saddam Hussein (welches schon zuvor besprochen wurde) überzeugte Saddam Hussein, daß er von einer militärischen Aktion der USA nichts zu befürchten hatte, im Gegenteil ermutigte es ihn, in Kuwait einzumarschieren. Zuvor sagten auch das State Department und eine Senat Debatte, daß die USA nicht eingreifen würden, wenn der Irak in Kuwait einmarschierte. Die genannten Autoren sagen nicht zu unrecht, daß die Bush-Regierung Saddam `grünes´ Licht für seine Invasion gegeben hatte. Auch auf diplomatischer Line trug die Bush-Regierung dazu bei, daß es zum Golfkrieg kam. Von Anfang an, sagte Bush der Welt, daß es keine Kompromisse für Aggression geben könnte, was jede Verhandlung mit den Irakern schon im Ansatz zum scheitern brachte. Die Bush-Regierung übte Druck auf Ägypten aus, als dieser Staat versuchte, mit dem Irak zu verhandeln, Saddam sagte, daß er sich aus Kuwait zurückziehen wollte, aber man dürfte keinen Druck von außen auf ihn ausüben, aber genau das tat die Bush-Regierung, die Ägypten anordnete Irak auf dem Treffen der arabischen Liga zu verurteilen, was Ägypten dann auch tat. Auch alle Verhandlungsversuche von Dritten Parteien: Sowjetunion, Frankreich, Kanada, Tunesien, Iran, arabischen Liga und Ägypten wurden von der Bush- Regierung abgelehnt. Die Diplomatie war daher von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das zentrale Argument und die Fakten dieser These sind logisch und authentisch belegbar. Daher ist dies eine seriöse These welche die Ursachen des Golfkriegs erklären kann. 112 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf - Das Geheimdossier - Die Katastrophe hätte - 51 - 3.2 Die USA schickten keine eindeutige Warnung an Saddam Hussein und lösten damit den Golfkrieg aus. Diese Zentrale These vertritt Alex Hybel in seinem Buch Power over Rationality. Es stellt für ihn die wichtigste Frage überhaupt in der Golfkriegs-Thematik da: Warum gab es keine Warnung von Seiten der Bush Administration an Saddam Hussein? Auch Martin Yant stellt sich eine ähnliche Frage, die sich als sehr wichtig und wegweisend erweisen könnte: Warum gab es zwischen George Bush und Saddam Hussein kein Telefongespräche um die Krise zu entschärfen und lösen, wie das zur Zeit der Kubanischen- Raketen-Krise zwischen John F. Kennedy und Nikita Kruschev (als zwischen Moskau und Washington die `hotline´ installiert wurde). George Bush wurde durch seine sogenannte „Telefon Diplomatie“ bekannt mit der er sämtlich arabische Führer hinter sich vereinigen konnte, warum wurde diese „Telefon Diplomatie“ nicht benutzt, um die Golfkrise zu entschärfen und zu lösen? Es ist sehr gut möglich, daß ein solches Gespräch zwischen Bush und Hussein die Krise hätte entschärfen und lösen können. In einem solchen Gespräch hätte George Bush eine deutliche Warnung an Saddam Hussein geben können, die keine Zweideutigkeiten vermitteln würde. Eine eindeutige Warnung an Saddam Hussein hätte alle Mißverständnisse zwischen den beiden Kontrahenten beseitigt. 3.3 Die USA gingen auf keine der irakischen Angebote zur Lösung der Krise ein. Es gab laut den US Autoren Ramsey Clark, Martin Yant und Pierre Salinger zahlreiche irakische Angebot an die Bush Regierung, die Golfkrise diplomatisch zu lösen. Mindestens zwei Angebot wurden sogar vom State Department als seriös bezeichnet, da sie es wert waren näher untersucht zu werden. Aber die kompromißlose Haltung der Bush Administration brachte alle schon im Ansatz zum Scheitern, da stets behauptet wurde alle Angebot wären schlicht Täuschungsmanöver der Iraker. Kurz vor dem Ablauf des UN gestellten Ultimatums war der Irak sogar bereit sich vollständig aus Kuwait zurück zu ziehen, wenn die USA die Garantie geben würden ihn nicht anzugreifen und versprechen würden zur Lösung des Palestina Problem beizutragen. Dies war eine quasi Kapitulation an die USA von Saddam Hussein, aber in den USA wurde das Angebot kaum zu Kenntnis genommen, und somit wurde der Krieg unvermeidlich. verhindert werden können, Hanser Verl., München / Wien 1991. - 52 - 4. Die realpolitische Dimension argumentiert, daß die USA wie jede Macht oder Großmacht reagiert haben, die sah, daß ein Machtvakuum am Golf nach dem Niedergang der Sowjetunion bestand. Die Invasion Kuwaits durch den Irak bildete daher nur die notwendige Rechtfertigung für eine Art US Invasion der Region. Saddam Hussein war in diesem Modell nur der nützliche „Idiot“, den man benötigte, um Realpolitik umzusetzen. Laut diesem Modell spielten moralische Aspekte keine Rolle, sie wurden höchstens dazu verwendet die Weltöffentlichkeit auf die Seite der USA zu bringen. Realpolitik umzusetzen bedeutete in diesem Fall, daß die USA ihre Position auf Kosten anderer in der wichtigen Region enorm stärken konnten. Auch das Öl spielte eine wichtige Rolle für die USA. Autoren die zu diesem Modell passen sind u.a. Henry Kissinger, Hans Morgenthau, Rüdiger Schlaga, Mohssen Massarrat, Georg Stein, Helmut Thielen und Alfred Mechtersheimer. 4.1 Der Erste Golfkrieg war die Ursache für den Zweiten Golfkrieg: Dies ist eine weitere These, die es wert ist, untersucht zu werden. Zwar fand der Autor keinen direkten Hinweis, daß der Erste Golfkrieg in der Golfkriegs-Literatur direkt für den Zweiten Golfkrieg verantwortlich ist. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Erste Golfkrieg dazu beitrug, daß zumindest sein Erscheinen dafür sorgte, daß die Konditionen solcher Art waren, daß es zumindest indirekt durch den Ersten Golfkrieg zum Zweiten kam. Der Erste Golfkrieg war der längste Krieg in diesem Jahrhundert er dauerte 8 Jahre, dies ist eine Tatsache die oft vergessen wird oder generell unbekannt ist. Dieser Krieg hatte eine verheerende Auswirkung auf die (Golf) Region, unterschiedliche Autoren des Ersten Golfkriegs, Dilip Hiro, et. al. sprechen von 500,000 bis 1 Millionen Toten, 200 Milliarden US-Dollar Kosten wegen der Zerstörung und einer verlorenen Dekade an Entwicklung für den Iran und den Irak. Es ist zumindest eine Tatsache, daß die enorm hohe Verschuldung des Iraks nie statt gefunden hätte wenn der Erste Golfkrieg nicht geführt worden wäre: 1979 hatte der Irak eine Verschuldung von belanglosen $1 Milliarde während 1990 seine Schulden die astronomische Summe von ca. $100 Milliarden betrugen. Es sollte nicht verschweigen werden, daß zumindest einer der Gründe warum der Irak Kuwait überfiel, damit zu tun hatte, daß der Irak immens verschuldet war und sich durch den Überfall erhoffte, diese Schulden so zu sagen auf einen Schlag los werden. Die Verschuldung des Iraks waren eine direkte Folge des Ersten Golfkriegs, die den Irak dazu zwangen sich ungefähr $30 Milliarden bei den Saudis und Kuwaits zu besorgen. Die Saudis führten gar keine Buchführung über diese Schulden, denn sie wußten, daß der Irak nicht vor hatte, diese „Schulden“ zu bezahlen, da es allgemein verstanden wurde, daß dieses Geld für die „arabische Sache“ benötigt wurde, um - 53 - den Vorstoß und Einfluß des Ajatollah-Regimes zu verhindern. Aber die Kuwaitis sahen dies anders und verlangten ihr Geld von den Irakern zurück, was diese als Beleidigung auffaßten. Der Erste Golfkrieg ist daher wichtig, um zu verstehen, wie er (dazu beitrug) die Krise am Golf 1990 auslöste. Die Aufrüstung die im Irak stattfand während der Jahre 1980 - 1988, war maßgebend für die spätere Golfkrise (1990). Ohne den Ersten Golfkrieg wäre der Irak nicht so aufgerüstet worden, daß er später (1990) zur (indirekten) Bedrohung für die Region wurde vor allem für Israel. Dies bedeutet, daß ohne den Ersten Golfkrieg der Irak höchst wahrscheinlich keine akute Bedrohung für die Region dargestellt hätte. Ein weiteres Ereignis, daß indirekt durch den Ersten Golfkrieg zur Golfkrise und dem Golfkrieg führte, war die Tatsache, daß die USA den Irak im Ersten Golfkrieg kräftig unterstützten. Diese Allianz ist wichtig, um den Zweiten Golfkrieg und vor allem Saddam Husseins Verhalten zu verstehen. Für die USA war Saddam Hussein nach dem Sturz des Schahs von Iran (1979), zum wichtigsten Alliierten avanciert, denn er galt als Bollwerk gegen die Mullahs im Iran und ihre Islamische Revolution, die drohte, den Mittleren Osten nach Irans Vorstellung zu gestalten. Die US-Außenpolitik war nach dem Sturz des Schahs gezwungen, eine neue Strategie für die Region zu entwerfen; die wurde als „Dual Containment“ bekannt gegeben. „Dual Containment“ beruhte auf der Annahme, daß nach der Schah Ära, die USA auf ihre verbliebenen Hauptverbündeten, Saudi Arabien und Irak setzten um den Einfluß des iranischen Khomenie Regimes in der Region zu schwächen. Dies veranlaßte die USA, Saddam Hussein als ihren Verbündeten in der Region anzusehen. Saddam Hussein wurde von der US-Regierung als Faktor der Stabilität angesehen wie zuvor der Schah. Saddam Hussein glaubte nun, daß die USA ihn als neuen Führer der Araber betrachteten. Diese Annahme war während des Ersten Golfkriegs nicht unrealistisch. Denn selbst als Saddam Hussein Giftgas gegen die Iraner und seine eigenen Kurden benutzte, gab es kaum irgendwelche Proteste von der US-Regierung; als die Iraker 1987 während des Ersten Golfkrieges dann versehentlich die US-Fregatte „Stark“ von einem irakischen Jagdflugzeuge mit einer „Exocet“ Rakete trafen und 37 US-Seeleute an Bord töteten, war die US Reaktion erstaunlich mild. Saddam Hussein konnte nun voll auf die Unterstützung der USA setzen. Deswegen konnte er auch während der Golfkrise nach seinem Überfall auf Kuwait nicht daran glauben, daß die USA ihn wirklich angreifen würden, denn er hielt sich immer noch für ihren Hauptverbündeten in der Region, zusammen mit der beschwichtigten - 54 - US Botschaften an ihn vor der Golfkrise, gab es für ihn keinen Grund, nicht anzunehmen, daß er noch immer der Hauptverbündete der USA in der Region war. So kann retrospektiv gesagt werden, daß der Erste Golfkrieg drei sehr wichtige Entwicklungen gefördert hatte, die (indirekt) für den Zweiten Golfkrieg verantwortlich waren: (1.) Die hohe Verschuldung des Iraks. (2.) Die Aufrüstung des Iraks. (3.) Saddams Glaube, daß die USA auch nach dem Ersten Golfkrieg immer noch seine Verbündeten waren. Diese Faktoren führten zumindest indirekt zur Golfkrise und letztendlich zum Zweiten Golfkrieg. U.a. sehen Henner Fürtig und Morris Mottale den 1. Golfkrieg als Mitauslöser für den 2. Golfkrieg. 4.2 Das Überfall / Invasions- Modell ist in der Golfkriegs Literatur eine weit verbreitete Erklärung für die Ursache, die den Golfkrieg auslöste. Sie besticht dadurch, daß sie einfach zu verstehen ist und nicht ohne historische Grundlage auskommen muß. Viele Autoren gehen von dieser These aus, es existieren jedoch unterschiedliche Versionen dieser These. Einige glauben, daß Saddam Hussein die Invasion schon lange im Voraus geplant hatte. Zu diesen Autoren zählen unter anderem Norman Friedman und Lawrence Freedman, sie Glauben, daß Saddam Hussein die gesamte Krise mit Kuwait nur als Täuschungsmanöver benutzte, um die Kuwaits und die Welt in dem glauben zu lassen, daß es eine gute Möglichkeit gab, die Krise auf friedliche Art zu lösen. Für sie steht aber fest, daß Saddam Hussein von Anfang an nicht daran interessiert war, die Krise zu lösen, vielmehr gehen sie davon aus, daß Saddam Hussein die Krise nur als Vorwand benutzen wollte, um Kuwait zu überfallen.113 Für sie war Saddams Intension von Anfang an klar; Saddam war der Aggressor, der nur darauf wartete, Kuwait zu überfallen, Lawrence Freedman stützt sich sogar auf Zeitungsartikel die Mitte der achtziger Jahre veröffentlicht wurden. Andere Autoren stimmen dieser Version nicht zu. John Simpson oder auch Jean Edward Smith glauben nicht an die Invasions- Thesen, der oben genannten Autoren, sie gehen statt dessen davon aus, daß Saddam Husseins Entscheidung Kuwait zu überfallen eine Art „letzte Minute“ Entscheidung war.114 Sie argumentieren, daß Saddam Hussein wie auch zuvor immer von seinen Impulsen und Instinkten geleitete worden war, daß, er immer einen Zug nach dem anderen machte, daß es keine geheimdienstlichen Hinweise gibt die darauf hinweisen, daß es einen Invasionsplan gegeben hatte. 113 Freedman, Lawrence & Karsh Efraim: The Gulf Conflict 1990-1991, Faber and Faber, London 1993, S. 28 & 62. 114 Simpson, John: From the House of War - John Simpson in the Gulf, Arrow Books, London 1991, S. 89. - 55 - Es gibt eine weitere Differenz in Verbindung mit der Invasions- These; einige Autoren glauben, daß Saddam Hussein Kuwait annektieren wollte, während andere der Auffassung sind, daß Saddam Hussein Kuwait nicht annektieren wollte, statt dessen argumentieren sie, Saddam Hussein wollte Kuwait lediglich als Verhandlungsbasis, also als eine Art Pfand, benutzen, um die geforderten Zugeständnisse von den Kuwaitis zu bekommen. Gregory Alexander, Adel Darwish, Pierre Salinger und Eric Laurent, sind eher von der Pfand / Verhandlungsbasis These überzeugt, während Lawrence Freedman und James Blackwell davon ausgehen, daß Saddam Hussein die Invasion schon relativ lange geplant hatte.115 Dieser Aspekt ist von elementarer Bedeutung, es ist sehr wichtig, daß festgestellt wird, ob Saddam Hussein von Anfang an, Kuwait „nur“ überfallen wollte oder ob er Kuwait als Verhandlungsbasis für seine Forderungen benutzen wollte. Wenn nämlich letzteres der Fall gewesen war, dann hätte Saddam Hussein in Wirklichkeit verhandeln wollen und nicht nur ein Land annektieren, dies hätte bedeutet, daß eine friedliche Lösung des Konflikts und der Krise durchaus mögliche gewesen wäre, ja sogar von ihm bevorzugt wäre. Es ist daher, wie schon erwähnt, äußerst wichtig dieses Frage zu beantworten. Deswegen wird der Autor bemüht sein diese Frage zu untersuchen. Die Invasionsthese weist aber einige Schwächen auf, die ihre Relevanz stark einschränken. Zum einen geht sie nicht auf die Vorgeschichte des zweiten Golfkriegs ein. Damit erscheint es als ob es gar keine wichtigen Ereignisse vor der Golfkrise gab, als ob sie in einem ereignislosen Vakuum stattgefunden hätte. Dies entspricht aber nicht der Wahrheit. Somit werden wichtige Begebenheiten einfach bei Seite geschoben, wie zum Beispiel die Schrägbohraktivitäten der Kuwaitis, am Rumaila Ölfeld, das zu 70 % den Irakern gehört und die darauf hin die Kuwaitis beschuldigten Öl, im Wert von $ 2,4 Milliarden von ihrem Teil abgepumpt zu haben. Oder die erhöhte OPEC Ölförderungen der Kuwaitis, die den Ölpreise erheblich nach unten drückte, was den Irak $14 Milliarden pro Jahr kostete. Es wird daher auch nicht berücksichtigt, daß Kuwait militärische Posten innerhalb irakischem Territoriums während des ersten Golfkrieg aufbaute. Auch wird die arrogante Art mit der die Kuwaitis mit den Irakern während der Krise verhandelten, nicht zur Kenntnis genommen. Vor allem aber wird nicht darauf eingegangen, daß zwischen den beiden Staaten ein Grenzstreit seit dem bestehen Kuwaits existiert. Außerdem befaßt sich die Invasionsthese nicht mit der US- Außenpolitik, die in diesem Fall analysiert werden sollte. Sie sagt auch nur wenig aus über ebenso wichtige und essentiell relevante Themen wie: Misperzeptionen der Entscheidungsträger, Saddam Husseins Charakter, das Scheitern der Diplomatie, den Ersten 115 Miller, Judith / Mylroie, Laurie: Saddam Hussein and the Crisis in the Gulf, N.Y. 1991. - 56 - Golfkrieg, die Instabilität der Region, Machtverschiebungen in der Region, Begründungen warum es keine Warnung von Seiten der US-Regierung gab, den US-Militärischen- Industriellen-Komplex, George Bushs Charakter, Israels Beziehungen zu dem Irak sowie den USA und die Medien und ihren Einfluß auf die Krise und den Krieg. 4.3 Ein weiteres Erklärungsmodell besagt, daß die USA, ohne dies zu wollen in den Golfkrieg, hineingezogen wurden. Diesem Modell zufolge waren die USA 1990 nicht sehr an der Golfregion interessiert, sondern hatten mehr damit zu tun auf die Veränderung der Weltpolitik zu reagieren, Stichwort Fall der Berliner Mauer und US-Iran Beziehungen. Diese These wird vor allem von Henner Fürtig vertreten. Aber auch Professor Hacke stimmt dieser These bedingt zu. Laut diesem Modell wurden die USA unweigerlich in den 2. Golfkrieg durch die Invasion Kuwaits hineingezogen. Bush versuchte es mit Diplomatie aber es funktionierte nicht, da Hussein für einen Abzug eine Verknüpfung mit dem israelisch- palästinensischen Konflikt forderte, sprich ohne Konzessionen der Israelis beim Friedensprozeß war er nicht bereit seine Truppen abzuziehen. Anhand der Empirie ist dieses Erklärungsmodell genauso problematisch wie das „moralische“ Erklärungsmodell, dennoch gibt es ein paar wenige Autoren, die diese vertreten. 4.4 Die Grenzstreitigkeit zwischen Irak und Kuwait führten zum Golfkrieg. Seit dem Kuwait ein unabhängiger Staate wurde, (1961) erhob der Irak Anspruch auf das Gebiet, welches heute als Kuwait bezeichnet wird. Schon 1961 versuchte der irakische General und Staatsoberhaupt Kassim Kuwait zu annektieren, mit der nicht ganz unlogischen Begründung, daß Kuwait einst Teil des osmanischen Reiches war, welches damals eine Provinz unter Bagdads Administration war. Nur unter Druck vieler arabischen Staaten und vor allem weil Großbritannien drohte, auf Seiten Kuwaits einzugreifen, gab Kassim auf. Fast genau dreißig Jahre später sollte Saddam Hussein das durchführen was Kassim nicht gelang; die Annexion Kuwaits. Der Irak hatte die Grenze zwischen sich und Kuwait nicht anerkannt, erst 1973 sollte die irakische Führung die Grenze zwischen den beiden Ländern anerkennen. Aber diese Anerkennung löste nicht alle Grenzstreitigkeiten zwischen den Ländern, daß Rumaillah Ölfeld, und die beiden Inseln Bubiyan und Warba blieben bis heute umstritten. Der Irak beschuldigte Kuwait 1990 von dem umstrittenen Rumaillah Ölfeld, Öl für 2,4 Milliarden - 57 - Dollar abgepumpt zu haben. Des weiteren wollte der Irak die beiden Inseln pachten aber Kuwait lehnte alle Vorschläge ab.116 Retrospektiv gesehen, hatte die Grenzstreitigkeit auch zum Golfkrieg geführt aber es ist nicht der einzige Grund und auch nicht der gravierendste Grund warum es zum Golfkrieg kam. 4.5 Fehlen eines Allianz-Systems als Kriegsverursacher. Auch dieses Modell steht auf wackeligen Beinen. Da es von einer hypothetischen Situation ausgeht. Ob ein Allianz- System sich wirklich kriegsverhindernd ausgewirkt hätte ist fragwürdig. Historisch gesehen waren Allianz-Systeme keine Garantie für Frieden. So war der 1. Weltkrieg u.a. so fatal, da das geheime Allianz-System den Krieg forcierte. Auch im 2. Weltkrieg spielten Allianz- Systeme eine verheerende Rolle, die den Krieg eskalieren ließen. Es gibt daher kaum plausible Gründe, warum ein Allianz-System im Mittleren Osten einen Krieg verhindert hätte. Anders herum müßte gefragt werden, wäre der Irak z.B. mit Jordanien alliiert gewesen, hätte dies dann einen militärischen Angriff der USA verhindert? Ein solches Szenario hätte die USA wohl kaum davon abgehalten, den Irak anzugreifen. Höchstens eine Allianz zwischen Saudi Arabien und dem Irak hätte möglicherweise einen US Angriff verhindert. Aber auch dies bleibt rein spekulativ und hypothetisch. 5. Misperzeption als Erklärungsmodell. Dieser zur Folge wurde der Golfkrieg an Hand einer fatalen Reihe von Mißverständnissen ausgelöst. Diese Mißverständnisse wurden nur noch verschärft da beide Hauptkontrahenten Saddam Hussein und George Bush die jeweils andere Seite nicht verstanden. Saddam Hussein, macht diesem Modell zufolge, den Fehler zu glauben, daß die Drohungen Bush nach der Invasion Kuwaits letztendlich auf einen Bluff hinaus laufen würden. Während auf der anderen Seite Bush nicht vorhersehen konnte, daß Saddam Hussein Kuwait überfallen würde. Die Bush Administration ging davon aus, daß der Irak nicht Kuwait überfallen würde, immerhin hatte bis dahin auch kein arabisches Land so etwas getan. Laut diesem Modell gingen beide Seiten lange Zeit davon aus, daß die andere letztendlich nachgeben würde und die Krise somit beendet wäre. Saddam Hussein ging bis zur Invasion Kuwaits auch irrtümlich davon aus, daß die USA nach wie vor sein Verbündeter in der Region seien. Diese Ansicht wurde auch vor der Invasion Kuwaits, durch das Verhalten von US Politikern, vor allem von Präsident Bush, gestärkt. Da man Saddam Hussein immer wieder versichert, daß die USA 116 Siehe zu dieser Thematik vor allem das Buch von: Rahman, H.: The Making of the Gulf War – Origins of Kuwait´s Long-Standing Territorial Dispute with Iraq, Ithaca Press, Bershire 1997, das sich - 58 - sich um bessere Beziehungen zum Irak bemühten. Solche Gesten konnten bei Saddam Hussein nicht unbemerkt bleiben, da er sich zum Zeitpunkt mitten in einer schweren Krise mit Kuwait befand, um so mehr setzte er auf die USA als neutrale Nation, die ihn sein Problem mit Kuwait auf seine Weise lösen lassen würde. Das Modell besagt auch, daß nach dem die Krise zwischen Hussein und Bush immer dramatischer wurde, der US Präsident glaubte mit größeren Drohungen Saddam Hussein dazu bewegen könnte aus seine Truppen Kuwait abzuziehen. Dieses Vorgehen war jedoch absolut falsch, da es Hussein keineswegs dazu bewog sich aus dem Land zurückzuziehen. So war auch dieses Verhalten von Bush eine Fehleinschätzung. Letztendlich schätzte auch Hussein das Vorgehen der USA völlig falsch ein. Er ging nämlich von einem für Amerika sehr verlustreichen Krieg aus. Auch seine Strategie gegen die USA im Stil des 1. Golfkriegs zu kämpfen erwies sich als völlige Fehleinschätzung. Autoren die in das Misperzeptions-Modell hineinpassen sind Professor Lawrence Freedman, Efraim Karsh, Dilip Hiro, Roberto Hybel, Judith Miller, Laurie Mylroie, Stephen Graubard, Deborah Amos, Michael Gordon, Bernard Trainor, Trevor Dupuy und Norman Friedman. Hier geht es um Mißverständnisse zwischen den beiden Hauptakteuren und Entscheidungsträgern: Saddam Hussein und George Bush. Dieses Szenario ist von großen Bedeutung für die Golfkriegs Forschung, denn es ist durchaus möglich, daß der Golfkrieg durch Mißverständnisse ausgelöst worden ist. 5.1 Das Treffen von US-Botschafterin April C. Glaspie mit Saddam Hussein verursachte fatale Mißverständnisse die zum Golfkrieg führten. Als sich die Golfkrise zunehmend zuspitzte, wollte Saddam Hussein über die US-Position informiert sein. Um dies zu verwirklichen, lud er die US Botschafterin April Glaspie am 25. Juli zu einem Gespräch nach Bagdad ein. Verschiedene US-Geheimdienste hatten zu diesem Zeitpunkt berichtet, daß Saddams Truppen sich bedrohlich an der Grenze zu Kuwait zusammen gezogen hatten. Aber die Bush Administration bezeichnete diese Aktion nur als „Säbelrasseln“, das Saddam betrieb, um von den Kuwaitis Zugeständnisse zu erpressen. Glaspies Gespräch mit Saddam Hussein fing damit an, daß sie Saddam mitteilte: „Ich habe direkte Instruktionen von Präsident Bush unsere Beziehungen mit dem Irak zu verbessern. Wir (die US-Regierung) haben erhebliche Sympathie für ihre Nachfrage für höhere Ölpreise, der vorrangige Grund für ihre Konfrontation mit dem Kuwait.“ Saddam Hussein schilderte ausgiebig mit den Grenzproblemen des Irak und Kuwait beschäftigt. - 59 - dann seine Position: „Wie sie wissen, habe ich jahrelang versucht, eine Lösung für unseren Streit mit Kuwait zu finden. Es soll ein Zusammentreffen in Zwei Tagen statt finden: Ich bin bereit Verhandlungen noch einmal ein letzte Chance zu geben. Wen wir (die Iraker) mit den Kuwaitis zusammentreffen und sehen, daß es Hoffnung gibt, dann wird nichts passieren. Aber wenn wir keine Lösung find können , dann wird es selbstverständlich sein, daß wir nicht den Tod akzeptieren.“ Nach einer Weile fragte April Glaspie, die sich während des Gespräches sehr zurückhaltend verhielt, (welche) „ . . . Lösungen währen akzeptabel (um die Golfkrise zu entschärfen).“ Husseins Antwort war eindeutig: „Wenn wir den ganzen Shatt al Arab (Fluß zwischen Iran und Irak) behalten können, unser strategisches Ziel in unserem Krieg mit dem Iran, werden wir Konzessionen (an die Kuwaitis) machen. Aber, wenn wir gezwungen sind zwischen der Hälfte des Shatt und dem ganzen Irak zu entscheiden (i.e. inklusive Kuwait), dann werden wir den ganzen Shatt aufgeben, um unsere Forderungen an den Kuwait um den ganzen Irak in dem Zustand wie wir ihn wollen zu verteidigen. Was ist die Meinung der Vereinigten Staaten dazu?“ Glaspie: (Pause, dann spricht sie sehr vorsichtig) „Wir haben keine Meinung über ihren inner-arabischen Konflikt, wie ihren Streit mit Kuwait. Außenminister Baker gab mir die Anweisung, zu betonen, wie zuerst an den Irak in den Sechzigern mitgeteilt, daß das Kuwait Thema nicht mit Amerika assoziiert ist.“117 Am 2. September 1990, ein Monat nach Saddams Überfall auf Kuwait erhielten britische Journalisten eine Tonbandaufzeichnung und ein Kopie von dem oben geschilderten Gespräch. Überrascht von seinem Inhalt konfrontierten sie April Glaspie damit. Journalist 1: (Hellt das Duplikat nach oben) und fragt die Botschafterin „Are the transcripts correct, Madam Ambassador?“ (Glaspie antwortete nicht). Journalist 2: „You knew Saddam was going to invade [Kuwait], but you didn´t warn him not to. You didn´t tell him America would defend Kuwait. You told him the opposite that America was not associated with Kuwait“ Journalist 1: „You encouraged this aggression-his invasion. What were you thinking?” April Glaspie: „Obviously, I didn´t think, and nobody else did, that the Iraqis were going to take all of Kuwait.“ Journalist 1: „You thought he was just going to take some of it. But, how could you? Saddam told you that, if negotiations failed, he would give up his Iran [Shatt al Arab waterway] goal for the ´whole of Iraq, in the shape we wish it to be.` You know that includes Kuwait, which the Iraqis have always viewed as an historic part of their country!” (April Glaspie sagte nichts, bewegte sich an den beiden Journalisten vorbei.) Journalist 1: „America green-lighted the invasion. At a minimum, you admit signalling 117 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf – Das Geheimdossier – Die Katastrophe hätte verhindert werden können, Carl Hanser Verl., München / Wien 1991, S. 49-67. - 60 - Saddam that some aggression was okay that the U.S. would not oppose a grab of the al-Rumeilah oil field, the disputed border strip and the gulf islands, territories claimed by Iraq?” (Wieder sagte Glaspie nichts als sie in ihre Limousine einstieg und wegfuhr.)118 Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß dieses Gespräche von April Glaspie mit Saddam Hussein enorm wichtig war, um die Golfkrise und den Golfkrieg zu verstehen, denn es ist fraglich, ob Saddam Hussein ohne das besagte „grüne Licht“ seine Invasion Kuwaits durchgeführt hätte. Es läßt sich also kaum bestreiten, daß April Glaspie wesentlich dazu beigetragen hatte, den Golfkrieg auszulösen, ob gewollt oder nicht bleibt natürlich eine andere Frage. 5.2 Saddam Hussein rechnete nicht mit einem Angriff der USA auf den Irak. Auch diese These ist als relevant zu bezeichnen. Einige Autoren, wie z.B. Khaled Bin Sultan, Ramsey Clark, Brain Becker119, Sami Yusif120, Craig Hulet121, Ali Towfik122, Michael Emery123, Ramsey Clark, Russell S. Bowen124, Pierre Salinger und Eric Laurent125 deuten entweder direkt oder indirekt an, daß Hussein nicht mit einem US-Angriff rechnete. Hätte er dies statt dessen getan, wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, daß der Irak Kuwait immer noch überfallen hätte. Daher ist diese These für die Kriegsursachenforschung interessant. Literarisch spricht sehr viel für diese These, so daß sie als verifizierbar gelten muß. 5.3 Saddam Husseins Charakter verschuldete den Krieg. Einige Autoren der Golfskriegs Literatur unter anderem Otto Friedrich, Trevor Dupuy, Michael Gorden und Bernad Trainor, gehen von der Annahme aus, daß Saddam Husseins Charakter den Golfkrieg verursachte. Sie sind damit Anhänger der These, welche besagt, daß es unweigerlich zu dem 118 Bowen, S., Russel: The Immaculate Deception - The Bush Crime Family Exposed, America West Publishers, NV. 1991, S. 147 f.. 119 Siehe dessen Kapitel “U.S. Conspiracy to Initiate the War against Iraq”, in dem Buch von: Clark, Ramsey and Others: War Crimes – A Report on United States War Crimes Against Iraq, Maisonneuve Press, Washington D.C. 1992, S. 74-82. 120 Siehe dessen Kapitel “The Iraq-US War: a Conspiracy Theory“, in dem Buch von: Bresheeth, Haim / Yual-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, Zed Books Ltd., London / New Jersey 1991, S. 51-69. 121 Siehe dessen Kapitel “Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg“, in: Chomsky / Beinin u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 67-80. 122 Towfik, Ali: The Prearranged Gulf War, Private Publishing, Los Angeles CA, 1991. 123 Siehe dessen Kapitel “Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, in: Chomsky / Beinin u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 81-99. 124 Bown, Russell S.: The Immaculate Deception – The Bush Crime Family Exposed, America West Publishers, Carson City NV 1991. Siehe hier vor allem Kapitel 8: “The Bush-Whacking of Iraq”. 125 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf - Das Geheimdossier - Die Katastrophe hätte verhindert werden können, Hanser Verl., München / Wien 1991. - 61 - Golfkrieg kommen mußte, da Saddams Charakter keine andere Alternative offen ließ. Saddams Charakter war daher für sie von Aggressivität, Paranoia, und Irrationalität geprägt. Für diese Autoren spielte Aggressivität eine wichtige und entscheidende Rolle: Saddam Hussein bewies für sie Aggressivität, denn er griff 1980 seinen Nachbarstaat den Iran an und führte einen der längsten Kriege dieses Jahrhunderts gegen dem Iran. Dies allein hätte laut den angegebenen Autoren für den Westen als eine Art Warnung gelten sollen. Saddams Aggressivität blieb für diese Autoren aber nicht auf seine Außenpolitik beschränkt sondern sie war auch auf Menschen in seinem eignen Staat gerichtet. 1988 setzte Saddam Giftgas gegen seine eigene kurdische Bevölkerung ein, des weiteren eliminierte er von Zeit zu Zeit seine politischen Gegner oder Oppositionelle Gruppen und Dissidenten. Dies hätte eigentlich ausgereicht um Saddams Politik zu verdammen, aber der Westen setzte weiterhin auf ihn, vor allem weil die US-Regierung ihn als einen Faktor der Stabilität in der Region an sah. Spätestens nach seinem gewalttätigen Einmarsch in Kuwait waren diese Autoren davon überzeugt, daß auch Saddams aggressive Natur den Zweiten Golfkrieg verschuldete. Einige wie z.B. Trevor Dupuy glaubte, daß Saddam Überfall auf Kuwait gänzlich unprovoziert war. Paranoia spielt für einige dieser Autoren auch ein große Rolle wenn es darum geht zu ergründen, warum es zum Golfkrieg kam. Sie sehen in Saddam Hussein einen Diktator der immer paranoider wurde. Es gibt einige Hinweise die dies indirekt bestätigen. Saddam Hussein sprach bei öffentlichen Veranstaltungen oft von einem „zionistischen/US- amerikanischen“ Komplott, daß gegen den Irak geführt wurde, er beschuldigte auch Kuwait daran beteiligt zu sein. Nach dem der britische Journalist Farzad Barzoft im März, 1990 der Spionage gegen den Irak beschuldigt worden war und darauf erhängt wurde und nach dem Teile für Saddams Superkanone und Zünder für Atombomben von britischen Zollbeamtem konfisziert wurden, glaubte Saddam, daß es eine Verschwörung gegen den Irak gab. Es gab aber auch noch andere Gründe, warum Saddam Hussein paranoid erschien; nach Ende des Ersten Golfkriegs (1988) bis zur Invasion Kuwaits (August, 1990) gab es Drei Attentate auf Saddams Leben. Das erste Attentat fand November 1988 statt als es Berichten zufolge einen Versuch gegeben haben soll Saddams Flugzeug abzuschießen mit dem er nach einem Besuch in Ägypten zurück in den Irak flog. Ein weitere Versuch Saddam zu ermorden soll Ende 1988 Anfang 1989 im Norden Iraks statt gefunden haben, dieser gescheiterte Versuch muß für Saddam sehr besorgniserregend gewesen sein, denn er wurde von Mitgliedern der Republikanischen Garde ausgeführt, welche generell für ihre Loyalität zu ihm bekannt sind. Der Dritte Attentatsversuch wurde abgebrochen, es war geplant, Hussein im September 1989 während der Teilnahme an einem nationalen Fest zu liquidieren. Letztendlich gab es noch ein - 62 - gescheitertes Attentat im Januar, 1990 als Saddam in seinem Wagen durch Bagdad fuhr.126 Es war also nicht ganz grundlos, daß Saddam paranoid erschien, denn er war zu dieser Zeit (1988-1990) quasi doppelt bedroht - von innen (Attentate auf seine Person) und von außen, durch das von ihm benannte „zionistische / US“ Komplott. Es gibt auch Grund zur Annahme, daß Saddam Hussein die innen-gesteuerten Attentate als CIA und Mossad unterstützt ansah. Die bestätigte seinen Verdacht, daß es sich hier um einen Komplott internationalen Ausmaßes handele. Für einige Autoren der Golfkriegsliteratur besteht auch Grund zur Annahme, daß Saddam Hussein oft irrational handelte. Zum Beispiel war der Erste Golfkrieg nicht unbedingt ein rationaler Krieg, deshalb fragen sich einige der Autoren: Wie konnte Saddam Hussein glauben, daß er gegen den Iran einen Krieg gewinnen konnte, der Iran hatte zur Zeit des 1. Golfkriegs dreimal so viele Einwohner wie der Irak und war auch als Land geographische viel größer als der Irak, ein Angriff konnte als nur unter den besten Umständen als risikoreiches Abenteuer bezeichnet werden. Saddam Hussein erschien ihnen aber als viel irrationaler als es zur Golfkrise kam (Juli 1990 - Januar 1991), Saddam Hussein schien zu glauben, daß er Chancen hätte er könnte diesen Krieg gewinnen (wenn auch nur im politischen Sinne), für diese Autoren war es fast unbegreiflich, daß sich Saddam Hussein nicht zurückzog und sich daher auf einen Krieg mit den Übermächtigen USA einließ. All dies ließ ihn sehr irrational erscheinen und machte diesen Autoren klar, daß Saddams irrationalität für die Golfkrise und den darauf folgenden Krieg verantwortlich war. War Saddam Hussein ein Opfer von Misperzeptionen? a.) Es besteht durchaus Grund zur Annahme, daß Saddam Hussein die US-Botschafterin April C. Glaspie nicht richtig verstanden hatte, als diese sich folgendermaßen zu dem Irak- Kuwaitischen-Konflikt äußerte: „Wir wollen zu den innerarabischen Konflikten keine Position beziehen, Beispielsweise zu Ihrem Konflikt mit Kuwait.“ Saddam Hussein, so meinen zumindest eine Menge von Autoren, wurde durch diese Aussage ermutigt in Kuwait einzumarschieren, denn er konnte nun annehmen, daß die USA nicht militärisch gegen den Irak vorgehen würde. Es besteht immerhin die Möglichkeit, daß diese Aussage den Golfkrieg auslöste. Aber es blieb nicht bei diesem einen Mißverständnis auf Husseins Seite, denn er ging oft von Annahmen aus, die mit der Realität nicht all zu viel zu tun hatten. Da Saddam Hussein kein echter General war, sondern sich, wie so oft in der Dritten Welt, zum General 126 Karsh, Efraim / Rautsi, Inari: Saddam Hussein - A Political Biography, Futura Publications, London 1991, S. 207. - 63 - selbst ernannte machte er eine Reihe von verheerenden Fehlern, die der Irak und seine Bevölkerung bitter bezahlen mußten. b.) Einer der frühsten und zugleich größten Fehler war seine falsche Einschätzung der militärischen Lage. Saddam Hussein sagte seinen Generälen und Interview Partnern, daß die USA den Golfkrieg nicht gewinnen würden; seine Begründung war einfach, noch nie in der Geschichte hatte ein Luftkrieg einen Krieg entschieden. Er suggerierte, daß weder im Zweiten Weltkrieg noch im Vietnam Krieg, der Krieg von der Luftwaffe der unterschiedlichen Streitkräfte gewonnen worden war, letztendlich gab es immer einen alles entscheidenden Bodenkrieg, der über das Schicksal der Kombattanten entschied. Historisch gesehen hatte Saddam Hussein Recht, aber was er nicht richtig sah war, daß die Technologie in den letzten 20 Jahren sich maßgebend geändert hatte; mit Hilfe von riesigen Radar Stationen und vor allem hochleistungsfähigen Militärsatteliten konnten die USA ihren Luftkrieg gegen den Irak realistisch voraus planen. Auch vergaß Hussein zu berücksichtigen, daß die militärische Flugzeugtechnologie in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht hatte, dies bewies vor allem der Tarnkappen „Stealth“ Bomber (F-117), der für das irakische Radar so gut wie unsichtbar war und der seine Laser gesteuerten Bomben mit enormer Präzision ins Ziel brachte. Saddam Hussein macht viele, zu viele, militärische Fehler in seiner Einschätzung wie der Krieg mit den USA verlaufen würde. c.) Ein weiterer unverzeihlicher Fehler war seine Überzeugung, daß er diesen Krieg im Stil des 1. Golfkriegs führen könnte und auch noch mit einer solch antiquierten Strategie gewinnen könnte. Das hieß seine Soldaten würden sich defensiv in Schützengraben begeben um auf den Feind zu warten, bis dieser immer größere Verluste durch die defensive Stellungen der Irak hinnehmen würde, bis er des wegen gezwungen wäre letztendlich aufzugeben. Das Problem mit dieser antiquierten Strategie war zurückblickend offensichtlich, Hussein versuchte mit der Strategie des 1. Weltkrieg einen Krieg gegen eine Koalition von Nationen zu führen, die unter Führung der Amerikaner einen Krieg austrugen der ein „high-tech“ Krieg war, welcher unter Bedingungen eines 3. Weltkriegs geführt wurde. Die USA bereiteten sich auf einen hoch modernen Krieg vor, der die Effektivität neuster Waffensysteme ausnutzte, um so den Gegner mit der größten Luftschlacht aller Zeiten in die Knie zu zwingen. Als die Bodenoffensive begann, war die irakische Armee schon so lange (40 Tage) gnadenlos bombardiert worden, daß es keine nennenswerte Gegenwehr von den Irakern gab. - 64 - d.) Aber es waren nicht nur militärische Fehler die Saddam Hussein machte, sondern vor allem auch politische, so war Saddam zu Beispiel davon überzeugt, daß Demokratien nicht dazu geeignet wären Kriege zu führen, er sagte dies bezüglich zu US-Botschafterin April Glaspie: „...Ihre Gesellschaft ist eine die es sich nicht leisten kann 10.000 tote (Soldaten) in einer Woche in einer Schlachte zu verlieren.“ Hiermit machte Saddam Hussein noch einmal nachdrücklich klar, daß er die Strategie der USA nicht verstanden hatte. Er verstand nicht, daß sich die USA gar nicht auf einen wirklichen Bodenkrieg einlassen wollten. Nach dem Golfkrieg und der Bodenoffensive der Alliierten, sagten einige US-Soldaten aus, daß die Bodenoffensive ein Kinderspiel gewesen war, einige Golfkrieg-Autoren schrieben sogar, daß die Bodenoffensive sicherer gewesen war als US-Militärübungsmanöver, während andere schrieben, daß es gefährlicher wäre durch US-Großstädte zu Wandern als an der Bodenoffensive Teil genommen zu haben.127 e.) Ein weitere Fehler war, daß Saddam anscheinend nicht glaubte, daß die USA in Lage gewesen waren, so viel militärisches Material nach Saudi Arabien zu transportieren. Viele Beobachter des Golfkriegs weisen auch darauf hin, daß Saddam Hussein höchst wahrscheinlich gar nicht mit einen Alliierten Angriff rechnete. Vielleicht erklärt dies auch warum er die Amerikaner nicht in Saudi Arabien angriff, als sie nur wenige Tage nach dem Überfall auf Kuwait, nur schwach in Saudi Arabien vertreten waren, mit wenig Waffen und anderem nötigen Material. f.) Ein weitere schwerwiegender Fehler Saddam Husseins war, daß er glaubte, daß die Sowjetunion dem Irak beschützen würde. Es ist auch möglich, daß Saddam Hussein glaubte, daß wie Präsident Bush es am 8. November 1990 sagte, die US-Truppen nur defensive Aufgaben hätten und nur sich und das (saudische) Königreich beschützen würden. Weiterhin ist es möglich, obwohl dies wohl Spekulation bleiben muß, daß er annahm, daß die US- angeführte Koalition auseinander brechen würde. Wie immer der Golfkrieg auch analysiert wird läßt es sich kaum bestreiten, daß Saddam Hussein schwerwiegenden und gravierenden Fehleinschätzungen zum Opfer fiel. 5.4 George Bushs Charakter verschuldete den Golfkrieg. Einige Autoren der Golfkriegs Literatur vor allem Stephen Graubard in seinem Buch Mr. Bush`s War, Jean Edward Smith in ihrem Buch George Bush`s War, Ramsey Clark und Bob Woodward in seinem Buch The Commanders vertreten die These, daß George Bushs 127 Siehe diesbezüglich u.a.: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, 1992. - 65 - Charakter für den Golfkrieg verantwortlich war. Graubard vertritt die These, daß George Bush generell wenig von Außenpolitik verstand und so gut wie gar nichts über die Politik des Mittleren Osten. Da George Bush darauf bestand, alle wichtigen Entscheidungen entweder alleine oder mit seinen engsten Mitarbeitern des Weißen Hauses zu treffen, gab es keine Möglichkeit, daß er und seine Mitarbeiter über den Mittleren Osten von Experten aufgeklärt würden. Graubard geht davon aus, daß Bush ein „Kalter Krieger“ war der theoretisch nur in Kategorien des Kalten Kriegs operieren konnte. Nach dem Fall der Berliner Mauer war es für George Bush nicht mehr möglich eine kohärente Strategie für die Zukunft zu entwickeln, so bestand Bush z.B. darauf, alles was mit der Golfkrise assoziiert war mit geschichtlichen Entwicklungen des Kalten Kriegs oder gar des Zweiten Weltkriegs zu erklären. Bush nannte Hussein einen Diktator der schlimmer als Hitler sei, er verglich den Irak und seinen Überfall auf Kuwait immer wieder mit Hitlers Nazideutschland. Er sprach über Saddams Regime in symbolischer Weise, Saddam wäre ein Diktator der für „dunkles Chaos“ stand, der die „Regeln des Dschungels“ bevor zog. All dies erinnerte stark an Reagans Rhetorik als er die Sowjetunion als ein „Reich des Bösen“ (Evil Empire) bezeichnete. Graubard weist darauf hin, daß Bush in den USA viele domestische Probleme hatte und deshalb nach einer Krise im Ausland suchte mit der er den ihm nicht wohlgesonnenen Kongreß hinter sich vereinigen konnte. Die Golfkrise, so Graubard, war daher Bushs Rettung. Graubard vergleicht Bushs Panama Invasion mit der Golfkrise, für ihn sind beide Zwischenfälle typisch für Bushs Verhalten; Bush suchte in Panama genauso wie später im Golf eine Konfrontation, mit der er innenpolitische Probleme verdrängen konnte, während er sich als Held und Verteidiger von Freiheit und Demokratie im eigenen Land feiern ließ. Für Graubard operiert Bush nicht nach einer voraus geplanten Strategie statt dessen geht er eher dilettantisch vor, wie eine Person, die sich salopp ausgedrückt, durchwurschtelt. Daher ist auch Bush Rede von einer „neuen Welt Ordnung“ für Graubard nichts als schöne Rederei, ein Euphemismus für eine Welt die Bush weder voraussehen noch einleiten konnte. Für Graubard steht deshalb fest, Bush klammerte sich an die Zeiten des Kalten Kriegs mit der er vertraut war, während er mit allen Mitteln versuchte, ein politisches Problem (Golfkrise) mit militärischen Mitteln zu lösen. Retrospektiv meint Graubard ist der Golf auch nach dem 2. Golfkrieg instabil, für Graubard war der Golfkrieg ein Krieg der nichts gelöst hatte, (`a war that solved nothing`) das Palästinenser Problem, das Kurden Problem, das Israel vs. arabische Nationen, das Saddam / Diktator und das instabilitäts- Problem blieben nach wie vor Hauptprobleme des Mittleren Osten. - 66 - Jean Edward Smith vertritt eine ähnliche These, für sie ist George Bush der Hauptverantwortliche wenn es darum geht, zu ermitteln, wer für den Golfkrieg verantwortlich ist. George Bush, so Smith, war der herausragende Charakter der die USA auf Kriegskurs schwenkte und unweigerlich auf den Krieg als einzige Lösung setzte. Bush fühlte sich persönlich während der Krise betroffen, er betonte Dinge oft in der Form der ersten Person: „I´ve had it“, „I am getting increasingly frustrated“, „Consider me provoked“, „I am more determined than ever in my life . . .“128 Bush mißachtete den Kongreß, als er erklärte er bräuchte keine Genehmigung vom Kongreß, um Krieg zu führen. Anfang November 1990 (nach dem die kritischen Kongreßwahlen beendet waren) verdoppelte Bush die Anzahl der US-Soldaten in Saudi Arabien von 200 000 auf enorme 400 000 ohne den Kongreß zu konsultieren, wie dies gesetzmäßig hätte stattfinden sollen, diese Aktion so Smith, ließ dem US-Militär keine andere Option übrig, als entweder die angeschwollene US-Militärmaschine zu benutzen oder abzuziehen, da ein Rückzug der Amerikaner aber als demütigend betrachtet wurde, war es mehr als unwahrscheinlich, daß die US-Truppen abgezogen werden würden. Smith argumentiert, daß schon die Verdoppelung der US-Soldaten auf 400.000 auf eine unfexibele Politik Bushs hinweist und auf eine militärische Lösung des Konflikts hinsteuere. „Its very size made its use inevitable.“129 Smith ist der Meinung, daß George Bush alle Verhandlungsmöglichkeiten schon im Ansatz zum Scheitern brachte, weil er keine friedliche Lösung des Konflikts haben wollte. Auch Smith behauptete, wie Graubard, daß Bush orientierungslos in seiner Beziehung zur der Golfkrise war.130 Ramsey Clark, sieht Bush ebenfalls als Präsidenten, der ausschließlich auf eine militärische Lösung der Krise setzte und keine Bemühungen unternahm mit diplomatischen Mitteln eine Lösung zu finden. Bush pro-irakische Haltung war schon einige Jahre vor der Golfkrise festgesetzt und führte u.a. dazu, daß Hussein sich als Bündnispartner Washingtons ansah, der daher von den USA kaum etwas zu befürchten hatte.131 Der berühmte Journalist Bob Woodward, der unter anderem mit Carl Bernstein den Watergate Skandal Anfang der siebziger Jahre Aufdeckte, vertritt ebenfalls die These, daß George Bush derjenige war, der einen Krieg haben wollte. Schon früh während der Krise steuerte Bush bewußt auf den Kriegskurs zu. Während einer wichtigen Besprechung mit seinen Spitzen- Mitarbeitern des Pentagons (Verteidigungsminister Dick Cheney, General Colin Powell, Brent Scowcroft, Außenminister James Baker) sagt Bush zu ihnen, daß er nicht glaube, daß es 128 Smith, Edward, Jean: George Bush´s War, Henry Holt and Company, New York, 1992, S. 2. 129 Ebenda, S. 8. 130 Ebenda., S. 71. - 67 - politisch gesehen genug Zeit für die Sanktionsalternative gibt.132 Des weiteren beschrieb die Bush Administration den möglichen Rückzug von Saddams Truppen aus Kuwait als „Alptraum Szenario“. Woodward ist einer der stärksten Anhänger, der These, die Bush als den Protagonist der Kriegsstrategie gegen den Irak ansieht. Fall Nummer Zwei: War George Bush ein Opfer von Misperzeptionen? Obwohl George Bush nicht so gravierenden Fehleinschätzungen ausgesetzt war wie sein Kontrahent Saddam Hussein, blieb auch er nicht ganz von Fehleinschätzungen verschont. Einer der größten Fehler, die George Bush (höchst wahrscheinlich bewußt) machte, war daß er von Anfang an, sich nicht um die Meinung der Mittel Ost Experten kümmerte. Es war seit der Entstehung der Krise immer George Bush und ein sehr geringer Teil seiner engst Vertrauten (Pentagon) Mitarbeiter, die alle Entscheidungen im Alleingang trafen, ohne dabei auch irgendwelche Experten zu konsultieren. Dies hatte folgende negative Auswirkungen auf die Krise: a.) George Bush schien nicht zu verstehen, daß seine Bemühungen die Beziehungen zum Irak zu verbessern für Saddam Hussein bedeuteten, daß die USA auf Husseins Seite stehen würden, auch wenn dieser Kuwait Überfallen würde. b.) George Bush schien nicht zu verstehen, daß er eine eindeutige Warnung an Saddam schicken mußte, damit dieser nicht in Kuwait einmarschieren würde. Statt dessen schickte Bush beschwichtigende Botschaften an Saddam Hussein, die alle darauf hin deuteten, daß der Streit zwischen dem Irak und Kuwait eine inner-arabische Angelegenheit sei, die die USA nichts angehe. c.) George Bush unterschätzte die Wirkung der Scud-Raketen, die der Irak auf Israel und Saudi-Arabien abschoß und die die Koalition fast zum zerbrechen brachten, als die Israelis drohten den Irak anzugreifen; dies hätte höchst wahrscheinlich dazu geführt, daß die Araber die Alliierten verlassen hätten, weil sie nicht an der Seite von (Erz) Feind Israel gegen eine arabische Nation kämpfen hätten können, dies wäre von allen arabischen Bevölkerungsgruppen als Verrat an der arabischen-Sache angesehen worden und hätten den Regimen in der Region sehr großen Schaden zugefügt. 131 Clark, Ramsey: The Fire This Time – U.S. War Crimes in the Gulf, Thunder´s Mouth Press, N.Y. 1992. 132 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. 1991, S. 8 f. - 68 - d.) George Bush hatte höchst wahrscheinlich die Wirksamkeit der Sanktion gegen den Irak unterschätzt und ließ sich verfrüht auf einen kostspieligen und (potentiell) gefährlichen Krieg im Mittleren Osten ein. e.) George Bushs Gerede von einer „Neuen Welt Ordnung“ war realitätsfremd, da nach dem Golfkrieg keine „Neue Welt Ordnung“ eingeleitet wurde; der Mittlere Osten funktioniert immer noch nach den alten Prinzipien und erkennt keine neue Ordnung an. Dies zeigt, wie wenig Bush von dem Mittleren Osten wirklich verstand. f.) George Bush war einer der wenigen US-Politiker, die während der Reagan Administration darauf bestanden, Saddam Hussein mit Waffen zu beliefern. Diese Unterstützung des Iraks hielt praktisch bis zum Tag vor Saddams Überfall auf Kuwait an. Bush konnte anscheinend nicht begreifen, daß Saddam eines Tages die gleichen Waffen die er von den Amerikanern gekauft hatte, gegen ein Nachbarland benutzten würde. Im Klartext heißt dies: die Aufrüstung, die Bush schon während der Reagan Administration betrieb, half Saddam bei seinem Überfall auf Kuwait. g.) George Bush verstand nicht die Mentalität der Araber, dies spiegelt sich wieder in seinen Verhandlungsverständnis während der Krise. Bushs Entscheidung, daß es keine Kompromisse geben wird („... keine Belohnung für Aggression“) und daß nur ein bedingungsloser Rückzug aus Kuwait die Lage entschärfen könnte, zeigt deutlich, wie fremd ihm die arabische Kultur und Mentalität waren. Er konnte somit nicht begreifen, daß im Mittleren Osten schon seit über tausend Jahren eine Kultur herrscht, die das Verhandeln und Feilschen hoch ansieht und schätzt. Für die Araber ist das Verhandeln und Feilschen selbst verständlich und all gegenwärtig in ihrem Lebensstil, daher machte Saddam Hussein mehrere Angebote, um die Krise zu entschärfen, aber Bush ging nicht darauf ein. Für einen Araber und besonders für einen arabischen Führer ist es eine Demütigung wenn jemand nicht mit ihm über eine wichtige Sache verhandeln will. Aber genau diese Taktik benutzte Bush, um mit Saddam Hussein fertig zu werden. h.) George Bush übte Druck auf Saddam Hussein, nach Husseins Einmarsch in Kuwait aus, gerade dies führte aber dazu, daß Hussein sich nun stur verhielt. Nach dem Einmarsch in Kuwait merkte Saddam Hussein, wie falsch er die Reaktion der USA und der Welt eingeschätzt hatte. Er erklärte sich bereit aus Kuwait zurück zu ziehen, wenn nicht von außen Druck auf ihn ausgeübt werde, genau dies tat aber George Bush, als er Anfing von unmenschlichen Greueltaten Saddam Husseins zu sprechen begann und ihn einen schlimmeren Diktator als Adolf Hitler nannte. - 69 - Es kann also behauptet werden, daß beide Führer und Entscheidungsträger schwerwiegende Fehler und Fehleinschätzungen ausgesetzt waren, dies, so zumindest behauptet es die Misperzeptions-These, führte unweigerlich zum Golfkrieg. 5.5 Falscher Entscheidungsprozeß der Entscheidungsträger in den USA In diesem Modell trug der fehlgeleitete Entscheidungsprozeß zum Krieg bei. Hauptadvoakten dieser These sind u.a. Jean Edward Smith, Bob Woodward und Douglas Kellner. Ihnen zufolge griff Präsident Bush schnell, ja viel zu schnell, nach der militärischen Lösung des Konflikts mit dem Irak. Dies leiß kaum diplomatischen Spielraum für eine mögliche Kompromiß Regelung. Dieses Erklärungsmodell wird durch die empirische Analyse der Dokumente bestätigt. Dennoch kann es nicht alle vollständig erklären warum es zum Krieg kam. 5.6 Falscher Entscheidungsprozeß im Irak verursachte den Krieg. Auch dieses Modell kann viel zum Verständnis um die Kriegsursachen beitragen. Es ist offensichtlich, daß Saddam Hussein eine falsche Entscheidung traf, als er Kuwait besetzen ließ. Ob sein Entscheidungsprozeß jedoch danach falsch war, ist schwieriger zu ergründen. Zum einen sah er seinen Fehler schnell ein und hoffte durch Diplomatie die Krise zu beseitigen. Als George Bush jedoch nicht darauf einging, schien der irakische Diktator sich in Sicherheit zu wiegen, weil er verkünden ließ, daß „die USA eine Gesellschaft seien, die keine 10 000 tote Soldaten auf einem Schlachtfeld ertragen könnten“. Diese Mitteilung an die US Botschafterin, sollte sie seriös und keine Rhetorik sein, zeigte, daß Saddam Hussein sich erneut verschätzt hatte, was die Absichten der USA betraf. Die meisten Golfkriegs Autoren sind Anhänger dieses Erklärungsmodells. Zwar stimmt es, daß Husseins Invasion auf einem eklatanten falschen Entscheidungsprozeß basierte, aber ob dies letztendlich den Golfkrieg auslöste, bleibt spekulativ. Zumindest zeigt die empirische Analyse, daß Bush, durch seine kompromißlose Haltung, ebenso verantwortlich war für die letztendliche Auslösung des Krieges. 5.7 Saddam dachte die Sowjetunion würde den Irak beschützten. Diese These steht generell auf wackeligen Beinen, denn Saddam Hussein hatte selbst auf einem arabischen Gipfeltreffen gesagt, daß er glaube die Sowjetunion würde in der Zukunft keine bedeutende Rolle mehr in der Golfregion spielen und es sei daher ratsam für die Araber etwas gegen die US-Politik in der Region zu tun, damit sie und die Region nicht bald Sklaven der imperialistischen US-Politik würden. Es ist daher eher unwahrscheinlich, daß Saddam Hussein daran geglaubt hatte, daß die UdSSR ihn beschützen würde. - 70 - Es mag aber dennoch sein, daß Saddam geglaubt hatte, daß die UdSSR es nicht zulassen würde, daß die USA im Weltsicherheitsrat eine Resolution gegen den Irak implementieren würde. Aber dies blieb für Saddam aller höchst Nebensache, denn er glaubte nicht, daß UN- Resolutionen einen Krieg wirklich verhindert könnten. Bestes Beispiel für ihn muß die UN- Resolution gegen den Irak gewesen sein, die während des Irak-Iran-Kriegs beschlossen und implementiert wurde; sie hatte jedoch keine Auswirkung auf den Irak-Iran-Krieg. 6. Die ökonomischen Faktoren 6.1 Das Erdöl als Kriegsgrund Es dürfte klar sein, daß Erdöl beim 2. Golfkrieg eine wichte Rolle spielte. Die meisten Autoren der Golfkriegsliteratur sind zumindest dieser Ansicht. Die US Ökonomie ist schon seit 1970 von ausländisches Öl abhängig.133 1991, im Jahr des Golfkriegs, mussten die USA fast 15 % ihres Öls aus dem Mittleren Osten importierten.134 2001 stieg dieser Ölbedarf auf 20 %, der aus der besagten Region für die USA kam.135 Aber dies täuscht über die Tatsache hinweg, daß die US Strategie massiv auf Diversifikation, was Ölimporte betrift, seit 1991 setzte. So sehen derzeitige US Geheimdienste Berichte alternative Ölressourcen in Westafrika und in der westlichen Hemisphere.136 Längst ist auch schon der ganze Kaukasus im Visier der US Ölindustrie. Diese Region spielt seit dem 9.11.01 längst die Hauptrolle im US Bemühen seine Ölimporte zu Diversifizieren, wie der ex-US Energieminister schon 1998 aussagte.137 Wie ein Kenner der Materie schon bestätigte, haben die USA mit dem 2. Golfkrieg ihr Bündnis mit den Petro-Oligachien am Golf längst gefestigt, um somit 45 % des Weltöls unter ihre Kontrolle gebracht.138 (Wie später noch ausführlicher beschrieben wird) Und der US Konfliktforscher Michael Klare konstatierte längst: „Bei der Kontrolle des Irak geht es mehr 133 Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl – Zwischen Kaspischem Meer und Nahem Osten entscheidet sich die Zukunft des globalen Imperialismus, 2. akt. Aufl., Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung, München 2003, S. 36. 134 Zeugenaussage von Dr. M. A. Samad-Matias, Professor of African and Caribbean Studies at City College of N.Y., bei der New York Commission Inquiry Anhörung, 11. Mai, 1991, zitiert in: Clark Ramsey: The Fire This Time, S. 90 135 Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl, München 2003, S. 35. 136 National Intelligence Council, Global Trends 2015 (December 2000), zitiert in: Chomsky, Noam: Hegemony or Survival – America´s Quest for Global Dominance, Penguin Books, London 2004, S. 162. 137 Kleveman, Lutz: Der Kampf um das Heilige Feuer – Wettlauf der Weltmächte am Kaspischen Meer, Rowohlt Verl., 1. Aufl., Berlin 2002, S. 15 ff, & 19. 138 Massarrat, Mohssen: “Der Golfkrieg – Historische, politische, ökonomische und kulturelle Hintergünde”, zitiert in: Stein, George: Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 25. - 71 - um Öl als Machtmittel, weniger um Öl als Treibstoff, ... Die Kontrolle des Persischen Golfs bedeutet Kontrolle über Europe, Japan und China.“139 Treffender kam es nicht artikuliert werden. 6.2 Kuwaits überschreiten der OPEC Ölföderungs Quoten verursachte die Golfkrise und den Golfkrieg. Nur einen Tag nach dem Ende des Irak-Iran-Kriegs am 8. August 1988, erhöhte Kuwait seine Ölproduktion drastisch. Diese kuwaitische Aktion, die widerrechtlich gegen das OPEC Abkommen verstieß, ließ die Ölpreise rapide fallen. Die Preise fielen von $21 per Barrel auf $11, was den Irak 14 Milliarden Dollar im Jahr kostete. Aber damit war noch nicht genug, denn Kuwait verlangte in März 1989 eine Erhöhung der OPEC Föderquoten von 50 %, dieses Verlangen wurde jedoch bei dem OPEC Treffen im Juni 1989 abgelehnt. Darauf antwortet Kuwaits Ölminister, daß Kuwait sich nicht mehr an die Quoten halten würde, was dazu führte, daß Kuwait seine Ölproduktion auf 2 Million Barrel pro Tag verdoppelte. Was daran noch ärgerlicher und für die Iraker vor allem provozierender war, war die Tatsache, daß Kuwait beabsichtigte, mehr Öl von dem umstrittenen Rumaillah Ölfeld zwischen Irak und Kuwait abzupumpen. Mit der Hilfe von Schrägbohr-Technologie pumpte Kuwait Öl von dem eindeutig irakischen Teil des Rumaillah Ölfelds ab.140 Es ist nicht zu bestreiten, daß diese Aktionen von Kuwait dazu führten, daß die Beziehungen zwischen dem Irak und Kuwait schwer belastet wurden, dennoch ist dies nicht der einzige Grund, warum es zu dem Golfkrieg kam. 6.3 Die Desolate Ökonomie des Irak führte zum Krieg Einige Autoren gehen von der Annahme aus, daß Saddam Hussein Kuwait wegen der desolaten irakischen Wirtschaftslage überfiel, um seine Schulden zu tilgen und eine Rezession zu vermeiden. Zu diesen Autoren gehören Lawrence Freedman, Efraim Karsh, Inari Rautsi, Adel Darwish und Gregory Alexander.141 Die Wirtschaftslage des Irak sah in der Tat nicht gut aus. Der Irak war, wie schon zuvor beschrieben, massiv bei seinen Gläubigern verschuldet (genannte Zahlen variieren zwischen $80 - $120 Milliarden). Saddam Hussein war gezwungen, eine (schnelle) Lösung für den desolaten Zustand seiner Wirtschaft zu finden, denn er hatte seinem Volk versprochen, daß 139 Dreyfuss, Robert: “The Thirty-Year Itch”, Mother Jones, 1. März 2003, zitiert in: Theveßen, Elmar: Die Bush-Bilanz – Wie der US-Präsident sein Land und die Welt betrogen hat, Droemer Verl., München 2004, S. 129 f. 140 Clark, Ramsey: The Fire This Time - U.S. War Crimes in the Gulf, N.Y. 1992, S. 14. 141 Karsh, Efraim / Rautsi, Inari: Saddam Hussein - A Political Biography, London, 1991, S. 194-216. Darwish, Adel / Alexander, Gregory: Unholy Babylon - The Secret History of Saddam´s War, N.Y. - 72 - sich die Wirtschaft mit Ende des 1. Golfkriegs wieder verbessern würde und die Iraker wieder den Wohlstand, den sie vor dem Krieg genossen, haben würden. Dieses Versprechen konnte er aber nicht einlösen, denn die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zunehmend. Auf Saddam Hussein wurden bis Anfang 1990, wie schon erwähnt mindestens drei Mordanschläge verübt, auch dies konnte als Unzufriedenheit der Armee und des Volks betrachtet werden, die von der schlechten Wirtschaftslage enttäuscht waren. Außerdem bekam Hussein wegen der miserablen Wirtschaftslage, mit Ausnahme der USA, keine Kredite aus dem Ausland mehr. Die Situation in der sich Hussein also befand war verzweifelt und deprimierend. Saddam wußte, daß selbst ein Diktator nur begrenzt Druck auf ein Volk ausüben kann, dies bewies zuletzt eindrucksvoll der rumänische Diktator Ceausescu, der wegen Unterdrückung von Freiheit und einer desolaten Wirtschaftslage von seinem Volk gestürzt worden war. Es gibt sogar Autoren, die behaupten, daß Saddam Hussein von Ceausescu sehr beunruhigt worden war und seine Bewachern befahl sich die Videos von Ceausescus Sturz anzuschauen, damit er nicht Opfer eines ähnlichen Schicksals würde. In diesem Dilemma erschien das reiche Kuwait für Saddam Hussein als Lösung für alle seine Probleme, mit einem gelungenen Überfall auf Kuwait, konnte er sich sicher sein, daß (a) seine Schulden der Vergangenheit angehören würden, (b) er den angekündigten Wiederaufbau des Iraks finanzieren konnte und (c) die Unzufriedenheit des eigenen Volks rückgängig machen konnte, was seine Popularität im Irak wieder verstärken würde und zugleich die Attentate auf seine Person reduzieren könnte. Daher sind die Annahmen der Autoren sicher richtig, wenn sie behaupten, daß die desolate Wirtschaftslage des Iraks (indirekt) zum Golfkrieg führte. 6.4 Die Rezession in der USA zur Zeit der Golfkrise als Kriegsfaktor. Auch diese These kann nicht so leicht verworfen werden. Wie noch später ausführlich im Abschnitt 4.61 beschrieben wird, war die Rezession von 1990 ein ernsthaftes Problem für die USA und ihre republikanische Partei, die später wegen der schlechten Wirtschaftslage die Wahlen verlieren würde. Leider wird die Rezession meistens in der Golfkriegsliteratur erwähnt, ohne sie aber als Kriegsursache anzusehen. Somit existiert eine Lücke in der Kriegsursachenforschung. Wie sich aber noch im bereits erwähnten Abschnitt der Arbeit zeigen wird, ist die These auf jeden Fall bedeutsam genug erwähnt zu werden. Denn, wie 1991, S, 279-298. Freedman, Lawrence / Karsh, Efraim: The Gulf Conflict 1990-1991, London, 1993, S. 61. - 73 - später ausführlich gezeigt wird, führte fast jede Rezession in der USA, diese in einen Krieg oder eine Aufrüstungsphase, die dann die Wirtschaft wieder sanierte.142 6.5 Schlechte Zeiten für das Militärische-Industrielle-Komplex in den USA. Ein weiteres Erklärungsmodell besagte, daß schlechte Zeiten für das m.i.K für den Golfkrieg verantwortlich seien. Diese These ist sicherlich nicht uninteressant, da die USA als einzige Industrienation auf eine permanente Kriegswirtschaft setzen. Damit bleibt das m.i.K. der wichtigste Impulsgeber für die US-Ökonomie.143 Bruce Porter zufolge ist die US Wirtschaft seit 1941 weitgehend eine Rüstungswirtschaft.144 Wie sich in der Arbeit noch zeigen wird, standen die Rüstungsadvokaten der US Regierung im Sommer 1990 vor großen Problemen. Zum einen gab es nach der Desintegration des ganzen Ostblocks keinen Gegner mehr für die USA, und somit fehlte auch das notwendige Feindbild für die Administration von George Bush. Auch das m.i.K ließ seine Mitarbeiter hinter verschlossenen Türen wissen, daß die erwartete „Friendensdividende“ von 1989 für sie einem Greul gleichkam, daher sehnten sich jene insgeheim, die Hochrüstungszeiten des Kalten Kriegs herbei, als die Profite garantiert und die Arbeitslosigkeit eher belanglos war. Trotzdem, gab es nicht wenig anders denkende, die befürworteten, daß die USA dem Beispiel der BRD oder Japan folgen sollten, wenn diese nicht auch weiter von jenen Ökonomien überholt werden sollte. Es herrschte eine Debatte um die „Friedensdividende“. Laut dieser wäre es für die Zukunft der USA besser, sie würde abrüsten und mehr in die zivile Wirtschaft investieren, ansonsten drohe den USA der relative wirtschaftliche Niedergang, der sich schon deutlich in den 80er Jahren bemerkbar machte. In dieser brenzlichen Situation versuchte Präsident Bush als Befürworter des m.i.K. Gründe für die Aufrüstung Amerikas zu finden. Es schien schon fast so, als ob die Gegner des Aufrüstens im Kongreß gewonnen hätten, da fiel Saddam Hussein in Kuwait ein. Für alle Rüstungsadvokaten war dieses Ereignis die Erlösung, konnten sie nun doch argumentieren, daß man nie absehen kann, wann und wo ein weiterer Zwischenfall dieser Art sich ereignen würde. Von nun an waren längst gestrichene Rüstungsprogramme wieder top aktuell. Da die USA zu diesem Zeitpunkt (Herbst 1990) auch noch von einer schweren Rezession geplagt wurden, erschien die historische (Not)Lösung, daß Aufrüsten opportun zu seien.145 Nun 142 Siehe u.a. hierzu: Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege, Tübbingen 2003.. 143 Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, DVA Verl., Stuttgart / München 2003, S. 192 f. 144 Porter, Bruce D.: War and the Rise of the State, Macmillan, New York 1994, S. 292 f. 145 Die US Geschichte ist voller Beispiele dafür, daß in Rezessionszeiten Aufrüstung und Krieg die Lösung für jene ökonomischen Probleme war. Siehe z.B.: Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege, Tübingen 2003. - 74 - konnten sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Die Rezession durch Aufrüstung und der damit verbundenen Ankurbelung der Wirtschaft beseitigt werden, und ein Krieg in der wichtigen Golfregion für US Interessen gekämpft werden. Der Ausweg für die schlechten Zeiten des m.i.K. war also die erneute Aufrüstung von Bush und der Golfkrieg, der die Nachfrage für Waffen noch einmal steigern würde. Die Rechnung ging auf! Nach dem Krieg war es den USA gelungen, die schwere Rezession noch mal zu überwinden. Leider wird diese These von fast gar keinem Autor der Literatur erwähnt; sie wird höchstens am Rande kurz besprochen. Also existiert eine weitere Lücke in der Kriegsursachenforschung. Ob nun aber die schlechten Zeiten des m.i.K. wirklich für den Golfkrieg verantwortlich waren, muß weiterhin fragwürdig bleiben. Eine solche These ist wissenschaftlich nicht haltbar. Denn es fehlen einfach die Beweise oder Indizien, die eine solches Erklärungsmodell bestätigen. 7. Die Veränderung der Machtverteilung in der Region. Eine in den internationalen Beziehungen sowie in der Kriegsursachenforschung anerkannte Theorie besagt, daß Veränderungen in der Machtverteilung im internationalen System zu Kriegen führen kann. 7.1 Ende der Bipolarität, durch Schwächung der S.U., löste den Krieg aus Dies ist eine These, die nicht uninteressant ist und die auch untersucht werden sollte, die aber nicht all zu vielversprechend ist. Es stimmt zwar, daß die Sowjetunion den Irak während des Golfkriegs nicht zu Seite stand, aber es existieren nicht genügend authentische Indizien, die beweisen könnten, daß Saddam Hussein in der Golfkrise jemals auf die Unterstützung der UdSSR hoffte. Es dürfte sogar eher das Gegenteil angenommen werden, denn Saddam betonte auf einem arabischem Gipfeltreffen, daß die UdSSR nicht mehr in der Lage wäre die Araber vor den imperialistischen Absichten der USA zu schützen. Deswegen muß diese These als nicht allzu vielversprechend gelten. 7.2 Die Instabilität der Region ist für den Golfkrieg verantwortlich. Dies ist eine Verallgemeinerung, natürlich kann gesagt werden, daß die Instabilität für den Golfkrieg verantwortlich ist, aber genauso gut kann gesagt werden, daß alle anderen Kriege des Mittleren Ostens wegen der Instabilität der Region ausgelöst wurden sind. Dies hilft aber nicht, zu erklären, welche spezifischen Umstände wirklich den Krieg einleiteten. Alleine anzugeben, daß Instabilität den Krieg auslöste erklärt letztendlich fast gar nichts. Es sind die - 75 - spezifischen Ereignisse, die für die Auslösung des Golfkriegs so wichtig sind, ohne sie läßt sich der Krieg nicht akkurat erklären. Nur an Hand von Instabilität einen Krieg zu erklären, erzählt uns nichts über das Verhalten der Entscheidungsträger, es erzählt nichts über mögliche Motive für einen Krieg, nichts über Verträge, wirtschaftliche Faktoren, die militärische Situation, Grenzansprüche, und so weiter. Es ist daher sehr unzureichend wenn der Golfkrieg nur an Hand von Instabilität erklärt werden würde. Musallam Ali Musallam und Morris Mottale sehen die Instabilität als mit verantwortlich für den Golfkrieg 1991. 7.3 Die Veränderung der Machtverteilung der Region führte zum Golfkrieg. Diese These besagt, daß die Aufrüstung des Iraks während des Ersten Golfkriegs (1980-1988) dazu führte, daß der Irak eine Bedrohung für die Region wurde. Vor dem Ersten Golfkrieg war der Irak zwar kein militärisches Leichtgewicht aber während des Ersten Golfkriegs wurde der Irak massiv von den industrialisierten Staaten dieser Erde aufgerüstet (China und Brasilien rüsteten ebenfalls den Irak auf), so daß er letztendlich 1990 ohne Probleme seine Invasion Kuwaits durchführen konnte. Der Irak besaß vor der Invasion Kuwaits: 5500 schwere Panzer (zum Vergleich die Bundesrepublik Deutschland besitzt ungefähr 3000 schwere Panzer), 100 leichte Panzerwagen, rund 2500 Aufklärungs-Fahrzeuge, 7500 gepanzerte Truppentransporter, während die Luftwaffe 489 Hubschrauber und 689 Kampfflugzeuge besitzte. Das Heer besitzt noch 1000 Scud-B-Raketen mit einer Reichweite von 70 bis 900 Km., dazu kommen noch 4000 Luftabwehrkanonen, ungefähr 600 Fernlenkwaffen (Boden zu Luft) und 3000 gezogene Kanonen mit 500 Kanonen auf Selbstfahrlafetten, plus 390 Raketenwerfer. Schließlich kommen dazu noch 150 in Kuwait erbeutete Hawk Raketen.146 Die Luftwaffe hat einige moderne Kampfflugzeuge: 75 Mirage F-1 und 40-80 Mig 29. Die Armee und ihre Panzer sind während des Ersten Golfkriegs ausschließlich von der Sowjet Union geliefert worden.147 Zu diesen Waffen kommt noch das Aufrüsten des irakischen biologischen, chemischen und nuklearen Waffenpotentials hinzu, welches anno 1990 wesentlich dazu beitrug die Lage am Golf zu verschärfen. Es kann also behauptet werden, daß die Aufrüstung des Iraks direkt dazu führte, daß Saddam Hussein ohne Probleme seine Invasion Kuwaits durchführen konnte und daß dies offensichtlich nicht ohne seine Militärmaschine geschehen wäre. In dieser Hinsicht hatte also eine nicht unbedeutende Machtverteilung statt gefunden. 146 Leyendecker, Hans / Rickelmann, Richard: Exporteure des Todes - Deutscher Rüstungsskandal in Nahost, Göttingen, 1991, S. 13 f. 147 Chadwick, Frank: Gulf War Fact Book, IL. 1991, S. 67. - 76 - 8. Die militärische Dimension 8.1 Die militärische Aufrüsten der Region führte letztendlich zum Golfkrieg. Diese These ist vergleichbar mit einigen Theorien der Abrüstungthematik, zwar ist es nicht möglich zu verschweigen, daß das Aufrüsten der Region dazu beigetragen hat, daß es zum Golfkrieg kam, aber dies ist nicht der einzige Grund, warum es letztendlich zum Krieg kam. Dennoch besagen die Theorien über Auf- und Abrüstung, daß die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts oder Kriegs mit Aufrüstung generell steigt, dies gilt auch für den Golfkrieg. Historische Analogien bieten der 1. und der 2. Weltkrieg in denen das Aufrüsten und Wettrüsten fatale Folgen hatte. Autoren dieser Sichtweise sind u.a. Kenneth Timmerman, Hans Leyendecker & Richard Richelmann, sowie, Joachim Badelt und Arend Wellmann.148 8.2 Das US Ziel das Militärpotential des Irak zu zerstören. Einige Autoren berichteten darüber, daß längst vor der Golfkrise, innerhalb der US Führung, die Bestrebung existierte das irakische Militär vernichtend zu schlagen. Exemplarisch sind hierfür der Ex-US Geheimdienstler Craig Hulet & Ali Towfik.149 Wie später noch ausführlicher beschrieben, ist diese These als seriös einzustufen, da mittlerweile die meisten Autoren der Literatur davon ausgehen, daß die USA schon vor der Golfkrise das Ziel verfolgten, das irakische Militär vernichtend zu schlagen, so daß der Irak nicht nur seinen Status als Regionalmacht verlieren würde, sondern auch damit er den Zielen und Interessen der USA, in der wichtigen Region, nicht mehr im Wege stehen würde. 8.3 Israels Bestrebungen Iraks Militärpotential zu neutralisieren oder reduzieren lösten den Golfkrieg aus. Es kam wohl kaum bestritten werden, daß Israel nicht aktiv an der Kampagne beteiligt war das Militärpotential des Iraks zu neutralisieren oder reduzieren. Die Israelis warnten Washington für mindestens drei Jahre lang, daß wenn der Irak den 1. Golfkrieg gewinnen würde, Saddam dann eine Bedrohung für sie wäre.150 Die Iraker behaupteten, daß Israel einen Überraschungsangriff auf unkonventionelle irakische 148 Siehe u.a.: Timmerman, Kenneth R.: The Death Lobby – How the West Armed Iraq, Bantam Books, London / N.Y. / Toronto / Sydney / Auckland 1992. Leyendecker, Hans / Richelmann, Richard: Exporteure des Todes - Deutscher Rüstungsskandal in Nahost, Steidel Verl., Göttingen 1990. 149 Siehe diesbezüglich vor allem: Hulet Craig: “Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg”, S. 68 f., zitiert in: Chomsky, Beinin u.a.: „Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992. Sowie: Towfik, Ali: The Prearranged Gulf War, Ali Towfik Printing, Los Angeles 1991. 150 Simpson, John: From the House of War - John Simpson in the Gulf, London, 1991, S. 47. - 77 - Militärinstallationen, im Stil des 1981er Angriffes auf den Osirak Atomreaktor plane.151 Judith Miller und Laurie Mylorie schreiben in ihrem Buch Saddam Hussein and the crisis in the Gulf, daß die Israelis schon ein Jahr vor der irakischen Invasion Kuwaits, besorgniserregende irakische militärische Bewegungen registrierten.152 Israel war also bestens durch seine Geheimdienste (vor allem Mossad) über den irakischen Überfall auf Kuwait vorbereitet. Es gibt Autoren und Indizien die eindeutig Israel als treibende Kraft sehen, die die USA in den Golfkonflikt verwickeln wollten. Dennoch fehlen hierfür konkrete Beweise. Diese These ist nicht unbedeutend für die Ergründung der Ursachen des Golfkriegs aber sie spielte keine zentrale Rolle, da Israel es vermied, sich aktiv in das diplomatische sowie militärische Geschehen 1990-91 einzumischen. Dennoch bleibt zu berücksichtigen, daß Israel der Staat war, der mit den USA zusammen am meisten von der Zerstörung des Iraks und seinem militärischen Potential profitierte. 9. Eigendynamische Entwicklung der Dinge während der Krise. Dieses Modell besagt, daß eine eigendynamische Entwicklung, nach der Golfkrise, stattfand, die für beide Seiten kaum noch kontrollierbar war. Nach der Invasion Kuwaits mögen zahlreiche Politiker in aller Welt versucht haben die Situation zu entschärfen. Letztendlich konnte dies aber nicht gelingen, da die Krise eine Eigendynamik entwickelte, die letztendlich zum Krieg führen mußte. Dieses Modell hat sicherlich einige gute Ansätze, ist aber letzten Endes zu statisch und schicksalhaft in seiner Analyse. Die Analyse der Empirie zeigt nämlich, daß es etliche Möglichkeiten gab, um den Krieg zu verhindern. Es war daher nicht so sehr die Eigendynamik der Krise, die eine friedliche diplomatische Lösung verhinderte als die Einstellung der Hauptentscheidungsträger. Lawrence Freedman, Efraim Karsh und Rick Atkinson stimmen diesem Modell teilweise zu. 10. Die Medien und ihre Propaganda verursachten den Golfkrieg. Auch diese These sollte nicht ausgeschlossen werden, es existieren einige Gründe die diese These forschungswürdig machen. Propaganda gab es natürlich in beiden Lagern, herausragend ist aber dennoch die Propaganda der Bush-Administration als George Bush Saddam Hussein dämonisierte in dem er ihm als Hitler und auch als ´schlimmer als Hitler´ bezeichnete. Diese Argumentation diente dazu Saddam Hussein für die Welt so darzustellen, daß es unnötig sei 151 Karsh, Efraim / Rautsi, Inari: Saddam Hussein - A Political Biography, London, 1991, S. 209 f. - 78 - mit einem solchen Menschen zu verhandeln. Fazit: Mit einem Hitler kann man nicht verhandeln. Hier spielte die ´Brutkasten Lüge´ eine wichtige Rolle, als Bush und seine Administration fälschlich behaupteten, daß die irakischen Soldaten in Kuwait Babies aus ihren Brutkasten gerissen hätten, um sie auf dem Boden eines Krankenhauses sterben zu lassen. Des weiteren behauptete die Bush Administration fälschlich, wie es sich später herausstellen sollte, daß die Iraker auch in Saudi Arabien einmarschieren wollten, nach dem sie schon Kuwait überfallen hatten. Auch wurde das irakische Atomprogramm übertrieben dargestellt, nach dem die Bush Regierung Umfragen gemacht hatte, was die US-Bevölkerung am meisten dazu bewegen würde gegen den Irak Krieg zu führen, kurioserweiße war die US- Bevölkerung am meisten bereit in einen solchen Krieg zuziehen, wenn der Irak ein bedrohliches Atomprogramm hätte und wenn irakische Soldaten Babies töten würden. Genau diese beiden Punkte widmete sich die Propaganda der Bush Regierung. Die Medien in den USA (ausgenommen wenige alternative Medien) belieferten die Bush Regierung massenweise mit Information, die diese beiden Propaganda Punkte unterstützte. Auch die Medien-Berichterstattung beinhaltete Propaganda, so wurde darauf hingewiesen, daß die irakische Bevölkerung von der massiven Bombardierung verschont werde, denn es wurde argumentiert, daß es sich nur um chirurgische Angriffe handeln würde, was aber nicht stimmte, da die irakische Zivilbevölkerung sehr unter der Bombardierung litt. Auch der Charakter der US-Medien war von Anfang an hauptsächlich für eine kriegerische Lösung des Konflikts. Die US-Medien brachten nur ungefähr 1 % ihrer Zeit auf, um auf die Argumente der beträchtlichen Friedensbewegung in den USA einzugehen. Der Rest der Berichte war primär damit beschäftigt, Hussein als Hitler zu bezeichnen und eine militärische Lösung für die realistischste zu halten. Die irakische Propaganda bestand hauptsächlich darauf, die Amerikaner und ihre Verbündeten als ungläubige Imperialisten zu bezeichnen, später bezeichneten sie George Bush als Kriminellen. Gemessen an der Wirkung der US Propaganda war sie aber als eher harmlos zu bezeichnen, da ihr im Vergleich zur US Propaganda keine Massenmedien zur Verfügung standen, war ihr globaler Einfluß als sehr gering zu betrachten. Außer im Irak selbst und abgesehen von einigen arabischen Staaten konnte sie also zu keiner Kriegsstimmung verleiten, womit ihr Einfluß, im Gegensatz zu den USA, auf das generelle Kriegsgeschehen als absolut minimal einzustufen ist. 152 Miller, Judith / Mylorie, Laurie: Saddam Hussein and the Crisis in the Gulf, N.Y. 1991, S. 10. - 79 - 11. Ein weiteres Erklärungsmodell läßt sich als das moralische Modell beschreiben. Diesem zufolge haben die USA moralisch auf die Invasion Kuwaits reagiert. Ihr Einsatz hatte daher nichts mit Hegemonie Bestrebungen zu tun, sondern galt der Aufrechterhaltung von internationalen Gesetzen und dem Völkerrecht. Bush entschied auf Grund dieser Werte, daß die USA Kuwait beistehen müßten, denn hätten sie dies nicht getan, wäre dies ein schlechtes Zeichen an alle Diktatoren dieser Welt gewesen. Es ging laut diesem Modell daher auch nicht um Öl, Realpolitik oder die geo-strategische Lage in der Golfregion, sondern ausschließlich um moralische Bedenken. Anhänger dieser These sind u.a. Norman Friedman, Trevor Dupuy, und General Norman Schwarzkopf. Wie sich im Laufe der Arbeit noch zeigen wird, ist dieses Modell am weitesten von der Realität entfernt, dies hielt jedoch die US -, sowie die großen westlichen Medien nicht davon ab, jenes Modell immer wieder zu erwähnen. 12. Ideologie der Baath Partei als Kriegsauslöser. Dieses Modell ist ziemlich limitiert. Es muß äußerst fragwürdig bleiben, ob die Ideologie der Baath Partei den Krieg auslöste. In diesem Modell wird die Baath Partei als rücksichtlose Diktatur beschrieben, die jeden diplomatischen Kompromiß von vornherein zum Scheitern brachte. Ferner sieht es die Invasion Kuwaits als diktatorische Entscheidung an, die unter den gegebenen Umständen keine andere Alternative für das irakische Regime übrig ließ. Eindeutige Schwäche dieser These ist die Tatsache, daß die Diktatur jeglichen diplomatischen Kompromiß zum Scheitern brachte. Dies läßt sich an Hand der Empirie einfach dementieren. Auch bleibt dieses Erklärungsmodell unzureichend, da es einer hypothetisch spekulativen Frage bedarf, um jenes zu bestätigten. So gesehen, muß die Frage gestellt werden, ob denn ein nicht-diktatorisches Regime den Krieg verhindert hätte. Hierauf kann es natürlich nur hypothetische und spekulative Antworten geben, aber keinesfalls eine eindeutige. Somit ist das Modell weder seriös noch bringt es neue Erkenntnisse für die Kriegsursachenforschung. Einige Autoren benutzen dieses Modell dennoch, wie z.B. Trevor Dupuy oder Norman Friedman. Schlussfolgerung über die Modelle Für die Forschungsarbeit sind die folgende Modelle am wichtigsten, um die Kriegsursachen untersuchen zu können: 1. Das hegemoniale: Es erklärt den 2. Golfkrieg als hegemoniales Bestreben der USA, mit dem diese die ganze Region besser dominieren konnten. Nach dem abrupten Ende der Bipolarität sah die damalige US Führung die einmalige Chance, die ökonomisch, geo-strategisch wichtige Region zu beherrschen. Der Krieg bot den USA die Möglichkeit, die Ölreserven der Region unter ihre Kontrolle zu bringen und damit den - 80 - essentiel wichtigen Rohstoff Öl für die US Ökonomie in Zukunft zu sichern, um zugleich auch die Weltwirtschaft von der US Distributation des Öls abhängiger zu machen. Mit dem siegreichen Ende von „Desert Storm“ wurde auch der relative Niedergang der USA als Supermacht gestoppt, da sie nun unangefochten die einzig verbleibende Supermacht in den internationalen Beziehungen waren. Es gab keinen Gegner mehr, der die USA militärisch noch herausfordern könnte. Die S.U. war Geschichte, Rußland auf Kredite der US dirigierten Weltbank und des I.M.F. angewiesen und China war militärisch ein Zwerg gegenüber den USA. So gesehen nutzen die US Führung den 2. Golfkrieg, um ihre Hegemonie zu etablieren. Nur kurz vor dem Krieg präsentierte sich noch ein ganz anderes Bild der Supermacht. Relativ ließ die Wirtschaftsmacht der USA zu Japan und einer von Deutschland angeführten EU immer mehr nach. Stimmen machten sich längst bemerkbar, die Amerika warnten es würde bald ökonomisch eine zweitrangige Nation werden. Die EU, Japan und China würden dann auf Kosten der US Ökonomie die Führung der Weltwirtschaft übernehmen. Diese Bedenken wurden mit dem siegreichen Krieg im Mittleren Osten verdängt, da die USA die militärische Karte voll ausspielten und somit der Welt zeigten, daß militärische Macht nicht durch ökonomische ersetzt werden kann. 2. Das konspirative Modell: Geht davon aus, daß Bush mit einigen wenigen Vertrauten Saddam Hussein in Kuwait in eine Falle lockte, damit die USA den Irak als Hauptgegener der US Politik in der Region zerstören konnten. Empirisch und dokumentarisch existieren genug Quellen, um dieses Modell zu stützen. Dennoch muß erklärt werden, daß letztendlich für eine Bestätigung der konspirativen Sichtweise, die Beweise, bzw. die Indizien nicht ausreichen. Das konspirativ Modell läßt sich zudem auch gut mit dem hegemonialen kombinieren. Beide ergänzen sich und ermöglichen eine plausibele Erklärung für den Krieg. Ferner schließt die Hegemonialtheorie die Konspiration nicht aus, aber wie schon erwähnt fehlen der Konspirationsthese die stichhaltigen Beweise in Form des sog. „smoking gun“153, die alle Zweifel für eine Verschwörung zerstreuen würden. 3. Das Mißperzeptions-Modell: Hauptargument dieses Modells ist das Verhalten von US Botschafterin A. Glaspie im Irak kurz vor dem Golfkrieg. Ihe Aussage Hussein gegenüber, daß die USA keine Meinung bezüglich des Grenzstreits zwischen Irak und Kuwait hatten, verursachte fatale Mißverständnisse, die letztendlich zum Krieg führten. Dieses Modell kann auch im konspirativen Sinne verwendet werden, falls nachgewiesen wird, daß es Absicht war 153 „Smoking gun“ wörtlich übersetzt bedeutet „rauchender Colt“, also das offensichtliche Beweisstück, das von keinem wiederlegt werden könnte, wie es in der Kriminalistik existiert (Fingerabdrücke / Schlußwaffen Analyse, ect). Leider gibt es aber in den Sozialwissenschaften nichts vergleichbares - 81 - Hussein dazu zu bringen in Kuwait einzufallen. Es bleibt an sich jedoch nie ganz verifizierbar und daher nur bedingt verwendbar. 4. Diplomatisches Scheitern als Modell: Wichtig hierbei sind die Signale der Bush Regierung, die vor der Golfkrise an den Irak gesendet wurden. Auf der einen Seite war Bush stets bemüht den Irak als Verbündeten zu unterstützen. Andererseits unterstützten die USA konsequent Kuwait in der Ölpreispolitik, die den Hauptstreitpunk mit dem Irak darstellte. Es gab sogar ein geheimes Verteidigunsabkommen der USA mit Kuwait, obwohl dies von der US Regierung bestritten wurde. Während der Golfkrise lehnte die Bush Regierung jedes irakische Angebot zu Lösung der Krise ab und machte damit den Krieg unvermeidlich, da der Irak sich nicht aus Kuwait zurück zog. So trifft beide Akteuere ein gewissen Mitschuld am Krieg. Fazit: Ohne die diplomatische Geschichte und dessen Modell zu kennen läßt sich der Krieg nicht verstehen. 5. Das ökonomische Modell: Es besagt, daß zum einen die desolate Wirtschaftslage des Irak ihn zu einer „Flucht nach Vorne“ trieb, um seinen eigenen Bankrott zu entgehen überfiel dieser das reiche Kuwait. Eine andere Variante erläutert, daß die USA es auf das Erdöl der Region abgesehen hatten. Mit einem erfolgreichen Krieg würde nicht nur der widerspenstige Irak als Gegner der US Politik geschlagen sein, es würde auch möglich sein mit den Sanktionen ihn als großen Öllieferant vom Weltmarkt fern zuhalten. Dann stünde der Ölkontrolle der Region durch die USA praktisch nichts mehr im Weg, da alle restlichen Staaten außer Iran ihre Ölpolitik primär nach den USA richteten. Auch die 1990er Rezession in den USA würde hierdurch gedämpft, zumal die bedeutsame US Rüstungsindustrie wieder lukrative Aufträge für einen Krieg bekam. Auch dieses Modell ist wichtig um die Kriegsursachen zu verstehen. 6. Das realpolitische Modell: Es verdeutlicht, daß die Ölpolitik und Grenzstreitigkeiten zwischen Irak und Kuwait zur Krise führten, die auf Grund der laxen Haltung der USA Saddam Hussein davon überzeugten eine Invasion Kuwaits würde keine militärischen Konsequenzen für den Irak haben. Das Ende der Bipolarität hinterließ ein klassisches Machtvakuum im Mittleren Osten, das realpolitisch erklärt warum die USA so kompromißlos gegenüber dem Irak waren und es auf einen Krieg mit diesem ankommen ließen. Die Machtkonstellation verlief zu Gunsten der USA und ein Krieg würde deren Position als Supermacht weltweit fördern. Vor allem würde es zeigen, daß Wirtschaftskraft alleine Krisen wie die Golfkrise wohl kaum lösen kann, so daß auch weiterhin Krieg als ultima ratio zur und daher auch keinen ultimativ gültigen Beweis. Damit wird jede „Verschwörungstheorie“ an sich schon problematisch und muß rein wissenschaftlich als praktisch unbeweisbar gelten. - 82 - Lösung von Konflikten ein probates Mittel ist, womit die USA wieder an Bedeutung in den internationalen Beziehungen gewinnen und somit ihren Führungsanspruch (in der westlichen Welt) konsolidieren. Als Fazit muß gesagt werden, daß all diese Modelle wichtig sind um die Kriegsursachen zu verstehen. Die zuvor erwähnten restlichen Modelle sind teilweise, wie beschrieben, nützlich um den 2. Golfkrieg zu verstehen, aber nicht so bedeutend wie jene erwähnten in der Schlußfolgerung. THEORIE 2.0 Das Definieren von Macht im Bereich der Internationalen Beziehungen Da der Begriffe Macht ein zentrales Thema dieser Arbeit ist und für die internationale Beziehungen eine wichtige Rolle spielt muß er erst einmal definiert werden, bevor er in der Arbeit verwendet werden kann. In der Literatur der internationalen Beziehungen wird der Begriff Macht oft auf verschiedene Art und Weise benutzt, häufig wird er mit den Begriffen Einfluß und Kontrolle verbunden oder gar verwechselt. Im Feld der politischen Wissenschaft und dem Bereich internationalen Beziehungen existieren eine Anzahl von Definitionen für den Begriff Macht. Die wohl bekannteste Definition für Macht stammt von Hans J. Morgenthau, einem Anhänger der realistischen Schule und dessen Standardwerk der internationalen Beziehungen: Politics among Nations, in diesem Werk erklärt Morgenthau: „international politics, like all politics is a struggle for power.“ Laut Morgenthau ist internationale Politik, sowie jegliche Politik ein Kampf um die Macht. Für Morgenthau ist Macht aber keine quantifizierbare Substanz, Macht kann militärisch sein aber ebenso wirtschaftlicher, juristischer oder gar psychologischer Natur sein.154 Daher ist sie ein transzendentaler Begriff. Macht existiert aber nicht in einem Vakuum, sondern ist immer mit der Macht eines anderen Akteurs verbunden, sei es einem Staat oder einer (internationalen) Organisation. Für Morgenthau waren jedoch Staaten die einzig wichtigen Akteure der internationalen Politik.155 Da Morgenthau sein Werk „Politics among Nations“ 1948 veröffentlichte, kann davon ausgegangen werden, daß sich seit über einem Halben Jahrhundert einiges in der internationalen Politik verändert hat. Die meisten Politologen stimmen heute mit Morgenthau nicht mehr darüber überein, daß nur Staaten 154 Morgenthau, Hans Joachim: Politics among Nations, 5th ed., Alfred, A, Knopf, N.Y. 1973, S. 9, 28, 60, 80. 155 Vasquez, John: The Power of Power Politics, Rutgers Universtity Press, New Jersey 1983, S. 18, 27, über Morgenthau. - 83 - Macht ausüben können.156 Sie sind daher der Meinung, daß auch transnationale sowie internationale Organisationen Macht ausüben können, einige Beispiele wären für sie die NATO, UNO, Weltbank, IWF (internationaler Währungs Fond), EU (europäische Union), die IRA (irische republikanische Armee), MNCs (Multi nationale Konzerne) wie, SONY, Royal Dutsch Shell, oder General Motors, sowie das Rote Kreuz.157 Macht wird im Bereich der internationalen Beziehungen in drei verschiedene Kategorien eingeteilt. (1) als ein Ziel der Außenpolitik [dies wäre auch die Definition Morgenthaus], (2) als die Kontrolle über physikalische und / oder politischen Ressourcen, oder (3) als das Potential andere zu kontrollieren und / oder das Potential seine Umwelt zu kontrollieren, sowie die Ergebnisse (outcomes) welche dieser Umwelt entspringen, kontrollieren zu können.158 Macht kann aber nur bestehen, wenn die Mitglieder des internationalen Systems mit einander in Interaktion treten. Daraus folgt: Um zu bestehen benötigt Macht Konflikte und ist auf intime Art damit verbunden wie internationale Akteure sich wahrnehmen (how international actors perceive each other).159 Eine Definition welche den Begriff Macht am effizientesten beschreibt besagt, daß Macht das Potential ist andere zu kontrollieren und seine Umwelt zu manipulieren.160 Wie schon angedeutet, sehen viele internationale Beziehungswissenschaftler, Politologen und Weltpolitiker den Begriff Macht als ein zentrales Konzept in der Analyse der internationalen Politik an. Die bekannten Politologen Harold Dwight Lasswell und Abraham Kaplan gehen sogar so weit und behaupten, daß „das Konzept der Macht wahrscheinlich das fundamentalste in den ganzen Politikwissenschaften ist.“ Während E. H. Carr ihnen beipflichtet, daß „Macht ein unentbehrliches Instrument der Regierenden sei.“ („. . . power is an indispensable instrument of government“.) Betont Klaus Knorr, daß „nur die starken hoffen können sich durchzuwursteln“, („. . . only the strong can hope to ´muddle through´“.)161 Die Wichtigkeit und Zentralität die mit dem Begriff Macht in der Literatur in Verbindung gebracht wird, wird da durch reflektiert, wie oft der Begriff Macht dort benutzt wird. Internationale Akteure werden oft als Supermächte (superpowers), Großmächte (great powers), größere Mächte 156 Dougherty, James E. / Pfaltzgraf, Robert L.: Contending Theories of International Relations - A comprehensive Survey, HarperCollins, 3rd ed., N.Y. 1990, S. 27. 157 Ebenda, S. 24 f. 158 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power - Influence and Force in the Contemporary International System, St. Martin´s Press, N.Y. 1993, S. 17. 159 Ebenda, S, 17. 160 Ebenda, S. 17 f. 161 Lasswell, Kaplan, Carr, Knorr zitiert in: Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power - Influence and Force in the Contemporary International System, St. Martin´s Press, N.Y. 1993, S. 18 f. - 84 - (major powers), Mittelmächte (middle powers), kleine Mächte (small powers), und sogar Mikromächte (micro powers), beschrieben. Systematische Konfigurationen werden mit Begriffen wie Machtbalance oder Machtgleichgewicht (balance of power), Machtvakuume (power vacuums), Machtkonfigurationen (power configurations) und Macht Arrangements (power arrangements) umschrieben. Machtgleichgewichtspolitik wird generell in seiner pragmatischen Ausführung als eine Politik angesehen, welche die „Realitäten“ wie Macht manipuliert und / oder vermehrt, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten.162 2.1 Erkenntnisleitende Thesen der Arbeit, die untersucht werden müssen Für die Arbeit ist es wichtig herauszuarbeiten, in wie fern die Bush Regierung eine Nahostpolitik betrieb, um eine Basis für eine militärische Situation zu besitzen, so daß ihre Interessen in der Region verwirklichen werden könnten. Um dies festzustellen, muß erst einmal der Begriff Macht als solcher definiert werden. (Dies wird im nächsten Kapitel getan) Es soll die These untersucht werden, ob Machtaneignung, die die USA bis hin zum zweiten Golfkrieg trieben, oder präziser artikuliert, die Schaffung einer Ausgangsposition zur Durchsetzung der US Interessen ausschlaggebend für die Intensivierung der US Nahostpolitik war? Ferner soll analysiert werden, ob eine solche Politik, wenn sie statt gefunden hat, nicht in letzter Instanz zu einer hegemonialen Bestrebung führt. Dies vor allem auf Grund des anarchischen internationalen Systems, in dem Sicherheit als eines der höchsten Güter gewertet wird. Diese anarchische paradigmatische Determinante ist stets die Perspektive der Realisten gewesen. Untersucht soll diesbezüglich auch werden, ob der Realismus in dieser Variante, von der US Außenpolitik, nicht als wissenschaftliche Apologetik benutzt und Instrumentalisiert wurde. Es wird darauf hingewiesen, daß der 2. Golfkrieg der erste post Kalte Krieg war, der den USA ermöglichte die Biopolarität des Kalten Krieges, die eine gewisse Stabilität aufrecht erhielt, schlagartig zu verdrängen. Somit verbesserte die US Regierung ihre Ausgangsposition zur Druchsetzung ihrer Interessen und konnte ihre Interessen in der Golfregion forcieren. Der abrupte Wegfall der S.U. war somit die oppertune Gelegenheit Machtpolitik im Sinne des Realismus zu betreiben, vor allem in einer geo-strategisch ökonomisch immens wichtigen Region wie im Mittleren und Nahen Osten. 162 Ebenda, S. 18 f. - 85 - Letztendlich stellt sich dann erneut die Frage, ob der zweite Golfkrieg nicht im Dienste einer hegemonialen Machtbestrebung seitens der USA stand. Dies soll auch die These sein, unter welcher der Verfasser beabsichtigt, den Golfkrieg zu analysieren. Hierzu muß folglich die Hegemonietheorie auf ihren praktischen Wert untersucht werden. Ferner ist es interessant zu vermerken, daß nach dem 2. Golfkrieg 1991, quasi ein partielle Auflösung der UNO als ordnungshütende Instanz statt gefunden hat, da nach 1991 mit der Disintegration der Sowjetunion die USA in der Realpolitik einen Unilateralismus betrieben, der zuvor nicht realisierbar gewesen wäre. Nicht zu vergessen dabei ist die Tatsache, daß erst der Golfkrieg 1991 dieses hemmungslose, rücksichtlose und brachiales Vorgehen, in den internationalen Beziehungen, ermöglichte. Theoretisch müssen die Begriffe und Konzepte Macht, Kontrolle, Realismus, Hegemonie, strategisch Rohstoffe, sowie das Sicherheitsdilemma analysiert und ggf. erneut definiert werden. Ferner müssen die diversen Theorien der Kriegsursachenforschung auf ihren Realitätsbezug im Hinblick auf den 2. Golfkrieg getestet werden. Aber auch die diplomatische Geschichte vor und während des Krieges muß überprüft werden, um möglicherweise zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. 2.2 Macht als Ressourcen, Ziel oder Kontrolle Obwohl der Begriff Macht in den internationalen Beziehungen nicht mehr wegzudenken ist, besteht nichtsdestotrotz eine Konfusion über dessen Definition. Ein wichtiger Grund für diesen bedauerlichen Zustand ist darin zu finden, daß eine erhebliche Anzahl von Autoren den Begriff unterschiedlich verwenden. Daher ist es nicht überraschend wenn festgestellt wird, daß Macht oft in Verbindung gebracht wird mit den gesamten Ressourcen, die einer Nation zur Verfügung stehen, mit einem spezifischen außenpolitischem Ziel, sowie den Mitteln mit denen Ziele verwirklicht werden. Robert Gilpin zum Beispiel, definiert Macht in Kategorien von Ressourcen, indem er behauptet, daß Macht schlicht die militärischen, ökonomischen und technologischen Potentiale eines Staates sind, („. . . the term relates ´simply to the military, economic, and technological capabilities of states.´“) Hans Joachim Morgenthau behandelt Macht wie ein Ziel, indem er in einer viel zitierten Passage meint: „Internationale Politik, wie jegliche Politik, ist ein Kampf um die Macht. Was auch immer die ultimativen Ziele der internationalen Politik sind, Macht ist immer das kurzfristige Ziel.“ Während Joseph Nye erläutert, daß „Macht bedeutet Dinge durchführen zu können und andere zu kontrollieren.“ („ . . . power means ability to do things and control others, . . .“). Konstatiert Karl Deutsch, daß sie ein Symbol der Fähigkeit, Veränderungen in der Distribution der Resultate herbeizuführen, ist. - 86 - Der Begriff Macht wird aber noch diffuser, da einige Autoren mehr als nur eine Definition für Macht beisteuern. Morgenthau zum Beispiel, definierte Macht als ein Ziel, um dann etwas später seinen Lesern mitzuteilen, daß es ebenso die Fähigkeit beinhaltet andere zu kontrollieren, als er behauptete: „Wenn wir von Macht sprechen, meinen wir die Kontrolle, die Personen ausüben über die Gedanken und Aktionen anderer Personen. („ . . . wenn we speak of power, we mean man´s control over the minds and actions of other men.“) Macht als Ressourcen. Jeder der drei Ansätze Macht zu beschreiben (Macht als Ressourcen, Ziel oder Kontrolle) hat seine Stärken und Schwächen. Falls Macht als Ressourcen, die einer Nation zur Verfügung stehen, betrachtet wird, entpuppt sich das internationale System als ein System in dem es um das Machtgleichgewicht geht. Wird in Hinblick auf eine Balance (Gleichgewicht) analysiert, dann ergibt sich die Tendenz Macht als ein Gegenstand zu betrachten, der gemessen und gewogen werden kann. Mit anderen Worten - Macht ist nun scheinbar quantifizierbar - sie kann wie ein physikalischer Rohstoff behandelt werden. Eine Definition der Macht als Rohstoff würde generell solche Faktoren wie die Größe des Militärs eines Staates, seine Verteidigungskosten, die Größe seiner Ökonomie, das Territorium, das dieser kontrolliert und die Anzahl der Menschen innerhalb seiner Grenzen analysieren, um zu determinieren wie mächtig dieser Staat wirklich ist. Der primäre Vorteil einer solchen Definition wäre ihre Konkretheit, da es relativ einfach ist, solche Charakteristiken zu messen.163 Die Problematik mit einer solchen Definition von Macht kann jedoch gravierend sein. Zwei Faktoren, welche diese Art von Macht Definition problematisch erscheinen lassen, sind (1) die Entschlüsselung welche der Typen von Ressourcen angemessen wären um festzustellen, ob ein Akteur damit stark ist, und die Fähigkeit des Akteur diese Ressourcen so zu konvertieren, daß dieser Einfluß ausüben kann. Diese Problematik läßt sich am besten an Hand von konkreten historischen Beispielen belegen. Unter den vielen Beispielen ragen vor allem der Konflikt zwischen den deutschen und den französisch-britischen Allianzen des Jahres 1940, sowie der zwischen den Israelis und den arabischen Staaten 1967, hervor. Bei der deutschen Konfrontation mit den Alliierten 1940 hätte das Resultat eigentlich eine Patt Situation zwischen den Kombattanten hervorrufen sollen. Da beide Seiten zur damaligen 163 Ebenda, S. 19. Vgl. Gilpin, Robert: War and Change in World Politics, Cambridge University Press, N.Y. 1981, S. 13. Morgenthau, Hans: Politics among Nations, S. 27. Nye, Joseph: Bound to Lead - The Changing Nature of American Power, Basic Books, N.Y. 1990, S. 154. Sprout, Harold & Margaret: Toward a Politics of the Planet Earth, D. Van Nostrand, N.Y. 1971, S. 164. Singer, David J. / Bremer, Stuart / Stuckey, John: „Capability Distribution, Unvertainty, and Major Power War, 1820- - 87 - Zeit militärisch gesehen ungefähr gleich stark waren, auf Grund ihrer fast ausgeglichenen Ressourcen, die ihnen zur Verfügung standen. Die Staaten der damaligen Alliierten Seite hatten eine gesamte Population von 80-85 Millionen verglichen mit der deutschen Bevölkerung von etwa 75 Millionen. Im Hinblick auf die militärischen Ressourcen, hatten die französisch-britische Koalition eine totale Panzerstärke von 3.000 Stück, 11.000 Geschütze und 136 Kampftruppen Divisionen. Während die deutsche Seite etwa 2.400 Panzer, 7.700 Geschütze und ebenfalls 136 Kampftruppen Divisionen besaß. Als also das Gefecht zwischen den beiden Seiten im Mai 1940 bevor stand, waren die Ressourcen der beiden Seiten fast äquivalent verteilt, obwohl die Alliierten sogar in manchen Kategorien mehr Ressourcen hatten als die Deutschen. Auf Grund dieser Statistiken, hatten die meisten der militärischen Analytiker, Weltpolitiker und Gelehrten der internationalen Beziehungen zur damaligen Zeit einen eher unentschiedenen militärischen Ausgang der Schlacht erwartet. Der eigentlich Ausgang der Schlacht war aber ein ganz anderer, als die Deutschen am 10. Mai 1940 angriffen, erschütterten sie die Linien der Alliierten rapide. Schon innerhalb einer Woche begriffen die führenden französischen politischen und militärischen Führer die Aussichtslosigkeit ihrer Lage, und Mitte Juni waren sie gezwungen, einen deutschen Frieden entgegen zu nehmen - Frankreich hatte damit kapituliert. Diese Analogie führt vor Augen, daß die Ausgeglichenheit der Ressourcen der beiden Seiten eher ein schlechtes Mittel war, um das Resultat der eigentlichen Stärke der beiden Seiten zu ermitteln. Eine ähnliche Anomalie war die Lage im Mittleren Osten 1967, kurz vor dem sogenannten Sechs-Tage- Krieg. Die arabische Allianz bestand aus Ägypten, Jordanien und Syrien mit einer Gesamtbevölkerung die mehr als zehn Mal so groß war wie die des Feindes Israel. Die bewaffneten Streitkräfte waren ähnlich ungleich numerisch gestaltet. Und dennoch, als die Feindlichkeiten am 5. Juni 1967 zum Ausbruch zwischen den beiden Lagern kamen, war es den Israelis gelungen, einen schnellen furiosen Sieg über die arabischen Staaten zu erlangen, indem sie die arabischen Streitkräfte dezimierten und einen nicht unerheblichen Teil des zuvor arabischen Territoriums annektierten. Diese Anomalien blieben aber nicht nur auf das militärische Gebiet beschränkt. So könnte ebenso berechtigt die Frage gestellt werden, wie es denn möglich sei, daß eine relativ kleine Nation wie Japan, welche aus einer Serie von Inseln besteht, einen viel größeren ökonomischen Einfluß besaß als die ehemalige Sowjetunion, die über 58 Mal soviel Territorium verfügte und die doppelte Bevölkerung Japans hatte. Dasselbe ist auch in 1965,“ zitiert aus Peace, War, and Numbers, ed. Bruce M. Russett, Beverly Hills, Calif.: Sage, 1972, S. 19-48. - 88 - politischer Hinsicht zu verzeichnen: Brasilien, zum Beispiel, war auf dem weltpolitischen Schauplatz weitaus weniger spektakulär aufgetreten als Großbritannien, obwohl es über ein weitaus gigantischeres Territorium und eine viel größere Bevölkerung verfügt.164 Großbritannien besitzt einen permanenten Sitz im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen und ist damit in der Lage, internationale Gesetze, sowohl mit seinem Veto, zu verhindern als auch internationale Gesetze zu implementieren. Brasilien besitzt in der UNO nichts der gleichen und muß sich mit einem relativ belanglosen UN-Volksversammlungssitz zufrieden geben. Macht als Ziel. Wenn Macht als Ziel analysiert wird treten auch Schwierigkeiten auf, denn diese Analyse besagt wenig über das, was Macht eigentlich ist. Falls Macht ein außenpolitisches Ziel ist, was genau verfolgt dann der Akteur oder Staat? Meistens endeten diese Diskussionen über Ziele dann damit, daß Ziele als etwas spezifisches empfunden werden. Zum Beispiel argumentiert Kenneth Waltz, daß das letztendlich Anliegen eines Staates nicht Macht sondern Sicherheit ist. „Waltz argues that ´the ultimate concern of states is not for power, but for security´“. Robert Keohane stimmt dem zu, wenn er behauptet, daß „außenpolitisches Benehmen sich nach den spezifischen Direktiven orientiert von denen die Entscheidungsträger glauben, daß sie ihrem Land zu Gute kommen werden, und daß eine Diskussion über Macht alleine als Ziel nicht sehr aufschlußreich ist. Karl Deutsch trifft die Crux der Sache mit seinem Zitat: „Macht kann nicht mehr erreichen als sukzessive wahllose Einwirkungen auf die Umgebung, es sei denn es existiert ein relativ fixiertes Ziel oder ein solcher Vorsatz . . . durch welche die Applikation der Macht gesteuert oder gerichtet werden kann.“ Deutsch im original: ´Power cannot accomplish more than a succession of random impacts on the environment unless there is some relatively fixed goal or purpose . . . by which the application of power can be guided or directed.` Mit anderen Worten bedeutet dies, wenn ein Land nicht weiß was es will, hat es nur geringe Chancen es zu bekommen. Falls nur die Akkumulation von Macht als Ziel bestrebt wird, ohne zu spezifizieren was ein Land haben möchte, führt dies zu einer fehlgeleiteten Politik. Außerdem führt eine solche Ansicht schnell wieder zurück zu dem Konzept der Macht, welches wir eben besprochen haben, da in diesem Fall eine Tendenz besteht, daß die Akkumulation von Macht als ein Zweck für sich betrieben 164 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power - Influencen and Force in the Contemporary International System, St. Martin´s Press, N.Y. 1993, S. 19 f. Vgl. Heart, „Three Approaches to the Measurement of Power in International Relations,“ International Organisation 30, no. 2 (Spring 1976): S. 290, für eine Beschreibung dieser Probleme. Zahlen für die komperative Stärke der Alliierten und deutschen Streitkräfte sind von Alistair Horne: To Lose a Battle - France 1940, Penguine Books, N.Y. 1979, S. 217-212, übernommen. - 89 - wird, indem Ressourcen und Kapazitäten angehäuft werden, was uns natürlich zu einer Definierung des Begriffs Ressourcen der Macht zurück bringt.165 Macht als die Fähigkeit Kontrolle auszuüben. In den letzten Jahren haben die Unzulänglichkeiten der auf Ressourcen basierten, sowie der zielorientierten Definitionen und Interpretationen des Machtbegriffs dazu geführt, das viele Analytiker andere Definitionen von Macht entworfen haben. Diese stellen Macht als eine Konzeption dar, welche einem Akteur die Fähigkeit verleiht, entweder andere (Staaten / Akteure) zu kontrollieren oder deren Umgebung zu kontrollieren. Viele Analytiker sind heute der Ansicht, daß diese Definition der Macht wirklich den Kern des Themas treffe und am besten vertrete. Denn für sie ist Macht lapidar ausgedrückt: das zu bekommen was man wirklich haben will und so handeln zu können wie man es sich wünscht. Kontrolle über andere Akteure auszuüben ist ein zentrales Thema in den Definitionen, die viele Gelehrte vertreten. In diesem Sinne begründen Lasswell und Kaplan Macht als die Ausführung von Einfluß, welcher darin besteht auf die Politik anderer einzuwirken. Bruce Russett und Harvey Starr bringen eine Variation dieser Behauptung, indem sie argumentieren „Macht bedeutet sich durchzusetzen . . . in der allgemeinsten Form heißt Einfluß andere dazu zu bewegen, Dinge zu tun von denen man will das sie getan werden.“ „ . . . power means getting one´s way . . . in its most general form, influence means getting others to do the things you want them to do.“ Robert Keohane und Joseph S. Nye bieten die wohl am meisten vertreten Version dieser Definition in dem Genre an, in dem sie konstatieren: „Macht kann als die Fähigkeit eines Akteurs angesehen werden, andere dazu zu bewegen etwas zu tun, was sie sonst nicht tun würden.“ Im Original heißt es dann: „. . . power can be thought of as the ability of an actor to get others to do something they otherwise would not do.“166 J. David Singer, David Baldwin, Herbert A. Simon, Robert Dahl, und Joseph S. Nye verschaffen uns nahezu identische Definitionen des Begriffs Macht. Mit seiner Aussage sieht Karl Deutsch Macht auch in diesem Verhältnis, denn für ihn ist Macht die Fähigkeit zu kommandieren und gehorcht zu werden, in ständiger Konkurrenz mit Rivalen die ebenfalls kommandieren wollen. Alle Definitionen, die auf der Fähigkeit basieren andere Mitglieder des internationalen Systems zu kontrollieren, besitzen zwei Schlüsselfunktionen. Erstens, der Akteur welcher Macht ausüben will muß eine klare Vorstellung davon haben wie sein Zielobjekt reagieren soll. Wie schon zuvor erwähnt, kann man nicht erwarten, daß Jemand etwas tut, es sei denn 165 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power, S. 20 f. 166 Ebenda, S. 21. - 90 - man weiß was man von diesem Jemand will. „(Y)ou cannot expect someone to do something unless you know what you want them to do.“ Zweitens, muß das Zielobjekt den erwünschten Zielen gegenüber widerstrebend sein. Im Original heißt es daher: „(T)he target must be reluctant to perform the required task; that is, the target must resist.“ Es kann daher kaum behauptet werden, daß ein Akteur Macht ausübt, wenn das Zielobjekt das gewünschte Ziel ausführt, auf Grund von anderen eigenen Motivationen, die nichts mit dem Verlangen des Akteurs zu tun haben. Es resultiert daraus daß, um festzustellen ob Macht ausgeübt wurde, die Präferenzen des Zielobjekts einiger Maßen bekannt seien müssen.167 Max Weber präsentiert uns einen ähnliche Definition des Begriffs Macht. „Weber . . defines power as the probability of enforcing one`s will ´despite resistance`“.168 Dennoch besteht Weber darauf, daß die Resistenz verschiedene Formen annehmen kann. „ . . Weber`s crucial point is that resistance can take many diverse forms. It is not confined to manifest conflict. . . . Weber speaks of state agencies using their legitimate power ´against internal resistance in both war and peace`“.169 „Weber also defines power as ´the possibility of imposing one`s own will upon the behavior of other persons. . .`“170 Definitionen über Kontrolle existieren auch in anderen Formen: Einige Analytiker verstehen den Begriff Macht als die Fähigkeit, Veränderungen in der Umgebung zu induzieren oder ihnen gegenüber resistent zu bleiben. Deutsch präsentiert diesbezüglich die beste Definition in dieser Kategorie, wenn er die Behauptung aufstellt: Macht ist die Fähigkeit in Konfliktsituationen sich durchsetzen zu können und Hindernisse zu überwinden. Er umschreibt dies noch ausführlicher als er betont: Macht zu besitzen bedeutet nicht nachgeben zu müssen, und die Umgebung oder die andere Person zu zwingen genau dies zu tun. In einer Hinsicht, ist es die Fähigkeit nicht von der Umwelt lernen zu müssen. Im Wesentlichen bedeutet dies, daß die Mächtigen verlangen können, daß das internationale System nach ihren Regeln bestimmt wird. In diesem Sinne formen Mächtige Akteure die internationale Arena und bestimmen die Regeln nach denen sich andere richten müssen.171 Die beste Analogie für dieses Verhalten war der Kalte Krieg, in dem die zwei mächtigsten Staaten - die USA und die 167 Ebenda. 168 Weber, Max: Economy and Society, 2 vols., Roth, G. / Wittich, C. (Ed.): University of California Press, Berkeley 1978, S. 53 zitiert in: Brennan, Catherine: Max Weber on Power and Social Stratification - An Interpretation and Critique, Ashgate Publishing Company, Hants /Vermont 1997, S. 76. 169 Ebenda, S. 38, und Brennan, Catherine: Max Weber on Power and Social Stratification - An Interpretation and Critique, Ashgate Publishing Company, Hants /Vermont 1997, S. 78. 170 Ebenda, S. 942 und Brennan, Catherine: Max Weber on Power and Social Stratification - An Interpretation and Critique, Ashgate Publishing Company, Hants /Vermont 1997, S. 97, Fußnote # 1. - 91 - S.U. - die Regeln bestimmten. Sie teilten die Welt in zwei verschiedene Lager auf, die sogenannte „Freie Welt“ angeführt von den USA, zu der sich Westeuropa, Japan und viele Staaten in der Dritten Welt gesellten, sowie der Ostblock, angeführt von der S.U. den Osteuropäischen Staaten, China und einige andere Länder der Dritten Welt. Der Ost-West- Konflikt bestimmte fast 50 Jahre lange die weltpolitische, ökonomische, und militärische Lage der Welt. Nur wenige Staaten - die Blockfreien Nationen - konnten sich bedingt den Anforderungen dieses Systems und seiner Regeln entziehen. Die Macht der beiden Supermächte USA und UdSSR war so überwältigend, daß keine andere Nation es wagte, diese beiden Staaten zu zerstören oder zu erobern. Militärisch gesehen waren die Supermächte einzigartig, jede von ihnen besaß schon in den sechziger Jahren zehntausende nuklearer Sprengköpfe mit denen sie die Welt mehrfach zerstören konnten.172 Auch wirtschaftlich dauerte es erst bis in die siebziger Jahre dieses Jahrhunderts, bis ihre absolute Wirtschaftsmacht von aufstrebenden Staaten wie Japan oder der BRD relativiert wurde.173 Politisch gaben sie mit ihren Ideologien - freie Marktwirtschaft vs. sozialistische Weltanschauung - während des Kalten Krieges fast immer den Ton an, keine andere Ideologie konnte mit diesen beiden ernsthaft in Konkurrenz treten. Die Supermächte bestimmten daher die Regelung des internationalen Systems, da sie als etwa gleich stark in militärischer, sowie politischer Macht eingestuft wurden, gaben sie sich beide mit einem Bipolaren-System zufrieden, indem sie die wichtigsten Mächte waren. Trotzdem kann Stagnation eintreten und das letztendliche Resultat am Ende sogar das Dahinschwinden ihrer Macht bedeuten.174 Dies war der Fall mit der S.U. als eine primäre ökonomische Stagnation zur Folge hatte, daß sie ihren Supermacht Status letztendlich einbüßen mußte.175 2.3 Ein Zusammenfassung vom Begriff Macht 171 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power - Influencen and Force in the Contemporary International System, St. Martin´s Press, N.Y. 1993, S. 21 f. 172 Taylor, L. B. Jr.: The Nuclear Arms Race, Franklin Watts, Impact Books, N.Y. / London / Toronto / Sydney 1982, S. 8. Vgl. auch Miller, D. M. O. Lt. Col. / Kennedy, William V. Colonel / Jordan, John / Richardson, Douglas: The Balance of Military Power, Salamander Books, Ltd. London 1981, S. 14-36. Ziegler, David W.: War Peace and International Politics, Little Brown and Company, Boston / Toronto 1987, S. 224. 173 Thurow, Lester: The Future of Capitalism, Nicholas Brealey Publishing, London 1996, S. 143, 24- 25. Vgl. auch Macridis, Roy C. (Editor): Foreign Policy in World Politics - States and Regions, Prentice Hall, New Jersey 1989, S. 125 f. 174 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power, S. 22. Vgl. Deutsch, Karl W.: The Nerves of Government - Models of Political Communication and Control, The Free Press, N.Y. / London 1963, S. 247 f. 175 Pryce-Jones, David: Der Untergang der Sowjetischen Reichs, Rowohlt, Hamburg 1995, S. 96, 154 f. - 92 - Wir haben jetzt drei Ansätze unternommen, um den Begriff Macht zu definieren. Der erste behandelt Macht als die totalen Ressourcen eines Akteurs. Während dies zu einem leicht zu definierenden Meßwert des Begriffes führt, treten einige fundamentale Probleme mit dieser Definition auf, bezüglich der Ressourcen, die benötigt werden, die einem Akteur dazu verhelfen sich am besten Macht anzueignen, sowie den Konvertierungsprozess durch welchen Ressourcen zur der Fähigkeit führen, seinen Willen im internationalen System durchzusetzen. The zweite Ansatz bezeichnete Macht als ein Ziel, welches Akteure verfolgen. Das grundlegende Problem einer solchen Definition ist, daß eine Diskussion über Ziele einfach spezifischer und genauer sein muß, um dem Forscher weiter zu helfen. Nur zu deklarieren, daß ein Akteur Macht verfolgt, sagt uns wenig über das aus, was ein Akteur wirklich will. Dazu gesellt sich das Problem, daß zielorientierte Diskussionen oft Macht als einen Akkumulationprozess von Ressourcen ansehen. Die dritte Definition sieht Macht als die Fähigkeit, andere Akteure und / oder die internationale Umwelt zu kontrollieren. Diese Definition ist die von Wissenschaftlern am meisten verwendete und stimmt mit dem generellen Verständnis vieler Fachleute überein. Daher können wir abschließend bemerken: Die Definition der Macht als die Kontrolle über andere hatte folgende Implikationen. (1) Der Akteur und das Zielobjekt müssen miteinander interaktiv in Aktion treten und beide müssen (von einander) unabhängig sein. (2) Perzeption wird einen wichtigen Aspekt bei der Ausübung der Macht spielen. Einer der Aspekte ist, daß der Akteur glauben muß, daß er von der Manipulation des Zielobjekts der Umwelt profitieren wird. Ein anderer befaßt sich damit wie das Zielobjekt die Ressourcengrundlage und die Reputation des Akteurs einschätzt. (3) Wie schon beschrieben, beinhaltet die Ausübung von Macht, daß der Akteur und das Zielobjekt miteinander im Konflikt sind. Ferner, um Konflikt zu analysieren ist es nützlich, die Präferenzen des Akteurs und die des Zielobjekts festzustellen, sowie die Kommunikation zwischen den beiden, den Grad bis zu dem das Zielobjekt die Präferenzen des Akteurs versteht, danach agiert um mit diesen im Einklang zu stehen, und wie groß die Veränderung in dem Benehmen des Zielobjekts ist.176 Daher können wir was den Begriff Macht betrifft, resümieren: Macht erscheint, wenn der Akteur eine gewisse Menge an Ressourcen die ihm zur Verfügung stehen, einsetzt, um das Zielobjekt zu überzeugen, ihm gut zu zureden (cajole), oder es zu zwingen, sein Verhalten zu ändern, entweder total oder teilweise, damit es den Anforderungen des Akteurs entspricht. („Power comes into play when the actor uses some of the resources at its disposal to convince, cajole, or compel the target to change its behavior, either totally or in part, to - 93 - conform to the actor´s wishes.“) In einer solchen Situation muß das Zielobjekt zumindest bis zu einem gewissen Grad die Verfolgung seiner eigenen Interessen aufgeben und sich den Direktionen des Akteurs anpassen. Unter diesen Umständen ist Konflikt und Streit eine fast automatische Erscheinung, da das Zielobjekt einen Verlust seiner Autonomie akzeptieren muß.177 2.4 Differenzierung zwischen Macht und Herrschaft Um den Begriff Macht zu konkretisieren muß er von der Definition Herrschaft deutlich abgegrenzt werden. Christoph Spehr bezeichnet Herrschaft als eine einseitig verzerrte Form sozialer Kooperation - einseitig erzwungene Aneignung fremder Arbeit und Natur, sowie einseitige Bestimmung über den anderen und einseitige Kontrolle gesellschaftlicher Verhältnisse. „Herrschaft besteht darin, daß ich gegenüber anderen meine Ziele durchsetzen kann, auch wenn diese das nicht wollen; daß ich das nicht nur einmal, sondern immer wieder kann; und daß ich dafür sorge, daß diese einseitige Kontrolle auch in Zukunft funktioniert, weil ich ihre Grundlage wiederherstellen, aufrechterhalten, vielleicht sogar ausbauen kann. Dadurch unterscheidet sich Herrschaft von Macht.“ Der erste Satz und dessen erster Teil im eben erwähnten Zitat sind wichtig, da dieser fast mit dem Begriff Macht gleichzusetzen sind. Aber der zweite Teil des Zitats im gleichen Satz unterscheidet sich gravierend vom Machtbegriff, denn hier erklärt Spehr, daß es nicht nur darum geht „gegenüber anderen meine Ziele“ durchzusetzten, sondern, daß der Herrschende dies „immer wieder (tun) kann“ und ferner dafür sorgt, „daß diese einseitige Kontrolle auch in Zukunft funktioniert, weil (er) ihre Grundlage wiederherstellen, aufrechterhalten, vielleicht sogar ausbauen kann.“178 Darus läßt sich folgendes ableiten: Herrschaft ist eine institutionalisierte und auf Dauer ausgelegte Ausübung vorhandener Macht!179 Der anerkannte Soziologe Max Weber vertiefte den Unterschied zwischen den beiden Definitionen (Macht und Herrschaft). Dafür waren seine theoretischen Arbeiten von 1864- 1920 grundlegend. Seine Definitionen von Macht und Herrschaft waren praktisch für die ganze spätere soziologische Literatur maßgebend, da jene diese Begriffe verwendete. Er selbst hielt den Begriff der Macht für „soziologisch amorph“ und widmet ihm mit dieser 176 Rothgeb, John M. Jr.: Defining Power, S. 44 f. 177 Ebenda, S. 37. 178 Christoph Spehr: "Die Aliens sind unter uns", Siedler Verl., München 1999, S. 104,136. 179 Auszug aus Weber-Schäfer, Peter: "Die Macht und die antike Philosophie" in: Gebhardt, Jürgen / Münkler, Herfried: "Bürgerschaft und Herrschaft", Nomos Verl., Baden-Baden 1993, S. 29 - 94 - Begründung keine weiteren Studien. Ausführlich greift er in seinen Arbeiten dagegen den Begriff der Herrschaft auf.180 Macht und Herrschaft differenzieren sich nach dieser Definition in vielerlei Hinsicht: Während Macht als übergreifender Begriff ein breites Spektrum der situationsabhängigen Durchsetzung des eigenen Willens gegenüber Anderen meint, setzt Herrschaft ein bestimmtes Maß an Dauerhaftigkeit voraus. Herrschaft meint eine institutionalisierte Form von Über- und Unterordnung und stützt sich häufig auf einen Verwaltungsstab, Beamte, Beauftragte usw. Besonders deutlich wird dies am Typus der „legalen“ Herrschaft, bei der nicht einer Person, sondern einem abstakten Prinzip (dem Recht) gehorcht wird und diejenigen, die arbeitsteilig Herrschaft ausüben, bloße Amtsträger sind. Herrschaft als Chance für „einen bestimmten Befehl“ Gehorsam zu finden, ist auf einen bestimmten Bereich beschränkt, in dem die Herrschaft zuständig, (rechtlich) gültig bzw. anerkannt ist.181 Daher läst sich Herrschaft relativ leicht von Macht abgrenzen, denn Herrschaft ist „institutionalisierte Macht“, d.h. ein Machtverhältnis, das relativ stabil ist und ein Mindestmaß an Anerkennung und Gehorsam der untergeordneten Gruppe beinhaltet. Laut Weber besteht Herrschaft aus den folgenden Grundkomponenten: Legitimität: bestehende Ordnung wird als berechtigt angesehen - Legalität: bestehende Ordnung wird als rechtlich abgesichert gesehen - Legitimität und Legalität können, müssen aber nicht zusammenfallen - Verschiedene Formen der legitimen Herrschaft sind: - Traditionelle Herrschaft legimitiert sich durch die dauerhafte Anerkennung von Überlieferungen und Traditionen (Königsfamilie stellt den Herrscher) - Charismatische Herrschaft legitimiert sich durch die außergewöhnlichen Qualitäten einer Person (Propheten, Kriegshelden, Demagogen) - Legale Herrschaft legitimiert sich durch einsichtige, verlässlich funktionierende, berechenbare Regeln und Verhaltensweisen, die auch für den Herrscher gelten (Bundesregierung, Vorgesetzte) - „Wenn Macht als legale Herrschaft institutionalisiert wird, … … löst sie sich von bestimmten Personen und geht auf Funktionen oder Positionen über … orientiert sie sich nicht an 180 Max Weber: Soziologische Grundbegriffe: § 16. Macht, Herrschaft, in: Ders.: Wirtschaft und Gesellschaft (1921/22), 5. Aufl. Tübingen 1972, S. 28 f. 181 Max Weber: Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft, in: Ders.: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922, S. 475-488. - 95 - persönlicher Willkür, sondern an feststehenden Regeln und Verfahrensweisen, die auch für die Herrschenden gelten … bilden sich bestimmte Positionsgefüge, die Stabilität und Erhalt der Macht in einem Herrschaftssystem garantieren.“182 2.5 Von der Macht zur Herrschaft Begriffsdefinitionen Zunächst bezeichnet Macht eine soziale Beziehung und ist der Überbegriff für andere Kategorien der Macht wie Herrschaft, Gewalt, Zwang oder Autorität. Macht benötigt per definitionen Wirkungsfelder, wie etwa die Wirtschaft oder die Kirche, sowie Wirkungsebenen - zuerst die Gesellschaft an sich, denn "Macht kann man nicht für sich allein besitzen, Macht hat man nur in Bezug auf andere"183 Für Max Weber bedeutete Macht "jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht".184 Erst die Verfestigung lässt aus Macht Herrschaft werden. Daher ist es angebracht, den Begriff der Macht nicht unter dem heutigen Blickwinkel zu verwenden, der Macht und vor allem Gewalt als eng umgrenzte Begriffe eher abwertend im Vergleich zu anderen Modellen menschlicher Interaktionen versteht. Vielmehr sollte Macht als vorinstitutionalisierte Phase von Herrschaftsstrukturen verstanden werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß Macht im Sinne einer Einflussnahme zunächst ethisch neutral ist. Max Weber sonderte "Herrschaft" scharf von den Chancen ab, Macht oder Einfluss auf andere Menschen auszuüben, wenn er die "Chance" der Herrschaft darin sah, daß von einer bestimmten Gruppe von Menschen Gehorsam zu erlangen sei. Webers Definition setzt die Institutionalisierung von Macht voraus, was den Weg von Macht zu Herrschaft meint. Dieser Weg vollzieht sich nach Heinrich Popitz185 in fünf Stufen: von der sporadischen Macht eines Einzelnen über normierende Macht zu, drittens und für die Fragestellung zentral, der Verortung von Macht, welche sich nunmehr zu Herrschaft zu verdichten beginnt, weiter zum Positionsgefüge der Herrschaft und schließlich, fünftens, zur staatlichen Herrschaft. Neben der Institutionalisierung, deren Synonym "Verfestigung" sei, sieht Popitz die Integration als einen wesentlichen Faktor der Umwandlung von Macht in Herrschaft: Integration sei nach 182 http://www.schmidtmitdete.de/pdf/macht.pdf. 183 Peter Imbusch: Macht und Herrschaft in der Diskussion, in: Macht und Herrschaft - Sozialwissenschaftliche Konzeptionen und Theorien, (Hg.) Peter Imbusch, Opladen 1998, S. 9-26. 184 Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., Tübingen 1972, S. 28. 185 Heinrich Popitz: Phänomene der Macht, Tübingen 1986. - 96 - Entpersonalisierung und Formalisierung das "dritte Kennzeichen der fortschreitenden Institutionalisierung von Macht". Alle drei zusammengenommen bedeuten schließlich eine "Erhöhung der Stabilität". Herrschaft bedeutet nach Max Weber, daß man die Möglichkeit existiert, einen Willen (Befehl) zu äußern, der auch befolgt wird. Herrschaft ist also ein „System von Befehl und Gehorsam“186. Das Verhältnis der Herrschaft zur Macht sieht folgendermaßen aus: Macht, die „legitimiert, [...] dauerhaft anerkannt und institutionalisiert ist“187, wird als Herrschaft bezeichnet. Als Fazit läßt sich daher sagen: Herrschaft ist sozialwissenschaftlich nach Weber folgend definfiert: „Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“. Im Unterschied zur Macht setzt Herrschaft ein bestimmtes Maß an Dauerhauftigkeit voraus; sie ist eine institutionalisierte Form von Über- und Unterordnung (Subordination), die jedoch keinerlei hierachische Strukturen voraussetzt.188 2.6 Das Sicherheitsdilemma Dieser Streit und Konflikt führt uns zum sogenannten Sicherheitsdilemma. „Die herausragende Struktureigenschaft des Sachbereichs ´Sicherheit` in der internationalen Politik stellt das sogenannte Sicherheitsdilemma dar. Es bezeichnet eine Situation, in der Staaten nebeneinander existieren, ohne eine Garantie der eigenen Existenz und der Freiheit zu eigenbestimmter Entwicklung durch eine übergeordnete Autorität zu besitzen. M.a.W., die Staaten sind zur Gewährleistung ihrer Sicherheit auf sich selbst gestellt, was sich in der Ausbildung von Instrumenten und Verhaltensdispositionen zur Abwehr möglicher Bedrohungen niederschlägt. Da sich alle Staaten diesem Sicherheitsdilemma ausgesetzt sehen, besteht die Gefahr, daß alle versuchen, dieser Situation gemäß dem Prinzip der Selbsthilfe, zum Beispiel durch Aufrüstung, die Bildung von Allianzen oder im Ausnahmefall durch Neutralitätspolitik, zu ihrem Vorteil zu entkommen, was alle zusammen, aber auch jeden einzelnen schlechter stellt, als sie sich bei Kooperation und damit dem Verzicht aller auf einseitige Vorteilssuche stellten . . . offensive und defensive Maßnahmen nicht unterscheidbar. 186 Bango, Jenö: Soziologie für soziale Berufe - Grundbegriffe und Grundzüge, Stuttgart 1994, S. 77. 187 Mogge-Grotjahn, Hildgard: Soziologie - Eine Einführung für soziale Berufe, Freiburg im Breisgau 1996, S. 82. 188 http://www.franz-oppenheimer.de/kruck/wk99a.htm#f01 - 97 - Als dem Sicherheitsdilemma eigentümliches Kooperationshindernis stellt sich die Nicht- Unterscheidbarkeit von offensiven und defensiven Maßnahmen zur Sicherung der eigenen physischen Existenz dar. Maßnahmen und Mittel zur Förderung der eigenen Sicherheit sind in dieser Situation - zumindest potentiell - zugleich eine Bedrohung der Sicherheit anderer und erzeugen mithin Mißtrauen gegenüber den (guten oder bösen) Absichten möglicher Opponenten. Die Abwendung der möglichen eigenen Bedrohung erzeugt für andere eine Bedrohung, die mit deren Antwort auf diese Bedrohung wiederum alle anderen bedrohen. Dies kann zu unerwünschten Dynamiken führen, wie beispielsweise der eines Rüstungswettlaufes oder eines Präemptionszwangs in einem krisenhaft zugespitzten Konflikt, und facht das wechselseitige Mißtrauen an, wodurch die Chancen internationaler Sicherheitskoopertion weiter sinken . . . .“189 Aufgrund der Nicht-Unterscheidbarkeit von offensiven und defensiven (Schutz-) Maßnahmen besteht in der Situation des Sicherheitsdilemmas zudem die Neigung jedes einzelnen Akteurs, seine Sicherheit relativ zur Sicherheit potentieller Opponenten zu beurteilen. Ein Mehr an Sicherheit für den Opponenten wird als ein Weniger an eigener Sicherheit wahrgenommen. Deshalb sind Konflikte des Typs `Interessenkonflikte über relativ bewertete Güter´, also über Güter, deren Wert sich nur in Relation zum Besitzstand anderer bemessen läßt, im Sicherheitsbereich sehr häufig. Diese Art von Interessenkonflikte ist, wie sich belegen läßt, kooperativ nur sehr schwer bearbeitbar.190 Weiterhin wirkt sich auch die Unwiederbringlichkeit des Gutes `Sicherheit´ negativ auf die Kooperationschancen im Sachbereich `Sicherheit´ aus. Während in anderen Sachbereichen der internationalen Politik der Verlust des in Frage stehenden Gutes meist - wenn auch mit unterschiedlichen hohen Kosten - reparabel ist, kann der Verlust des Gutes `Sicherheit´ endgültig sein. Ist die physische Existenz eines Staates erst verloren, so sind die Möglichkeiten, aus eigener Kraft die Wiederherstellung der physischen Existenz zu erreichen, gleich null. Aus diesem Grunde wenden Staaten bzw. ihre Regierungen hohe Aufmerksamkeit und viel Energie auf, dem Verlust des Gutes `Sicherheit´ unter allen Umständen zuvorzukommen. Dies führt dazu, daß sich Staaten selbst gegen den schlimmsten denkbaren Fall wappnen wollen. Dies fördert das strukturell angelegte zwischenstaatliche Mißtrauen und behindert mithin die Möglichkeit internationaler Sicherheitskooperation . . . . Ein weiteres Kooperationshindernis in Situationen problematischer Handlungsinterdependenz des Sachbereichs, `Sicherheit´ stellt die relativ geringe Transparenz der Absichten und 189 Rittberger, Volker: Internationale Organisationen - Politik und Geschichte, o. J., S. 154 f. 190 Ebenda, S. 155. - 98 - Maßnahmen zur Förderung der eigenen Sicherheit dar. Denn Rüstungsprogramme und militärische Operationspläne unterliegen zumeist strenger Geheimhaltung. Die Möglichkeit der Geheimhaltung verstärkt das strukturell angelegte Mißtrauen und verringert so die Chancen von Sicherheitskooperation . . . .“191 2.7 Quintessenz des Begriffs Macht als operationalisierenden Gegenstand Macht bedeutet realpolitisch gesehen die Fähigkeit eine gewissen Kontrolle auszuüben. Der Akteur, der kontrollieren will, muß aber ein klares Ziel vor Augen haben, d.h. er muß sich erstens völlig bewußt sein was er erreichen will und zweitens welche Intensionen sein Zielobjekt hat. Macht wird nur dann ausgeübt, wenn das Zielobjekt sich nicht den Wünschen oder Willen des agierenden Akteurs beugen will, d.h. es muß eine Konflikt Situation zwischen den beiden (Staaten) bestehen. Um Macht auszuüben muß das Ziel nicht unbedingt vollkommen erlangt werden, auch ein partielles Erreichen des Ziels kann als Machtausüben betrachtet werden. Um Macht auszuüben muß der agierende Akteur eine Art Machtbasis besitzen, diese existiert fast immer in der Form von Ressourcen, es sei denn es wird (psychologisch) gekonnt geblöfft, sprich getäuscht, was jedoch meistens eine rare Ausnahme- situation darstellt. Dennoch ist der Begriff Macht nicht von den herrschenden Konditionen der Umwelt oder Weltordnung unabhängig zu verstehen. Da in einer relativ friedlichen Welt keine wirklichen physischen Bedrohungen existieren, würde auch das Gut Sicherheit nicht mehr allzu hoch bewertet werden. In einer aber von Kriegen und Konflikten gezeichneten Welt, würde der Wert des Gutes Sicherheit drastisch steigen, da Sicherheit immer die erste Grundvoraussetzung für schieres Überleben eines jeden Staates (sowie Institution & Individuen) darstellt. Die Weltordnung ist zweifellos nach dem Kalten Krieg nicht stabiler, sprich sicherer geworden, sondern eher unsicherer und scheinbar chaotischer. Dies beweisen schon allein die zwei großen Kriege nach dem Fall der Mauer 1989: der Golfkrieg 1991 und der Kosovo-Krieg 1999, beide hatten verheerende Auswirkungen auf die entsprechenden Regionen, und beide hätten kaum in der Bipolarität des Kalten Krieges statt finden können. Der Afghanistan Krieg und der Irak Krieg von 2003 sind weitere Kriege, die das internationale System nicht unbedingt sicherer gemacht haben. Die sprunghafte Zunahme kriegerischer Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes werden primär mit dem Wegfall der Bipolarität erklärt. Die Aufbruchstimmung, die kurz 191 Ebenda. - 99 - nach 1989 herrschte, sowie der Diskurs einer „Friedensdividende“, wurden schnell durch Kriege und ausbrechende ethnisch ökonomische Konflikte beseitigt.192 In einer solchen turbulenten und konfliktreichen Welt wird dem Gut Sicherheit schon fast unweigerlich mehr Bedeutung, sprich Wert beigemessen, was zu einem Sicherheitsdilemma führt in dem letztendlich Sicherheit größtenteils durch Machtanhäufung gewährleistet wird. Das Problem hierbei ist nun wieder die Tatsache, daß Sicherheit genauso wenig wie Macht präzise gemessen werden kann und es sich daher um zwei diffuse Entitäten handelt. [Wie dies unweigerlich zum Sicherheitsdilemma der Realisten führt und zum erkenntnisleitenden Interesse der US-Außenpolitik wird, beschreibt das nächsten Kapitel.] 2.8 Der Begriff Macht als erkenntnisleitendes Interesse der US Außenpolitik Für diese Arbeit ist der Begriff Macht wichtig, da er zum erkenntnisleitenden Interesse der US Außenpolitik wird. Er wird dies insofern, da herausgearbeitet werden soll, wie essentiell Macht als politisches, militärisches und wirtschaftliches Ziel von der US Regierung angestrebt wurde. Dies gilt im besondern für den 2. Golfkrieg, aber auch allgemein für die US Außenpolitik. Es zeigte sich schnell, daß Saddam Husseins Invasion Kuwaits, die politische, wirtschaftliche und militärische Machtkonstellation im Mittleren Osten auf den Kopf stellte, sprich sie veränderte den Status Quo schlagartig, so sehr zu ungunsten der USA, daß diese sich gezwungen sahen, militärisch zu Intervenieren, um zumindest den Status Quo in Sachen Machtkonstellation zu revidieren. Dies zeigt völlig zum Trotz jeglicher Diskussionen um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, daß es den USA am Golf um materielle Dinge, sprich um Macht ging und nicht um Gerechtigkeit und Humanität. [Hierzu ausführlich im 3. Teil] Da Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zwar erhaben und rhetorisch gut klingen, kann jede Regierung sich immer auf sie berufen; dies läßt jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß immaterielle und abstrakte Dinge wie solche, erfolgreich und nützlich quantifiziert werden können. Letztendlich wird jeder Realist (der internationalen Beziehungen) bestätigen, daß keine Regierung der Welt eine Außenpolitik betreiben kann, deren Ziele (ausschließlich) das Erreichen von Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit sind. Eine solche Außenpolitik wäre nur möglich, wenn zwei essentiell 192 Kühne, Winrich: Blauhelme in einer turbulenten Welt - Beiträge internationaler Experten zur Fortentwicklung des Völkerrechts und der Vereinten Nationen, Nomos Verl., 1. Aufl., Bd. 37, Baden- Baden 1993, S. 21 f., 13, 17 f. - 100 - wichtige Grundvoraussetzungen erfüllt sind: Die (nationale) Sicherheit muß gewährleistet sein und die Volkswirtschaft darf sich zumindest nicht in einer Rezession befinden.193 3.0 Kriegsursachenforschung Um den 2. Golfkrieg verstehen zu können, muß auf die Kriegsursachen Forschung, im Bereich der internationalen Beziehungen, zurückgegriffen werden. Hierbei wird schnell evident, daß kein einhaltlichtes Gesamtmodell zur Analyse von Kriegsursachen existiert, statt dessen finden sich viele mannigfaltige Modelle sowie Ansätze, von denen jedoch kein einzelner an sich es vermag, Kriegursachen überzeugend zu erklären.194 Klaus Jürgen Gantzel nahm diesbezüglich Stellung zu dieser Thematik mit der ernüchternden Einsicht: „Obwohl Menschengruppen sich seit Menschengedenken bekriegen, sind verallgemeinerbare, theoriefähige Erkenntnisse über Kriegsursachen bislang äußerst dürfig.“195 Laut Gantzel war Kenneth N. Waltz einer der ersten, im Bereich der internationalen Beziehungen, der darauf aufmerksam machte, daß die kriegsverursachenden Dimensionen auf verschiedenen Analyse-Ebenen anzusiedeln sind.196 Sehr simplifiziert artikuliert, handelt es sich dabei um 3 Ebenen: die des internationalen Systems, die Ebene der Gesellschaft bzw. Nationen oder Staaten und die Ebene der Individuen. Das Problem ist hierbei, wie sie miteinander verknüpft werden sollen, um Kriegsursachen zu erläutern. In seinem bedeutenden Werk Man, the State and War, unterscheidet Waltz zwischen diesen 3 „images“. Mit diesen „images“, oder Ebenen sollen Kriegsursachen exakter analysierbarer gemacht werden. Nach der ersten Ebene, oder genauer gesagt spezifischer Betrachtungsweise197, ist Krieg auf die menschliche Natur und deren Verhalten zurück zu führen.198 Die zweite Betrachtungsweise bezieht sich auf die interne Struktur des Staates; dieses „image“ enthält beide Gruppen, die Liberalen (die Demokratien für friedfertiger als Diktaturen halten) sowie die Marxisten / Leninisten (welche glauben, dass kapitalistische 193 Vasquez, John A.: The Power of Power Politics - A Critique, Rutgers University Press, New Jersey 1983, S. 48 f. Couloumbis, Theodore / Wolfe, James H.: Introduction to International Relations - Power and Justice, 4th ed., Prentice Hall, Englewood Cliffs, New Jersey 1994, S. 7, 21 ff. 194 Siehe hierzu u.a.: Krell, Gert / Müller, Harald (Hg.): Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen (Festschrift für Ernst-Otto Czempiel), Campus Verl., Frankfurt / New York 1994, „Kriegsursachen: Theoretische Konzeption und Forschungsfragen“ von Klaus Jürgen Gantzel, S. 134. 195 Ebenda, S. 133. 196 Ebenda, S. 133, 151 (Fußnote # 3). 197 Das Wort Ebene ist nicht gleichzusetzen mit dem englischen “Image”, daher will ich statt dessen den Begriff Betrachtungsweise verwenden, auch wenn einige Autoren „image“ mit Ebene fast synonym benutzen, so ist das englisch Pendant zu Ebene „level“ und nicht „image“. - 101 - Staaten Kriege erzeugen, während Sozialismus zum Frieden führt). Die 3. Betrachtungsweise beziehen sich auf das internationale System, in dem Staaten auf einander treffen. Sie gehen vom bekannten Argument der Realisten, der internationalen Beziehungen, aus, daß eine „internationale Anarchie“ in der Welt besteht, die verhindert, daß durch (internationale) Gesetzte und Organisationen Frieden, zwischen den Nationen, effizient hergestellt werden kann. Durch diesen Mangel an einer höheren letzten Instanz, die, wie im Streit zwischen Bürgern eines Staates, ein anerkanntes Urteil fällen kann, ist jeder Staat, im internationalen System, auf sich selbst angewiesen um seine Interessen zu wahren, durchzusetzen oder gegebenenfalls zu verteidigen.199 Was schnell zu Konflikten oder gar Kriegen mit anderen Staaten führen kann. Die nicht vorhandene höchste Instanz in den internationalen Beziehungen zwischen Staaten, führt für beide Denkschulen, Realisten sowie Idealisten, zur Annahme, das Krieg unausweichlich ist. Der Unterschied zwischen ihn besteht jedoch darin, daß die Realisten Krieg seit menschlicher Geschichte als unvermeidlich sehen, während die Idealisten behaupten, daß eine gesunde soziale und politische Umwelt Krieg dermaßen reduzieren kann, bis er das internationale System nicht mehr charakterisiert.200 Das primäre Problem der Forschung ist bisher die eindimensionale Vorgehensweise gewesen. So besteht der weitaus größte Teil der Forschung darin, sich auf die Systemebene der traditionellen Kategorie der Macht zu fokussieren, während die anderen Ebenen (im Datenkranz) vernachlässigt wurden.201 Solche einseitigen Analysen haben u.a. sogar zur Folge, daß die Forscher widersprüchliche Forschungsresultate hervorbringen. So gaben einige vor, herausgefunden zu haben, ein System internationalen Ungleichgewichts (Multipolarität) führe eher zu kriegerischen Konfliktlösungen, als das zur Friedenswahrung besonders von Konservativen immer wieder propagierte Gleichgewicht (Bipolarität) der Mächte. Durch die gleiche Analyse der Systemebene kamen andere Forscher auf die gegenteilige Erkenntnis: statt Gleichgewicht sei Hegemonie (Unipolarität) nötig, wenn Krieg vermieden werden sollte. In der Praxis bedeutete dies, zur Zeit des Kalten Krieges postulierten die einen, ein mulipolares System sei friedenserhaltender, während die anderen hingegen die bipolare Welt als relativ friedlicher befanden. Als ob diese 198 Waltz, Kenneth N.: Man, the State and War – A Theoretical Analysis, Columbia University Press, New York 1959, Kapitel 2 & 4. 199 Ebenda, S. 60 ff, und Kapitel 6. 200 Couloumbis, Theodore, A. / Wolfe, James H.: Introduction to International Relations – Power and Justice, 4. Ed., Prentice Hall, Englewood Cliffs, New Jersey 1994, S. 183. 201 Krell, Gert / Müller, Harald (Hg.): Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen, Campus Verl., Frankfurt / New York 1994, S. 133. - 102 - Widersprüchlichkeiten nicht schon problematisch genug wären, wurden daraus noch bedenklichere Aberrationen abgeleitet. Die einen strebten (atomare) Abschreckung an, die anderen fürchteten deren kriegserzeugende innere Dilemmas. Einige kamen zu dem Ergebnis: Rüstungswettläufe führen zum Krieg; andere dementierten dies in ihren Studien. Manche Untersuchungen haben sogar versucht zu „beweisen“, daß geographische Nachbarschaft oder gar die Entfernung zwischen den Hauptstädten ein Faktor sei, der die Neigung zu Krieg zwischen Staaten beeinflusse.202 Auch die integrationstheoretischen Herangehensweisen sind eher als uneinhaltlich einzustufen. Verschiedene Varianten besagen, dass Krieg zwischen Staaten um so wahrscheinlicher ist, je größer die politische, sozialen und ökonomischen „Distanzen“ zwischen den Gesellschaften ausfallen. Dies ist das Fundament, auf das sich primär die imperialistische marxistisch-leninistische Variante der Kriegsursachenforschung aufbaut. Im Umkehrschluß, an diese, wird argumentiert, dass Austausch (Handel, Reisen ect.), Kooperation (internationale Organisationen), Regelwerke (sog. internationale Regime), Verflechtung, Interdependenz und Integration schließlich eine Art Weltstaat evozieren, der eher den Frieden gewährleisten könne. Diese letzte hypothetische Behauptung bildet den theoretischen Ausgangspunkt der Idealisten in Bereich der internationalen Beziehungen, obwohl auch viele Realisten diesen Standpunkt vertreten. Gantzel resümiert daher: „Fast alle Untersuchungen auf der Systemebene haben diskussionswürdige Argumente für sich. Insgesamt wissen wir aber immer noch nicht, welche Bedingungen des internationalen Systems, welche Systemstrukturen eher kriegsfördernd und welche eher friedensfördernd sind. Unterschiedliche Variablen, Indikatoren, Methoden und Methodologien, Metatheorien und materiale Theorien, auch Einseitigkeiten, Kurzsichtigkeiten, Ideologiehaftigkeiten, gar politisch-opportunistische Rücksichten verhindern, dieses Chaos zu systematisieren und in Wissen akkumulierende Zusammenhänge einzuordnen.“203 Noch vernichtender ist sein Urteil über die Ebene der Individuen als kriegsverursachend. Dies liegt nicht in der Menge, sondern im Inhalt, das verglichen mit der ersten systemischen Ebene, nicht weniger dubios oder verwirrend ist. Dies gilt vor allem wenn anthropologische oder ethologische Zugänge gewählt wurden.204 202 Ebenda, S. 133 f. 203 Ebenda, S. 133 f. 204 Ebenda, S. 134. - 103 - 3.1 Aggressionstheorien Ein altes Argument der Kriegsforschung ist die Annahme, daß Menschen ein innerliches Aggressionspotential in sich tragen, das stets danach strebt, nach Außen getragen zu werden. Ein solches konnte nie verifiziert werden, und Anthropologen und Psychologen sehen mittlerweile eher äußere Konditionen und Situationen als Auslöser von Aggression. So konstatiert der britische Psychologe William McDougall, daß menschliche Aggression nur operativ wird wenn sie durch eine frustrierende Kondition angestiftet wird.205 Die berühmteste aber auch umstrittenste der individuen („instinct“) Theorien wurde von Sigmund Freud aufgestellt. Diese bezeichnet den „Todestrieb“ als verantwortlich für Kriege und Konflikte. Ursprünglich sah Freud Aggression als ein Resultat der Frustration, besonders im sexuellen Sinne, an.206 Aber nach dem katastrophalen 1. Weltkrieg, postulierte Freud, daß Menschen einerseits einen Eros, (Lebensinstinkt) besitzen, andererseits aber auch einen Thanatos, (Todesinstinkt). Nur mit dieser These konnte Freud erklären, warum Millionen von Männern von 1914 bis 1918 in den Tod auf den Schlachtfeldern „hineinmarschierten“.207 Die Erklärung hierfür lautete: For Freud, all instincts were directed toward the reduction or elimination of tension, stimulation, and excitation. The motivation of pleasure-seeking activity is to attain an unstimulated condition – a sort of oriental Nirvana or absence of all desire. Death involves the removal of all excitation. Hence all living things aspire to ´the quiescene of the inorganic world.´ But people go on living despite the death instinct, because the life instinct channels the annihilative drive always from the self toward others. Aggressive behavior thus provides an outlet for destructive energies that might otherwise lead to suicide. According to this hypothesis, the recurrence of war and conflict becomes a necessary periodic release by which groups preserve themselves through diverting their self- destructive tendencies to outsiders. This, in brief, is the psychoanalytic foundation for Freud´s view, … that is, a person carries within ´an active instinct for hatred and aggression.´208 205 Dougall, William: An Introduction to Social Psychology, Luce, Boston 1926, S. 30-45. Ders. Outline of Psychology, Scriner´s, New York 1923, S. 140 f. Zitiert aus: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations – A comprehensive Survey, HarperCollinsPublishers, 3rd Ed., New York 1990, S. 276. 206 Freud, Sigmund: A General Introduction to Psychoanalysis, trans. G. S. Hall, Boni and Liveright, New York 1920, S. 170-174, zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations – A comprehensive Survey, HarperCollinsPublishers, 3rd Ed., New York 1990, S. 276. 207 Harva, Urpo: „War and Human Nature,“ in Robert Ginsberg, ed., The Critique of War, Regnery, Chicago 1969, S. 48 f., zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations – A comprehensive Survey, HarperCollinsPublishers, 3rd Ed., New York 1990, S. 276. 208 „Why War?“ in einem Brief von Freud an Albert Einstein, datiert 1932. Text aus: Robert A. Goldwin et al.: Readings in World Politics, Oxford University Press, New York 1950, zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations, S. 276 f. - 104 - Die meisten gegenwärtigen Psychologen lehnen Freuds Hypothese des Todestriebs, als Basis für die Aggressions-Theorie, ab. Professor Leonard Berkowitz bezeichnete sie als „wissenschaftlich unhaltbar“. Auch Freuds ehemaliger Schüler Erich Fromm lehnte sie ab.209 Berkowitz fand zwei primäre Gründe für die Ablehnung: 1. Die Theorie ist teleologisch, das heißt sie schiebt die Ursache eines gegenwärtigen Verhaltens einem zukünftigen Ziel zu. „Professor Leonard Berkowitz called it ´scientifically unwarranted.` … because … the theory attributes the cause of present behavior to a future goal, that is, the reduction or removal of excitation.”210 2. Die experimentelle Evidenz, die auf Untersuchungen mit Tieren zurück geht, dementiert die Annahme, das Ziel jegliches Verhalten sei es, Stress zu reduzieren. Im Original: „As for the experimental evidence, Berkowitz argued that research performed with animals (principally cats, rats, and mice) negates the validity of the notion that all behavior is aimed at tension-reduction, inasmuch as ´organisms frequently go out of their way to obtain additional stimulation from their external environment.´”211 Außerdem erinnert uns Berkowitz daran, dass Freud nie die nötigen zwingenden Beweise zu seiner Theorie einholte, so daß es keinen wissenschaftlichen Grund gibt, diese Theorie zu falsifizieren.212 Studien die auf Ethologie zurückgreifen sind durchaus problematisch, schon alleine aus den einleuchtenden Gründen, daß Menschen weitaus komplexer sind als die höchst entwickelten Tiere, da das menschliche zentrale Nervensystem fast unbegrenztes Lehren sowie Anpassen ermöglicht und vor allem, weil menschliche Wesen in einer moralisch-spirituellen Dimension existieren.213 Ferner bestätigt Geoffrey Gorer, daß Tierstudien nicht ohne weiteres in den Bereich der internationalen Beziehungen transferiert werden können, ohne der wissenschaftliche Methodik und dessen Logik zu schaden.214 209 Berkowitz, Leonard: Aggression: A Social-Psychological Analysis, McGraw-Hill, New York 1962, S. 8. Fromm, Erich: The Anatomy of Human Destructiveness, Holt, Rinehard and Winston, New York 1973, zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations, S. 277. 210 Berkowitz, Leonard: Aggression: A Social-Psychological Analysis, McGraw-Hill, New York 1962, S. 9, zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations, S. 277. 211 Ebenda, S. 10, zitiert in: Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations, S. 277. 212 Dougherty, James E. / Pfaltzgraff, Robert L., Jr.: Contending Theories of International Relations, S. 277. 213 Ebenda, S. 278. 214 Gorer, Geoffrey: „Ardrey on Human Nature,“ Encounter, 28 (June 1967), S. 70, zitiert in: Couloumbis, Theodore A. / Wolfe, James H.: Introduction To International Relations – Power and Justice, 4. Ed., New Jersey 1994, S. 188. - 105 - Da für Gantzel das Individuum „eine Fiktion bürgerlicher Theorie“ darstellt kommt er zu dem wenig schmeichelhaften Urteil über die Betrachtungsebene des Individuums: „Für vergleichende Analysen ist das Individuum, ob nun staatsführend, staatsgehorchend oder staatsopponierend, Produkt seiner sozialen und politischen Umwelt und insofern kein unabhängiger Akteur internationaler Politik, schon gar nicht in Sachen Krieg und Frieden. Auch politisch-praxeologisch ist nicht erfolgversprechend, auf ´das System` oder ´den Menschen` als zentrale Bezugsgröße zu setzen.“215 3.2 Die Mißperzeptionsthese der Kriegursachenforschung Eine der bekanntesten Theorien der Kriegsursachen ist die der Misperzeptionen. Robert Jervis und John G. Stoessinger haben u.a. dazu beigetragen, diese Theorien aufzustellen. Jervis schrieb diesbezüglich: The evidence from both psychology and history overwhelmingly supports the view ... that decision-makers tend to fit incoming information into their existing theories and images. Indeed, their theories and images play a large part in determining what they notice. In other words, actors tend perceive what they expect.216 Als noch wichtiger kann gelten, daß die „hereinkommenden“ Informationen wenn sie sich partiell für den Entscheidungsträger zu bestätigen schienen, diesen kaum noch davon abbringen konnten, eine andere mögliche Interpretation in Betrachtung zu ziehen. Hierzu noch einmal Robert Jervis: Bruner and Postman found that „perhaps the greatest single barrier to the recognition of incongruous stimuli is the tendency for perceptual hypotheses to fixate after receiving a minimum of confirmation. . . . Once there had occurred in these cases a partial confirmation of the hypothesis … it seemed that nothing could change the subject´s report.217 Stoessinger schrieb in dieser Hinsicht ein ganzes Buch über die Misperzeptionsthese. In Why Nations Go to War verweist er auf historische Fälle, in denen er Mißverständnisse für zahlreiche Kriege des 20. J.H. verantwortlich macht. Über den 1. Weltkrieg konstatierte er, alle Akteure litten unter falschen Annahmen, über sich selbst und ihre Gegner. Diabolische Feindbilder waren während der Krise, die zum Weltkrieg führte; allgegenwärtig. Die 215 Krell, Gert / Müller, Harald (Hg.): Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen, „Kriegsursachen: Theoretische Konzeption und Forschungsfragen“, Campus Verl., Frankfurt / New York 1994, S. 138. 216 Art, Robet J. / Jervis, Robert: International Politics, USA 1985, Robert Jervis „Hypotheses on Misperception“, S. 510. 217 Ebenda, S. 512. - 106 - damaligen Führer tendierten dazu, ihre eigene Macht in einem übertriebenen Maße anzusehen, während sie die Macht ihrer Gegner unterschätzten; sie waren ferner nicht in der Lage, sich in die Position des Gegners hineinzuversetzen.218 Auch beim dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, im 2. Weltkrieg, waren Mißperzeptionen ausschlaggebend. Hitler schätzte die Lage falsch ein, indem er glaubte G.B. könne nur bezwungen werden wenn die Sowjetunion zerstört sei. Seine Perzeption war die, daß G.B. nur durchhalten würde, weil es glaubte die Sowjetunion würde bald in den Krieg, auf britischer Seite, gegen Deutschland eintreten. Diese eklatante Fehleinschätzung, die offen von Hitler gegenüber seinen Generalen geäußerte wurde, besiegelte den Untergang des Dritten Reichs. Aber auch Stalin war nicht frei von Mißperzeptionen, für ihn war es bis kurz vor dem deutschen Überfall auf sein Land undenkbar, daß Hitler seinen Bündnispartner angreifen würde. Alle geheimdienstlichen Hinweise diesbezüglich wurden von ihm als britische und amerikanische kapitalistische Propaganda verworfen. Stalin verstand auch Hitlers Obsession bezüglich dessen Zerstörung der Sowjetunion nicht.219 Mit diesen eklatanten Mißperzeptionen auf beiden Seiten wurde der 2. Weltkrieg zu einem echten Weltkrieg, als sich nicht viel später auch die USA und Japan an diesem maßgeblich beteiligten. Auch der Korea Krieg der USA (1950-53) war laut Stoessinger eine Fehleinschätzung der US Entscheidungsträger, die glaubten, daß das nordkoreanische Militär schnell zu schlagen sein, und daß die Chinesen sich aus dem Korea Krieg heraushalten würden, als sich beides als falsch herausstellte, war das US Militär längst viel zu verstrickt in den Krieg, um sich aus der Affäre zurückzuziehen. Auch der Vietnam Krieg basierte auf ähnlichen Mißverständnissen. Die Domino-Theorie, die u.a. anderem Präsident Eisenhower vertrat stellte sich als völlig falsch heraus, d.h. es gab keinen Grund zur Annahme, daß die kommunistischen Staaten Südostasiens planten ganz Südostasien zu übernehmen. Ferner überschätzten die USA ihre Militärmacht, während sie die der Nordvietnamesen unterschätzten. So kam es zu einem eher sinnlosen 10 jährigen Krieg, der USA gegen ein Land der Dritten Welt, das letztendlich das Image der USA in aller Welt sehr schädigte.220 Auch im 1. Golfkrieg, zwischen dem Irak und Iran, sah Stoessinger die Mißperzeptionen der Führer der beiden Staaten als kriegsauslösend. Stoessinger im Original: In the Persian Gulf region, most of the „fundamental Causes“ of war were already present ... But these “fundamental causes” do not precipitate a war unless personalities and misperceptions come into play. It took men like Saddam Hussein of Iraq and Khomeini of Iran to ignite the witches´ brew in 1980. 218 Stoessinger, John G.: Why Nations Go to War, 5th ed., St. Martin´s Press, New York 1990, S. 22 ff. 219 Ebenda, S. 32, 48. 220 Ebenda, S. 84-113. - 107 - If a leader´s personality, at the turning point, is flawed by misperceptions about himself and his adversary, war is very likely.221 Resümierend beschreibt Stoessinger in seinem letzten Kapital warum es zu Kriegen kam. Für ihn zählen daher die sog. „abstract forces“ wenig: I am less impressed by the role of abstract forces, such as nationalism, militarism, or alliance systems, which traditionally have been regarded as the causes of war. Nor does a single one of the seven cases indicate that economic factors played a vital part in precipitating war. The personalities of leaders, on the other hand, have often been decisive. … In all these cases, a fatal flaw or ego weakness in a leader´s personality was of crucial importance. … The case material reveals that perhaps the most important single precipitating factor in the outbreak of war is misperception. Such distortion may manifest itself in four different ways: in a leader´s image of himself: a leader´s view of his adversary´s character; a leader´s view of his adversary´s intentions toward himself; and finally, a leader´s view of his adversary´s capabilities and power. … A leader´s misperception of his adversary´s power is perhaps the quintessential cause of war. … Thus, on the eve of each war, at least one nation misperceives another´s power. In that sense the beginning of each war is a misperception or an accident.222 Für Stoessinger würde daher wohl auch der 2. Golfkrieg (wie für ihn der erste) aus einem Szenario von Mißperzeptionen, also Missverständnissen zwischen den Hauptakteuren (Führern) bestehen. Diese Perspektive kann sicherlich auch auf den besagten Krieg angewandt werden. So würden dabei beide „Führer“ George Bush sowie Saddam Hussein, den jeweiligen Kontrahenten falsch verstanden, bzw. eingeschätzt haben. Bezüglich Bushs würde dann wohl behauptet werden, daß dieser Saddam Husseins Wille einen Krieg mit den USA zu riskieren unterschätzt hätte. Demnach hätte Bush von Hussein erwartet, daß dieser (kurz) vor Ablaufen der UN-Frist sich zurück gezogen hätte, um einen aussichtlosen und destruktiven Krieg mit den USA zu vermeiden. Bezüglich Saddam Hussein würde diese Theorie argumentieren, daß jener gemeint habe George Bush würde nur bluffen, da, wie Saddam Hussein der US Botschafterin mitteilte, er die USA für eine Gesellschaft hielt, die keine 10 000 Tote Soldaten in einem Krieg verkraften kann. Daher hätten beide Führer den Kriegswillen des Gegner vehement mißverstanden, bzw. unterschätzt. Vor allem ist auch das Mißverständnis im Hussein-Glaspie Dialog wichtig. Bei diesem würde die Mißperzeptionstheorie argumentieren handelte es sich um ein klassisches Mißverständnis, der beiden Hauptentscheidungsträger: Saddam Hussein und George Bush. Beide gingen davon aus, daß sie ihre jeweilige Position unmißverständlich klar gemacht hätten, obwohl der 221 Ebenda, S. 202. - 108 - jeweils andere die Botschaft falsch interpretierte. So glaubte Saddam Hussein tatsächlich, daß die USA über Botschafterin Glaspie dem Irak signalisierte, daß Hussein über das Schicksal Kuwaits nach eigenem Ermessen entscheiden könnte. Während die Bush Administration davon ausging, daß es für Hussein klar seien mußte, daß die USA keine Invasion Kuwaits vom Seiten des Irak tatenlos hinnehmen würden. Dieses klassische Mißverständnis hatte dann fatale Auswirkungen auf den Verlauf der Politik. Saddam Hussein hatte demnach auch den Stellenwert der US Botschafterin überschätzt. Denn hätte Bush einen seiner nationalen Sicherheitsberater zu Hussein geschickt, dann wäre dies höher zu bewerten gewesen als der Besuche der US Botschafterin im Irak. Aber auch hier greift die Misperzeptionsthese, da Hussein den Stellenwert der US Botschafterin einfach überschätzte und somit schnell zur Schlußfolgerung gelangte, daß die USA nichts gegen seine Invasion Kuwaits hätten. Hierzu kommt noch das generelle Missverständnis der beiden für die jeweilig andere Kultur. So kann von Bush nicht behauptet werden, daß er die arabisch / islamische Kultur verstanden hätte (was ihm auch in der Literatur von einigen Autoren vorgeworfen wurde). Gleichermaßen kann von Saddam Hussein ebenfalls nicht behauptet werden, daß er die (westliche) US-amerikanische Kultur verstand. Exemplarisch war z.B. sein Glaube, daß George Bush sen. egal wie die Wiederwahl für ihn laufen würde, wieder Präsident der USA seinen würde. Er glaubte daher einigen seiner Berater nicht, als diese meinten es wäre nicht sicher ob Bush sen. erneut Präsident der USA nach 1992 sein würde. Dies läßt wohl auch Husseins Schadenfreude erklären als er erfuhr, daß Bill Clinton und nicht Bush sen. anno 1992 der neue Präsident der USA wurde, da er dies ausgiebig in Bagdad feiern ließ und zudem behauptete, Georg Bush habe die Wiederwahl in seinem Land verloren, aber Saddam Hussein würde immer der Präsident des irakischen Volkes bleiben. Dieses fehlende Verständnis für die jeweils andere Kultur könnte auch einiges an Fehlverhalten der beiden Entscheidungsträgern erklären. So war das ständige kompromißlose Verhalten Bushs während der gesamten Krise ein Beweis hierfür. Seine unwiderrufliche Forderung „es könne keine Zugeständnisse für Aggression geben“ d.h. „keine Belohnung für Aggression“ zeugen deutlich davon, daß er die arabische Kultur des Feilschens nicht verstand. Auf der anderen Seite zeigte sich ebenso deutlich, daß Saddam Hussein Bushs Haltung mißverstand, da er jenem zahlreiche Angebote machte, die Krise auf diplomatische Weise beizulegen. Hier zeigt sich, daß Hussein nicht verstand, daß Bushs Position analog war zu der Position, die die USA 222 Ebenda, S. 209 f., 213 f. - 109 - im 2. Weltkrieg gegenüber Hitler bezogen hatten. Damals galt der US-Regierung das Abkommen von München 1938, als eine Schmach, das nie wieder wiederholt werden sollte. Die Lektion für alle folgenden US Politiker war eindeutig, mit einem Diktator (wie Hitler) lasse sich nicht verhandeln, da ein solcher nur das Prinzip der Stärke verstehe. Auch die politischen Werte und Normen der Kontrahenden erzeugten ein Szenario der Misperzeptionen. Für die Bush Administration und die USA im Allgemeinen sind Demokratien starke robuste Nationen, die - wenn sie erst einmal in den Krieg gezogen sind -, genauso verbissen kämpfen wie Diktaturen. Eben dies verstand Hussein nicht, da er die USA als eine Gesellschaft bezeichnete, die keine 10 000 Tote verkraften könne. Scheinbar verstand er auch nicht, daß Demokratien, trotz aller ihrer propagandistischen Äußerungen, die Freiheit des Individiums als höchstes Gut betrachten und deswegen ggf. auch bereit sind wegen dieser in den Krieg zu ziehen. Hier ist auch ein kulturelles Misverständnis am Werk. So wird oft in den islamischen Nationen behauptet, der Westen sei generell dekadent und heuchlerisch. Was oft dazu führt, daß islamische Nationen und deren Staatsoberhäupter sich dem Westen gegenüber überlegen fühlen, da ihre Gesellschaft als nicht dekadent und heuchlerisch empfunden werden. Speziell im arabischen Raum wird der Westen oft auch als ausbeuterischer Unterdrücker empfunden. Dies macht es leicht für Politiker wie Hussein dem Westen jegliche Humanität abzusprechen und ihn mit verantworlich für die Mißstände in den arabischen Ländern zu machen. Daraus läßt sich leicht eine politische Zielscheibe konstruieren, die wenn nötig aktiviert und instrumentalisiert werden kann. Nach diesem „kulturellen“ Muster orientierte sich auch die arabische Propaganda gegen die USA während der Golfkrise. Es war auch nicht überraschend, daß die irakische Regierung die restlichen Golfstaaten als korrupte westlich orientierte Scheichtümer kritisierte, die den USA (und dem Westen) dienten ihre Dominanz, in der Region, auf Kosten der Araber aufrecht zu erhalten. Für die Araber besteht seit langem eine Art kulturelle Demütigung, da der Westen sie dominiert. Hier ist auch ein Widerspruch zu finden, da die islamisch / arabische Kultur sich generell dem Westen gegenüber überlegen fühlt, aber trotzdem von diesem dominiert wird. Es ist dieser Widerspruch, der in der islamisch / araischen Welt kaum wahr genommen wird. Etwas überspitzt ausgedrückt könnte man sagen hier prallen Welten aufeinander, die auf Grund von verschiedenen politischen Werten, Normen und kulturellen Aspekten fast gezwungen sind sich mißzuverstehen! Ein weiteres Beispiel ist die Differenz zwischen dem Individium im Westen (das schon fast als heilig gilt, daher auch der moderne Begriff des Single-Darseins und der Single-Gesellschaft) die im starken Kontrast zur islamisch / arabischen Gesellschaft darsteht, in der wenig Rücksicht auf das Individium genommen wird - 110 - und immer die Gruppe oder Familie im Vordergrund steht. Schon allein deswegen können Araber es wohl kaum nachvollziehen, daß eine (westliche) Nation Krieg führt um die Freiheit des Individium zu verteidigen, da es diese Freiheit in ihrer Nation überhaupt nicht oder so gut wie gar nicht gibt. Ein weiteres Mißverständnis kommt wohl auch dadurch zustande, daß westliche Staaten als Demokratien ihr Vorgehen dem Volk gegenüber rechtfertigen müssen. So etwas exisiert kaum in der islamisch / arabischen Welt. Daher wird es auch eine Misperzeption gewesen sein, daß Jemand wie Saddam Hussein jegliche westliche Äußerungen um Demokratie & Menschenrechte als bloße Propaganda abtut, ohne zu merken, daß diese Äußerungen auch dem eigenen Volke dienen, um es für einen Krieg zu gewinnen. Dies gilt natürlich auch da die amtierende Partei in einer Demokratie wieder gewählt werden will. Etwas womit sich eine Diktatur nie beschäftigen muß. Falls Stoessingers Annahme stimmen würde, ist es keine Überraschung, daß diese beiden Kontrahenden und Staatsoberhäupte letztendlich in einen Krieg „hinschlittern“ oder sich „hinein-manövrieren“ ohne es gewollt zu haben. Dies setzt jedoch immer die friedlichen Absichten der jeweiligen Akteure vorraus, die natürlich nicht immer vorhanden sein müssen (wenn andere Ziele verfolgt werden). Da im 2. Golfkrieg jedoch von nicht friedlichen Zielen der beiden Hauptakteure ausgegangen werden kann ist diese spezifische Misperzeptionsthese in diesem Fall kritisch zu beurteilen. Es kann als evident gelten (wie sich noch zeigen wird), daß George Bush zielbewußt auf einen Krieg mit dem Irak zusteuerte, und diesen sogar auf Grund der hegemonialen US Außenpolitik haben wollte. Die Misperzeptionsthese kann jedoch auf Saddam Husseins Vorgehen angewandt werden, insofern er wirklich zu glauben schien, daß die USA den Irak nicht direkt angreifen würden. 3.3 Theorie der Hegemonialpolitik Eine der geeignesten Theorien zur Erläuterung der Ursachen des 2. Golfkriegs ist die Theorie der Hegemonie. Dies Theorie vermag es auch die Motive der Bush Administration überzeugend zu beschreiben, was das Involvieren der USA in diesen Krieg betraf. Nach Robert Keohane bezieht sich der Kern der Hegemonietheorie auf die beiden zentralen Regime der liberalen Weltwirtschaftsordnung der Nachkriegszeit, die die Handels- sowie die Währungsbeziehungen regelten und zusätzlich „auf das ´Erdölregime`, das Europa und Japan - 111 - die Belieferung mit Erdöl zu stabilen Preisen gesichert habe.223 Gemäß Michael Kreile wird „(d)abei deutlich, daß die Hegemonialmacht USA sowohl ´maker` als auch ´breaker` von Regimen ist.“ Keohane erkennt diesbezüglich: „American hegemony, ... was essentially unique in the scope and efficacy of the instruments at the disposal of a hegemonic state and in the degree of success attained.“224 Robert Gilpin, einer der wenigen, die sich mit der Theorie von Hegemonialmächten befaßt haben, stellt die These auf, daß ein aufstrebender Staat, dessen Macht relativ stark zunimmt, versuchen wird, die Regeln des internationalen System zu verändern, sowie die Einflußsphären und die internationale Verteilung von Territorium. Die dominante Macht oder Mächte reagieren auf diese Herausforderung, indem sie versuchen, das Equilibrium im System wiederherzustellen. Wenn diese dominante Macht dazu nicht in der Lage ist, kommt es historisch gesehen, zum Krieg, der das Disequilibrium auflöst.225 Gilpin: Throughout history the primary means of resolving the disequilibrium between the structure of the international system and the redistribution of power has been war, more particularly, ... a hegemonic war. .... The most important consequences of a hegemonic war is that it changes the system in accordance with the new international distribution of power; it brings about a reordering of the basic components of the system. .... The war determines who will govern the international system and whose interests will be primarily served by the new international order. The war leads to a redistribution of territory among the states in the system, a new set of rules of the system, a revised international division of labor, ect. As a consequence of these changes, a relatively more stable international order and effective governance of the international system are created based on the new realitites of the international distribution of power.226 Gilpin verdeutlicht, daß nach dem Krieg nicht plötzlich eine Hegemonialmacht hervortreten muß. So wurde die Pax Britannica nicht gleich durch die Pax Americana ersetzt; es gab eine 20 jährige Interregnumsperiode, die Eric Carr als die „twenty years´ crisis“ beschrieb. Ferner verweist Gilpin auf 3 Grundcharaktere des hegemonistischen Krieges: (1) Der Konflikt wird total und beinhaltet letztendlich die Partizipation aller Hauptstaaten des Systems. Die Tendenz besteht darin, daß praktisch alle Staaten entweder auf der einen oder anderen Seite der Lager stehen. 223 Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Regime in den internationalen Beziehungen, Nomos Verl., 1. Aufl., Baden-Baden 1989, S. 99. 224 Keohane, Robert O.: After Hegemony - Cooperation and Discord in the World Political Economy, Princeton, N.J. 1984, S. 37, zitiert in: Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Regime in den internationalen Beziehungen, S. 100. 225 Gilpin, Robert: War & Change in World Politics, Cambridge University Press, N.Y. 1989, S. 187. 226 Ebenda, Gilpin, Robert: War & Change in World Politics, S. 198. - 112 - Als Beispiel dient der Golfkrieg 1991, bei dem sich die fast alle Staaten auf die Seite der USA stellten. Der Krieg war in sofern total, da er die größte Truppenansammellung seit dem Zweiten Weltkrieg darstellte (alleine ca. 500 000 US Soldaten). (2) Der strittige Punkt um den es geht, ist die Grundgestaltung des Systems und die Art wie es regiert wird. Die Legitimität des Systems wird in Frage gestellt. Aus diesem Grund sind hegemoniale Kriege unlimitierte Konflikte; sie sind zugleich politisch, ökonomisch und ideologisch in ihrer Signifikanz und Konsequenz. Sie richten sich auf die Zerstörung der Macht, die gegen die „Ordnung“ verstößt. („They become directed at the destruction of the offending social, political, or economic system . . .“) Der Golfkrieg 1991 paßt in dieses Schema, da Iraks Invasion Kuwaits die Legitimität des Systems in Frage stellte. Es wurde historisch durch die nicht vom Irak akzeptierte Grenze zwischen diesem und Kuwait, in Frage gestellt (Kuwait war für den Irak nur eine ehemalige Provinz des Osmanischen Reichs, die von Bagdad kontrolliert wurde), und wirtschaftlich- politisch, da Bagdad das Regime in Kuwait als korrupt im Umgang seines Ölvermögens, bezeichnet hatte. In diesem Sinne war auch die vehement militärische, ökonomische und ideologische Reaktion der US Regierung, die einer Hegemonialmacht, welche beabsichtigt die Macht (Irak), die gegen die Ordnung verstößt, zu zerstören. Eine Tatsache, die sich leicht an Hand des absolut destruktiv US geführten Bombenkrieges, sowie dessen mehr als 12 Jahre anhaltenden und den Irak strangulierenden ökonomischen Sanktionen zeigte. (3) Hegemonialer Krieg ist in seinen Mitteln unlimitiert was die Kriegsführung betrifft. Die Einschränkung von Gewalt und Verrat sind nur durch den Stand der Technologie, den gegebenen Ressourcen und die Angst vor Vergeltung gedämpft. Glipin nennt folgende Krieg als hegemoniale Kriege: Den Dreissigjährigen Krieg (1618-48), die Kriege des Louis XIV (1667-1713), Kriege der Französischen Revolution / Napoleons (1792-1814), Weltkriege I & II, da bei jedem dieser Kriege es um das Regieren des internationalen Systems ging.227 Besonders der Erste Weltkrieg paßt nahtenlos in dieses Schema, denn er belegte die Ambitionen der aufstrebenden Macht, der USA einen Weltmachtstatus zu erlagen, um langfristig dem Rest der Welt die Hegemonie ihres Systems aufzudrängen. Diesbezüglich schrieb der Professor für Anglo-Amerikanische Geschichte Erich Angermann über Wilsons Kriegsbotschaft vom 2. April 1917: „Ihr Tenor lief darauf hinaus, daß die Formel ´that the 227 Ebenda, S. 199 f. - 113 - world must be made safe for democracy` eine Änderung der Regierungsform der Mittelmächte im amerikanischen Sinne voraussetzte,228 . . . . Bereits damals wurde also Wilsons Haltung deutlich: Selbstbestimmungsrecht aller, . . . Völker - ja, aber nur im Rahmen der amerikanischen Vorstellungen.“229 Daher war die Zielsetzung der US Realpolitik klar: Die europäischen Mittelmächte hatten sich der US Vorstellungen von einer Neuordnung anzupassen, oder die Konsequenzen der amerikanischen Seeblockkade weiterhin zu ertragen. Letztendlich mußte die wichtigste Mittelmacht Deutschland diesen Aufforderungen nachgeben, da die Seeblockkade Hunderttausende tötete und drohte, noch weitere Millionen durch den Hungertod auszulöschen. Ihre Regierungsform wurde dann zur demokratischen umgestalltet, ganz nach US Vorbild. Als Deutschland erneut von diesem US Vorbild Anfang der dreißiger Jahre abrückte, da es nach US Vorstellungen begann die Dominanz der USA in Frage zu stellen, griffen die USA 1941 erneut in den intereuropäischen Krieg ein. Sie taten dies vor allem wegen der schnell erungenen Siege Nazideutschlands, das Frankreich in ca. zwei Wochen besiegte nachdem es zuvor Polen ungefähr genauso schnell vernichtend schlug und da es ferner drohte, G.B. ebenfalls zu schlagen. In diesem Fall wurde Deutschland für die Weltmacht USA einfach zu mächtig auf dem europäischen Kontinent und diese versuchte daher primär militärisch den Status Quo, der zu Gunsten der USA war, zu ändern, was laut der Hegemonietheorie zu einem Krieg zwischen Deutschland und den USA führen mußte, der dann auch statt fand. Der Hegemonietheorie zufolge, teilten sich die führenden Mächte schnell in zwei verschiedene Lage auf, wie dies schon zuvor im hegemonialen Ersten Weltkrieg der Fall war. Daß die Hegemonietheorie stimmte, bewies nach dem zweiten Weltkrieg, die Tatsache, daß die USA die Dominaz über die Gestaltung ihres (westlichen) Systems übernahmen. Sie gründeten die NATO und blieben stets deren wichtigstes und bestimmendes Mitglied. Nachdem 2. Weltkrieg kam es zum Kalten Krieg; dieser Konflikt zeichnete sich dadurch aus, daß die Sowjetunion nun begann, die USA mit ihrem sozialistischen System wirtschaftlich, politisch und militärisch herauszufordern. Laut der Hegemonietheorie Gilpins waren es nur die Atomwaffen, die beide Supermächte davon abhielten sich auf einen Krieg einzulassen, der bestimmen sollte wer nun die einzig bestimmende Hegemonialmacht sein würde. Trotzdem wurde dieser Kalte Krieg jedoch bis zum Ende geführt. Nicht im militärischen Sinne, jedoch im wirtschaftlichen, wo sich 228 Wilson, Woodrow: The Public Papers, [Teil 3], War and Peace, 1917-1924, hg. v. Ray Stannard Baker & William E. Dodd, Bd. 1, New York / London 1927, S. 6-16, zitiert in: Angermann, Erich: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, dtv-Verl., 7. Ausg., München 1983, S. 35. 229 Angermann, Erich: Die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1917, dtv-Verl., 7. Ausg., München 1983, S. 35. - 114 - letztendlich zeigte, daß die S.U. nicht auf unbestimmte Zeit mit dem Aufrüsten der USA mithalten konnte. Einige Kommentatoren des Kalten Krieges beschrieben den Untergang der Sowjetunion daher als einen Prozeß, der von den USA ausging, salopp ausgedrückt wurde daher die Sowjetunion von den USA zu Tode gerüstet, da die enormen Rüstungsanstrengungen, die die S.U. unternahm um mit den USA mitzuhalten, letztendlich ihr instabileres Wirtschaftssystem überforderten. Dies zeigte sich vor allem durch das von Reagan initiierte S.D.I. Projekt vor dem sich die S.U. letztendlich geschlagen geben mußte.230 Diese Disintegration der ehemaligen Supermacht S.U. ermöglichte dann den USA die Bipolarität gänzlich zu verdrängen und ihre eigene „Neue Weltordnung“ mit einem weiteren Krieg zu etablieren, um die scheinbar alles bestimmende Hegemonialmacht der Welt zu bleiben, wie es die Hegemonietheorie stets prognostiziert hatte. Nach diesen Kriterium, paßt auch der Golfkrieg 1991 in diese Kategorie, mit dem die USA ihre Hegemonialmacht Tendenzen erlangten, da es hier ebenfalls um das Regieren des internationalen Systems ging. In dieser Hinsicht war der Golfkrieg 1991 ein hegemonialer Krieg, in dem die aufstrebende Regionalmacht Irak beabsichtigte, die territorialen sowie die wirtschaftlichen Grundlagen mit seiner Invasion Kuwaits zu ihren Gunsten zu verändern. Da mit der Aneignung des kuwaitischen Erdöls der Irak seinen Ölvorrat fast verdoppelt hätte, besäße er nun ca. 20% der Weltreserven, und hatte somit das von den USA dominierte internationale System abrupt in Frage gestellt, bzw. herausgefordert, was wiederum eine Krise auslöste, die alle wichtigen Hauptstaaten in sie hineinzog. (Die Sowjetunion hatte sich auf Gurnd ihrer desolaten Wirtschaftssituation mit den USA arrangiert, nicht militärisch auf Seite des Iraks einzugreifen). Als der Krieg ausbrach, wurde er primär zwischen den USA und dem Irak geführt; militärisch benutzte die USA unlimitierte Mittel (auch geächtete Waffen) um diesen Krieg schnell zu gewinnen. Am wichtigsten war jedoch, daß es bei dem Golfkrieg um „das Regieren des internationalen Systems ging“. Die Biopolarität wurde durch den Krieg schlagartig aufgelöst und als direkte Konsequenz waren nun nur noch die USA die einzig verbleibende Supermacht der Welt. Deswegen war es für die USA nun möglich geworden, ihren hegemonialen Bestrebungen nachzugehen, nach dem die S.U. Ende 1991 aufhörte zu exisitieren. Mit diesem hegemonial orientierten Krieg war den USA Tür und Tor geöffnet, die Welt nun mehr nach ihrem Vorstellungen zu dominieren. Dies würde sich auch in dem Maße zeigen, in dem sich Washington später im Kosovo-Krieg 1999, Afghanistan 230 Siehe diesbezüglich vor allem das Buch von: Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion - Der US-militär-industrielle Komplex und seine Bedrohung durch Frieden, Focus Verl., Gießen 1995. - 115 - Krieg 2001 und Irak Krieg 2003 über die UNO hinwegsetzte und im gleichen Maße die NATO für die Durchsetzung ihrer hegemonialen Ziele instrumenalisierte. Nach Glipins Auffassung wird sich der Konflikt im internationalen System erhöhen, weil mit zunehmenden Alter das internationale System komprimierter wird, da die Staaten dazu tendieren zu expandieren und die Distanz zwischen ihnen sich verringert, was zunehmend das Konfliktpotential zwischen diesen erhöht. Dies löst den ehemalig leeren Raum um die Zentren im System auf. Die Ausbeutungsmöglichkeit der Ressourcen nimmt ab und Möglichkeiten für wirtschaftliches Wachstum werden geringer. Im System verdeutlichen sich die Grenzen des Wachstums sowie die Expansion der Staaten, was zunehmend Konflikte hervorruft. Interstaatliche Aktion wird somit mehr und mehr zu einem Gewinn des einen Staates, während er im Vergleich für die anderen einen Verlust darstellt. With the aging of an international system and the expansion of states, the distance between states decreases, thereby causing them increasingly to come into conflict with one another. The once-empty space around the centers of power in the system is appropriated. The exploitable resources begin to be used up, and opportunities for economic growth decline. The system begins to encounter limits to the growth and expansion of member states; states increasingly come into conflict with one another. Interstate relations become more and more a zero-sum game in which one state´s gain is another´s loss.231 Dies zeigt sich exemplarisch im Golfkrieg, da die ehemals erdölreiche Nation USA anno 1990 selbst in erhöhten Maße von Ölimporten (des Mittleren Osten) abhängig wurde. Ganz zu schweigen von Japan und den wichtigen europäischen Staaten (BRD, Frankreich & G.B.). Daß eine solche theoretische Betrachtungsweise nicht abwegig ist, zeigen vor allem die dem Golfkrieg (1991) nachfolgenden Kriege, an denen sich primär die einzig verbleibende Supermacht USA beteiligte und die zunehmende Konflikte zwischen den Staaten darstellen. Richtungsweisend ist der Kosovo Krieg 1999, in dem die USA die Ambitionen einer Hegemonialmacht martialisch demonstrierten. Wie Gilpin prognostizierte, haben die USA im Kosovo Krieg die NATO dermaßen instrumentalisiert, daß von einer Regeländerung im System durchaus die Rede sein muß. Da die NATO seit diesem Krieg keineswegs mehr als rein defensive Verteidigungsorganisation mehr fungierte, sondern offensiv militärisch Ex- Jugoslawien angriff. Auch die UNO wurde von den USA umgangen, so daß ein Präzedenzfall für zukünftige Militäraktionen gesetzt wurde. 231 Gilpin, Robert: War & Change in World Politics, S. 200 f. - 116 - Ging es im Golfkrieg noch mit Sicherheitsratsbestimmungen, an die sich die USA zumindest teilweise hielten, so wurde im Kosovo Krieg die UNO größtenteils einfach ignoriert, indem die US Regierung einfach Menschenrechte über das im letzten Jahrhundert etablierte Völkerrecht setzte. Hier offenbarte sich das US Bestreben nach Hegemonie, in dem es die etablierten Regeln des Systems einfach überbord warf232 um seine (national gedeuteten) hegenomialen Ziele zu verwirklichen. Getreu Gilpins Hegemonietheorie, haben also die USA mit dem Kosovo Krieg die Regeln des System verändert und sich eine neue Einflußsphäre (im Balkan) sowie Territoriale (militärische) Stützpunkte dort angeeignet. Auch der 11. September 2001 gesellt sich quasi nahtlos in das Hegemoniegewand von Gilpin, da Washington zuerst seine (NATO) Verbündete dazu drängte, den Bündnisfall (§ 5) innerhalb der NATO auszurufen, dann aber fast im Alleingang, Afghanistan angriff. Auch der Sicherheitsrat wurde instrumentalisiert, da die US Regierung nur selektiven Gebrauch vom Artikel 51, von dem Recht zur Selbstverteidigung machte. Denn dieser Artikel besagt auch, daß allein der Sicherheitsrat die Aufgabe hat, einen Weg zu finden, um den Frieden wiederherzustellen. Dies bedeutet konkret in diesem Fall: Erst nach Überprüfung der Beweise (für die Verifizierung der Schuld von Al Qaeda) und innerhalb eines fesgelegtem Zeitrahmens kann eine mögliche militärische Lösung gebilligt werden.233 In der theoretischen Perspektive der schwindenden Ressourcen stimmen die Realisten mit den Marxisten überein. „Marxists and realists share a sense of the importance of contracting frontiers and their significance for the stability and peace of the system. As long as expansion is possible, the law of uneven growth (or development) can operate with little disturbing effect on the overall stability of the system.“ Wenn aber Expansion nicht mehr realisierbar ist, führt dies letztendlich zum hegemonialen Krieg. The clashes among states for territory, resources, and markets increases in frequency and magnitude and eventually culminate in hegemonic war. . . . E. H. Carr told us, the relativ peace of nineteenth-century Europe and the belief that a harmony of interest was providing a basis for increasing economic interdependence were due to the existence of ´continuously expanding territories and markets´ . . . The closing in of political and economic space led to the intensification of conflict and the final collapse of the system in the two world wars.234 232 Junge Stimme - Begreifen und Verändern, Nr. 21, Januar 2002, S. 9, weist darauf hin, daß die US Bombardierung Jugoslawiens nicht nur gegen das Völkerrecht verstieß, sondern selbst gegen den Nato-Vertrag. 233 Haug, Wolfgang (Hrsg.): Angriff auf die Freiheit ? - Die Anschläge in den USA und die „Neue Weltordnung“, Trotzdem Verl., Grafenau 2001, S. 20. 234 Gilpin, Robert: War & Change in World Politics, S. 201. - 117 - Anders artikuliert: „Hegemonialer Krieg tritt wegen strukturellen Konditionen und Disequilibrium im internationalen System auf.“ Diese hegemonialen Kämpfe beschließen die Frage welcher Staat das System regieren wird, sowie welche / wessen Ideen und Werte Vorherrschaft erringen.235 In diesem Sinn markierten beide Weltkriege nicht nur den Verfall der europäischen Ordnung; sie waren auch die Inkarnation des US Triumphes über die zuvor herrschende britische Laissez-Faire-Wirtschaftsordnung, sowie die Etablierung einer amerikanisch beherrschten Ordnung. „World Wars I and II represented not only the deacy of the European international political order but also an onslaught against political liberalism and economic laissez-faire. The Triumph of American power in these wars meant not only American governance of the system but also reestablishment of a liberal world order.“236 Gilpin faßt daher zusammen: „Hegemonischer Krieg war historisch der Hauptmechanismus für systemische Veränderung in der Weltpolitik.“ „Hegemonic war historically has been the basic mechanism of systemic change in world politics.“237 Laut der Hegemonietheorie hätte es auch keinen großen Unterschied gemacht, wenn Dukakis statt Bush Präsident der USA gewesen wäre. Da der „Spielraum“ eines jeden Präsidenten gering ausfällt, weil dieser die „Regeln“ der Hegemonie befolgen muß. Eine Supermacht wird daher immer im Interesse der Machtmaximierung, d.h. der Hegemonie handeln, dies bedeutet, daß auch Dukakis versucht hätte, die US Position am Golf zu stärken. Schon Kissinger sagte, daß die USA bestrebt sein müßten, eine strategische Position im Golf zu erlangen. Präsidenten kommen und gehen, die Grundlinien der Politik bleiben aber kontinuierlich die gleichen! Die Hegemonietheorie ist daher die beste theoretische Erklärung für den 2. Golfkrieg, der im hegemonialen Sinne der US Bestrebungen, eine „Neue- Weltordnung“ etablieren soll. Das Endziel der Weltherrschaft wurde daher durch diesen hegemonialen Krieg für die USA so greifbar wie seit den letzen 50 Jahren es nicht mehr, da der Kalte-Krieg mit dem Ost-West-Konflikt und seiner bipolare Ordnung dies stets verhindert hatte. 3.4 Die „Totrüstung“ der Sowjetunion und das Ende der Bipolarität 235 Ebenda, S. 202 f. 236 Ebenda, S. 203 f., 237 Ebenda, S. 209. - 118 - Das größte Hindernis für die Ausbreitung des US Einflusses in der Golfregion war seit dem 2. Weltkrieg stets die Sowjetunion gewesen. Geostrategisch gesehen, arbeiteten daher alle US Administrationen seit 1945 daran den sowjetischen Einfluß in aller Welt zurück zu drängen. Da ein atomarer Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion seit den 60er Jahren für beide Seiten absolut verheerend gewesen wäre, versuchte Washington seinen kommunistischen Rivalen mit einer dreifachen Strategie niederzuringen. Diese Strategie beinhaltet das Wettrüsten, in dem die USA, entgegen manch geäußerten Stimmen, immer führend waren, da sie stets die Erfinder und Benutzer neuster Waffensysteme waren und zudem auch noch die qualitativ besseren Waffen besaßen. Dieses Wettrüsten wurde auch als ökonomische Krieg gegen die Sowjets gesehen, in dem es galt, diese „totzurüsten“.238 Eine weitere Strategie war das Unterwanderungskonzept der CIA im Kalten Krieg gegen alle Ostblockstaaten, die offiziell auch als „rollback“ Politik bezeichnet worden ist, die etwas bis Mitte der 50er Jahre anhielt. Diese Politk bestand aus Propaganda gegen das kommunistische System sowie aktive Umsturzbestrebungen in einigen Ostblock Staaten.239 Später kam noch die Strategie dazu, die Sowjetunion in Kriege an deren Peripherie zu verwickeln, um Moskau so zu schwächen. In diesen Sinne schrieb Professor Hippler: „Das politische Konzept der USA sah vor, Regionalkrisen als Waffe im Kalten Krieg zu verwenden, wie ein hoher Beamter des Pentagons ... bezüglich Afghanistan erklärte: `Es ist nicht unbedingt unser Interesse, daß die Sowjetunion aus Afghanistan abzieht. ... (U)nser Interesse besteht vielmehr darin, die Sowjetunion in Afghanistan festzunageln und dort ausbluten zu lassen. Das schwächt sie am meisten.´“240 Diese US Politik hatte letztendlich ihre Wirkung gezeigt als der Kalte Krieg zwischen den Supermächten 1990 beendet war und die Sowjetunion sich Ende 1991 auflöste. Diese Disintegration kam aber völlig überraschend für den Westen, dies wird primär an der unterschiedlichen Auffassung der sowjetischen Ökonomie gelegen haben. So kamen einige Autoren wie Gregory und Stuart zu dem Schluß, daß die sowjetische Wirschaft schon seit den 60er Jahren an Kraft und Wachstum einbüßte241, während andere den Abstiegsanfang eher in den 70er Jahren sehen. So schieb Shelton, daß nach einer Dekade von phänomenalem Wachstum, der sowjetische Wirtschaft Mitte der 70er die Kraft ausging, da sie eine „burnout“ 238 Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Focus Verl., Gießen 1995, S. 111 f. 239 Blum, William: Killing Hope – U.S. Military and CIA Interventions Since World War II, Common Courage Press, 1995, Monroe Maine, S. 55-61. 240 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1991, S. 75. 241 Gregory, Paul R. / Stuart, Robert C.: Soviet Economic Structure and Performance, 3rd. ed., Harper & Row Publishers, New York 1986, S. 140, 134, 324 f. - 119 - Phase erreicht hatte.242 Ähnlich sieht Hippler die Lage, der an Hand einer CIA Studie nachweist, daß die sowjetische wesentlich schneller als die US Wirtschaft expandierte und dies bis in die 70er Jahre hinein. Doch hier erreichte sie einen Wendepunkt. „Diese durchaus eindrucksvolle Dynamik, ... erlahmte in den siebziger Jahren, zu Beginn der achtziger Jahre herrschte praktisch Stagnation.“243 Die Gründe für eine solche Erlahmung und Stagnation dürften primär zweilerlei gewesen sein. Maßgebend für die Russen war sicherlich der blutige und kostspielige Krieg in Afghanistan, der von 1979-1989, fast 10 Jahre lang, diese enorm schwächte. Laut Schewardnardse kostete dieser Krieg die Sowjets 60 Milliarden Rubel.244 Zbigniew Brzezinski fungierte unter US Präsident James Carter als dessen nationaler Sicherheitsberater, und spielte hierbei eine maßgebende Rolle bei dessen US Politik im Bezug auf die Sowjetunion, sowie vor allem im Formulieren der US Afghanistanpolitik zur kritischen Zeit Ende der 70er Jahre, als er prognostizierte, daß die Sowjets in Afghanistan einfallen würden. Diesbezüglich riet er Carter dazu, diese Situation auszunutzen, da es die S.U. in Afghanistan auf lange Zeit, mit ihren Ressourcen, binden würde. In einem späteren Interview 1998 sagte er sogar aus, daß die US Außenpolitik den Sowjets in Bezug auf Afghanistan ein exzellente Falle gestellt hatte und ihnen so ihr eigenes Vietnam verpaßt haben, was den Untergang der Sowjetunion besiegelte. Er gab selbst zu, daß die offizielle Version, die USA hätten die damaligen Mujahedin nur nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen unterstützt, eine Lüge gewesen war. Da Washington schon 6 Monate zuvor die aufständigen fundamentalistischen islamischen Gruppen unterstützt hatte, mit der Überzeugung, daß dies einen sowjetischen Einmarsch verursachen würde. Dies teilte er auch Präsident Carter mit.245 Brzezinski hat diesbezüglich aber nur wiederholt, was Ex-CIA Direktor Robert Gates schon in seinen Memoiren offenbarte. Nämlich: „Die USA hatten bereits sechs Monate vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen mit den Mudschadeddin zusammengearbeitet, um die Regierung Nadjibullah zu destabilisieren und die Sowjetunion zum Eingreifen zu provozieren.“246 Mit diesen beiden wichtigen Aussagen von sogenannten Akteuren und 242 Shelton, Judy: The Coming Soviet Crash – Gorbachev´s Desperate Pursuit of Credit in Western Financial Markets, Duckworth, London / New York 1986, S. 79. 243 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 24 f. 244 „Mir blieb keine andere Wahl“ – Abrechnung nach dem Rücktritt / von Eduard Schewardnadse, Spiegel, 27.5.1991, S. 183 f., zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 59. 245 Le Nouvel Observateur (Frankreich), Januar 15-21, 1998, S. 76, zitiert in: Blum, William: Rogue State - A Guide to the World´s only Superpower, Common Courage Press, Monroe / Maine 2000, S. 4 f. 246 Ossietzky Mord-Report (Ilse und Horst Schäfer): Sonderdruck, Dezember 2001, Ossietzky Verl., Hannover 2001, S. 4. - 120 - Insidern der US Politik kann es keinen Zweifel mehr geben, daß Washington die sowjetische Invasion Afghanistans inszenierte, um sie dann realpolitisch auszunutzen. Hätte dieser Krieg noch in den prosperierenden 50er oder 60er Jahren der sowjetischen Öknomie stattgefunden, dann wäre er wohl zu verkraften gewesen, aber er begann gerade zu dem Zeitpunkt als für diese Wirtschaft eine lange Rezession anfing. Ende der 70er Jahre, als der Afghanistankrieg für Moskau begann, halbierte sich die schon zurückgegangene Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts auf unter 2 %, während es in den Jahren 1982/3 fast auf den Nullpunkt absankte. Es gab eine permanente Abnahme an Landwirtschaftswachstum sowie Engpässe in Industrie, Bauwesen und Transportwesen, während der Kosum stagnierte und die Rüstungsausgaben rückläufig waren.247 Auch eine CIA Analyse sah die Lage sehr ähnlich: „According to CIA estimates, the Soviet GNP since the mid-1970s has averaged about 2 percent growth annually.“ Wobei Henry S. Rowen gar meinte, die wirkliche Wachstumsrate könnte sogar noch viel niedriger gelegen haben, wahrscheinlich nahe dem Nullpunkt.248 Egal wie man diese Lage damals ökonomisch eingeschätzt haben mag, eins steht fest, die Sowjetunion befand sich spätestens Anfang der 80er Jahre in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Gorbachev gab dies selbst zu,249 und der Kremel war sich bewußt, daß seit Mitte der 80er Jahre eine Stagnation herrschte, die sich in eine System bedrohende Krise ausweiten konnte.250 Die US Strategie, die Sowjets im afghanischen Krieg zu halten, tat dann das Übrige dazu, um diese enorm zu schwächen, genau zu dem Zeitpunkt als diese sich eine solche Schwächung nicht mehr leisten konnten. Der (wirtschaftliche) Zusammenbruch der Sowjetunions war dann sozusagen nur noch die Bestätigung dieser Strategie. Der zweite Grund für den Kollaps des kommunistischen Systems war das Wettrüsten, das der Sowjetunion von den USA auferzwungen wurde. So schrieb der Kaltekriegs Fachmann Jürgen Bruhn: .. durch Vor- und Weiterrüsten und eine aggressive Außenpolitik wollte man die Sowjetunion schon damals nicht zur wirtschaftlichen Entfaltung kommen lassen. So wurde die UdSSR gleich nach dem Zweiten Weltkrieg in einen Teufelskreis 247 Höhemann, Hans-Hermann: Strukturen, Probleme und Perspektiven sowjetischer Wirtschaftspolitik nach dem XXVII Parteitag der KpsSU, Berichte des Bundesinstitutes für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln, 22-1986, S. 11. 248 Shelton, Judy: The Coming Soviet Crash, London / New York 1986, S. 80. 249 Gorbachev, Mikhail: Perestroika, Harper & Row, New York 1987, S. 18 f. 250 Izmojov, A. / Kortunov, A., zitiert nach: Kastl, Jörg: Das neue Denken in der sowjetischen Wirtschaftspolitik nach dem XXVII. Parteitag er KpdSU, Berichte des Bundesinstitutes für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln, 22-1986, S. 11, zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 54. - 121 - gestoßen. Sie wurde gezwungen nachzurüsten, immer wieder und wieder, bis zu ihrem Ableben. Durch ihre enormen Rüstungsanstrengungen gelang es ihr zwar, einen amerikanischen atomaren Präventivschlag zu verhindern; aber sie konnte so ihre zerstörte Wirtschaft nicht schnell genug wieder aufbauen und später war sie auch u.a. durch die immensen Finanzmittel, die sie für Verteidigung und Nachrüstung zur Verfügung stellen mußte, nicht in der Lage, ihr Wirtschaftssystem zu modernisieren, demokratisieren und zu de-zentralisieren.251 Als Reagan 1980 US Präsident wurde, war somit eine neue „Runde“ im Wettrüsten und im Kalten Krieg eingeleitet worden, da dessen Administration eine Aufrüstungskampagne in den USA initiierten, die alles zuvor Gewesene in den Schatten stellte.252 Was sich aber für die Sowjetunion als am gefährlichsten herausstellte, war das Strategic Defense Initiative Program (SDI), da dieses Weltraumabschußwaffensystem drohte, die sowjetischen Atomraketen zu eliminieren, noch bevor diesen einen Angriff auf die USA durchführen könnten. Dies hätte bedeute, daß die sowjetische Atommacht nutzlos wäre253, und damit die gesamte Bipolarität ebenfalls beseitigt wäre. Als die Sowjets Anfang 1987 ernsthaft versuchten, Abrüstungen in Gang zu bringen, und selbst großzügige Abrüstungsangebote machten, waren die USA aber nicht bereit, SDI aufzugeben. Dies zwang die Sowjets letztendlich auch weiterhin, enorme Aufrüstungs und Gegenmaßnahmen gegen SDI zu unternehmen, was die sowjetische Wirtschaft nochmals zusätzlich belastete.254 Die UdSSR sah sich besonders was SDI betraf, militärisch und wirtschaftlich überfordert, sie konnte SDI nichts ebenbürtiges entgegen setzen, und genau darauf hatte Washington spekuliert. So berichtete Bärwolf: „Die Sowjetunion hatte im technologischen Krieg, bei der Investition Amerikas von mehreren Trillionen Dollar (nach amerikanischer Rechnung) über die Jahrzehnte, jetzt unter Reagans eingeleiteter extremeren Hochrüstung keine Chance mehr, diesen lautlosen Krieg in den Laboratorien und an den Produktionsbändern zu gewinnen. ... Die fast parallel laufende B-1 Produktion und B-2 Entwicklung [US Tarnkappenbomber Anm. des Autors] war für die sowjetische Abwehrplanung – ganz abgesehen von der von Reagan gleichzeitig gestarteten Raketenabwehr-Initiative SDI – schlicht zuviel.“255 Ein weiterer Grund warum die Russen keine Chance hatten, ein Abwehrsystem im Weltraum ihrerseits zu entwickeln, war die Tatsache, daß hierzu eine Spitzentechnologie benötigt wurde, die sich neben Atom- und 251 Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Gießen 1995, S. 25. 252 Ebenda, S. 101 f., 237. 253 Ebenda, S. 219. 254 Der Spiegel, Nr. 23, 6. Juni 1988, S. 142 f. zitiert in: Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg..., S. 229. 255 Bärwolf, Adalbert: Die Geheimfabrik – Amerikas Sieg im Technologischen Krieg, Herbig Verl., München 1994, S. 118, 124. - 122 - Laser- Technologie vor allem auf Mikroelektronik stützte.256 Und genau auf diesem letzten Gebiet war die UdSSR, den USA hoffnungslos, unterlegen.257 Der Rüstungswettlauf zwischen den beiden Supermächten führte letztendlich zum Niedergang des sowjetischen Reiches. Gorbachev hatte noch bis 1988 enorm aufgerüstet, erst 1988, viel zu später, wie sich schon bald zeigen würde, reduzierte er die Rüstungsausgaben, höchstwahrscheinlich weil er gemerkt hatte, daß diese die Sowjetunion in eine Bankrott Situationen hineinzogen. Jürgen Bruhn faßte diese Situation als Rüstungsexperte gelungen mit den nötigen Statistiken zusammen.258 Es kann auch keine Zweifel mehr geben, daß die Reagan Administration absichtlich versuchte, die Sowjetunion wirtschaftlich in den Ruin zu treiben, besonders in Bezug auf das SDI Program, dem größten Rüstungschuß in der Geschichte des US militärischen- industriellen Komplexes.259 Das ganze nannte sich „Defense Guidance 1984-1988“, innerhalb dieser existierte ein Plan der folgendermaßen beschrieben wurde: `Schon zu Friedenszeiten´ muß versucht werden, ´verstärkten Druck auf die sowjetische Wirtschaft auszuüber´, und zwar durch Embargos, Entzug strategischer Rohmaterialien und Technologien, umfanssende industrielle Mobilisierung der eigenen Wirtschaft, beschleunigte Entwicklung neuer Waffensysteme und ´ständige Ausweitung der eigenen Rüstungsausgaben´, bei denen die Sowjets schließlich nicht mehr mitziehen könnten. [Also der Versuch des `Totrüstens´ der sowjetischen Wirtschaft (Anm. des Autors).]260 Abschließend läßt sich also sagen, daß es insgesamt 3 tonbestimmende Faktoren gab, weswegen die Sowjetunion unterging. Zwei davon waren von den USA gesteuert gewesen, im Bestreben der Sowjetunion wirtschaftlich zu schaden, was primär durch Aufrüstung geschah, und der Afghanistankrieg, der durch die größte CIA Operation für die Russen intensiviert wurde und ebenfalls großen Schaden anrichtete. Der dritte Faktor war die stagnierende Ökonomie der Sowjetunion, die besonders in den 80er Jahren Gorbachev dazu veranlassten, das Wirtschaftssystem umzuändern, was ironischer Weise jedoch nur noch den Zerfall der UdSSR beschleunigte.261 256 Ebenda, S. 213, 215 f. 257 Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg..., S. 212. 258 The International Institute for Strategic Studies, The Military Balance 1989-90, S. 16, zitiert in: Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg..., S. 102. 259 Ebenda, S. 208. 260 New York Times, 1. Juni 1982, Los Angeles Times, 14. August 1982, New York Times, 30. Mai 1982, alle zitiert in: Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg…, S. 209. 261 Soviet Economy Disintegating, CIA Official Says, in: U.S. Policy Information and Texts, 21.5.1991, S. 30 zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 67. - 123 - Richard Melisch hat zwei Ziele der US Außenpolitik nach dem Untergang der Sowjetunion als wegweisend hervorgehoben: (1) Die Kontrolle über die arabischen Länder am Persischen Golf mit militärischen, ökonomischen und politischen Druckmitteln. (2) Die permanente Unterstützung Israels, in finanzieller, militärischer und politischer Hinsicht.262 Nach der rapiden Desintegration der Sowjetunion verschwand urplötzlich die Bipolarität in den internationalen Beziehungen, die bis dahin für eine gewisse friedliche Ordnung zwischen den Supermächten gesorgt hatte. Nun bot sich die einmalige Chance für die Bush Administration, Hegemonialpolitik zu betreiben. Das erste Opfer dieser Politik war Panama, das noch vor der Golfkrise im Dezember 1989 von der Bush Administration unter dem Vorwand der Drogenpolitik Noriegas von den USA überfallen wurde. Daß die US Regierung damals auf nicht bewiesene Unterstellungen reagierte ist längst nachgewiesen worden. Auch einige Provokationen des US Militärs leiteten diesen kurzen destruktiven Krieg gegen das hilflose Panama ein.263 Eine der Gründe für die US Invasion Panamas war sicherlich die Tatsache, daß der strategisch wichtige Panama-Kanal 1990 teilweise und im Jahre 2000 ganz an die panamesische Regierung übergehen würde, da dies der Vertrag zwischen Panama und den USA stipulierte. Überhaupt wurde Panama quasi von den USA geschaffen, als diese es 1903 für unbedingt notwendig hielten einen strategischen Kanal für ihr Marine zu haben. Auch damals griffen die USA entgegen internationaler Gesetzen Kolumbien an, um es so aufzuteilen, daß daraus ein zweiter Staat, nämlich Panama, entstand, so daß der Panama- Kanal gebaut werden konnte.264 Ein weiterer Grund für den völkerrechtlich illegalen Krieg gegen Panama 1989 dürfte auch die Tatsache gewesen sein, daß Staatsoberhaupt Noriega versuchte immer unabhängiger von den USA zu werden und deren Drogenpolitik nicht mehr implementieren wollte.265 Empirisch zeigt sich hier eindeutig, wie schnell die Hegemonialpolitik damals implementiert wurde. Die Berliner Mauer war gerade gefallen, da wurde schon Panama überfallen, wohl wissend, daß die Sowjetunion nicht intervenieren würde. Schon diese Invasion, die einen Führungswechsel in Panama zur Folge hatte, zeigt, daß die Bush Administration auch militärische Mittel nicht scheute wenn es darum ging, den strategischen Einfluß der USA entweder zu erhalten oder zu steigern. 262 Melisch, Richard: Pulverfaß Nahost - im Rückblick und Ausblick, Hohenrain Verl., Tübingen 2003, S. 95 f. 263 Blum, William: Killing Hope – U.S. Militäry and CIA Interventions since World War II, Common Courage Press, Monroe Maine, Zed Books, London 1995, S. 305-313. 264 Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege, Grabert Verl., Tübingen 1998, S. 312, 317. 265 Stich, Rodney: Defrauding America – A Pattern of related Scandals, 2. Ed., Diablo Western Press Inc., Alamo California 1994, S. 307 ff. - 124 - 3.5 U.S. hegemoniale Ambitionen am Golf: 1989 – 1990 Um Hegemonialmacht zu werden, mußten die USA aber nach 1989 einige außenpolitische Obstruktionen überwinden. Der Mauerfall 1989 und der Niedergang der Sowjetunion reichten für die US-Regierung nicht aus, sich als Hegemon der „neuen“ Ordnung zu etablieren. Was wirklich benötigt wurde, war die Dominanz einer immens wichtigen ökonomisch geostrategischen Region, zu der die USA nie die ersehnte völlige Penetration und Zugang sicherstellen konnten, um gemäß der gilpinschen Theorie eine System bestimmende Hegemonialmacht zu werden, die die Ordnung des internationalen Systems gestaltet und über dieses regiert. Diese Region war zweifellos der Mittlere Osten mit seinen Ölreserven. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die USA versucht, Kontrolle über diese Region zu erlangen.266 Es ist daher interessant festzustellen, daß der damalige US Präsident George H. W. Bush 1990 von der Etablierung einer „Neuen Weltordnung“, während und nach der Golfkrise sprach. Mit dieser indirekten Forderung brachte er die Position der Realisten zur Geltung. Zwar war diese Forderung mit der idealistischer Denkweise der internationalen Beziehungen kaschiert, aber nichtsdestotrotz offenbarten sich hier die Ambitionen der inhärenten Quelle der theoretischen Grundstrukturen der u.a. waltzisch geprägten Realisten. Als George Bush von einer “Neuen Weltordnung“ sprach, in der „Friede“, „Moral“, und die „Einhaltung internationaler Gesetzte / Rechts“ ect., gepriesen wurden, war dies daher historisch gesehen nichts neues. Großbritannien hatte dies zuvor als einen „zivilisatorischen Prozeß“ verkündet, der auch als „the white Man´s Burden“ bekannt war, während Frankreich es als „mission Civilisatrice“ bezeichnet hatte.267 Mit diesem „zivilisatorischen“ Anspruch sollte am Golf Realpolitik umgesetzt werden. Ironischerweise, benutzt Präsident George Bush in seinen Reden über die Golfkrise die moralisieren Positionen der Idealisten, um eine hegemoniale Realpolitik zu betreiben. Die neue Konstellation der Kräfte zeigte sich auch schnell, als die S.U. nicht mehr in der Lage war, ihren Verbündeten, den Irak - mit dem sie immerhin 1972 einen 20 jährigen Freundschaftsvertrag unterzeichnet hatte - zu unterstützen und abrupt fallen ließ, als der zweite Golfkrieg begann. 266 Die wahre Geschichte des Golfkrieges, TV-Sendung ARTE, 17.01.2001, 20:45, die Originalsendung heißt: „The Hidden Wars of Desert Storm“ und ist eine britische Produktion. 267 Art, Robert J. / Jervis, Robert: International Politics, 2nd. ed., S. 135. - 125 - Die USA setzten rapide auf konsequente Realpolitik, während die U.N. zwar ihre nominelle und mechanische Rolle spielen durfte, dies aber höchst wahrscheinlich nur, weil George Bush wußte, daß er ohne eine unterstützende Rolle der UN seinen Angriff auf den Irak im US Kongreß möglicherweise nicht hätte legitimiert bekommen können.268 Die US Machtexpansion am Golf war keine neue Politik, die sich die Bush Administration zu eigen machte, da 1990 die eher stabilisierend wirkende Bipolarität aus dem internationalen System nach dem Kalten Krieg verschwunden war. Abdulsalam Massarweh behauptete, daß schon Präsident Nixon, in Kooperation mit Henry Kissinger plante, die Ölfelder in Saudi Arabien zu okkupieren, um, wie es hieß, den freien Zugang für die Welt zu diesen zu gewährleisten. Auch die Carter Administration bereitete sich auf solche Eventualitäten militärisch vor. Henry Kissinger did ask the Congressional Research Service to develop such a plan in 1975 (reported by John Collins and Clyde Marks of the Congressional Research Service´s Middle East specialists). This idea became the foundation upon which President Jimmy Carter established the „Rapid Deployment Force“ (RDF)...269 Dies artikuliert sich auch klar in der Carter-Doktrin, sie stand aber noch ganz im Zeichen der Kalten Krieges! Carter bezeichnete am 23. Januar 1980 einen Eingriff einer äußeren Macht im Persischen Golf als ein Angriff auf die lebenswichtigen Interessen der USA.270 Hier wurde die realpolitische Dimension des Erdöls offensichtlich. Vor dem US Kongreß sagte Präsident Bush im September 1990, einen Monat nach der Golfkrise, über den Machtfaktor Öl: „We cannot permit a resource so vital to be dominated by one so ruthless,“ Bush told Congress at the beginning of the crisis. Not only did Iraq control 10 percent of the world´s proven oil reserves, with the addition of the fields of Kuwait it would control double that amount. . . , „an Iraq permitted to swallow Kuwait would have economic and military power, . . . to intimidate and coerce its neighbors.“ The neighbors he was spreaking of were those states that „control the lion´s share of the world´s remaining oil reserves.“271 268 Smith, Edward Jean: George Bush´s War, Henry Holt and Company, 1. ed., New York 1992, S. 237, 243, 248, 250. 269 Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S. (Ed.): The Gulf War and the New World Order - International Relations of the Middle East, University Press of California, Florida 1994, S. 61. 270 American Foreign Policy: Basic Documents, 1977-1980, No. 15. Washington, D.C., Government Printing Office, S. 55. 271 Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S. (Ed.): The Gulf War and the New World Order - International Relations of the Middle East, University Press of California, Florida 1994, „The New World Order and the Gulf War - Rhetoric, Policy, and Politics in the United States“, von Enid Hill, S. 186. Bush address, 11 September 1990, 92. - 126 - Wie ausschlaggebend der Machtfaktor Öl für die US Regierung in historischer Perspektive gewesen war, läßt sich statistisch verifizieren. Great Britain continued to maintain supremacy in the Gulf controlling 73 percent of the oil reserves as of 1939. Following World War II, its share declined to 49 percent while the U.S. share climbed to 44 percent. It was not until the successful, CIA-engineered overthrow of the democratically elected Mossadegh government in Iran in 1953 that the United States surpassed Great Britain; its share declined to 20 percent while the U.S. share rose to 54 percent by 1954 (Yokoyama 1989: 183).272 Es war also nicht der Fall, daß die US Regierung abrupt die Chance ergriffen hätte, nach dem Ende der Bipolarität die ökonomisch wichtige Region des Mittleren Ostens zu usurpieren, sondern, daß nach realpolitischen / hegemonialem Dogma eine Supermacht wie sie dies schon lange zuvor geplant und einkalkuliert haben mußte. Präsident Bush selbst gab in seiner wichtigen Rede zur Lage der Nation im Janaur 1991 zu, daß die von ihm gewollte Neue-Weltordnung einer US amerikanischen Führung bedarf. Seit zwei Jahrhunderten hat Amerika der Welt als inspirierendes Beispiel für Freiheit und Demokratie gedient. Seit Generationen hat Amerika den Kampf für die Bewahrung und Ausdehung der Segnung der Feiheit angeführt. Und heute, in dieser sich schnell wandelnden Welt, ist amerikanische Führerschaft unverzichtbar. Die Amerikaner wissen, daß die Führungsrolle uns Lasten auferlegt und Operfer verlangt. aber wir wissen auch, warum sich die Hoffnungen der Menschheit auf uns richten.273 Wenn man den rhetorischen Inhalt dieser Aussage entfernt, bleibt nur noch der Anspruch auf US Führung in der ganzen Welt übrig, der letztendlich auch die Bedeutung der ganzen Neuen-Weltordnung mit in sich trägt. Dann wird auch schnell klar, warum George Bush in der gleichen Rede an den Kongreß und das amerikanische Volk appellierte, um sich auf ein weiteres „Amerikanisches Jahrhundert“ vorzubereiten.274 Die Lasten und Opfer, die angeblich den Amerikanern auferlegt werden sollen, wurden diesen (zumindest finanziell) nicht auferlegt, sondern den Japanern, den Deutschen und den Golfstaaten (primär Saudi Arabien und Kuwait), die die Hauptlasten der Finanzierung des Golfkriegs zu tragen hatten. Daß die USA dabei sogar noch eine positive Bilanz erzielen konnten, sprich, ihnen wurde sogar mehr gegeben als die Kriegskosten betrugen, wurde natürlich nicht erwähnt. Die ganze 272 Ebenda, „The New World Order and the Gulf War, „Bush´s New World Order - A Structural Analysis of Instability and Conflict in the Gulf“, von Yasumasa Kuroda, S. 59. 273 George Bush, State of the Union Address, 29.1.1991, Text nach: U.S. Policy information and Texts, vom 31.1.1991, S. 18, zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 88. 274 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 88. - 127 - Sache mit der Neuen Weltordnung beruht letztendlich auf dem Führungsanspruch der USA, denn ohne diesen, ohne das US Militär und dessen Willen, kann keine Neue Weltordnung eintreten. Der Clou der ganzen Sache läuft dann auf folgendes hinaus; die Neue Weltordnung kann nicht einfach ohne weiteres von sich aus eintreten, sie muß von den USA forciert werden – deswegen ist sie als amerikanische Weltordnung zu verstehen und daher die Rede von einem weiteren amerikanischen Jahrhundert. Bush machte diesen Punkt sogar jenseits aller Rhetorik klar als er in seiner Neuen Weltordnungs Rede einen Monat nach dem Golfkrieg folgendes über diese sagte: Die Neue Weltordnung bedeutet nicht, unsere natioale Sourveränität aufzugeben oder unsere Interessen zu opfern. Tatsächlich beschreibt sie die Verantwortung, die uns von unseren Erfolgen auferlegt wird. [...] Wir haben auch erkannt, daß das Ende des Kalten Krieges uns nicht in ein Zeitalter des ewigen Friedens befördert hat. Während alte Bedrohungen abnehmen, bilden sich neue heraus. Die Suche nach der Neuen Weltordnung besteht zum Teil in der Herausforderung, die Gefahren der Unordung zu bannen.“275 Der lezte Satz ist die Quintessenz: Das amerikanische Volk und in Bushs Vision letztendlich die ganze Welt werden hier aufgefordert „die Gefahren der Unordung zu bannen.“ Unordnung ist immer was nicht der Neuen Weltordnung entspricht oder ihr zuwider laufen könnte, und da die Neue Weltordnung nur von den US ausgehen kann, da sie diese durchsetzen müssen, ist jede Unordnung eine Situation, die gegen die US Führung ist. Somit war die irakische Invasion ganz klar gegen die Vision der Neuen Weltordnung, da der Irak auf einmal zu viel Macht besaß, was den US Interessen zuwider lief. Die Sache mußte durch den Golfkrieg der USA im Sinne der Neuen Weltordnung revidiert werden. Dieses Schema läßt sich nun auf jede Herausforderung anwenden, welche die US Führung herausfordert und damit gegen die Interessen der hegemonialen Politik der USA gerichtet ist. 3.6 Die Interregnumsperiode zum Hegemonialstatus der USA am Golf Bevor die US Führung die Hegemonie erlangen kann, müssen ihre kurzfristigen sowie eher mittelfristige Ziele in der Golfregion realisiert werden. Ohne diese können die USA nicht hoffen, die Hegemonialmacht der Welt zu werden. 275 President Bush, on New World Order, in: U.S. Policy information and Texts, 15.4.1991, S. 11, zitiert in: Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, S. 88. - 128 - Kurzfristige Ziele der USA seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in dieser Region sind und (waren): 1.) Packte, Allianzen und Bündnisse mit den verschiedenen Staaten im Mittleren Osten zu schließen, welche die militärische Präsenz der USA verstärkten, um jegliche Gegner zu entmachten. Wichtige Bündnisse für die USA waren CENTO (Central Treaty Organization), zuvor als Bagdad Pakt bekannt, über ihn waren letztendlich die Türkei, der Irak, Iran und Pakistan in ein Verteidigungsbündnis mit den USA vertraglich gebunden. Andere wichtige bilaterale Verträge wurden von den USA mit Israel, der Türkei, dem Iran, Saudi Arabien und Jordanien vereinbart. Durch diese Verträge war es den USA möglich, zahlreiche Militärbasen im Mittleren Osten aufrecht zu erhalten. Die Türkei war auch durch die NATO indirekt an die Vereinigten Staaten gebunden. Als Rechtfertigung für alle diese Bündnisse diente der Kampf gegen den Kommunismus und die Stabilisierung der Region. 2.) Den Iran zur Schah Zeit als Protektorat für US-Interessen im Golf zu benutzen, dies machte den Iran auch zum Bollwerk gegen die Sowjetunion. 3.) Die Aufrechterhaltung der konservativen Scheichtümmer, Monarchien und Diktatoren, die US Interessen vertraten und den Ölzufluss an den Westen und die USA gewährleisteten. 4.) Eine anti-irakische Politik zu betreiben, seit dessen 1958er Revolution, die die Monarchie abschaffte und die Ressourcen des Landes verstaatlichte und somit den Zugriff auf dessen Ölreserven für westliche Firmen verhinderte. 5.) Saudi Arabien als größten Ölförderer der Region zu dominieren, um somit mehr Einfluß und Druck auf die OPEC ausüben zu können. 6.) Nach dem Sturz des Schahs im Iran 1979, eine Isolations- und Eindämmungspolitik gegenüber dem Iran zu betreiben, als dieser sich den Zielen der US-Außenpolitik widersetzte. 7.) Waffenverkäufe in der Region anzutreiben, da hiermit der militärische industrielle Komplex in den USA gestärkt wird und die verbündeten Staaten auf amerikanische Waffen angewiesen sind. 8.) Den möglichen Erfolg von nationalistischen, islamischen sowie sozialistischen Bewegungen der Region zu verhindern. Letztendlich soll dies zur Auflösung von einheimischem Nationalismus und zur Verdrängung vom Pan-Islamismus und der arabischen Bewegung führen. - 129 - 9.) Den Status Quo der Region zu bewahren, dies bedeutet vor allem, daß die Grenzen wie sie von den ehemaligen Kolonialmächten gezogen worden sind, bestehen müssen. Der 1991er Golfkrieg war hierfür exemplarisch. 10.) Organisationen, wie z.B. die Hisbullah zu beseitigen, da diese u.a. die Grenzen der Staaten im Mittleren Osten nicht anerkennen und revidieren wollen. 11.) Eine allgemeine Politik der „Balance of Power“ (Machtgleichgewichts) und des „Divide et Impera“ (Teile und herrsche) in der Region durchzusetzen, damit die verschiedenen Staaten gegeneinander ausgespielt werden und somit nicht ihr Potential zur eigenen Entwicklung verwerten können. 12.) Den „American way of life“ voranzutreiben, das heißt, eine westliche Konsumkultur im Mittleren Osten zu unterstützen. Dies ermöglicht es den USA, auch eine einseitig günstige Handelsbilanz zu erzielen und bringt amerikanische Werte in die arabische Kultur. Hiermit wird auch die Tendenz verstärkt, die Staaten von US-Wirtschafthilfe abhängig zu machen. Einige Staaten wie Ägypten, Israel und Jordanien sind schon chronisch von der US- Wirtschaftshilfe abhängig geworden. 13.) Nach dem ersten Golfkrieg (1980-88), eine „Dual Containment“ (zweifache Eindämmungs) Politik gegenüber den potentiellen Regionalmächten Iran und Irak zu betreiben. 14.) Den Irak auch nach dem zweiten Golfkrieg mit äußerst drakonischen Sanktionen zu belangen, mit dem Ziel, daß dieser dann nachgeben wird und sich der amerikanischen Dominanz der Region unterwirft. Als dieses Ziel nicht den ersehnten Erfolg brachte, den Irak erneut 2003 mit einem Krieg anzugreifen, um ihn zu unterwerfen. Mittelfristige Ziele sind: 1.) Das Erdöl der Region für den Eigenbedarf sichern und damit die US Ökonomie zu sanieren oder zu stärken. 2.) Die Sowjetunion als andere bipolare Supermacht aus dem Mittleren Osten fern zu halten, indem ihr gegenüber eine Eindämmungspolitik betrieben wurde. 3.) Israel zu schützen, da dieser Staat in der geostrategischen wichtigen Region präsent ist und für die USA, etwas überspitzt artikuliert, die Rolle eines stationären Flugzeugträgers besitzt. - 130 - All dies sind relativ kurzfristige bzw. mittelfristige Ziele, die die USA anvisieren, um letztendlich den Status einer Hegemonialmacht inne haben zu können. In dieser Perspektive, war und ist der 2. Golfkrieg das wichtigste Ereignis der US-Außenpolitik seit dem 2 Weltkrieg in dieser wichtigen Region. Da die USA seit Ende des 2. Weltkrieges permanent versucht haben, diese Region zu kontrollieren, ist der Golfkrieg 1991, die militärische Kulmination dieser Ambitionen und simultan eine Art Krönung der amerikanischen Realpolitik. Nach vielen Etappen und Stufen ist es Washington gelungen, die Region noch dominanter zu kontrollieren als Großbritannien dies zu seinen Glanzzeiten implementieren konnte. Dennoch bleibt der Preis, den die USA für diese Hegemonialpolitik, in der Region zahlen müssen kein gering zu schätzender, da in Krisenzeiten Krieg in der volatilen Region immer als letzte Alternative für die dominierten Staaten übrig bleibt, um gegen die US kontrollierte Ordnung zu rebellieren. Als Beispiel gilt heute natürlich das Verstricken der USA in den Krieg im Irak, wo die USA täglich Verluste hinnehmen müssen. Vor allem, auch die expansionistische Politik Israels, die von den USA unterstützt wird, sorgt scheinbar permanent für Spannungen zwischen arabischen und westlichen Interessen in der Region. Da die USA aber nun nach der Zerschlagung des Iraks als Regionalmacht, auch keinen ernsthaften Rivalen im globalen Bereich haben, sprich die S.U. nicht mehr existiert, muß Washington entweder als Hegemonialmacht weltweit auftreten oder verbleibende Großmächte verdrängen. Diese wären dann China, ein reanimiertes Rußland oder die E.U. Interessanterweise geht die Politik der neuen Bush Administration mit dem NMD Raketenabwehrsystem genau in diese Richtung. Da dieses Raketensystem (selbst Ängste und Bedenken alliierter NATO Staaten wurden von der neuen US Administration kaum berücksichtigt), in rein militärischer Hinsicht die hegemonialen Ambitionen der US Regierung artikuliert. Gemäß realpolitischen, hegemonialen Erwägungen muß die USA die ordnungsbestimmende Macht werden. 3.7 Der Golfkrieg als Wegbereiter zur Hegemonialmacht der USA Die hegemonialen Tendenzen kamen währen der Golfkrise voll zur Geltung und deckten sich mit der Politik der Bush Administration vor und während des zweiten Golfkriegs 1990-1991, als der US Präsident die „harmonischen“ Attribute der „Neuen Weltordnung“ lobte. Enid Hill resümierte komprimiert: - 131 - The new world order swung between something newly emerged (an international system without the cold war and the danger of bipolar confrontation) and a condition that the United States as sole survinging superpower sought to establish. The later (sic) interpretation implied a new era of peace where a benign internationalism would be imbued with liberalist values and institutions in rising democracies. What ´internationalism` in actuality significed for U.S. policy in a world of unchallenged military superiority was made manifest in the Gulf War and its aftermath.276 Dies reflektierte sich auch in den Ansprachen von US Präsident George Bush kurz nach der Golfkrise im September 1990. Hier nahm er Stellung zu den „harmonischen Interessen“, die die Krise ermöglichen würde. We stand today at a unique and extraordinary moment. The crisis in the Persian Gulf . . . offers a rare opportunity to move toward a historic period of cooperation. Out of these troubled times, our fifth objectiv-a new world order-can emerge; a new era . . . in which nations of the world . . . can prosper and live in harmony277. . . . It would be a world of peace, ´where the rule of law supplants the rule of the jungle, a world . . . for freedom and justice, a world where the strong respect the right of the weak.`278 Staatssekretär James Baker schloß sich dieser Argumentation nahtlos an: „We believe Iraq´s unprovoked invasion and continued occupation of Kuwait is a political test of how the post- cold war world will work.“ Als der Krieg am Golf beendet war, stimmt Bush dem zu, indem er bestätigte: ´. . . the first test of the new world order had been passed.`279 Was aber bedeutete diese Neue Weltordnung jenseits der Rhetorik, die wohl alle Regierungen verwenden um Machtpolitik zu Rechtfertigen. In Wirklichkeit bedeutete sie für die Region des Mittleren Osten (1), die Restauration der alten kolonialen Anglo-französischen Politik, die durch US Interessen ersetzt wurden, während die angekündigte Demokratisierung der Region nicht statt fand. (2) Den Untergang des sowjetischen Einflusses in der Region, der die US-sowjetische Rivalität dort eliminierte. (3) Die Aversion der US Regierung diesen Krieg zu finanzieren, womit die Alliierten zur Kasse geboten wurden. Sie sollen mehr an 276 Hill, Enid: „The New World Order and the Gulf War - Rhetoric, Policy and Politics in the United States“, zitiert in: Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S.: The Gulf War and the New World Order - International Relations of the Middle East, University of Florida 1994, S. 184. 277 Ebenda, Hill, Enid: „The New World Order and the Gulf War, S. 185, zitiert in: „Towards a New World Order,“ address by President Bush before a joint session of Congress, 11 September 1990, U.S. Dept. of State Dispatch, 17 Septemer 1990, 91. 278 Ebenda, Hill, Enid: „The New World Order and the Gulf War, S. 185. zitiert in: „Towards a New World Order,“ address by President Bush before a joint session of Congress, 11 September 1990, U.S. Dept. of State Dispatch, 17 Septemer 1990, 92. - 132 - Washington gezahlt haben als der ganze Krieg gekostet hatte. Primär Saudi Arabien, die BRD, Japan und Kuwait übernahmen den Löwenanteil der ca. $60 Mrd. Hier zeigte sich die finanzielle, militärische Komponente der Hegemonialpolitik der USA, nach dem Kalten Krieg, zum ersten Mal. (4) Nach den kriegspolitischen Debakeln in Korea 1950-53, Vietnam 1965-75, indem die Militärmacht der USA ihre Alliierten nicht von ihrem internationalen Durchsetzungsvermögen überzeugen konnte, war der Golfkrieg eine klare Abweichung von diesem historischen Trend. Die USA etablierten sich mit dem raschen vernichtenden Sieg über den Irak 1991 erneut als eine Supermacht, mit der auch bei der UN zu rechnen war, da sie mit raffinierten manövrieren in dieser Supranationalen Organisation, ihren realpolitischen Willen durchsetzten. (5) Die US Regierung bemächtigte sich größtenteils an den 2/3 der bekannten Ölreserven der Welt, die im Mittleren Osten liegen.280 Das hegemoniale Bestreben der Bush Administration war keine sporadische Sache, die nur temporär mit dem Golfkrieg auftauchte. Dies bewies kein geringerer als Präsident Bush, der im März 1991 kurz nach dem Golfkrieg vor dem Kongreß von der Welt nach dem Krieg sprach: ´Our commitment to peace in the Middle East does not end with the liberation of Kuwait.` Echoing statements suggested by Baker a month earlier, Bush spoke of setting up ´shared security arrangement` in the region and of the need ´to control the proliferation of weapons of mass destruction.´ . . . At the beginning of the crisis Bush had remarked that U.S. interest and involvement in the Gulf ´is not transitory.`. . . There would be, Bush said, ´a lasting role for the United States in assisting the nations of the Persian Gulf.`281 Die hegemonistische Rolle der US Regierung am Golf wird schließlich offensichtlich durch das Kommentar des ehemaligen US-Außenministers James A. Baker vor dem US Kongreß: In the new order, freedom and democracy would flourish ´secure from the fears of the cold war.` Free from such fears, Baker could see ´more clearly than we could have ever imagined a year or even six months ago` a world ´shaped by the United States of America and by its international allies.`282 Die USA sollte also die Führung für das internationale System übernehmen, die war schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1945, von den Gründern der UN geplant gewesen, 279 Ebenda, zitiert in: „News Conference Following North Atlantic Council Session,“ opening statement by Secrertary Baker and excerpts from new conference, Brussels, Belgium, 10 September 1991, Dispatch, 17 September 1990, 95. 280 Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S.: The Gulf War and the New World Order, S. 53 f. 281 Ebenda, S. 186 f., zitiert in: Bush address, 11 September 1990, 93 - 133 - scheiterte aber an der S.U., die eigene Vorstellungen zur Gestaltung des neuen Weltsystems hatte.283 Präsident Bush hatte schon sehr früh in der Golfkrise die hegemonial geprägte Position bezogen, als er am 8 August 1990 - nicht einmal eine Woche nach dem Einmarsch der Iraker in Kuwait -, klar machte, daß dies eine Krise von globalem Ausmaß für die US-Außenpolitik war. „All agreed ´that this is not a U.S. problem or a European problem or a Middle East problem: It is a world problem.´“284 Die frühe massive Truppenverlegung nach Saudi Arabien, verdeutlichte die militärische Position in der Golfkrise, die die Bush Administration vertrat, da sie einen Rückzug nur unter schweren Gesichtsverlust vor Ablauf der UN Frist 17. 1. 1990 (MEZ) ermöglichte und somit eine rein militärische Lösung der Krise in Aussicht stellte. Die wirtschaftlichen Sanktionen erhielten keine reale Chance ihre Wirkung gegen den Irak zu entfalten, da ihre Implementation innerhalb von 6 Monaten nicht ausreichten, obwohl selbst die CIA ihre Beschaffenheit als äußert effektiv bezeichnete. 3.8 Die „Neue Weltordnung“ der USA Der ehemalige Sicherheitsberater Präsident Carters Brzezinski vertrat vehement die Position der Realisten bezüglich der Golfkrise und dem Ende der Bipolarität / (Kalter Krieg). „Zbigniew Brzezinski, . . . dubbed the post-cold war era as ´the third grand transformation of the organizing structure and motivating spirit of global politics` of the century. . . . The Gulf War was a direct consequence of the end of the cold war, Brzezinski postulated, a situation that allowed the United States complete `freedom of action´ in the region.“285 Resümierend erwähnt Enid Hill: „The assessments described all presume in one way or another that the United States will continue to be the preeminent enforcer of global security, albeit with `regional cooperation,´ in the new world order.“286 Daß sich die Realisten definitiv in der außenpolitischen Gestaltung der (Nahostpolitik) durchgesetzt hatten, bestätigten nicht zuletzt US Regierungsdokumente des Pentagon, die den 282 Ebenda, S. 188, zitiert in: „Oppertunities to Build a New World Order,“ Statement by Secretary Baker to the House Foreign Affairs Committee, 6 February 1991, Dispatch, 11 February 1991, 84. 283 Ebenda, S. 188. 284 Ebenda, S. 192. Zitiert in: Bush address, 8 August 1990, S. 539. 285 Ebenda, S. 196 f. 286 Ebenda, S. 197. - 134 - Golfkrieg als entscheidendes Ereignis einstuften, um als Hegemonialmacht im internationalen System aufzutreten. In February 1992, documents emerged that set forth detailed plans for budgetary planning for the rest of the century. In these documents the Gulf War was characterized as „a defining event in U.S. global leadership“ and its aftermath as a „new international environment.“287 The Pentagon clearly sought to justify the continuation of large military expenditures at least to the end of the century, to ensure that America retained its position as the „one and only unrivalled superpower. . . . We will retain the pre-eminent responsibility . . . for addressing those wrongs which threaten not only our interests, but those of our allies and friends, or which could seriously unsettle international relations.“288 The „first objective“ was „to prevent the reemergence of a new rival“ and „to prevent any hostile power from dominating a region whose resources could, under consolidated control, be sufficient to generate global power.“ In order to do this, the United States must „establish and protect a new order that holds the promise of convincing potential competitors that they need not aspire to a greater role or pursue a more aggressive posture to protect their legitimate interests.“ It must „account sufficiently for the interests of the advanced industrial nations to discourage them from challenging our leadership or seeking to overtrun the established political and economic order. . . „289 In the Middle East „our overall objective is to remain the predominant outside power in the region and preserve U.S. and Western access to the region´s oil.“ Therefore, „It remains fundamentally important to prevent a hegemon or alignment of powers from dominating the region.“290 Dieses zitierte Dokumente beschäftigten sich u.a. mit einer hypothetischen Invasion Saudi Arabiens und Kuwaits durch den Irak, falls die Sanktionen diesen nicht eindämmen würden und falls er seine Streitkräfte reanimieren könnte. Aus den Fehlern des letzten Golfkriegs hätte der Irak dann gelernt, sofort die Ölfelder in Kuwait und Nordost Saudi Arabien zu übernehmen. Der große Unterschied zur 1990er Invasion Iraks, wäre dann die Tatsache, daß die USA nicht mehr 6 Monate Zeit hätten, um eine gigantische Armee in Saudi Arabien zu stationieren. Die USA würden in diesem Szenario sofort reagieren, indem sie den Regierungen von Saudi Arabien und Kuwait ersuchen ließen, sie zu schützen. 287 Excerpts from Pentagon´s Plan: ´Preventing the Re-Emergence of a New Rival´, New York Times, 8, März 1992, zitiert in: Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S.: The Gulf War and the New World Order, University Press of Florida 1994, Hill, Enid: The New World Order and the Gulf War, S. 201. 288 “America Only”, editorial, New York Times, 10 März 1992, zitiert in: Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S.: The Gulf War and the New World Order, University Press of Florida 1994, Hill, Enid: The New World Order and the Gulf War, S. 201. 289 “Pentagon´s Plan”, New York Times, 8 März 1992, zitiert in: Ismael, Tareq Y. / Ismael, Jacqueline S.: The Gulf War and the New World Order, University Press of Florida 1994, Hill, Enid: The New World Order and the Gulf War, S. 202. 290 Ebenda. - 135 - Es existierten in diesem hypothetischen Planspiel einige gravierende Unterschiede zur Intervention der USA im Golfkrieg 1991, da keine Alliierten oder Koalitionspartner erwähnt wurden und die UN überhaupt keine Rolle mehr spielen sollte. Selbst die zu beschützenden Nationen am Golf würden nicht gefragt werden, ob sie mit dem Ersuchen der US Streitkräfte einverstanden wären. Mehr als 10 Jahre nachdem dieses Pentagon-Dokument bekannt wurde, agierten die US Regierung unter der Präsident George W. Bush jr. fast ohne Einschrenkungen nach seinen Direktiven und griffen 2003 den Irak erneut an. Die hegemonialen Grundzüge dieser Politik der Realisten waren allgegenwärtig. Hill rekapitulierte kurz und bündig: „The intentions of the military planners could not be indicated more clearly. The U.S. military is to be relied upon to maintain world order and will be deployed to wherever in the world U.S. interests are considered to be threatend.“291 Der ehemalige Verteidigungsminister der Bush Administration Richard Cheney, erklärte die Position der Verbündeten Washingtons mit der Behauptung, daß diese wichtig seien (in Europa und Asien), um in Zeiten von globaler Umwandlung wichtige globale militärische Aktionen zu Friedenserhaltung mitzugestalten. Dies bedeutete konkret, sie würden angehalten größere Verantwortung zu übernehmen, um die „internationale Sicherheit“ zu bewahren.292 US Senator Joe Biden kritisierte die Dokumente, als „ein unangebrachtes Pentagon Instinkt um eine `Pax Americana´ durch militärische Macht zu errichten.“293 Abschließend läßt sich behaupten, daß die Pentagon Dokumente den Gebrauch von Gewalt beabsichtigen, um als zukünftige Außenpolitik die „Weltordnung“ zu bewahren, wie dies von den Realisten schon seit langer Zeit dogmatisch gefordert wurde. 3.9 Die Hegemonietheorie als Erklärung für den 2. Golfkrieg Die Hegemonietheorie bietet zwei verscheidene Perspektiven an, um den Golfkrieg von 1990- 1991 zu verstehen. Die erste Perspektive verweist deutlich auf die Bush Regieurng, die die Chance ergriff, die Golfregion zu dominieren. Die andere Variante dieser Theorie würde besagen, daß nicht nur die USA hegemoniale Ziele am Golf verfolgten, sondern, daß auch der Irak unter Saddam Hussein hegemoniale Ziele am Golf 1990 verfolgte. So gesehen verfolgte der Irak seit seiner Revolution 1958 das Ziel, die dominierende Macht in der arabische Welt zu werden. Laut den Beobachtern der arabischen 291 Ebenda. 292 Ebenda, S. 204. 293 Ebenda. - 136 - Politik nach dem 2. Weltkrieg gab es drei Staaten, die stets versucht hatten, eine Führungsrolle in der arabischen Welt zu spielen. Diese waren Ägypten, Saudi-Arabien und der Irak.294 Spätestens nach dem Camp-David Abkommen, das Ägypten damals mit Israel abschloß (1978) war der ägyptische Führungsanspruch in der arabischen Welt beendet295, da die Araber dieses Abkommen als Verrat an der arabischen Sache ansahen. Demzufolge existierten nur noch zwei Regionalmächte, die die Führungsrolle in der arabischen Welt weiterhin anstrebten: Saudi-Arabien und Irak. Saudi-Arabien war aber nie in der Lage die Führung an sich zu reißen, da es zwar in finanzieller Hinsicht bis Ende der 80er Jahre eine einzigartig Position unter den OPEC Nationen inne hatte, aber ideologisch und vor allem pragmatisch nie die Führungsrolle in der arabischen Welt ausübte, die benötigt wäre um zu dieser zu gelangen.296 So blieb unter den 3 arabischen Regionalmächten nur noch der irakische Anspruch übrig. Irak erfüllte auch die notwendigen Bedingungen für eine solche Führungsrolle: Es war ein Exponent des arabischen Nationalismus, verlangte stets nach hohen Ölpreisen (im krassen Gegensatz zu Saudi-Arabien), war sets ein Vertreter des militärischen Gegenwehr im Bezug auf Israel, und vor allem (und wahrscheinlich u.a. deswegen sets als Gegner des Westens empfunden) verfolgte es Ziele, die oft diametral gegen die Interessen der Westmächte in der Region waren.297 Nach dem verheerenden ersten Golfkrieg 1988 war der Irak eine hochgerüstete Regionalmacht, die militärisch stärker war als Saudi-Arabien oder irgend eine andere arabische Nation.298 Somit war es in der Lage, sich ca. 2 Jahre lang als Führungsmacht der Araber zu präsentieren. Henner Fürtig schrieb über den irakischen Hegemonieanspruch: „Leere Kassen und wachsender Unmut in der Bevölkerung ließen das irakische Regime einmal mehr ´die Flucht nach vorn` antreten. Zum Jahreswechsel 1989/90 trat in der irakischen Propaganda unverhohlen der hegemoniale Anspruch in den Vordergrund.“ Unter anderen wurde dort behauptet: „Das Ergebnis des irakisch-iranischen Krieges ermächtige Irak, nicht Syrien oder Ägypten, zur Führung in der arabischen Welt.“299 Als Saddam Hussein Anfang 1990, ironisch gesehen auf dem Gipfel der Macht, vor einer imperialen hegemonialen USA warnte, 294 Siehe diesbezüglich u.a.: Mackey, Sandra: Der Arabische Traum – Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion der Araber, Bastei Lübbe Verl., Bergisch Gladbach 1992. 295 Musallam, Musallam Ali: The Iraqi Invasion of Kuwait – Saddam Hussein, His State and International Power Politics, British Academic Press, London / New York 1996, S. 98. 296 Mackey, Sandra: Der Arabische Traum, S. 279-307. 297 Musallam, Musallam Ali: The Iraqi Invasion of Kuwait, S. 91. 298 Ebenda, S. 110, 100. 299 Fürtig, Henner / Müller-Syring, Rolf (Hrsg.): Ursachen gewaltförmiger Konflikte in der Golfregion, Perter Lang verl., Frankfurt am Main 1993, S. 91. - 137 - die wenn sich die Araber nicht vereinigen würden, bald die Golfregion dominieren würde300, da die Sowjetunion nicht mehr in der Lage war, die imperialen Ambitionen der USA in Schach zu halten, war der Punkt erreicht, an dem die anderen arabischen Nationen, den Irak eher als Gefahr sahen, als einen Verteidiger der arabischen Sache. Spätestens nach der Invasion Kuwaits durch den Irak im 2. August 1990 sahen sich alle arabische Regime wohl in ihrer Annahme bestätigt, daß der Irak mehr zur Bedrohung der Region wurde. Der Irak war nun eindeutig eine aktive hegemoniale Nation geworden, die die regionale Führung der arabischen Welt wenn, nötig auch mit Gewalt, anstreben würde. Die Hegemonietheorie würde diesbezüglich konstatieren, daß der Irak, nach dem die USA ihm signalisierten sie würden nicht in den „inner-arabischen Grenzkonflikt“ mit Kuwait eingreifen, eine Machtvakuum in Bezug auf Kuwait sah und die einmalige Chance ergriffen dieses auszufüllen. Ähnlich agierten ja auch die USA, die nach dieser Invasion Kuwaits, sofort alles in Gang setzten um gegen den Irak Krieg zu führen, da sie ebenfalls die einmalige Chance eines Machtvakuums sahen. Dieses Machtvakuum entstand als die Sowjetunion, enorm geschwächt, 1990 nicht mehr in der Lage war, ihre traditionelle Rolle als bipolare Macht zu spielen, sprich den Irak zu beschützen, mit dem sie einen 20 jährigen Freundschaftsvertrag seit 1972 besaß. Daher agierten oder nach Betrachtungsweise reagierten diese beiden Staaten gemäß der Hegemonietheorie, die besagt, daß wann immer ein Machtvakuum entsteht dieses durch eine Macht oder Mächte ausgefüllt, bzw. beseitigt wird. Diese Theorie kann daher für sich beanspruchen auf überzeugende Weise das Verhalten der beiden Staaten zu erklären. Auch an Hand der Aussagen der beiden Hauptkontrahenden George Bush und Saddam Hussein wird klar, daß beide eine Führungsposition ihrer Nation beanspruchten. So tat dies Saddam Hussein in seinen Reden Anfang 1990 (Januar bis Mai) 1990, in denen er vehement die arabischen Nationen aufforderte sich gegen die Bedrohung USA zusammen zu tuen, da er auch sah, daß die Sowjetunion ihre Rolle als Beschützer der arabischen revisionistischen Nationen nicht mehr wahr nehmen würden. Ebenfalls beanspruchte George Bush 1990 am 11. September eine ähnliche Rolle für die USA, als er von einer „Neuen-Weltordnung“ sprach, in der nun eine gerechtere Ordnung zukünftig die internationalen Beziehungen zwischen Staaten regeln würde.301 Aus Bushs Rede ging jedoch klar hervor, daß die USA die Führungsrolle in dieser „Neuen-Weltordnung“ 300 Musallam, Musallam Ali: The Iraqi Invasion of Kuwait, S. 92 f. 301 “Gulf Crisis an Opportunity for a ´New World Order´ “, Presidential Address to Congress, Congressional Quarterly, September 15, 1990, #2953. - 138 - einnehmen sollten, da, so Bush wörtlich, nur die USA die moralische, militärisch, wirtschaftliche und politische Stärke besaßen, die hierzu nötig sei.302 3.91 Theoretisches Resümee: Hegemonie & Realismus in Theorie und Praxis Zusammengefaßt ist die hegemonialpolitische Determination aus 3 theoretischen Gründen daher unabdingbar für die USA: (1) Der Realismus ist in seiner letzten Instanz hegemonial in Bezug auf andere Mächte & Staaten, da Macht in einer anarchischen Welt ein unschätzbares Gut darstellt. Dieses Machtstreben der Staaten im internationalen System führt zwangsweise zum Sicherheitsdilemma. (2) Die Hegemonialtheorie von u.a. Gilpin läßt einer Groß- oder Supermacht keine andere Alternative als die Weltordnung permanent in ihrem Interesse zu prägen, da jede Großmacht historisch stets versucht, herausfordernde Rivalen zu verdrängen. Belastend erweist sich auch, daß die Staaten mit fortschreitender Zeit im internationalen System auf Grund u.a. ökonomischer Expansion & technologischen Fortschritts zunehmend mit einander in Konflikt geraten, da die Ressourcen, die sie beanspruchen, stets dahinschwinden. (3) Das M.i.K. besitzt eine eigene Dynamik, das in einer kapitalistischen Gesellschaft wie z.B. der USA bestrebt ist, Aufträge und Absatzmärkte zu finden; gepaart mit dem Sicherheitsdilemma entsteht so ein forciertes Aufrüsten, das in ungünstigen Fällen zu einem (destruktiven) Wettrüstung führen kann. Um eine politische Rechtfertigung für diese Militärisierung in einer Gesellschaft zu besitzen, werden Feindbilder konstruiert. So gesehen übt das M.I.K einen weiteren Druck auf die endlichen Ressourcen das internationalen System aus, durch seine inhärente Bestrebung Absatzmärkte und Aufträge im zunehmende interaktiven internationalen System zu finden, in dem das Konfliktpotential sich mit dahinschwindender Zeit erhöht. Falls die Chance für eine Groß- oder Supermacht besteht, die Führung und Gestaltung der Ordnung des internationalen Systems zu übernehmen, und daher zur Hegemonialmacht zu werden, wird sie dies wegen der eben erwähnten drei Gründe tun. Ein Postulat der Realisten besagt, daß, sobald ein Machtvakuum entsteht, ein Staat versuchen wird dies Vakuum zu füllen, in dem er die Kontrolle über dieses Machtvakuum übernimmt. Eric Carr sieht daher die 20 jährige Krise von 1919 bis 1939 als eine Periode an, in der sich die Kombattanten in Folge des 1. Weltkriegs erschöpft hatten, sodaß die Pax Britannica nicht gleich durch die Pax American ersetzt werden konnte. Es resultierte daher ein 20 jähriges 302 Ebenda. - 139 - Interregnum: die „twenty years´ crisis“. Jedoch allmählich übernahm eine neue Macht oder Kombination von Mächten das Regieren über das internationale System.303 Die neue Bush Regierung und deren ranghohe Mitglieder zeigen, wie sehr diese vom Realismus in den internationalen Beziehungen geprägt sind. So berufen sich die neuen Konservativen der Bush Administration, die dieser Regierung Ideen und Rechtfertigungen gaben, neben Niccolo Machiavelli und Bismarck meist auf Thomas Hobbes.304 Also auf die klassischen Realisten und deren Begründung, daß jegliche Politik letztendlich immer auf ein Machtstreben hinaus läuft. Realisten fördern Realpolitik als Weltanschauung des internationalen Systems Auf eher ironische Weise haben die Realisten die von ihr geförderte Weltsichtweise erzeugt (u.a. durch die Projektion von Feindbildern, i.e. kommunistische Bedrohung: heute islamischer / internationaler Terrorismus). Damit wird der Realismus zur „self fulfilling prophecy“; es existiert daher eine Situation in der bezüglich des Realismus eine Art Erfüllungszwang herrscht. Hiermit schließt sich der Kreis für die Realisten zwischen Theorie und Praxis. Der 11. September beeinflußte diese politische Entwicklung maßgeblich. Dieser wird im letzten Kapitel der Arbeit ausführlicher beschrieben. Ursprünglich sollte eine überregionale und supranationale Organisationen wie die U.N. die Welt gerechter und humaner gestalten, dies wurde aber wegen der Feindschaft zwischen den Supermächten im Kalten Krieg verhindert. Die U.N. sollte das Völkerrecht sicherstellen und damit zum Frieden und der Verständigung der Völker und Nationen beitragen. Als die Möglichkeit nach Ende der Bipolarität seit ca. 1989 bestand, eine Weltordnung nach diesen Muster zu gestalten, beseitigte der von den USA forcierte Golfkrieg eine solche Ordnung, da die U.N. nur instrumentiert wurde, um die Interessen der USA umzusetzen. Rhetorisch wurde zwar u.a. von US Präsident George Bush auf die einmalige Chance verwiesen, eine „Neue Weltordnung“ auf Basis der U.N. nun zu implementieren, aber in Wirklichkeit wurde nur eine krude Realpolitik, ganz im Stil der Realisten mit hegemonialem Charakter, umgesetzt. Als einzig verbleibende Supermacht wollten die US Entscheidungsträger das „Amerikanische Jahrhundert“ vervollständigen, in dem die Regeln des „American way of life“ nun international dem System auferlegt werden sollten. Dies bedeutet den Siegeszug des liberalen 303 Gilpin, Robert: War & Change in World Politics, N.Y. 1989, S. 198. 304 Viotti, Paul R. / Kauppi, Mark V.: International Relations Theory – Realism, Pluralism, Globalism, and Beyond, 3rd. Ed., Longman Publishers, Boston / London / Toronto / Sydney / Tokyo / Singapore 1999, S. 59, 61. - 140 - amerikanischen Wirtschaftssystems, das als freie Marktwirtschaft bekannt geworden ist und das auch unter dem Begriff Globalismus fungiert. Es ist daher kein Zufall, daß die USA dieses Wirtschaftssystem, die Globalisierung gefördert und geprädigt haben, da die Globalisierung primär eine von den USA ausgehende Sache ist.305 Dies kann nicht mehr geleugnet werden, wenn die Tatsachen berücksichtigt werden. Somit schließ sich der Kreis, die Hegemonialpolitik der USA wurde erst durch das ruinöse Wettrüsten gegenüber der Sowjetunion eingeleitet, welches diese „totrüstete“. Ein Vorgang, der sowohl politisch, wirtschaftlich und ökonomisch war. Als die Bipolarität beseitigt war (Disintegrationd der S.U.) bestand die reale Möglichkeit 1989-1990, daß die USA die „Friedensdividende“ benutzen würden um eine friedlichere und gerechtere Weltordnung einzuleiten. Aber da sie noch keine Hegemonialmacht waren, entschloss die Führung in Wahington, das m.i.K. nicht zu reduzieren (was einer wirtschaftlichen Genesung entsprochen hätte), sondern es erneut massiv zu fördern, um von einer vagen Mulitipolarität, in der die USA dominant waren zu einer Unipolarität, sprich US Hegemonialordung über zu gehen. Der 2. Golfkrieg kam daher wie gerufen für die „Falken“ in den Führungsetagen der elitären US Staatsorgane und „think tanks“. Auch ein sogenanntes. „Nachhelfen“ damit die Golfkrise zu einem Golfkrieg mit massiver US Beteiligung werden würde, entsprach völlig der Mentalität dieser „Falken“, die mit diesem US Krieg ihre Gegner, die „Tauben“, welche die Gefahr für die USA eher in wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber einer vereinigte EU (mit Führung der BRD) und einem ebenfalls potenten Japan, sowie aufstrebenden ostasiatischen Tiger-Staaten (inklusive China) sahen, diskreditieren wollten. 3.92 Resümee der theoretischen Kriegsursachenforschung Wie wir gesehen haben, existieren zahlreiche Theorien, die versuchen, plausible Gründe für die Entstehung von Kriegen zu vermitteln. Was jedoch konkret den 2. Golfkrieg betrifft, so läßt sich sagen, daß die meisten dieser Theorien diesen nicht überzeugend und restlos erklären können. Interessant sind Theorien des Marxismus und Imperialismus, die zumindest ein Motiv für die elitären Kreise und Schichten des US Establishments bereitstellen, mit dem sich verstehen läßt, warum die Bush Regierung 1990 sich so sehr mit der Golfkrise involvierte. Laut dieser Theorien hat die Bush Regierung damals keine Wahl, da diese Kreise sowieso die US- 305 Gowan, Peter: The Global Gamble – Washington´s Faustian Bid for World Dominance, Verso, London / New York 1999, S. 4f., & vii f. - 141 - (Außen)Politik bestimmen und nach ihren ökonomischen Interessen gestalten. Zwar fehlen bei einer solchen Analyse die Beweise, dennoch bleibt sie nachvollziehbar. Beweise und Indizien für diese Theorie zu finden dürften schwer sein, da, falls diese Theorie zutrifft, die Akteure, d.h. die elitären Kreise und Schichten es tunlichst vermeiden würden sich als solche Akteure zu präsentieren. Diese Theorien haben den Vorteil, daß sie die wirtschaftichen Vörgänge, die auch zum Krieg führten, gut analysieren. Es zeigte sich daher, daß die Bush Regierung Politik im Sinne ihrer Ölkonzerne am Golf betrieb. Laut marxistisch / leninistischen Dogma mußte dies so sein, da die herrschenden kapitalistischen Klassen sowieso das Sagen in jeder kapitalistischen Gesellschaft haben und die jeweiligen Regierungen nur als Implementationsinstrument verwenden, um den herrschenden Kreisen Profit einzubringen. Ferner demonstrieren sie gut, wie Washington seine ökonomischen Hauptkonkurrenten (Japan/BRD) mit seiner Militärmacht völlig aus dem Mittleren Osten verdängte. Auch der wichtige Petro-Dollar Zufluß aus der Region wurde mit dem Krieg stärker abgesichert, was die Finanzierung des enormen Haushaltsdefizits auch weiterhin gewährleistet. Im erweiterten Sinn war der Krieg auch ein Krieg gegen die drohende Revolte eines multinationalen Ölproletariats, der die Neuordnung der Ölressourcen im US Interesse herbeiführte. Noch viel sichtbarer ist der imperiale Charakter der US-Irak Politik nach dem Krieg gewesen. Da die USA den Irak in einen kolonialen Zustand zurück versetzten, in dem die herrschende Klasse der USA bestimmt was, wann, wem, und wieviel dieser auf dem Weltmarkt von seien Exporten verkaufen darf. Dabei ging es primär um Ölexporte. Mit den Sanktionen konnten die USA stets eine unabhängige Ölpolitik des Irak verhindern, die gegen US Interessen gerichtet wäre. Als die Sanktionen nach über 12 Jahren immer unwirksamer wurden, da Bagdad Schmuggel und Verträge über größere Ölgeschäfte mit direkten Konkurrenten der USA tätigte, verwarf die neue Bush Administration diese und griff den Irak unter falschen Vorwänden306 erneut an, um nun, getreu der imperialistischen Theorie, das klassische koloniale Verhältnis zu restaurieren. Die marxistisch / leninistische Perspektive bietet also gute Ansätze an, die vor allem wirtschaftliche Ereignisse erklären. Die Mißperzeptionsthesen haben ebenfalls gute Ansätze, können aber auch kaum auf ihren Wahrheitsgehalt verifiziert werden, da die politischen Akteure und Entscheidungsträger zu ihren Handlungen kaum befragt wurden und selbst wenn dies der Fall wäre, bliebe die Frage nach der Authentizität, sprich wie soll man den Wahrheitsgehalt der Aussagen überprüfen? So läßt sich wohl sagen, daß ein Saddam Hussein wohl kaum zugeben würde, daß er die US 306 Khan, Mansur: Das Irak-Komplott – mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Grabert Verl. Tübingen 2004. - 142 - Politik dem Irak gegenüber völlig falsch einkalkuliert habe, da dies ihn vor dem irakischen Volk307 enorm unpopulär machen würde. Die Thesen der Hamburger Schule (Gantzel / Siegelberg) sind sicherlich interessant und haben plausible Gründe für die Kriege, die nach 1945 primär in der „Dritten Welt“ statt gefunden haben. Trotzdem bleiben sie beim 2. Golfkrieg auf der Strecke, da alleine ein „Vergesellschaftungsprozeß“ es nicht zu erklären vermag warum der Irak unter Saddam Hussein Kuwait überfiel und weshalb die USA sich danach so sehr am Geschehen angagierten, bis es zu ihrem Angriff auf den Irak kam.308 Außerdem scheint der Ansatz der Hamburger Schule eher zur Geltung zu kommen wenn es darum geht innerstaatliche Kriege in der „Dritten Welt“ zu erklären. Auch die Individuums-Thesen über die Entscheidungsträger, bzw. deren psychologischen Charakteren vermag nur bedingt den 2. Golfkrieg zu erklären, da diese weder die ökonomischen Faktoren noch die diplomatische Geschichte berücksichtigt. Letztendlich ist die Hegemonie-Theorie die wohl beste theoretische Erklärung für den 2. Golfkrieg, da sie sowohl die ökonomischen, politischen und militärischen Faktoren berücksichtigt, die zum Krieg am Golf 1990-91 führten, und dazu auch noch eine ideologische Begründung abgibt, wieso es zum Krieg kam. Die Hegemonie-Theorie hat auch den Vorteil, daß sie weitgehend den Ansichten der Realisten entspricht, da sie größtenteils von Macht basierten Argumenten ausgeht. Ferner entspricht sie einer Betrachtungsweise, die von der systemischen Analyse der internationalen Beziehungen ausgeht, bei der Macht die ausschlaggebende Rolle spielt. Ebenfalls sieht sie in der Nicht-Existenz einer höheren Instanz das größte Problem für den Frieden, und daher auch den Kampf um die Macht als Absicherung gegen eine ungewisse Zukunft in den internationalen Beziehungen zwischen den Staaten der Welt. Die Hegemonie-Theorie besagt, daß individuelle Akteure, und selbst Staatsformen relativ wenig mit Krieg und Frienden zu tun haben! Statt dessen sind es systemische Strukturen des internationalen Systens, die ökonomisch, politisch und letztendlich militärisch Entscheidungen auf einer Machtbasis schon fast determinieren. So gesehen ist der Beitrag von Staatsoberhäuptern (Politikern ect.), Staatsformen (Demokratie v.s. Diktatur ect.) und selbst von Misperzeptionen (Fehleinschätzungen der Akteure) nur 307 Ich benutze hier den Begriff Volk aus stilistischen Gründen, da der Irak ein Vielvölkerstaat ist und daher kein Volk im natürlichen Sinne, wie z.B. Japan, besitzt. Wie bereits erwähnt gab Saddam Hussein wohl unfreiwillig, in einem türkischen Interview zu, daß er die US Politik bezüglich Kuwait falsch eingeschätzt hatte! - 143 - gering einzuschätzen, wenn es sich um Kriege handelt, bei denen es um die Macht, sprich hegemoniale Ordnung im internationalen System, geht. Zwar ist auch die Hegemonietheorie nicht die perfekte Erklärung für den 2. Golfkrieg, aber wenn man die diplomatische Geschichte in diese Theorie hineinintegriert, dann hat man eine gute solide theoretische Ergründung warum es damals zum Krieg kam. Natürlich sollte man in diesem Fall auch nicht den 1. Golfkrieg vergessen, der gewisser Maßen erst die Vorraussetzung für den 2. Golfkrieg schuf. Letztendlich kann der 2. Golfkrieg theoretisch aber nur mit einer Kombination der zuvor erwähnten Thesen erklärt werden. Diese wären dann die Hegemonie-Theorie, Ganzelts These des „Vergesellschaftsprozesses“, sowie die marxistisch imperialistischen Theorien. In so fern komplementieren sich diese Theorien und geben so die beste theoretische Erklärung für den 2. Golfkrieg ab. Die Thesen der „Hamburger Schule“ sind größtenteils ein Gemeinschaftswerk von Jürgen Gantzel und Jens Siegelberg. Ihr zufolge sind Kriege und Konflikte „ein sich weltgeschichtlich wiederholendes Prozeßmuster kapitalistischer Modernisierung“309, bei der sich der Kapitalismus die Voraussetzungen selbst schafft, die er zu seiner Ausbreitung benötigt. Die „Dritte Welt“ ist nach dem zweiten Weltkrieg so heftig ins Zentrum kriegerischer Auseinandersetzungen gerückt, weil ihre Nationen nicht die Chance hatten, wie zuvor in Europa, sich über einen langen Zeitraum gewaltsam herauszubilden, statt dessen wurden ihre Nationen willkürlich von den ehemaligen Kolonialmächten erschaffen. Im Zentrum dieser Entwicklung steht der Kapitalismus, welcher als Wirtschaftsform bestimmte Voraussetzungen zur Kapitalakkumulation bedarf. Um diese Kapitalakkumulation zu realisieren wird im allgemeinen auf Krieg zurückgegriffen, in der dritten Welt bedeutet dies primär Bürgerkrieg. Mit dem Marxismus und dem „Vergesellschaftlichungsprozeß“ Gantzels haben wir also 2 sich ergänzende Thesen warum es zum Krieg am Golf 1991 kam. Laut Gantezl und Siegelberg drängt der Kapitalismus zwangsweise immer zur Kapital Akkumulation, die letztendlich auch im Ausland statt finden muß. Dies war auch 1990/1 nicht anders als führende kapitalistische Unternehmen, sowie das m.i.K., den 2. Golfkrieg als eine Chance 308 Natürlich war der Angriff auf den Irak kein reiner US Angriff, denoch waren die USA in jeder Hinsicht des Kriegs der maßgebende und bestimmender Hauptakteuer. Ohne Übertreibung läßt sich daher sagen, ohne die USA hätte es keinen 2. Golfkrieg gegeben. 309 Siegelberg, Jens, Kapitalismus und Krieg - Eine Theorie des Krieges in der Weltgesellschaft, Lit Verl., Münster / Hamburg 1994, S. 5. - 144 - sahen wiederum Kapital anzuhäufen. Vor allem, da der Irak nach Saudi Arabien die zweit größten Ölreserven der Welt besitzt und diese eine wichtige Rolle für die US Ökonomie spielen würden. Wichtig war dabei auch die Tatsache, daß es Ende 1990 zu einer schweren Rezession in den USA kam, um diese zu überwinden, galt es einen Krieg gegen den Irak zu führen. Historisch gesehen, war dies eine nahezu klassische Methode, für die USA, um einer Rezession zu beenden.310 Die Marxisten und Anhänger der Imperialismus Theorien würden auch behaupten, daß die großen Öl und Gas Monopolgesellschaften der USA ein brennendes Interesse daran hätten sich die Ölreserven das Iraks anzueignen. Dazu gesellt sich noch das lukrative (Auf)Rüstungsprogramm, daß mit dem Golfkrieg damals gerechtfertigt und initiiert wurde. Daß die USA den Irak damals nicht gleich okkupierten ergab sich daraus, daß sie damals noch dachten dieser würde dem enormen (Sanktions)Druck der USA nicht mehr lang stand halten und somit sich den USA unterwerfen.311 Als der Irak also dem US Druck 12 Jahre lang nicht nachgab, blieb für die US Regierung nur noch ein weiterer Krieg als Option übrig, um den Irak endgültig zu erobern, wie es die Imperialismus Theorie voraussagte. Mit diesen 2 Theorien aber läßt sich der 2. Golfkrieg nicht ganz erklären, da noch eine weitere Theorie, nämlich die Hegemonie-Theorie fehlt, um das ganze plausibel zu machen. Denn die USA hätten den 2. Golfkrieg in dieser Form nie gewagt, wenn nicht die Sowjetunion schon damals gedrohte hätte auseinanderzufallen. Mit dem antizipierten Ende der Biopolarität 1990, als sich der Mauerfall schon ereignet hatte und die Ostblock Staaten drohten sich von den Sowjets loszulösen, da sie immer mehr demokratische und vor allem marktwirtschaftliche Reformen begannen, zeigte sich schon, daß die Tage der S.U. als Supermacht längst gezählt waren. Somit war auch der damaligen Bush Administration klar geworden, daß die S.U. den USA im Mittleren Osten kein Paroli mehr bieten würde, wie sie dies noch in den 70er, bzw. 80er Jahren tat. Es war nun klar geworden, daß die US Führung in der Post Kalten Kriegs Weltordnung eine Sonderrolle bekam, da die USA nun die einzige verbleibende Supermacht war. Wie die Hegemonietheorie bereits besagt, wird mit zunehmender Zeit die Konkurrenz zwischen den Großmächten immer heftiger, da die Welt sozusagen mit der technologischen Innovation immer kleiner wird und die Rohstoffe immer geringer werden. Der Staat der nun merkt, daß die Zeit gekommen ist, um seine hegemoniale Rolle zu spielen, wird er versuchen, 310 Siehe u.a.: Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege, 3. Aufl., Tübingen 2004. 311 Vgl. diesbezüglich: Graham-Brown, Sarah: Sanctioning Saddam – The Politics of Intervention in Iraq, I.B. Tauris & Co. Ltd., London / New York 1999. - 145 - seine eigenen Regeln allen anderen aufzuzwingen. Genau dies geschah 1990/1 als die USA den Golfkrieg realpolitisch benutzten, um ihre Hegemonie durchzusetzen. Auch die US Geschichte zeigte, daß der Golf schon lange als Interessensphäre der USA galt. Laut offiziellen US Dokumenten war schon mit der Eisenhauer Doktrin aus den 50er Jahren klargestellt worden, daß der ganze Mittlere Osten für die USA als geo-strategisch ökonomisch vitale wichtige Region galt.312 So war öffentlich spätestens seit der Carter Doktrin vom 23. Januar 1980 völlig klar gestellt worden, daß die USA dieses wichtige Gebiet auch militärisch verteidigen würden, falls sie ihre Interessen hier gefährdet sehen würden. Aber schon die US Präsident Eisenhower & Truman zeigten, daß die USA jedem Staat im Nahen Osten ökonomische, und militärische Unterstützung anboten, der von einer kommunistischen Machtübernahme bedroht war.313 Ferner, wie noch dargestellt wird, haben die USA den Irak im 1. Golfkrieg (1980-1988) ermutigt den Iran anzugreifen. Diese Entscheidung entsprach geo-strategischem & ökonomischem Kalkül, da der Iran mit der Khomeini-Revolution zum (ideologischen) Gegner der USA in der Region wurde. Dieser Kriegsplan war den US Strategen als die „Iraqi Solution“ bekannt.314 Der Mittlere Osten war daher für die USA neben Europa das wichtigste Territorium der Welt, das es galt, mit aller Macht gegen Eingriffe der S.U. zu schützen. Es ging aber laut der Hegemonietheorie um mehr als nur darum den Iran als Regionalmacht und Gegner der US Politik in der Region auszuschalten. So gesehen bot der 2. Golfkrieg den USA die einmalige Möglichkeit eine Präsenz im Mittleren Osten aufzubauen. Dies zeigt sich sogar noch heute, da die USA immer noch Stützpunkte und Truppen in Saudi Arabien haben, die nur durch den 2. Golfkrieg ermöglicht wurden. Eine weitere und klare Bestätigung der Hegemonietheorie läßt sich zweifelslos im 3. Golfkrieg der USA gegen den Irak finden. Mit diesem Krieg aus dem Jahr 2003 wurde nicht nur die US Präsenz im Mittleren Osten auf ein nie zuvor erreichtes Maß gesteigert, sondern es wurde auch die Hegemonie direkt gefördert in dem die USA den Irak quasi mit einem Schlag eroberten. Daß es hierbei eindeutig auch um Ressourcen der reichen Region geht läßt sich ebenfalls nicht mehr leugnen. (Hierzu an späterer Stelle mehr) Immerhin sind 2/3 der Weltölreserven im Mittleren Osten gelagert und wie später noch ausführlicher dargestellt wird, sind die USA 312 Siehe u.a.: Krapels, Edward: “The Commanding Heights : International oil in a changed World´, International Affairs, Vol. 69, No. 1, January 1993, S. 74. 313 Mackey, Sandra: Der Arabische Traum – Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion der Araber, Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1994, S. 491. 314 Siehe u.a.: Aburish, Said: The Rise, Corruption and Coming Fall of the House of Saud, Bloomsbury, London 1994, S. 138, 172. - 146 - längst Ölabhängig geworden, da sie schon im Jahr 2001 60% ihres Ölbedarfs importieren mußten.315 Wie wichtig das Öl für die Weltwirtschaft ist und vor allem für die Supermacht USA zeigen folgende Zahlen: Derzeit beziehen die USA 20% ihres Ölbedarfs aus dem Mittleren Osten (Tendenz eindeutig steigend). Die eigenen Ölvorräte der USA sind in ca. 7 Jahren zu Neige gegangen, die der Nordsee ebenfalls (im gleichen Zeitraum). Dann wird der weltweite Ölbedarf längst gestiegen sein. Experten rechnen mit einer Zunahme um satte 50% bis zum Jahr 2020.316 Wenn man dann noch mit einberechnet, daß die USA ihren gesamten Ölverbrauch um fast das Dreifache bis zum Jahr 2020 steigern wollen, dann ergibt sich ein klares Bild von dem schon fast grotesken Energiebedarf der Supermacht.317 Wie zwei Ölfachmänner längst schrieben wird die Situation dann viel krasser ausgefallen sein, denn: „... der Westen wird kein eigenes Öl mehr haben. Er wird angewiesen sein vor allem auf die schier unerschöpflichen Quellen des Mittleren Ostens. ... Öl ist nicht irgendeine Ressource... Öl ist das Herz der Wirtschaft. Ohne Energie keine wirtschaftliche Produktion, und der Hauptenergieträger ist Öl.“318 Offizielle Dokumente der US Regierung weisen eindeutig darauf hin, daß ohne ausreichende Ölversorgung die US Wirtschaft nicht lange existieren könnte, daher wird Öl langst als sog. „strategic resource“ also strategischen Rohstoff bezeichnet. Es ist daher völlig klar, daß wenn die USA auch weiterhin als Supermacht agieren wollen, sie einen gesicherten Zugang zu den imensen Ölquellen des Mittleren Osten benötigen werden, ebenfalls müssen sie um dies zu verwirklichen anderen konkurrierenden Staaten diesen Zugang verweigern, aus dem einfachen Grund, daß es schon heute nicht genug Öl auf der Welt gibt um alle damit ausreichend zu versorgen. Hier hat wieder die Hegemonietheorie recht, die korrekt vorraussagt, daß mit zunehmender Zeit die Resourcen knapper werden und sich damit die Kämpfe um jene zuspitzen werden. Bestes Beispiel waren der 2. & 3. Golfkrieg, die beiden von den USA angetrieben wurden, um sich eben den strategischen Rohstoff Öl zu sichern. Aber das Machtvakuum (der S.U.) und die Hegemonietheorie können den Golfkrieg nicht alleine erklären, ohne das Verhältnis der USA zum strategisch wichtigen Rohstoff Erdöl zu berücksichtigen. So spielt das Öl historisch eine wichtige Rolle zur Kontrolle und zum Wiederaufbau Westeuropas, sowie die hierzu parallel steigende Abhängigkeit der USA vom 315 Conert, Hansgeorg: Das amerikanische Imperium – Der „Krieg gegen den Terrorismus als Etappe der Neuen Weltordnung“, VSA Verl., Supplement der Zeitschrift Sozialismus 6/2002, Hamburg, S. 15. 316 Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl – Zwischen Kaspischem Meer und Nahem Osten entscheidet sich die Zukunft des globalen Imperialismus , 2.aktualisierte Aufl., Spezial-Nr. 15, Institut für sozialökologische wirtschaftsforschung München e.V., S. 35. 317 Conert, Hansgeorg: Das amerikanische Imperium, VSA Verl., Hamburg 2002, S. 15. 318 Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl, S. 35. - 147 - essentiellen Rohstoff der Moderne.319 So gesehen, war auch der Golfkrieg für die US Führung noch einmal die Chance ihr eigenes wirtschaftliches Absteigen zu verhindern. Vor allem gegenüber den Verbündeten, die während des Kalten Krieges zu den Hauptkonkurrenten Amerikas heranwuchsen. Diese waren primär gegen Ende der 80er Jahre die BRD und Japan, die beide zunehmend die USA immer mehr in Sachen Wirtschaftsleistung einholten und zugleich herausforderten. Mit dem siegreichen Ende von Desert Storm machten die USA aber vor allem eins völlig klar: Daß nach dem Kalten Krieg neben ökonomischer Leistung vor allem militärische Stärke maßgebend war, um sich in den internationalen Beziehungen durchzusetzen. Da weder Japan noch die BRD diese Art von militärischer Stärke besaßen, waren auch sie gezwungen, sich erneut der Führung der „Pax Americana“ zu unterstellen.320 Wieder einmal hatte sich bestätigt, daß welche Nation auch immer die Herrschaft oder Kontrolle über das Erdöl der Welt ausüben würde, auch zugleich das Sagen in Politik, Wirtschaft und im Kriegsgeschehen haben würde. Ganz klar war auch gewesen, daß durch den Sieg am Golf 1991 die USA nicht nur ein neues Druckmittel gegenüber ihren Verbündeten haben würden, sondern, daß ihre Ölfirmen und Regierung vom Sieg profitierte.321 Es darf auch nicht vergessen werden, daß der enorme Aufschwung, den die US Ökonomie nach dem 2. Weltkrieg genoß, größtenteils auf dem billigen und hochwertigem Öl des Mittleren Ostens beruhte. Ohne dieses stets billige Öl (zumindest billig bis 1973) wäre nicht nur der schnelle Wiederaufbau Westeuropas eine Illusion geblieben, sondern auch das rapide Wachstum in den USA selbst, wäre in dieser Form, nicht möglich gewesen. Da Erdöl ca. ein Drittel des B.S.P. einer modernen Wirtschaft ausmacht, hängt der Status einer Nation eindeutig vom Verhältnis zu diesem Rohstoff ab. So hätten die USA ohne ihre großen Ölreserven höchstwahrscheinlich den 2. Weltkrieg nicht gewinnen können, da der Sieg in diesem Krieg (sowie bei praktisch allen darauf folgenden Kriege) maßgeblich von diesem essentiellen Treibstoff abhängig war. Deutschland verlor den Krieg (wie auch den 1. Weltkrieg) auch weil es keine unabhängigen Ölquellen für seine Kriegsmaschine mehr bekommen konnte und die USA gewannen, da sie nicht nur sich selbst mit Öl versorgen konnten, sondern auch noch ihre Alliierten. Dies machte im Endeffekt den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. Auch im Kalten Krieg war es wichtig gewesen, daß die USA stets mit großen Ölreserven rechnen konnten, diese kamen dann aber primär aus dem Mittleren Osten und nicht mehr, wie im 2. Weltkrieg, aus den USA. 319 “Tributzahlungen am Hofe von George B. Eine Neue Phase der “Pax Americana?“, von Christoph Scherrer, zitiert in: Thielen, Helmut (Hrsg.): Der Krieg der Köpfe – Vom Golfkrieg zur neuen Weltordnung, Horlemann Verl., Bad Honnef 1991, S. 122. 320 Ebenda, S. 132. - 148 - Die geo-strategisch wichtige Lage des Mittleren Ostens erklärt das immense Interesse der USA an dieser Region. Denn der Mittlere Osten ist eine Art Brückenkopf zwischen 3 Kontinenten: Europa, Asien und Afrika. Alle 3 Kontinente sind geographisch mit dem Mittleren Osten verbunden. Hegemonie ist daher ohne diese geo-strategisch enorm wichtige Region kaum möglich. Dies geht auch aus veröffentlichten offiziellen Berichten der US Regierung hervor. Wollen die USA die Hegemonie, müssen sie diese Region beherrschen oder zumindest kontrollieren. Zurück zum 2. Golfkrieg, es läßt sich also resümierend feststellen, daß 3 verschiedene Thesen und Theorien diesen Krieg erklären können. Dies sind die Hegemonietheorie, der „Vergesellschaftungsprozess“ von Gantzel und der Hamburger Schule, sowie die Theorien des marxistischen Imperialismus. Auch Elemente der Misperzeptionsthese spielen jedoch eine Rolle bei der Kriegsursachenforschung. Die Hegemonietheorie erklärt den Krieg auf der Ebene des internationalen Systems, während die Hamburger Schule mit Gantzels „Vergesellschaftungsprozess“ die Ebene der Gesellschaft bzw. des Staates abdeckt. Die Misperzeptionsthese hingegen deckt die Ebene des Individuums ab, während der Marxismus / Imperialismus beide Ebenen, die des internationalen Systems sowie die der Gesellschaft, bzw. des Staates abdecken. Letztendlich muß theoretisch auch abgewogen werden in wie fern die verschiedenen Staatsapparate und Institutionen in den USA unterschiedliche Positionen in der Golfkrise vertraten. So kann generell nachgewiesen werden, daß die Exekutive, mit Präsident Bush an ihrer Spitze, auf eine Bedrohungspolitik dem Irak gegenüber setzte, die ständig mit einem verheerenden Krieg drohte, falls ihre Forderungen nicht, vor Ablauf einer Frist, erfüllt würden.322 Während der Kongreß versuchte, mit einer Kombination von Strafen und Belohungen den Irak zum Rückzug aus Kuwait zu bewegen.323 Das State Department folgte 321 Ebenda. 322 Siehe diesbezüglich: Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. 1992, sowie Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt & Company Inc., New York 1992. 323 Siehe diesbezüglich folgende Dokumente des US Kongreß: Update on the Situation in the Persian Gulf, Hearings before the Committe on Foreign Affairs and the Subcommittees on Arms Control, International Security and Science and on Europe and the Middle East House of Representatives one Hundred First Congress Second Session, September 26 And December 6, 1990, U.S. Government Printing Office Wahington: 1991. U.S. Policy in the Persian Gulf, Hearings before the Committee on Foreign Relations United States Senate, one Hundred First Congress, Second Session, December 6, 12 And 13, 1990, U.S. Government Printing Office Wahington: 1991. Briefing on Operation Desert Shield: Costs and Contributions, Hearing before the Committee on the Budget House of Representatives, One Hundered Second Congress, First Session, January 4, 1991, Serial No. 102-1, U.S. Government Printing Office Wahington: 1991. The Persian Gulf Crisis, Relevent Documents, Correspondence, Reports, Report prepared by the Subcommittee on Arms Control, International Security and Science of the Committee on Foreing Affairs U.S. House of Representatives, June 1991, U.S. Government Printing Office Wahington: 1991. Preparedness for the Persian Gulf, Hearing Before a Subcommittee of the Committee on Appropriations United States Senate, One Hundred - 149 - größtenteils den Anweisungen der Exekutive, obwohl es auch darauf aufmerksam machte, daß Verhandlungen mit dem Irak und Saddam Hussein möglich gewesen wären. Mindestens zweimal machte es während der Golfkrise, Äußerungen, denen zufolge Saddam Hussein seriöse und verhandelbare Angebote an die US Regierung gerichtet hatte. Auch das US Militär war nicht von Anfang an über einen Krieg am Golf begeistert gewesen. Selbst der Oberkommandeur Schwarzkopf sagte öffentlich aus, daß wenn die Option zwischen Krieg und im Sand sitzen bestehe, im Sand sitzen keine schlechte Alternative sei. Colin Powell bot Bush auf der ersten Krisensitzung die Sanktionsalternative zum Krieg an, er meinte diesbezüglich zwar es könne 1-2 Jahre dauern bis der Irak sich aus Kuwait zurück ziehen würde, aber es würde funktionieren.324 Selbst hochrangige Pentagonmitarbeiter waren nur zögerlich von der offensiven Alternative zu überzeugen.325 Diesbezüglich war wohl noch das Debakel vom Vietnamkrieg allzu relevant. Zahlreiche andere US Institutionen und sog. Think Tanks wiesen deutlich darauf hin, daß der Irak nicht vor hatte, wie von der Bush Administration unterstellt wurde, Saudi Arabien anzugreifen. Auch das von der Bush Administration oft als bedrohlich erwähnte Atomprogramm des Irak, wurde desöftern von US Institutionen als übertrieben gewertet, wobei mache sogar behaupteten, daß das Atomprogramm des Iraks noch lange Zeit in der Entwicklungsphase stecken würde und daher keinesfalls für die USA bedrohlich seien könnte. Einige US Institutionen, wie z.B. Universitätsstudien zeigten, im Gegensatz zu den Massenmedien, daß der Irak keinesfalls ein ernst zunehmender Gegner der USA wäre.326 Alles im allem läßt sich daher bestätigen, daß es durchaus unterschiedliche Positionen zur Golfkrise innerhalb der US Staatsorgane und Institutionen gab, aber nach dem Bush auf seine Politik „keine Belohung für Aggression“ bestand, verschwanden diese unterschiedlichen Positionen rasch, da alle erkannten, daß die US-Irak-Politik von der Exekutiv bereits unweigerlich festgelegt war. Da auch die Massenmedien unkritisch und stets unterwürfig den vorgegebenen Zielen der Bush Administration Gefolgschaft leisteten, blieb jeder mögliche Protest oder Alternative zur Bush Politik im Keim stecken. Letztendlich sollten auch die Charaktere der Hauptakteure und Entscheidungsträger nicht vergessen werden, da sie auch zur Entstehung der Golfkrise maßgeblich beitrugen. So war es Second Congress, First Session, Special Hearing, U.S. Government Printing Office Washington: 1991. 324 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. / London / Toronto / Sydney / Tokyo / Singapore 1992, S. 8. 325 Ebenda, S. 1 ff. 326 Siehe diesbezüglich u.a.: Clark, Ramsey: The Fire This Time – U.S. War Crimes in the Gulf, Thunder´s Mouth Press, New York 1992. - 150 - auch Saddam Husseins Charakter und Bestreben gewesen, den Irak zur führenden Nation aller Araber zu machen. Mit der Invasion Kuwaits rückte der Irak diesem Ziel näher und wurde somit zur Hegemonialmacht am Golf. Diese Politik widerstrebte den USA und sie beseitigten den Irak als Regionalmacht nicht viel später. Ebenfalls muß die historische Entwicklung, die Grenzstreitigkeiten und Konflikte zwischen dem Irak, Kuwait und dem Iran zur Kenntnis genommen werden, da sie wichtig für die Entstehung der Golfkrise waren. Wenn diese Faktoren berücksichtigt werden, hat man die besten Voraussetzungen um die Golfkrise und den darauf folgenden Golfkrieg zu verstehen. Daher müssen die Hegemonial-Theorie, die marxistischen Theorien, der „Vergesellschaftungsprozeß“ sowie die Thesen der „Hamburger Schule“, die Misperzeptionsthesen, die diplomatische Geschichte, die Grenz Differenzen zwischen Irak und Kuwait, sowie die Beziehungen zwischen den Staaten USA, Irak & Kuwait genau untersucht werden. Die Schlußfolgerungen aus der theoretischen Sicht für die Geschichte bzw. die Bearbeitung der Empirie sind folgende: An Hand der Empirie (die u.a. im nächsten Kapitel folgt) läßt sich schlußfolgern, daß die USA spätestens seit dem Ende des Kalten Kriegs die Hegemonie anstreben. Wie schon angeführt wird dies aus 3 primären Gründen getan: (1) Der Realismus ist in seiner letzten Instanz hegemonial in Bezug auf andere Mächte & Staaten, da Macht in einer anarchischen Welt ein unschätzbares Gut darstellt. Dieses Machtstreben der Staaten im internationalen System führt zwangsweise zum bekannten Sicherheitsdilemma. (2) Die Hegemonialtheorie von u.a. Gilpin läßt einer Groß- oder Supermacht keine andere Alternative als die Weltordnung permanent in ihrem Interesse zu prägen, da jede Großmacht historisch stets versucht, herausfordernde Rivalen zu verdrängen. Belastend erweist sich auch, daß die Staaten mit fortschreitender Zeit im internationalen System auf Grund u.a. ökonomischer Expansion & technologischen Fortschritts zunehmend mit einander in Konflikt geraten, da die Ressourcen, die sie beanspruchen, stets dahinschwinden. (3) Das M.i.K. besitzt eine eigene Dynamik, das in einer kapitalistischen Gesellschaft wie z.B. der USA bestrebt ist, Aufträge und Absatzmärkte zu finden; gepaart mit dem Sicherheitsdilemma entsteht so ein forciertes Aufrüsten, das in ungünstigen Fällen zu einem (destruktiven) Wettrüstung oder zu Kriegen führen kann. Aus diesen theoretischen Grundlagen ergibt sich folgendes Bild für die Schlußfolgerung der Geschichte und Empirie: Die USA haben mit dem 2. Golfkrieg 1991 klassische Hegemonialpolitik betrieben, wegen der zuvor erwähnten 3 theoretischen Erklärungen. Dies - 151 - bedeutet, daß sie den Krieg von 1991 quasi als Sprungbrett benutzt haben, um ihre Hegemonie zu fördern. Daß diese Einschätzung kein reihnes akademisches Theoriegebilde ist zeigte sich spätestens beim Irak-Krieg 2003, in dem die USA erneut den Irak (wie sich herausstellte under falschen Anschuldigungen327) angriffen, um eben das ihren Interessen im Wege stehende Saddam Hussein Regime ein für alle Male zu beseitigen, da jenes es ihnen unmöglich machte die Hegemonie in der Region und letztendlich in der Welt zu erlangen. Theoretische Schlußfolgerungen sind daher für die Geschichte, daß wenn sich die Möglichkeit ergibt für eine Macht die Hegemonie zu erlagen und jene mit keiner signifikanten Sicherheitseinschränkung ihrer Interessen rechnen muß, davon auszugehen ist, daß jene Macht versuchen wird die Hegemonie zu erlangen. Die USA Politik seit dem Ende des Kalten Kriegs hat dies Kriterium auf fast exemplarische Art und Weise bestätigt, vor allem mit ihren Kriegen gegen den Irak (1991 & 2003), sowie gegen Afghanistan (2001-?), aber auch der sog. „Krieg gegen den Terror“, der mit dem 11. September eingeleitet wurde, fügt sich nahezu nahtenlos in diese hegemoniale Vorgehensweise ein. VORGESCHICHTE DES KONFLIKTS 4.0 Historisches Verhältnis der USA zur Golfregion 4.1 Exploration- und Penetrationsphase der USA im Mittleren Osten Um ein Verständnis dafür zu entwickeln was die USA dazu bewegte sich mit dem Mittleren Osten zu beschäftigen wird eine kurze historische Einführung benötigt. Die Haupttendenzen welche die US-Regierungen dazu bewegten, sich im Mittleren Osten zu involvieren, entsprangen zwei grundlegenden Interessen, kommerzieller Handel und missionarischer sowie politisch revolutionärer Eifer. Diese Anfangsperiode der Erschließung des Mittleren Osten durch Amerika, welche von 1776 - als die USA ihre Unabhängigkeit proklamierten -, bis ca. 1882 anhielt, bildeten die prägenden Jahre der „Amerikanisierung“ der relativ unbekannten Region für die US Außenpolitik. Washington sah damals im Mittleren Osten die Möglichkeit, ohne großen diplomatischen und militärischen Aufwand offene Märkte zu erschließen.328 Eingeschränkte oder spezialisierte Interessen sowie Aktivitäten der 327 Khan, Mansur: Das Irak-Komplott – mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Grabert Verl. Tübingen 2004. 328 Um die Motivationsgründe der USA zu veranschaulichen siehe vor allem: Field, James A., Jr.: America and the Mediterranean World, 1776-1882, Princeton University Press, Princeton 1969. - 152 - Amerikaner im Mittleren Osten können bis zu der ersten Dekade nach der Gründung der Republik (1776) zurück verfolgt werden. Es bot sich auch die Möglichkeit, politische sowie religiöse Dogmen zu predigen, wodurch ein kultureller Eingriff im Sinne einer frühen Amerikanisierung möglich wurde. Dennoch war die damalige US Involvierung nicht strategischer, politischer oder offizieller Natur, da sie sich primär auf die Aktivitäten privater amerikanischer Gruppen bezog.329 Die USA verwendeten primär bestehende politische britische Kundschafter, um ihren Einfluß in der wichtigen Region aufrechtzuerhalten. To a significant degree, the United States utilized an existing British proxy and relied on British political agents to maintain a political and strategic environment in which its limited interests and activities could flourish.330 There was trade in commodities such as dates as early as the 1780s, when American commerical interests in Muscat developed the trade in this item. . . . American diplomatic contact in the Persian Gulf area was developed as early as 1833, when the United States signed a treaty of amity and commerce with Muscat and by 1838 appointed its first consul (a British merchant) to protect American citzens, businessmen, and missionaries in the area.331 Noch bedeutender war aber höchst wahrscheinlich die Tatsache, daß die US Führung hoffte, die beträchtliche britische sowie französische europäische Konkurrenz, seit Napoleons 1798er Feldzug in Ägypten aus dem Mittleren und Nahen Osten zu verdrängen.332 Es gab in dieser Hinsicht Erwartungen, welche darauf hinaus liefen, daß die arabischen Länder von den Errungenschaften der USA, - besonders in politischer und ökonomischer Sicht -, so beeindruckt seinen würden, daß sie diese quasi kommentarlos mit voller Achtung übernehmen würden. Mitte der 1850er Jahre war der amerikanische Handel am Persischen Golf stark genug, um einen kommerziellen Vertrag mit dem persischen Reich anzustreben. Washington wollte Großbritannien aus der Region verdrängen, aber nur in kommerzieller Hinsicht. Die Intention war, Großbritanniens politische, kulturelle, sowie militärische Institutionen in der 329 Shaked, Haim / Rabinovich, Itamar (Ed.): The Middle East and the United States - Perceptions and Policies, Transaction Books, New Brunswick / London 1980, Reich, Bernard: „United States Interests in the Middle East“, S. 55. 330 Ebenda. Zitiert in: Reich, Bernard (et. al.,): The Persian Gulf, McLean, Research Analysis Corporation, Va. 1971. 331 Shaked, Haim / Rabinovich, Itamar (Ed.): The Middle East and the United States, S. 79. Endnote 2. Für weitere Details, siehe: Reich, Bernard (et. al.,): The Persian Gulf, McLean, Reasearch Analysis Corporation, Va. 1971. 332 Palmer, R. R. / Colton, Joel: A History of the Modern World, 6. ed., Alfred A. Knopf, New York 1984, S. 385. Mazour, Anatole G. / Peoples, John M.: Men and Natons - A World History, Harcourt Brace Jovanovich, 3. ed., N.Y. / Chicago / San Francisco / Atlanta / Dallas & London, 1975, S. 413. Napoleon wollte mit seinem Feldzug das britische Indien bedrohen; die französische Flotte wurde dabei vernichtend geschlagen. - 153 - Region ökonomisch zu benutzen; diese sollten erhalten werden, damit Washington über sie verfügen könne, ohne selbst in solche Bereiche investieren zu müssen.333 By the mid-1850s, American trade in the Persian Gulf had become substantial enough to seek a commerical treaty with the Persian empire. The United States expected ultimately to displace the British in the region, but only commercially. In fact, they still believed that commercial opportunities and diplomatic and military burdens could somehow be kept distinct.334 Diese Anglo-Amerikanische Strategie Washingtons im Mittleren Osten erwies sich als mühsam, da die Trennung von kommerziellen Interessen von politischen und militärischen Interessen für Washington nicht leicht zu bewerkstelligen war. Außerdem waren die „Heiden“ des Mittleren Ostens nicht beeindruckt von den amerikanischen Errungenschaften, weder aus kommerzieller, politischer, noch aus religiöser Perspektive. In seiner Studie über Persien, brachte der Brite Lord Curzon dies 1892 zum Ausdruck: „It is against the impregnable rock-wall of Islam, as a system embraching every sphere and duty, and act of life, that the waves of missionary effort beat and buffet in vain.“335 4.2 Die Golfregion rückt ins Zentrum der US Interessen Die US Außenpolitik in dieser Region, die sich ursprünglich primär kommerziellen Interessen widmen wollte, wurde schnell in die turbulente Politik der Region gezogen, die von den Briten bestimmt wurde. Das sogenannte „Great Game“ (Große Spiel) zwischen dem britischen Imperium und Rußland, zog die USA unmittelbar in seinen Bann. Bernard Reich analysierte diesbezüglich: Commercial interests of a significant nature developed with the discovery of substantial oil fields in the region. Although the government did not develop an oil interest, the United States began to become involved, through its companies, in the oil industry of the region in the 1920s and 1930s. In the period between World War I and World War II the United States insisted on the application of the „open-door“ principle to American commerical interests and sought American participation in commerical activity in the Middle East without disadvantage.336 Oil became the most important commerical sector. 333 Rossi, Lorenza: Who shall guard the Guardians Themselves? An Analysis of U.S. Strategy in the Middle East since 1945, Diss., Peter Lang Verl., Bern, Berlin, Frankfurt / am Main, 1998, S. 23 f. 334 Ebenda. 335 Curzon, George N.: Persia and the Persia Question, Vol. 1. Longmans and Green, London / New York 1892, S. 509, zitiert in: Rossi, Lorenza: Who shall guard the Guardians Themselves?, S. 24. 336 Shaked, Haim / Rabinovich, Itamar: The Middle East and the United States (Ed.): „United States Interests in the Middle East“, von Reich, Bernard, S. 56 Vgl. auch: DeNovo, John A.: American Interests and Policies in the Middle East 1900-1939, The University of Minnesota Press, Minneapolis 1963. - 154 - By the turn of the century, many Americans were aware of the „great game“ being played by Britain and Russia in Eurasia. The American Navy had noted the importance of the Persian Gulf, especially the significance of Turkey and Iran as bulwarks against Russian expansion to the south.337 Letztendlich war die ökonomische Determination so stark, daß Washington, welches ursprünglich aus primär kommerziellen Interessen seine Präsenz in der Region aufbaute, spätestens nach Entdeckung großer Ölreserven, in das Gravitationszentrum Mittlerer Osten so stark hineingezogen wurde, daß eine isolationistische Politik in dieser Region einer realpolitischen Kapitulation gleichgekommen wäre, was wahrscheinlich den Abstieg der USA als Großmacht bedeutet hätte. Die Führung in Washington wollte daher aus wirtschaftlichen Gründen ihren Einfluß über diese Region intensivieren. Die ursprüngliche Politik, nur kommerzielle Interessen zu verfolgen, erwies sich als Trugschluß, da Washington sich hierzu nicht auf eine reine britische Politik verlassen konnte. Ferner waren andere Mächte (Rußland, Frankreich, Deutschland ect.) ebenfalls an dieser wichtigen Region interessiert und versuchten, hier Fuß zu fassen. Washington mußte realisieren, daß ohne eigene militärische Kapazitäten, eine Etablierung seiner Interessen in der Region nicht möglich war. Rossi, Lorenza konkretisierte das forcierte Hereinziehen der USA in die Region des Mittleren Ostens: The strategic significance of the Persian Gulf increased steadily, even at a time when Middle East oil production was limited and the region´s known reserves were marginal. The reason was simple: Of the world´s industrial and military powers, only the United States and Russia were major producers and exporters of oil. The other powers--Gemany, Japan, France and Great Britain--relied on foreign, usually American, imports and eagerly searched abroad for new sources of oil.338 Die geopolitische Gravitation der Region manifestierte sich mit dem Entdecken immenser Erdölreserven. Auch zahlreiche Kommentare, die in offiziellen US Regierungs- Dokumenten ihren Niederschlag fanden, bestätigten diese Ölpolitik Washingtons, schon damals, noch während des 2. Weltkriegs. So sagte z. B. der US Außenminister Cordell Hull über das saudische Erdöl: „The oil of Saudi Arabia constitutes one of the world’s greatest prizes…”339 Und der Ölfachmann Everette Lee DeGolyer wird 1944 mit den Worten zitiert: “The oil in 337 Mahan, Thayer Alfred: The Persian Gulf and International Relations, zitiert aus Retrospect and Prospects: Studies in International Relations, Naval and Political, Little Brown, Boston 1903, S. 209- 251, in: Rossi, Lorenza: Who shall guard the Guardians Themselves?, S. 24. 338 Rossi, Lorenza: Who shall guard the Guardians Themselves?, S. 24 f. 339 Kolko, Gabriel: The Politics of War – The World and United States Foreign Policy 1943-1945, Random House, New York 1968, S. 297, zitiert in Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo- American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 120. - 155 - this region is the greatest single prize in all of history…”340 Während ein US Regierungsbeamter zu Protokoll gab: “… probably the richest economic prize in the world in the field of foreign investment …”341 Aber selbst vor dieser Entdeckung, war die geostrategische Lage der Region so bedeutsam, daß gewisse Aspekte des „Great Game“ direkt auf den Mittleren Osten übertragen wurden. In dieser Hinsicht dürfte es auch nicht überraschen, daß der Begriff „Mittlerer Osten“, von keinem geringeren als dem britischen Seestrategen Alfred Thayer Mahan erfunden wurde.342 4.3 Das spezielle Verhältnis zwischen den USA und Saudi Arabien Zwischen den Weltkriegen, als große Mengen Öl im Nahen Osten gefunden wurden, wurde der politisch-religiöse Antrieb zur Beeinflussung der Region vom Drang nach Öl abgelöst. Das ausschlaggebende Ereignis war der Ölfund im Bohrloch Damma Nummer sieben bei der heutigen Stadt Damman am Persischen Golf in Saudi Arabien im Jahre 1938. Damals begann die Liaison zwischen den Amerikanern und den saudischen Herrschern, die bis auf den heutigen Tag andauert.343 Die Amerikaner wurden: „Von ihren eigenen Ölgesellschaften . . . bedrängt, nach neuen Ölquellen zu suchen, da die damals bekannten Vorräte nur noch eineinhalb Jahrzehnte reichen würden.“344 Professor Steve Yetiv konstatiert, daß die USA Saudi Arabien schon in den 30er Jahren als strategisch wichtig ansahen. At least as early as 1935, the United States began to appreciate the vital role of Saudi oil as an economic source, and as a potential political weapon for any actor that could influence or control it. … While the United States had made informal commitments to Saudi security in the early 1940s, we now know that it was formally committed to Saudi security at least as early as 1947, when Truman and King Ibn Saud made a pact. As described in a State Department cable, the United States pledged that if Saudi Arabia were attacked by another power, or under 340 Yergin, Daniel: The Prize – The Epic Quest for Oil, Money and Power, Simon & Shuster, London, S. 393, zitiert in Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo-American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 120. 341 Ebenda, S. 427, zitiert in Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo-American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 120. 342 Rossi, Lorenza: Who Shall Guard the Guardians Themselves?, S. 24, Fußnote # 8. 343 Flottau, Heiko: Die Bande der Clans - Die arabische Welt besser verstehen, Band 4126 Herder Verl., Freiburg / Basel / Wien 1992, S. 29. 344 Ebenda. - 156 - threat of attack, Washington would take ´energetic measures under the auspices of the United Nations to confront such aggression.´345 1943 erklärte daher US Präsident Roosevelt, daß Saudi Arabien ´vital` sei für die Verteidigung der Vereinigten Staaten. `Ein Maßstab für den Erfolg der amerikanischen Öllobby in Arabien war, daß sie innerhalb eines Jahrzehntes nach ihrem Fund vom März 1938 dabei halfen, die Außenpolitik der Familie Saud zu gestalten.`346 Robert Lacey urteilt in seinem Buch Das Königreich über den Erfolg der Amerikaner in Saudi Arabien diesbezüglich: „An der ´Arabian-American Oil Company` (ARMACO) hatten Standard Oil of California, Texaco, und Esso-Exxon jeweils 30 Prozent sowie Mobile Oil zehn Prozent Anteile.“347 „ARMACOS Profite, . . . waren von Anfang an ´phänomenal` (sic) gwesen.“ Ferner schrieb Lacey: ´ARMACO wurde bald das größte einzelne amerikanische Unternehmen, das außerhalb Amerikas arbeitete. . . . Erst im Jahre 1980 wurde die Aramco vollständig saudisches Eigentum.`348 Das strategische Bündnis zwischen den USA und Saudi Arabien wurde 1950 offiziell besiegelt, denn „1950 erklärte der stellvertretende amerikanische Außenminister George McGee den Saudis, die USA seien an der saudischen Sicherheit, am saudischen Öl und an einer möglichen Nutzung des Luftwaffenstützpunktes in Dhahran interessiert. McGhee, erklärte, die USA würden ´jederzeit eingreifen, wenn die Integrität und Unabhängigkeit Saudi-Arabiens gefährdet` sei.“349 Heiko Flottau schrieb daher: „Was George Bush im August 1990 tat, hatte George McGhee 1950 bereits formuliert: Intervention, wenn Integrität und Unabhängigkeit Saudi-Arabiens bedroht sind.“350 Dies zeigt die konsequente Fortsetzung der US Ölpolitik im Namen einer Sicherheitspolitik, die von „vitalen“ Interessen angetrieben ist. Die heutige Außenpolitik Washingtons hat zweifelslos ihren Ursprung in der frühen Geschichte der USA, sie besteht aus zweihundert Jahren in denen Erfahrungen und Ännäherungen unternommen worden sind, den Mittleren Osten sowie die Golfregion zu explorieren. Während dieser Zeitperiode befand sich die amerikanische Außenpolitik in einer 345 Pincus, Walter, “Secret Presidential Pledges over Years Erected U.S. Shield for Saudis,” Washington Post, February 9, 1992, A 20, zitiert in: Yetiv, Steve A.: The Persian Gulf Crisis, Grenwood Press, Westport Conneticut / London 1997, S. 48. 346 Flottau, Heiko: Die Bande der Clans - Die arabische Welt besser verstehen, Band 4126 Herder Verl., Freiburg / Basel / Wien 1992, S. 29. 347 Ebenda. 348 Ebenda. 349 Ebenda, S. 31. 350 Ebenda. - 157 - zunehmenden komplexen Entwicklungsphase; kommerzielles Interesse der frühen Periode entwickelte sich kontinuierlich zu einer geostrategischen Angelegenheit und erlangte letztendlich ein Stadium der geoökonomischen Besorgnis für die US Regierung. 4.4 Der 2. Weltkrieg und die Bedeutung des Erdöls für die USA Schon 1941/2 entwarfen die Strategen der USA einen Plan zur Beherrschung der Welt. Kernstück dieses Planes war die sog. „Grand Area“, die in den Worten der Strategen „strategisch notwendig [ist] um die Welt zu kontrollieren“. „Entscheidend für die gesamte Konzeption der Grand Area war die Kontrolle des Mittleren Ostens ... der als absolut unentbehrlich für die wirtschaftliche, militärische und politische Kontrolle über den gesamten Globus galt – nicht zuletzt deshalb, weil dort der größte Teil der bekannten Welterdölvorräte lag.“351 Spätestens seit dem 2. Weltkrieg bestand in den USA die Strategie, die Golfregion und damit auch den Mittleren Osten unter US Kontrolle zu bringen. 1943 wurde der US Geophysiker Everette Lee de Goyler in den Nahen Osten geschickt, um die Aussichten auf Erdöl zu prüfen. Er besuchte den Iran, den Irak, Kuwait, Bahrain und Saudi Arabien, um dann 1944 in die USA zurückzukehren. Seinen Untersuchungen zufolge schätzte er die dortigen Ölreserven auf 25 Milliarden Barrels, vermutete aber, daß es noch bis zu 300 Milliarden dort geben würde. Sein Bericht etablierte die Grundlagen, auf denen die US Regierung langfristige Planungen aufstellte, mit der sie hoffte, das Nahost-Öl für sich sichern zu können. Damals wurde dies als essentiell wichtig angesehen, vor allem da man damit rechnete, daß es wahrscheinlich sein könnte, daß ein 3. Weltkrieg gegen die UdSSR ausbrechen würde. Zwar machte die Ölproduktion im gesamten Nahen Osten 1940 noch weniger als 5 Prozent der Weltförderung aus, aber die USA planten schon damals weit in die Zukunft hinaus. Denn: „Das ´Exterritorial Oil` war der Hauptschatz, den es für die amerikanische Herrschaft zu gewinnen galt.“ Henry Ickes, der damalige praktische Ölminister der USA, sowie der Republikaner Cabot Lodge forderten 1943 staatliches Engagement bei der Übernahme des Nahost-Öls - trotz der bestehenden britischen Ansprüche auf die Nationen am Golf.352 351 Magdoff, Harry: Age of Imperialism, S. 43, zitiert in: Irak Krieg – Das angedündigte Verbrechen, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 2003, “Die imperialen Ambitionen der USA“, von H. Magdoff, John Foster, Rober McChesney & Paul Sweezy, S. 6. 352 Rupp, Rainer / Brentjes, Burchard / Günther, Siegwart-Horst: Vor dem dritten Golfkrieg – Geschichte der Region und ihrer Konflikte. Ursachen und Folgen der Auseinandersetzungen am Golf, edition ost Verl., Berlin 2002, S. 88 f. - 158 - Der 2. Weltkrieg bestätigte diese Annahmen makellos, da der Sieg über Hitler Deutschland und das imperiale Japan ohne die „Ölwaffe“ wohl kaum möglich gewesen wäre. Die USA unterstützten ihre Alliierten, die Briten, maßgeblich um für diese den Ölnachschub im Krieg zu sichern. G.B.s Ölkonsum konnte nur von den USA gesättigt werden, die damals über fast 2/3 der Weltförderung verfügten. „Dasselbe galt für die russische Kriegsmaschinerie, für die das amerikanische Öl sehr bald lebenswichtig werden sollte.“ Trotz dieses enormen Bedarfes an US Erdöl, hatten die USA noch einen Überschuß ungenützter Kapazität von ca. einer Millionen Barrel pro Tag, welcher ca. 30 % der Tagesproduktion von 3,7 Millionen Barrel in dem Jahr 1941 entsprach. Die zusätzliche Kapazität, ein Resultat aus den in den 30er Jahren in US-Bundesstaaten implementierten Förderquoten, erwies sich als eine unschätzbare Sicherheitsmarge, ein strategischer Aktivposten von ungeheurer Bedeutung. Der Ölfachmann Yergin resümiert diesbezüglich: „Ohne ihn hätte der Zweite Weltkrieg durchaus einen anderen Verlauf nehmen können.“353 Der Erste Weltkrieg war ein Stellungskrieg gewesen: der Zweite ein Bewegungskrieg, der schon allein deswegen viel ölkonsumierender war. In der kritischen Phase dieses destruktiven Kriegs brachte Stalin bei einem Bankett zu Churchills Ehren folgenden Toast aus: `Dies ist ein Krieg der Motoren und Oktanzahl. Ich erhebe mein Glas auf die amerikanische Autoindustrie und die amerikanische Ölindustrie.` Während seiner Kulmination verbrauchte der Krieg das Hundertfache des Ersten Weltkriegs.354 Deutschland hatte im Zweiten Weltkrieg auf eine Blitzkriegstrategie gesetzt, da ein längerer Krieg auf Grund der deutschen Ölknappheit zu aufwendig war, und daher schnell zu einem Stillstand auf den Schlachtfeldern geführt hatte.355 Auf den Zweiten Weltkrieg bezogen resümiert Yergin: „Das Erdöl war entscheidend für den Verlauf und das Ergebnis des Zweiten Weltkrieges im Fernen Osten und in Europa. Die Japaner griffen Pearl Harbor an, um ihre Flanke zu schützen, . . . Aber Amerikas Ölvormacht erwies sich als entscheidend, und gegen Ende des Krieges waren die deutschen und japanischen Treibstofftanks leer.“356 Daher galt seit dem 2. Weltkrieg der Rohstoff Öl als strategischer Rohstoff für die US Führungselite. Hierzu schrieben bereits Eich und Hübener: „In den USA fand der Begriff ´strategische Rohstoffe` erstmals zwischen den beiden Weltkriegen Anwendung. ... Für die Kriegführung von zentraler Bedeutung war nunmehr die Versorgung mit Eisenerz und Kohle. ... Bald kam ein weiterer Rohstoff hinzu, der weltweit von überragender Bedeutung werden sollte: Erdöl. ... 1944 ergänzte der ´US-Munitons Board`: 353 Yergin, Daniel: Der Preis - Die Jagd nach Öl, Geld und Macht, S. Fischer Verl., Frankfurt / Main 1991, S. 481 ff. 354 Ebenda, S. 487. 355 Ebenda, S. 438. - 159 - ´Strategische und kritische Rohstoffe sind jene Rohstoffe, die sich als lebenswichtig in einem Kriegeszustand erweisen und deren Beschaffung in adäquaten Mengen in entsprechender Qualität und Zeit hinreichend ungewiß ist.“357 Der strategische Rohstoff schlechthin blieb aber nach wie vor das Erdöl. Die strategische Bedeutung des Erdöl sollte sich auch bald in Europa bemerkbar machen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs spielte das Erdöl im Mittleren Osten eine sehr wichtige Rolle, im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau Westeuropas und dem Marshall-Plan. Ohne die US Dominanz in der erdölreichen Region wäre die rapide Restauration Westeuropas in der Allianz der Nato nicht möglich gewesen.358 4.5 Die Nachkriegsordnung der USA und der Mittlere Osten Die USA hatten nicht nur während des 2. Weltkriegs die Grundlagen mit Bretton Woods für eine von ihnen geführte Wirtschaftsordnung nach dem Krieg eingeleitet, sie nutzten ihre neue Siegerstellung auch gleich um den westeuropäischen Markt und etwas später den Ölmarkt des Mittleren Ostens zu erschließen. So schrieb Brentjes: „Die USA nutzten die Lage Westeuropas, um mittles einer ´Wirtschaftshilfe` ihre Vormachtstellung auf dem ´alten` Kontinent zu konstituieren. Der im Juni 1947 verkündete Marschall-Plan hatte u.a. die Schaffung eines Ölmarktes in Westeuropa zum Ziel, für das die hiesige Kohlenförderung ausgeschaltet wurde. ... An die Stellung der Lieferungen aus den USA, die den Bedarf 1946 noch zu 77 Prozent deckten, trat schon bald das Nahost-Öl. 1951 kamen vier Fünftel der verbrauchten Ölmenge von dort.“359 Der rapide Wiederaufbau von Westeuropa wäre ohne das Öl aus dem Mittleren Osten undenkbar gewesen. Der Wohlstand den die ganze westliche Welt und vor allem Europa schon in den 60er Jahren anfing zu genießen, war daher nur über das billige Öl des Mittleren Ostens möglich. Damit wurde dieses Erdöl zum billigsten Energierohstoff, der einen sehr lang anhaltenden ökonomischen Boom erst ermöglichte.360 356 Ebenda, S. 12. 357 Eich, Dieter / Hübener, Karl-L.: Die strategischen Rohstoffe – Ein politisches Handbuch, Peter Hammer Verl., Wuppertal 1988, S. 15 f. 358 Millis, Walter (Ed.): The Forrestal Diaries - The Inner History of the Cold War, Cassell & Compnay Ltd., London 1952, S. 266. Hornung, Klaus: Krisenherd Naher Osten - Geschichte und Gegenwart einer konfliktreichen Region, Überarbeitete & erw. Ausg., Heyne Verl., München 1993, S. 162. 359 Rupp, Rainer / Brentjes, Burchard / Günther, Siegwart-Horst: Vor dem dritten Golfkrieg, S. 90 f. 360 Hornung, Klaus: Krisenherd Naher Osten – Geschichte und Gegenwart einer konfliktreichen Region, Heyne Verl., München 1993, S. 162. - 160 - Das Öl spielte auch die Hauptrolle beim US inszenierten Putsch im Iran 1953, der den Sozialistenführer Mossadeq beseitigte. Mossadeqs Bewegung war den USA ein Dorn im Auge, da dieser das persische Öl verstaatlichen ließ und somit den direkten US Zugriff stoppte. Der Kampf um das Öl im Mittleren Osten zwischen den USA und der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien wird durch folgende Statistik offensichtlich. Zwischen 1940 und 1967 steigerten die multi-national agierenden US Ölkonzerne ihre Kontrolle über die Ölreserven des Mittleren Ostens von 10 auf fast 60 Prozent, während die unter britischer Kontrolle stehenden Reserven von 72 Prozent 1940 auf 30 Prozent 1967 fielen.361 Zahlreiche US Direktiven, die als Doktrin der jeweiligen US Präsidenten zu deren Amtszeit veröffentlicht wurden, bestätigen wie sehr die US Regierung die Golfregion als essentiell für ihre Interessen sehen. So gesehen sind die Eisenhower Doktrin, die Carter Doktrin und die Bush Doktrin identitisch; wie ein US Energieanalyst bestätigte ist die Bush Doktrin von 1990, die gegen den Irak verwendet wurde, eine defensive Unterstützung für ölreiche konservative Regime die von Außen bedroht werden.362 Daher wurden beide die Eisenhower und die Carter Doktrin als Reaktionen auf die sowjetische Bedrohung gerechtfertigt, während es eigentlich immer nur um die Kontrolle des Erdöls der Region ging.363 Es läßt sich also an Hand von den offiziellen US Direktiven und Dokumenten eindeutig nachweisen, daß der Mittlere Osten und die Golfregion eine absolute Priorität bei der US Außenpolitik seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts besaßen. 1943 war es das persönliche Abkommen zwischen US Präsident Franklin Roosevelt und dem damaligen saudischen König gewesen, das in Saudi Arabien den US Einfluß und (notfalls) Zugang sichern sollte. Am 12. März 1947 verkündete US Präsident Harry Truman die mittlerweile bekannte „Truman-Doctrine.“ Ihr Grundsatz war: ´Totalitäre Regierungen, die freien Völkern durch direkte oder indirekte Aggression aufgezwungen werden, untergraben die Fundamente des internationalen Friedens und damit die Sicherheit der Vereinigten Staaten.`364 Diese Doktrin, die die Sowjetunion von weiterer Expansion abhalten sollte, war 361 Magdoff, Harry.: Age of Imperialism, S. 43, zitiert in: Irak Krieg – Das angekündigte Verbrechen, Marxistiche Blätter, Special, 1-2003, Neue Impulse Verl., Essen 2003, S. 6. 362 Krapels, Edward: “The Commanding heights: International oil in a changed world”, International Affairs, Vol. 69, No. 1, January 1993, S. 74, zitiert in: Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo- American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 117. 363 Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo-American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 117. 364 Bailey. Thomas: A Diplomatic History of the American People, New York 1964, S. 797, zitiert in: Mackey, Sandra: Der Arabische Traum – Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion der Araber, Bastei Lübbe Verl., Köln 1995, S. 487. - 161 - der Startschuß zum Kalten Krieg.365 Am 5. Januar 1957 veröffentlichte die US Regierung die Eisenhower-Doktrin. „Als Ergänzung zur Truman-Doktrin bot sie jedem Staat im Nahen Osten wirtschaftliche Hilfe und militärische Unterstützung an, der von einer kommunistischen Machtübernahme bedroht war.“366 Als 1961 die Kennedy Regierung ihr Amt antratt besaß sie kein klares politisches Konzept für die Nahost Region. Kennedy versuchte mittles eines Hilfsprogramms, die radikaleren arabischen Staaten mehr an die USA zu binden. Washington vor allem erhofft sich hiervon die Position Nassers im arabischen Lager zu schwächen. Die Nachfolge Regierung, die nach dem tragischen Attentat auf Kennedy, sich immer mehr im Vietnamkrieg verstrickte, konnte kaum irgend etwas im Nahen Osten bewirken. Als dann in den späten 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Nixon Regierung versuchte, die turbulenten Jahre im Mittleren Osten (1967-1974) in den Griff zu kriegen, zeigte sich immer mehr, daß Henry Kissinger, als Außenminister und gleichzeitiger Sicherheitsberater Nixons, der eigentliche Gestalter der US Nahostpolitik geworden war. Kissinger versuchte sich als ehrlicher Makler zu präsentieren, dies konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß er eindeutig die Position Israels ergriff, indem er Israel zusicherte, daß die USA nicht mit der PLO verhandeln würde, bevor diese Israels Existenzrecht anerkannt und dem Terrorismus abgeschworen haben. Die Arabien-Kennerin Makay bezeichnete Kissingers Position Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre gar als: „... Herrscher über die Außenpolitik der USA während der Regierungen Nixon und Ford ...“367 Am 6. Oktober 1973 kam es zum 3. Krieg zwischen Israel und den Arabern. Die Israelis wurden völlig überrascht und Verteidigungsminister Dayan sprach schon vom Untergang Israels. Israel dachte, daß seine atomaren Waffen die Araber vor einem Angriff abhalten würden. Auch konventionell sahen die Israelis sich als absolut überlegen und vertrauten primär auf ihre starke Luftwaffe, wobei sie die Luftabwehrsysteme der Araber völlig unterschätzen, die ihre Luftwaffe neutralisieren würden. Die Anfangsphase des Krieges lief besser, als die arabischen Militärs es sich hätten wünschen können. Erst die Vorbereitung eines atomaren Gegenschlags Israels verbesserte für jene die dramatische Lage, da beide Supermächte dies mitbekamen und darauf reagierten. Die USA sah sich daher gezwungen Israel direkt militärisch massiv zu unterstützen, während die Sowjets, die Araber, über die atomare Bedrohung, informierten. Was letztendlich den Krieg deeskalieren ließ.368 Der 365 Mackey, Sandra: Der Arabische Traum, Köln 1995, S. 487. 366 Ebenda, S. 491. 367 Ebenda, S. 493, 496 f., 500 f. 368 Perlmutter, Amos / Handel, Michael / Bar-Joseph, Uri: Two Minutes Over Bagdad, Corgi Books, London 1982, S. 46 f. - 162 - Krieg führte direkt zur ersten Ölkrise. Als arabische Staaten die Öllieferung an den Westen dramatisch einschränkten, was den Preis per Barrel von $ 1,80 1970 auf $ 11,65 im Dezember 1973 springen ließ369, bereiteten sich die USA auf einen möglichen Krieg am Golf vor. 1973 begann das Pentagon mit diesen Vorbereitungen. Jährliche Manöver fanden in der Mojave Wüste, Alkali Canyon genannt statt, bei denen man Marinetruppen und Landstreitkräfte gegen Soldaten in libyschen und irakischen Uniformen kämpfen ließ. Strategen bereiteten öffentlich Pläne für eine Invasion am Golf und die Besetzung der Ölfelder vor. Kuwait und Saudi Arabien nahmen diese Pläne über die Schlesinger sprach 1974 so ernst, daß sie ihre Ölfelder vermienten. 1977 erklärte Senator Henry Jackson: "Ein Engagement zur Verteidigung der Ölquellen am Golf und für die politische Stabilität der Region ist für die Vereinigten Staaten stets von lebenswichtigem Interesse." Präsident James Earl Carter verkündigte seine "Carter Doctrin" und man beschloß im Pentagon eine schnelle Eingreiftruppe speziell für den Golf bereitzustellen. Diese wurde von dem Pentagon als Rapid Deployment Joint Task Force (R.D.J.T.F) bezeichnet.370 Als US Präsident James Carter ins Weiße Haus einzog, veränderte sich die US Nahostpolitik zum ersten Mal zu Gunsten der Palästinenser, da Carter als erster US Präsident gewillt war, einen innenpolitischen Streit wegen der Palästinenserfrage zu riskieren, ferner akzeptierte er nicht die israelische Invasion Libanons, als März 1978 israelische Truppen den Südlibanon okkupierten. Letztendlich verlor Carter aber seine innenpolitische Schlacht, um die Rechte der Palästinenser.371 Innenpolitisch deutlich geschwächt mußte er dem starken pro-Israel- Lobby in den USA nachgeben. Seine Carter Doktrin, die im Januar 1980 verkündet wurde, markiert eine Wendung in den US-Nahost Beziehungen, da nun die USA öffentlich klar stellten, daß sie das Eindringen einer fremden Macht in der Region nicht nur nicht dulden würden, sondern wenn nötig es sogar militärisch revidieren würden. Diese Doktrin wurde primär wegen der sowjetischen Invasion Afghanistans und dem Sturz des Schah Regimes im Iran für notwendig gehalten. Die Carter Doktrin war auch eine Kehrtwendung im Hinblick auf die Nixon-Doktrin, da man es nun nicht mehr, wie in der Nixon Doktrin stipuliert, den einzelnen Nationen überließ, ihre Verteidigung selbst zu gestalten.372 Die Carter Doktrin ließ diesbezüglich keine Klarheit vermissen: 369 Skeet, I.: OPEC – Twenty-five Years of Prieces and Politics, Cambridge 1988, S. 103, in: Yergin, Daniel: Der Preis – Die Jagd nach Öl, Geld und Macht, S. Fischer Verl., Frankfurt/Main 1991, S. 763. 370 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 8 f. 371 Ebenda, S. 502-505. 372 Conflict in the Persian Gulf (Gordon, Murray Ed.), Facts on File Books, New York 1981, S. 127. - 163 - Any attempt by any outside force to gain control of the Persian Gulf region will be regarded as an assault on the vital interests of the United States of America and such an assault will be repelled by any means necessary, including military force.373 Damit war klar, daß Washington den Persischen Golf als seine Einflußsphäre betrachtete. Um seinen Worten mehr Ausdruck zu geben, ließ Carter die Rapid Deployment Forces formieren. Diese beruhten auf starken modernen Eingriffsstreitkräfte, die Ende der 80er Jahre eine Truppenstärke von 400 000 Mann besaß und damit eine äußerst schlagkräftige militärische Option für Krisenfälle in der Golfregion für US Präsidenten gaben. Ägypten und Saudi Arabien waren in einem solchen Fall die Rolle der Junior-Partner zugedacht worden.374 Im Jahre 1981 versichterte die Reagan Regierung, daß sie die interne Sicherheit Saudi Arabiens gewähren würden, und einen Umsturz, wie er 1979 im Iran statt fand daher nicht dulden würde.375 4.6 Die US Position bezüglich Kuwait und die Suez-Krise Auch im Bezug auf Kuwait war die US Politik mindesten seit den 60er Jahren klar gewesen. Aus einem offiziellen Dokument der US Regierung geht eindeutig hervor, daß diese stets den Status Quo in der Region erhalten wollte, da dies deren Zugriff auf die Region gewähre. The US State Department noted in 1962 that it would be ´undesirable to have oil resources of Kuwait and Iraq or Kuwait and Saudi Arabia under sway of any single government [sic]´. The reason was that the maintenance of ´Kuwait’s independent status` was the ´best means of preserving Western stakes in this important segment of ME [Middle Eastern] oil´.376 Hier zeigt sich eindeutig, daß die USA schon mindestens seit 1962 ihre Politik in Bezug auf Kuwait festgelegt hatten, d.h. Kuwait durfte sich nicht mit dem Irak oder mit Saudi Arabien vereinigen, da sonst die Interessen des Westens, sprich der USA, nicht mehr gewährleistet wären. Schon im September 1950 machten das US State Department in einem offiziellen Dokument seine Position bezüglich des Öls der Region klar: 373 Kupchan, Charles: The Persian Gulf and the West -The Dilemmas of Security, Allen / Unwin, London 1987, S. 85 ff., zitiert in: Curtis, Mark: The Great Deception – Angol-American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 146. 374 Stein, George (Hrsg.): Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 49 375 McNaugher, Thomas: Arms and Oil – US Military Strategy and the Persian Gulf, Brookings Institution, Washington D.C. 1985, S. 87 f. 376 Circular Airgram from the Department of State to the Embassy in Kuwait and the Embassy in the United States, 26 January 1962, Foreign Relations of the United States, 1961-1963, Vol. XVII, S. 439. - 164 - Control of this source of energy, important in peace and war, is a desirable goal in itself ... oil companies are instrumental and can be more instrumental in contributing to the attainment of overall US policy objectives for the area.377 4.7 Die Verdrängung der Briten und Etabilierung der US Vormachtstellung am Golf Der erste ernste Konflikt zwischen den USA und G.B. und Frankreich, den ehemaligen Kolonialnationen des Mittleren Ostens, kam mit dem Suez-Krieg von 1956, als die USA überraschend die Seite der arabischen Staaten ergriffen und die Briten und Franzosen zum allmählichen Rückzug aus dieser Region zwangen.378 Die US Führung tat dies nicht aus moralischen Gründen, sondern um ihre eigene Vormachtstellung in der Region etablieren zu können. Aber schon beim gemeinsamen anglo-amerikanischen Unternehmen Mossadeq im Iran zu stürzen, zeigte sich schnell, daß die Briten salopp artikuliert den kürzeren gezogen hatten, da sie in Folge des Umsturzes ihre alleinige Kontrolle über das iranische Öl verlierten und es nun mit den Amerikanern teilen mußten.379 1968 verkündeten dann die erheblich geschwächten Briten, daß sie sich aus der Region zurückziehen wollten, um dies dann 1971 zu bewerkstelligen.380 Nun blieb nur noch die Sowjetunion als Supermacht, die die imperialen und hegemonialen Tendenzen der US Regierung verhindern konnte. Während des Kalten Kriegs war daher die primäre Aufgabe der US Außenpolitik im Mittleren Osten, die Ausgrenzung der Sowjetunion aus dieser Region.381 4.8 Der dritte US Irak Krieg als weiterer Ölkrieg Wie schon erwähnt, sind die USA mit ihrer fragilen Ökonomie seit dem 2. Golfkrieg von 1991 noch anfälliger für billigeres Öl aus dem Mittleren Osten geworden. Zahlreiche Studien und Bücher sind eher einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, daß auch der forcierte 3. Golfkrieg von 2003 ein Ölkrieg der USA war, da die USA nur über 2 % der weltweiten Ölvorräte verfügen, während sie 25 % verbrauchen, müssen sie, um die Hegemonie zu 377 State Department, “Middle East Oil”, September 1950, Foreign Relations of the United States, 1950, Vol. V, S. 80. 378 Mackey, Sandra: Der arabische Traum – Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion der Araber, Bastei Lübbe Verl., Köln 1995, S. 119 ff. 379 Grobe-Hagel, Karl: Irakistan – Der Krieg gegen den Irak und der “Kreuzzug” der USA, ISP Verl., Köln 2003, S. 187. Curtis, Mark: The Great Deception – Anglo-American Power and World Order, Pluto Press, London 1998, S. 11. 380 Yetiv, Steve A.: The Persian Gulf Crisis, Grenwood Press, Westport Conneticut / London 1997, S. 48. - 165 - erlangen, daß Öl des Mittleren Ostens kontrollieren.382 Gegenwärtig (2002) stammen ca. 24 % der Ölimporte der USA aus dem Mittleren Osten und es wird erwartet, daß diese Menge ansteigt, da andere Quellen versiegen.383 Der derzeitige Anteil am Verbrauch der Weltölproduktion der USA beträgt ca. 40 %, während sich der heutige Verbrauch der USA, von ca. 20 Millionen Barrel am Tag, sich in den kommenden 14 Jahren bis 2020 auf wahrscheinlich 27,5 Millionen b/d steigern wird. Simultan werden die in den USA geförderten Ölmengen, primär wegen Erschöpfung der eigenen Quellen, zurück gehen. Fachschätzungen gehen davon aus, daß die USA dann nur 35 % ihres Bedarfs aus eigener Produktion decken können, gegenüber z. Z. (2002) 44%.384 Der Grund warum der heutige hoch Ölpreis nicht zu weiteren aggressiver Expansion der USA geführt hat liegt eben am 3. Irak-Krieg der Bush Regierung. Da diese sich mit dem Krieg als Kriegsgewinner die Ölreserven des Iraks auf lange Sicht gesichert hat. Dies ist um so bedeutender, da das US Energieministerium die Ölreserven des Irak auf 220 Milliarden Barrel schätzt. Um sich ein Bild davon zu machen was dies ökonomisch, sowie realpolitisch bedeutet, muß erwähnt werden, daß diese irakischen Reserven allein dafür ausreichen würden die Öleinfuhren der USA auf ihrem heutigen Niveau für die nächsten 98 Jahre zu decken.385 Und selbst wenn nur von den nachgewiesenen 112 Milliarden irakischen Ölreserven ausgegangen wird so sind dies immer noch mehr als doppelt so viel wie in Rußland und fast das zehnfache der Kaspischen Meer Region. Der US Militärexperte Michael Klare hat nachgewiesen, daß einzig die Kontrolle über diese Menge im Irak, mit seinen zweit größten Ölreserven der Welt, den imensen Ölbedarf der US Wirtschaft für die nächsten 15-20 Jahre stillen kann. Diese Tatsache gewinnt noch an Gewicht, da die USA im Jahre 2020 2/3 ihres Öls importieren müssen.386 Wenn dies in Verbindung mit der Hegemonietheorie gebracht wird, die besagt, daß mit fortschreitender Zeit die Rohstoffe schwinden, dann wird klar, wie sehr dies die Konkurrez zwischen den Großmächten in Zukunft anheizen wird. Somit haben die USA einen gerade zu klassichen geo-strategisch ökonomischen Vorsprung über ihre 381 Siehe u.a.: U.S.-Soviet Relations – The Next Phase (Horelick, Arnold L. Ed.), Cornell University Press, Itahca / London 1986. 382 Der Irak Krieg – Das angekündigte Verbrechen, “Die imperialen Ambitionen der USA“, Neue Impulse Verl., Marxistische Blätter Special 1-2003, Essen 2003, S. 10. 383 Ebenda, 384 Grobe-Hagel, Karl: Irakistan – Der Krieg gegen den Irak und der “Kreuzzug” der USA, ISP Verl., Köln 2003, S. 182. 385 Magdoff, Harry / Foster, Bellamy John / McChesney, W. Robert / Sweezy, Paul: “Die Imperialen Ambitionen der USA und der Irak” zitiert aus: Irak Krieg – Das Angekündigte Verbrechen, Marxistische Blätter, Special 1-2003, Neue Impulse Verl., Essen 2003, S. 10. 386 Böhnel, M.: “Das Ölen der Räder des Krieges“ in: Neues Deutschland, Berlin, 28.10.2002, S. 7., zitiert in: Woit, Ernst: „Kolonialkriege für eine `Neue Weltordnung`“, aus: Irak Krieg – Das Angekündigte Verbrechen, Neue Impulse Verl., Essen 2003, S. 25 - 166 - Rivalen durch ihren siegreichen Irak Krieg 2003 errungen. So daß sie die größten Ölreserven der Welt am Golf unter ihre Kontrolle bzw. Einfluß gebracht haben.387 Denn ohne diese ist eine Hegemonie einfach nicht machbar, da schon allein die riesig US Militärmaschine ohne ungestörte Ölversorgung so gut wie nutzlos wäre. DIE GOLFKRISE UND DER 2. GOLFKRIEG 1990-1991 5.0 U.S.-Irak Beziehungen nach dem Ersten Golfkrieg Während des 1. Golfkriegs waren die Reagan Administration stets bemüht, den Irak militärisch zu unterstützen, um vor allem einen Sieg des Iran zu verhindern. Im Gegensatz zum 2. Golfkrieg gab es von der US Regierung keine Verurteilung dafür, daß der Irak den Iran am 22. September 1980 angegriffen hatte. Dieser Angriff stellte eine klare irakische Mißachtung des internationalen Gesetzes da, und somit einen Verstoß gegen die UN- Resolution 479, die schon am 28. September ein Ende der Kriegshandlungen forderte.388 Die Gründe für die US Außenpolitik sind eindeutig: Der Iran galt als Feind Nummer eins im Mittleren Osten, denn das Iranische Regime wollte seine Islamische Revolution über den ganzen Golf ausbreiten, was für den Westen und besonders die U.S.A. verheerende Folgen haben würde. Die Politik, die die U.S.A. im Golf verfolgten, hatte stets darauf beruht, den Status Quo zu erhalten, d.h. die Stabilität mußte gewährleistet sein. Während des 1. Golfkriegs gingen die U.S.A. sogar soweit, nicht nur jede Menge Waffen über Jordanien nach Irak einzuschleusen, sondern sie zeigten sich auch bereit, den Irakern die Geheiminformation ihrer Spähsatelliten zur Verfügung zu stellen, damit diese immer bestens über den Verlauf ihres Kriegs gegen den Iran aufgeklärt waren.389 Die US Unterstützung an US-Waffen für den Irak began Juni 1983, nachdem die US Security Council feststellte, daß eine Niederlage für den Irak zugleich ein Debakel für die USA sei390, sie belief sich bis kurz vor der 387 Seifert, Thomas / Werner, Klaus: Schwarzbuch Öl – Eine Geschichte von Gier, Krieg, Macht und Geld, Zsolnay Verl. Berlin 2005, S. 209-218. 388 Hiro, Dilip: The Longest War – The Iran-Iraq Military Conflict, Routledge, N.Y. 1991, S. 288. 389 Clark, Ramsey (and others): War Crimes - A Report on United States Crimes Against Iraq, Maisonnuve Press, Washington D.C. 1992, S. 78, 64. 390 Preece, M. Richard: United States-Iraqi Relations, Library of Congress, Government Printing Office, Washington, DC, July 1986, S. 12. - 167 - irakischen Invasion Kuwaits auf 50 Milliarden Dollar.391 Diese Waffen wurden illegal über verdeckte Konten sowie Drittländer, unter anderen Ägypten, Jordanien und ironischer Weise sogar Kuwait, an den Irak geliefert.392 Diese Kooperation führte auch dazu, daß die Amerikaner in Bagdad ihr eigenes Gebäude hatten, in welchem sie die Geheiminformationen während des Ersten Golfkriegs direkt an die Iraker gaben.393 Nach dem 1. Golfkrieg änderten sich die U.S.-Irak Beziehungen schlagartig. Der Krieg endete nach 8 langen Jahren am 20. August 1988 mit einem Waffenstillstand zwischen den beiden Golfstaaten. Und fast augenblicklich verschlechterte sich Iraks Image in den U.S.A. Am 8. September erklärte Washington mit Entsetzen, daß der Irak Giftgas gegen die Kurden eingesetzt habe. Daß dieser dies schon während des Golfkrieges gegen den Iran mit fatalen Folgen getan hatte, wurde damals kaum zur Kenntnis genommen, aber jetzt dafür um so mehr. Selbst ein früherer Hungerstreik der Kurden, vor dem UN Gebäude, wurde von Washington nicht zur Kenntnis genommen. Nicht viel später sprach sich der Senat im U.S. Kongreß eindeutig für Sanktionen gegen den Irak aus, diese wurden aber nicht implementiert. Des weiteren sollten die Attacken des State Departments zwei Jahre lang gegen den Irak gerichtet sein. Als Saddam Hussein Israel in seiner Rede vom 2. April 1990 drohte, daß er mit Giftgas halb Israel vernichten würde, wenn Israel etwas gegen den Irak unternehmen würde, wurde dies aufgegriffen und der Irak wurde zum potentiellen Aggressor erklärt.394 Dabei wurde völlig darüber hinweggesehen, daß Hussein in dieser Rede auch den Vorschlag machte, den Mittleren Osten in eine biologisch-, chemisch-, und atomare freie Zone zu verwandeln.395 Kurz nach dieser Warnung an Israel sagte Saddam einem arabischem Sachbearbeiter: "Sag den Vereinigten Staaten, daß unsere Aussage nur für domestische Zwecke gültig ist. Wir haben keine Absicht Israel Schaden zu zufügen.“396 Saddam hatte diese Äußerung wohl nicht ohne Begründung gemacht, denn 1981 hatten die Israelis gegen Internationales Recht verstoßen, indem sie den irakischen Osirak Reaktor bombardierten und zerstörten und nun 391 Covert Operations, the Persian Gulf, and the New World Order, Christic Institute, Washington D.C. 1991, S. 8., zitiert in: Clark, Ramsey (and others): War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 64. 392 Clark, Ramsey (and others): War Crimes, S. 64. 393 Friedman, Alan: Spider´s Web - The Secret History of How the White House Illegally Armed Iraq, N.Y. 1993, S. 27. Graubard, R. Stephen: Mr. Bush´s War - Adventures in the Politics of Illusion, N.Y. 1992, S. 15. 394 Clark, Ramsey: The Fire This Time - U.S. War Crimes in the Gulf, Thunder´s Mouth Press, N.Y. 1992, S. 19 f. 395 Ebenda, S. 20. 396 Khalid, Bin, Sultan: Desert Warrior - A Personal View of the Gulf War by the Joint Forces Commander, HarperCollins. London, 1995, S. 159. - 168 - drohten, dies wieder zu tun397, während der israelische Außenminister am 5. Dezember 1990 warnte, daß Israel den Irak angreifen würde, wenn die USA den Irak nicht zwinge, sich aus Kuwait zurück zuziehen und sein Militär zerstörten.398 Hussein wollte mit seiner Drohung einen weiteren Angriff dieser Art verhindern. Aber die U.S. Politik begann jetzt einen härteren Kurs gegen den Irak einzuschlagen, sie verhängte kurz nach Ende des 1. Golfkriegs de facto Sanktionen gegen den Irak, die nicht von der UN gebilligt waren und die die wirtschaftliche Situation im Irak noch verschärften.399 Aber die Beziehungen zwischen den zwei Staaten waren keineswegs eindeutig in eine Richtung limitiert. Während die U.S.A. diplomatischen und ökonomischen Druck auf den Irak ausübten, waren sie zu gleichen Zeit bereit, auch weiterhin den Irak mit Technologien zu beliefern, die militärische sowie zivile Bedeutung hatten. Bei diesen Lieferungen ging es um fortgeschrittene Computer, Radiogeräte, Graphikterminale mit den man Raketen entwerfen kann und deren Flug analysieren kann, Maschinen, Werkzeug und bestimmte Geräte, die es erlauben, Satellitenbilder zu interpretieren. Was dabei höchst merkwürdig erscheint, ist ein Artikel, der in der Washington Post erschien. In jener Zeitung wurde über Handelsunterlagen berichtet, die dem Kongreß übergeben worden waren, fünfzehn Tage, bevor der Irak am 2 August in Kuwait einmarschierte. In diesem Artikel wurde bestätigt, daß die Bush Regierung Lizenzen für $4.8 Millionen an fortgeschrittenen Technologieprodukten an den Irak verkaufte. Diese Handelspolitik wurde genau bis zu dem Tag vor der Invasion Kuwaits durchgeführt, als die Bush Regierung $695.000 in fortgeschrittenen Data-Transmissions Geräten an den Irak verkaufte.400 Außerdem war: „Die militärische Zusammenarbeit mit dem Irak . . so eng, daß noch im Juli 1990 gemeinsame militärische Manöver der USA und des Irak für Ende 1990 geplant waren.“401 Es ist wohl schon etwas zynisch in Anbetracht der Situation, wenn man, wie George Bush genau darüber unterrichtet ist (von den vielen U.S. Geheimdiensten), daß eine mögliche Invasion Kuwaits bevorsteht, und wenn man dann trotzdem noch einen Tag zuvor, praktisch diese Invasion indirekt unterstützt, in dem man dem Aggressor U.S. Waffentechnologie sendet. 397 Clark, Ramsey: The Fire This Time - U.S. War Crimes in the Gulf, Thunder´s Mouth Press, N.Y. 1992, S. 20. 398 Graubard, Stephen R.: Mr. Bush´s War - Adventures in the Politics of Illusion, I.B. Tauris, London / New York 1992, S. 118. 399 Wass, Murray: „Who Lost Kuwait?“, Village Voice, January 22, 1991, zitiert in: Clark, Ramsey: The Fire This Time - U.S. War Crimes in the Gulf. Thunder´s Mouth Press. N. Y. 1992, S. 21. 400 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War. Prometheus Books. Buffalo, N.Y. 1991, S. 70 f. 401 Ambrose, Stephen: Rise to Globalism - American Foreign Policy since 1938, New York 1993, S. 382, zitiert aus: Hacke, Christian: Verdammt zur Weltmacht - Die amerikanische Außenpolitik von Kennedy bis Clinton, Propyläen Verl., Berlin 1997, S. 464. - 169 - Trotz dieser indirekten Unterstützung war die Situation für den Irak und Saddam Hussein alles andere als gut. Nach Acht Jahren eines sinnlosen Krieges war der Irak mit etwa 100 Milliarden Dollar verschuldet und selbst für ein ölreiches Land, wie den Irak, war dies eine immense Bürde, die es verkraften mußte.402 Des weiteren waren im Irak nach dem ersten Golfkrieg immer noch 1 Millionen Soldaten bewaffnet, viele von ihnen waren während des Krieges eingezogen worden, um gegen die iranischen Menschenwellenangriffe Verteidigung zu leisten.403 Hussein mußte diese enttäuschte bewaffnete Masse unter Kontrolle halten, denn sie könnten jeder Zeit zu der Übereinstimmung kommen, daß er das Land mit seinem Krieg gegen den Iran finanziell ruiniert hatte. Die drastische Lage, in der sich Hussein 1990 befand, wurde von Joe Stork und Ann M. Lesh geschildert: Saddam began to see himself encircled not only by international forces but also by regional powers. In Janurary 1990 Turkey halted and afterwards severely restricted the flow of water past the new Ataturk Dam on the Euphrates River into Syria and Iraq. By July, Saddam said publicly that a third of Iraq`s population was directly affected by the water shortage. Saddam placed the Turkish actions in the context of his hypothesized international conspiracy against Iraq, since Turkey is a member of NATO, has diplomatic relations with Israel, and has even offered to sell water to Israel. Imperialist powers in league with Israel, he asserted, were using Turkey to block Iraqi economic development and prevent its emergence as the leading regional power.404 Saddam Hussein befand sich also seit Anfang 1990 in einer kritischen Lage, er mußte zugleich mit Druck von Außen wie von Innen zurechtkommen und die Wirtschaftslage machte ihm und seiner Bevölkerung schwer zu schaffen. 5.1 Die USA verlangen Zugriff auf das irakische Erdöl Ein wichtiges Ereignis fand im Juni 1989 statt, als eine hochrangige Delegation des amerikanisch-irakischen Wirtschaftsforum auf Einladung Husseins nach Bagdad reiste. Dieser Delegation gehörten Alan Stoga der Beratungsfirma Kissinger Associates an, dazu gesellten sich Vorstandsmitglieder von Bankers Trust, Mobil Oil, Occidental Petroleum und andere multinationale US-Firmen. Es ging um das Thema Badusch-Staudamm, ein gewaltiges 402 Salinger, Pierre/Laurent, Eric: Krieg am Golf - Das Geheimdossier, Hanser Verl., 1991, S. 7. Die Schulden des Iraks vor dem Golfkrieg, sind in der Golfkriegs Literatur nicht eindeutig zitiert, einige Quellen gehen von einer irakischen Verschuldung in Höhe von $80 Milliarden aus während andere von $100 bis $120 Milliarden sprechen. Der Autor hält Summen von $80-100 Milliarden am authentischsten. 403 Ebenda. - 170 - Bewässerungsprojekt, das 40 Milliarden Dollar kostete und den Irak innerhalb von fünf Jahren von Nahrungsmittelimporten unabhängig gemacht hätte. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Land nämlich auf teuere Lebensmittelimporte angewiesen. Ferner hatte der Irak US- Gesellschaften angeboten, in einen umfassenden petrochemischen Komplex, Düngermittelbetriebe, ein Stahlwerk und ein Fahrzeugwerk zu investieren, um so die Entwicklung des Landes zu fördern. Die US-Geschäftsleute wollten aber nicht darauf eingehen. Statt dessen bestanden sie darauf, Hussein müsse zuerst seine Staatsschulden in Ordnung bringen und zu diesem Zweck seine nationale Ölindustrie wenigstens zum größten Teil „privatisieren.“ Natürlich lehnte Hussein einen solchen Ausverkauf der irakischen Ölindustrie an die Amerikaner ab. Daß die US-Geschäftsleute es auf die Ölreserven des Iraks abgesehen hatten, kam nicht von ungefähr. Denn nach verfügbaren anglo-amerikanischen Untersuchungen sollen im irakischen Wüstensand die ergiebigsten, bisher nicht öffentlich zugegebenen Ölreserven der Welt liegen. Auf Grund der gescheiterten Verhandlungen wurde dem Irak dann später noch im gleichen Jahr ein Kredit, der von Präsident Bush schon zugesagt war und sich auf $ 2,3 Milliarden belief, verweigert. Die Auswirkung der Sperrung dieses wichtigen Kredits zu dem Zeitpunkt, als der Irak quasi pleite war, bedeutete, daß der Irak Anfang 1990 plötzlich und unerwartet total von westlichen Bankkrediten ausgeschlossen war. Dies mußte unweigerlich dazu führen, daß sich die Wirtschaftskrise im Irak ausdehnte.405 5.2 Irak-Kuwait Beziehungen nach dem Ersten Golfkrieg Das Jahr 1988 ist geprägt von zunehmenden Differenzen zwischen dem Irak und Kuwait über den Verlauf der gemeinsamen Grenze. Schon am 8. August 1988, nur einen Tag nach dem Iran einem Waffenstillstand mit Irak zugestimmt hatte brach Kuwait den OPEC-Vertrag, indem es seine Erdölproduktion, vor allem im Rumeila-Feld, drastisch erhöhte, das zwischen dem Irak und Kuwait als äußerst umstritten gilt406 (beide Staaten erheben Anspruch auf das umstrittene Grenzgebiet das ein Ölfeld beinhaltet).407 Martin Petrosch konstatiert aber, daß die Ölvorkommen des Rumeila-Feldes, das in den späten 60er Jahren entdeckt wurde, „zu 98% auf irakischem Territorium [liegen], nur etwa zwei Meilen reichen auf kuwaitisches 404 Blumberg, Herbert H. / French, Christopher C.: The Persian Gulf War - Views from the Social and Behavioral Sciences, University of America Press, Lanham / London 1994, „Background to the Crisis: Why War?“, von Joe Stork und Ann M. Lesch, S. 23. 405 Engdahl, William F.: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht - Der Weg zur neuen Weltordnung, Dr. Böttinger Verl., 3. Aufl., Wiesbaden 1997, S. 332 f. 406 Salinger, Pierre/Laurent Eric: Secret Dossier: The Hidden Agenda Behind the Gulf War, S. 2, 46- 63, 94-117, 112, 114, zitiert in: Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 14. - 171 - Gebiet.“408 Der irakische Vize-Premier Saadun Hamadi reiste durch die Golfstaaten wegen der bedrohlichen finanziellen Situation des Iraks, um neue Kredite zu bekommen. Er wies noch einmal auf den Verfall des Ölpreises hin, weil die OPEC auf Drängen Kuwaits seit Sommer 1988 dreimal die Förderquoten erhöht hatte. Saddam Hussein empfand das Vorgehen Kuwaits als Provokation und Verrat. Das zusätzliche Öl erhöhte die ohnehin schon vorhandene Überproduktion und führte zu massiven Preisstürzen auf dem Öl Weltmarkt: der Rohölpreis fiel von 21 auf 11 Dollar. Allein hier durch fiel das Einkommen Iraks, daß zu über 90% auf Erdölexporte angewiesen ist, um 14 Milliarden Dollar pro Jahr.409 Aber damit gaben sich die Kuwaitis nicht zufrieden, im März 1989 verlangten sie eine 50% Erhöhung ihrer OPEC Quote. Diese Forderung wurde aber auf der Juni-Tagung der OPEC Konferenz zurückgewiesen, was den kuwaitischen Ölminister Scheich Ali Al-Khalifa veranlaßte anzukündigen, daß sich Kuwait nicht mehr an Ölquoten halten würde. Dies ließ Kuwait, die Förderung auf zwei Millionen Barrel pro Tag ansteigen.410 Salinger und Laurent beschreiben in ihrem Buch Krieg am Golf, daß Kuwait beabsichtigte, die strittigen Ölfelder an der Rumailah Ölfeld Grenze zwischen dem Irak und Kuwait stärker auszunutzen. Damit brach Kuwait den OPEC Vertrag und beschleunigte Bagdads Wirtschaftskrise. Salinger und Laurent schreiben daher in ihrem erwähnten Buch: „Dem Land drohte regelrecht der Erstickungstod.“411 Während im 1. Golfkrieg der Irak gegen den Iran kämpfte, verschob Kuwait seine Grenze nordwärts und besetzte 900 Quadratmeilen, (inklusive des Rumailah- Ölfeld) die dem Irak gehörten. Mit Schrägbohr-Technologie, aus den U.S.A., pumpten die Kuwaitis das Öl dann aus unbestreitbar irakischen Gebiet. Auf dem Höhepunkt des Irak-Iran Krieges verkaufte Kuwait dieses Öl, an die irakischen Kunden, die der Irak wegen des Krieges nicht beliefern konnte.412 Der Krieg hatte zu der enorm hohen Verschuldung der Iraker geführt. Die Verschuldung belief sich kurz vor dem 2. August 1990 auf ungefähr $100 Milliarden, dies betrug fast das Doppelte des Bruttosozialprodukts (1989). Dazu gesellten sich noch die Kriegskosten des 1. Golfkriegs, die sich auf $230 Mrd. für den Wiederaufbau im Irak beliefen. Der Irak gab $23 407 Clark, Ramsey: The Fire This Time, S. 89, 214. 408 Petrosch, Martin: „Die Geschichte wiederholt sich“, in: CODE, Nr. 4, April 1991, S. 52. 409 New York Times, September 3, 1990, S. A 7, von: Hayes, Thomas: „Big Oilfield Is at the Heart of Iraq-Kuwait Dispute,“. Vgl. auch: Clark, Ramsey: The Fire This Time, Thunder´s Mouth Press, N.Y. 1992, S. 14. Salinger, Pierre/Laurent Eric: Krieg am Golf. Hanser. München. 1991, S. 2, 8, 46-63, 94- 117, 112, 114. 410 Los Angeles Times, December 2, 1990, „Congress Must Take a Hard Look at Iraq´s Charges Against Kuwait,“ von Henry G. Schuler, zitiert in: Clark, Ramsey: The Fire This Time, S. 14. 411 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf - Das Geheimdossier - Die Katastrophe hätte verhindert werden können, Hanser Verl., München / Wien 1991, S. 7f. 412 Clark, Ramsey: The Fire This Time - U.S. War Crimes in the Gulf, N.Y. 1992, S. 14. - 172 - Mrd. im Jahr im Ausland aus. $3 Mrd. für Lebensmittel, $9 Mrd. für Importe, $5 Mrd. für Rüstung, $5 Mrd. für den Schuldendienst und $1 für ausländische Arbeitertransfers. Von den Öleinkünften erhielt der Irak $13 Mrd., was bedeutete, daß er mit $10 Mrd. jährlich verschuldet war, bevor an den Wiederaufbau des Landes gedacht werden konnte.413 Das meiste Geld schuldeten sie Saudi Arabien und Kuwait. Kuwait hatte dem Irak während des 1. Golfkriegs 13 Milliarden Dollar zu Kriegführung gegeben, nach dem der Iran Kuwait direkt bedroht hatte. Saudi Arabien hatte Irak während des Krieges $22 Mrd. zur Disposition gegeben.414 Nun aber verlangten die Kuwaitis, im Gegensatz zu den Saudis, das Geld mit Zinsen zurück.415 Wie aber jeder Politiker im Mittleren Osten wußte, war diese Aufforderung lächerlich und aus irakischer Sicht sogar provokativ. Die Iraker behaupteten nämlich zurecht, daß ihr Volk für den Schutz und Wohlstand der restlichen Golfstaaten bluten mußte, während die Kuwaitis Mitte der achtziger Jahre das höchste pro Kopf Einkommen der Welt genossen, daher konnte keine Rede von einer Rückzahlung sein. Nachdem der irakische Delegierte Hammadi von einer Erklärung des kuwaitischen Erdölminister nach Bagdad zurückkehrte, mußte er feststellen, daß Kuwait die erhöhten Förderquoten bis Oktober 1990 beibehalten würde. Diese feindliche Erdölförderungspolitik Kuwaits war eine schwere Last für den Irak. Das jährliche Einkommen aus Ölexporten belief sich für den Irak auf $9,5 oder $10 Milliarden. Es gab daher keine Hoffnung, daß der Irak seinen Verbindlichkeiten Kuwait gegenüber nachkommen konnte, der Irak schien unausweichlich auf den Bankrott zu zusteuern. Diese finanzielle Krise konnte auch nicht durch die maximale Ölföderrung aller irakischen Ölfelder kompensiert werden, was dann auch eine Überschreitung der Ölquoten zur Folge hätte. Iraks Einkommen belief sich im Jahr 1989 auf $13 Milliarden, während die Ausgaben bei ungefähr $24 Milliarden lagen. Die Auslandsschulden standen bei ungefähr $100 Milliarden. Es war nötig, mit dem Wiederaufbau Iraks zu beginnen, aber das, so westliche Ökonomen, würde 20 Jahre dauern, sogar wenn der gesamte Ölreichtum dafür aufgewendet würde. Die Kosten des Kriegs mit dem Iran, von dem Saddam geglaubt hatte, das er vier oder fünf Tage dauern würde, waren kaum berechenbar.416 Des weiteren wurde klar, daß es nicht mehr nur um 413 Blumberg, Herbert H. / French, Christopher C.: The Persian Gulf War - Views from the Social and Behavioral Sciences, University Press of America, Lanham / London / New York 1994, S. 130. 414 Ebenda. 415 Ridgeway, James: The March to War - From Day One to War´s End and Beyond, Four Walls Eight Windows, N.Y. 1991, S. 147. 416 Chand, J. C. Shri: Gulf Crisis Pre-War & Post-War Scenario, Ramnager, New Dehli 1991, S. 2, 39 f. Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 14. Simpson, John: From the House of War - John Simpson in the Gulf, London 1991, S. 98. Simpson zitiert Iraks Einnahmen für 1989, als $13 - 173 - Überproduktion ging, Bagdad beschuldigte vielmehr Kuwait, es habe Militärposten innerhalb des irakischen Territoriums installiert und seit 1980 für mehr als 2,4 Milliarden Dollar Erdöl aus dem irakischen Teil vom Rumaila Ölfeld gestohlen.417 Das aus dem Rumaila Ölfeld (das sich drei Meilen nach Kuwait erstreckt418) gestohlene Öl wurde im Verhältnis von 25,000 Barrels pro Tag aus dem Ölfeld gepumpt und wurde nur durch amerikanische Schrägbohr- Technologie ermöglicht.419 Ralph Shoenman berichtete diesbezüglich, daß Kuwaitis die aus Kalifornia stammende Santa Fe Drilling Corporation kauften, die sich auf Schrägbohrungen spezialisiert hatte.420 Hierüber schrieb Martin Petrosch: „Der spezielle Punkt, der den Irak gegen Kuwait aufbrachte, waren illegale Schrägbohrungen, die die Scheichs über das eigene Territorium hinaus betrieben. Durch das Anzapfen des nachbarlichen Ölfeld konnte das Emirat jährlich sechs Milliarden Dollar zusätzlich einnehmen, Summen also, die Bagdad im gleichen Moment verloren gingen.“421 Um für daß gestohlene Öl aufzukommen, verlangte der Irak eine 99 jährige Pachtung von der Hälfte des Bubiyan Ölfelds und die Überreichung der Souveränität von Warbah, einem weiterem Ölfeld (Die beiden Ölfelder waren schon immer umstritten), die Streichung der irakischen Schulden und einen Kredit von $10 Milliarden. Dies würde auch die lang ersehnte irakische Anerkennung der kuwaitischen Landesgrenzen garantieren. Ansonsten, so drohte Hussein, dessen Geduld strapaziert wurde: „Wenn Worte uns nicht mehr schützen können, dann haben wir keine andere Wahl, als zu Taten zu greifen, um unsere Rechte zu schützen.“ Am 17. Juli als er diese Rede hielt, bewegten sich irakische Truppen in Richtung der kuwaitischen Grenze, um Saddams Worten Ausdruck zu verleihen.422 Man muß aus fairer weise sagen, daß dies eine plausibles Angebot war und daß es die einzige Möglichkeit für den Irak war, einem Bankrott zu entgehen. Kuwait war zu diesem Zeitpunkt eins der reichsten Länder der Welt, dessen Bürger ein Pro Kopf Einkommen hatten, daß an der absoluten Weltspitze rangierte.423 Ferner hatte Kuwait einen Reserve-Fond für zukünftige Milliarden, der Autor geht von etwa $10 Milliarden aus. Desweiteren zitiert Simpson $80 Milliarden als irakische Außlands Verschuldung. 417 Salinger, Pierre/Laurent, Eric. Krieg am Golf, Hanser Verl., München / Wien 1991, S. 43. 418 Anderen Quellen zur Folge erstreckte es sich nur zwei Meilen nach Kuwait. Siehe u.a.: Petrosch, Martin: „Die Geschichte wiederholt sich“, in: CODE, Nr. 4, April 1991, S. 52. 419 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 14. 420 Shoenman, Ralph, „How the U.S. Set Up Iraq´s Invasion of Kuwait,“ Socialist Action Magazine, December 1990, S. 4. 421 Petrosch, Martin: „Die Geschichte wiederholt sich“, in: CODE, Nr. 4, April 1991, S. 52. 422 Salinger, Pierre/Laurent, Eric. Krieg am Golf. S. 37, 43. Aggarwal, J. C: Gulf Crisis, S. 2. Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg: Chronologie einer programmierten Katastrophe, Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 61. 423 Aggarwal, J. C: Gulf Crisis, S. 5. - 174 - Generationen, der sich auf mindestens auf $100 Milliarden beläuft (manche behaupten sogar $250 Milliarden), welche die Kuwait Investment Authority, mit ihren Sitz in London begutachtete.424 Die kuwaitische Herrscherfamilie, die Al Sabah´s besitzen, fast unglaubliche $60 Milliarden. Was letztendlich bedeutet, daß die Regierung, welche in Wirklichkeit, die Al Sabah Familie ist, $160 Milliarden direkt oder indirekt kontrolliert.425 Wenn man dazu noch weiß, daß Kuwait vor dem 2. Golfkrieg, jährlich mehr als $6 Milliarden von dem kuwaitischen Investitionen im Ausland verdiente, was sogar noch mehr ist als die Einkünfte durch das Verkaufen von Öl,426 so schien es nicht allzu viel verlangt zu sein, wenn die Kuwaitis auf die Angebote der Iraker eingegangen wären. Kuwait hätte mit Leichtigkeit auf das irakische Angebot eingehen können, einen Krieg verhindern, und immer noch sein äußerst luxuriöses Dasein führen können. 5.3 Präsident Bush übernimmt Kontrolle über die Irakpolitik Nur 3 Tage nach der Golfkrise verkündete Präsident Bush praktisch im Alleingang seine kompromißlose Vorgehensweise gegenüber Saddam Hussein und dem Irak. Bei der Analyse der Dokumente zur Golfkrise wird deutlich, daß Bush enormen Druck auf den Irak ausübte, als die meisten Beobachter eher zum Kompromiß rieten. Während einige Beobachter eine Zurückhaltung forderten, startete Bush eine diplomatische Offensive gegen Saddam Hussein. Bush beschrieb die Konfrontation mit Saddam Husseins Irak als einen persönlichen Kreuzzug zwischen Gut und Böse. „For the president, the war was a personal crusade: a black-and- white struggle between good and evil; an opportunity ´to stand up for what´s right and condemn what´s wrong.`”427 Am besten beschrieb die kanadische Professorin Jean Smith den kompromißlosen Stil von Bush: “When some sought compromise, Bush held firm. When some sought delay, Bush pressed ahead. When some cautioned restraint, the president went all out. No deals, no negotiations, no face-saving exit. Iraq must withdraw from Kuwait, and Saddam Hussein must be humiliated.”428 Ähnlich wie Saddam Hussein, dirigierte Bush die US Außenpolitik gegenüber dem Irak, mit einer kleinen Clique: seinem natinalen 424 Financial Times, 10. August 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, London 1992, S. 112 f. 425 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, London 1992, S.113. 426 Financial Times, 10. August 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, London 1992, S. 112 f. 427 News Conference Remarks, November 30, 1990 Weekly Compilation of Presidential Documents, Administration of George Bush, 1990, S. 1948. 428 Weekly Compilation of Presidential Documents, Administration of George Bush, 1990, S. 1216, TV Address, August 8, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry & Holt Comp., N.Y. 1992, S. 1. - 175 - Sicherheitsberater, Brent Scowcroft, Staatssekretär James Baker, Verteidigungsminister Dick Cheney und wann immer es opportun schien, mit Colin Powell als Oberkommandeur der Streitkräfte. In den Worten von Smith: „The National Security Council lapsed into an informal men´s club.”429 Schon sehr früh in der Krise, am 5. August übernahm Bush im Alleingang die Politik gegenüber dem Irak, als er auf dem Rasen des Weißen Haus verkündete: „This will not stand“430, wobei er die irakische Invasion Kuwaits meinte. Schon hier zeigte sich wie unilateral die Exekutive vorging. Da zu diesem Zeitpunkt weder der Kongreß konsultiert wurde, das State Department nicht informiert und das Militär nicht vorbereit war. Sogar die nähsten Kabinettsmitglieder waren nicht auf diese Aussage ihres Präsidenten vorbereitet. Es gab kein Treffen der wichtigen National Security Council und auch keine Debatte.431 Selbst General Powell beschrieb Bushs Vorgehen, als ob dieser einen Revolver hätte und „drauf los ballern würde“. „... it was as if ´the president had six-shooters and was blazing away.´”432 Nachdem Bush Monate lang eine kompromißlose Politik gegenüber Saddam Hussein betrieb, änderte er diese völlig um 180 Grad, im dem er abrupt entschied am 30. November 1990 Tarik Aziz (Iraks Außenminister) nach Washington einzuladen (und Baker nach Bagdad zu schicken). Dieses diplomatische Manöver beseitigte den Druck, der bis dato auf Saddam Hussein bestand und überzeugte diesen, daß Washington es doch nicht ernst gemeint hatte, daher in lezter Minute nachgeben würde und einen Kompromiß um Kuwait aushandeln würde. Die US Allierten waren entsetzt, das State Department überrascht und der Kongreß diesbezüglich völlig unvorbereitet gewesen.433 Hiermit war ein möglicher Rückzug in letzer Minute zum Scheitern gebracht, da nun Saddam Hussein davon ausgehen könnte, daß die USA also doch einen diplomatischen Kompromiß suchten, um sich nicht auf einen (wie er dachte verlustreichen) Krieg einzulassen. Präsident Bushs Aktionen während der Golfkrise sprechen eine klare Sprache: er wollte einen Konflikt mit dem Irak zu einem Krieg eskalieren lassen, um die USA zur Hegemonialmacht im Mittleren Osten zu machen. Diesbezüglich schraubte er seine Forderungen an Saddam Hussein mit zunehmender Zeit immer höher, bis es zu einer Eskalation kommen mußte. Smith resümiert daher prägnant: „...Bush disdained to deal with Baghdad. Throughout the crisis, he escalated American aims and made war all but inevitable. 429 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry & Holt Comp., N.Y. 1992, S. 2. 430 Weekly Compilation of Presidential Documents, Administration of George Bush, 1990, S. 1209, 3:05 P.M., August 5. 1990 on the South Lawn of the White House. 431 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry & Holt Comp., N.Y. 1992, S. 6. 432 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. / London / Toronto / Sydney / Tokyo / Singapore 1991,S. 243. 433 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry & Holt Comp., N.Y. 1992, S. 6. - 176 - In early August 1990, Washingon´s announced goal was to defend Saudi Arabia. By September, it had become the liberation of Kuwait and the return of the emir to power. In October, Bush advocated war crimes trials for Iraq´s leadership. Then, in November, he altered the defensive configuraton of Desert Shield, adding another 230,000 troops to provide an ´offensive option.´ By December, the policy of economic sanctions had been rejected, and a U.N. ultimatum for Iraq´s withdrawl from Kuwait had been imposed. That was acompanied by new demands that Iraq´s chemical and nuclear weapons be destroyed. Throught that period, Bush remained in personal control of American policy. Baghdad´s overtures for settlement, often garbled in the double-talk of the Middle East, were abruptly dismissed. George Bush, it seems, wanted a fight, and, as future historians will point out, he provoked Saddam into obliging him. … Throughout the crisis, Bush dissembled. American forces were ordered to the Gulf ostensibly to thwart an Iraqi attack on Saudi Arabia. …. Early efforts to implement an ´Arab solution` that would have effected an Iraqi withdrawal from Kuwait were deliberately torpedoed by the White House. At the same time, Bush publicly castigated Saddam for his intransigence.”434 “…Bush discarded economic sanctions and, over the visible reluctance of the military high command, selected war as the preferable option. That, too was disguised. Not untill eight days after signing the presidential order doubling the size of Central Command did Bush inform the Congress and the American people. … Throughout the crisis, Bush acted with a small coterie of subordiantes. Expert opinion was screened out, and the National Security Council rarely met in structured fashion. … Ultimately, it was George Bush´s personal preferences that determined American policy. … Congress was kept in the dark as to administration motives until it was too late to offer effective critisism.”435 5.4 Vorbereitungen der U.S.A. auf die Krise im Golf 1977 erklärte Senator Henry Jacksons Ausschuß für Energie und Bodenschätze: "Ein Engagement zur Verteidigung der Ölquellen am Golf und für die politische Stabilität der Region ist für die Vereinigten Staaten stets von lebenswichtigem Interesse."436 1979 wurde der Schah gestürzt, er war bis dahin der wichtigste Partner der U.S.A. und als die Garantie gegen mögliche Aufstände gesehen. Sein Ende im Iran war für die U.S. Außenpolitik ein schwerer Schock und zeigte den Amerikanern wie leicht man ihrer Interessen im Golf 434 Ebenda, S. 254. 435 Ebenda, S. 254 f. 436 Clark, Ramsey: Wüstensturm, Göttingen 1995, S. 35. - 177 - zunichte machen kann. Präsident James Earl Carter verkündigte seine "Carter Doctrin" und man beschloß im Pentagon eine schnelle Eingreiftruppe, speziell für den Golf, bereit zustellen. Diese wurde von dem Pentagon als Rapid Deployment Joint Task Force (R.D.J.T.F) bezeichnet.437 Zur richtigen Ausführung der neuen U.S. Interventionsstrategie war der Kriegsplan 1002 aus der frühen Reagan-Ära entwickelt worden. Er besagte, daß jeder Bedrohung amerikanischer Interessen im Golf mit militärischen Mitteln entgegen zu wirken sei.438 1983 wurde die schnelle Eingreiftruppe dem CENTCOM Oberkommando unterstellt und insgeheim wurde das Netz geheimer Militärbasen in Saudi Arabien ausgebaut. Diese 20 Basen waren sogar so modern, daß es sie nicht einmal in den U.S.A. selbst gibt. Sie kosteten 200 Milliarden Dollar. Der amerikanische Journalist Scott Armstrong beschrieb sie, als unentbehrlich für den Golfkrieg, diese Geheimbasen waren das Überwachungssystem des gesamten Krieges. Ohne sie hätte der Krieg wahrscheinlich ein oder zwei Jahre gedauert. Ohne sie hätten die Amerikaner nicht gewußt, was sie getroffen hätten und sie sind der Grund warum die irakische Luftwaffe es erst gar nicht gewagt hatte, gegen die Amerikaner anzufliegen. Die Zielgenauigkeit von amerikanischen Radars, Kampfflugzeugen und Raketen wäre ohne diese Basen um 25% schlechter gewesen, als sie es im Golfkrieg war. Entscheidungen, die in Minuten gemacht wurden, hätten ohne diese Basen Wochen oder gar Monate gedauert. Die U.S.A. hätten den Krieg zwar trotzdem noch gewonnen aber höchstwahrscheinlich mit 30 bis 40 000 toten Soldaten. Armstrong glaubt, daß die U.S.A. den Golfkrieg daher nicht ohne die Basen geführt hätten.439 1987 wurde General Norman Schwarzkopf Jr. Befehlshaber des CENTCOM. 1989 wurde der CENTCOM Kriegsplan 1002 umgeändert in CENTCOMs Kriegsplan 1002-90. In dieser neuen Version waren nun die Iraker die einzigen Gegner, der U.S. Truppen. Die letzten zwei Zahlen standen für das Jahr 1990. Auf Schwarzkopfs Anweisungen begann CENTCOM mit der Entwicklung von Planspielen gegen den Irak. 1990 wurden mindestens vier dieser gegen den Irak gerichteten Szenerien - einige gingen von der Annahme einer irakischen Invasion Kuwaits aus - vor der tatsächlichen Invasion durchgespielt. Eines der ersten, die Computersimulation "Internal Look", fand im Januar 1990 statt und im Juni ließ Schwarzkopf in gewaltigen Szenerien tausende von US-Soldaten gegen bewaffnete Divisionen der Republikanischen Garde antreten. Im Mai 1990 hatte das Zentrum für Strategische und internationale Studien (CSIS), eine Denkfabrik in Washington, 437 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 8 f. 438 Ebenda. - 178 - eine zwei Jahre zuvor begonnene Studie abgeschlossen, die den Ausgang eines Kriegs zwischen den Vereinigten Staaten und dem Irak prognostizierte. Diese Studie wurde, so ein Mitarbeiter, Major James Blackwell (a.D.), im Pentagon unter Kongreßabgeordneten und Rüstungsfirmen verbreitet.440 Was einen nun wohl kaum mehr verwundern kann, ist die Tatsache, daß die irakische Invasion Kuwaits das Szenario für die intensive US-Planung darstellt. Was sollte man hier wohl noch hinzufügen außer, daß man einen Krieg wohl kaum besser planen kann! Schwarzkopf spielte also seine Computersimulationsspiele, die ihm im Hauptquartier in Florida genau sagten, wie der Krieg ablaufen würde. Daß er nicht nur wußte, daß der Irak Kuwait angreifen würde sondern auch noch, daß dies alles 1990 passieren würde, ist wirklich erstaunlich. Aber letztendlich wird man feststellen können, daß solche Prophezeiungserkenntnisse höchst ungewöhnlich sind, um es einmal gelinde auszudrücken. Vielmehr erhärtet sich hier der Verdacht, daß Herr Schwarzkopf schon längst wußte, daß ein Krieg zwischen dem Irak und Kuwait bevorstand. Dies wäre auch keineswegs abwegig, da eine US Studie mit Präzision einen Krieg zwischen dem Irak und Kuwait voraussagte. Im Mai und Juni 1990 wurden das Pentagon, der Kongreß und Verteidigungsbeauftragte vom Center for Strategic and International Studies der Georgetown University davon in Kenntnis gesetzt, daß eine Studie über konventionelle Kriegsführung resümierte, daß der wahrscheinlichste Krieg der ausbrechen würde, welche eine amerikanischen Reaktion benötigte, ein Krieg zwischen dem Irak und Kuwait oder Saudi Arabien sein würde.441 Nach dem vernichtendem Krieg mit dem Iran verkündete Saddam Hussein sein 40 Milliarden Dollar Programm, für den friedlichen Wiederaufbau seines Landes. In einer auf Anfrage des Instituts für strategische Studien der US-Kriegsakademie vorgelegten Untersuchung hieß es 1990 dazu: Es steht nicht zu erwarten, daß Bagdad irgend jemanden zu einer militärischen Konfrontation provozieren wird. Seinen Interessen ist zur Zeit und in nächster Zukunft mit dem Frieden am besten gedient... Die Einkünfte aus Ölverkäufen könnten ihm ökonomisch gesehen zu einem Platz in den vordersten Reihen der Staaten verhelfen. Die Stabilität im Nahen Osten ist dem Verkauf von Öl nur 439 Mother Jones November / December 1991, zitiert in: Bainerman, Joel: The Crimes of a President - New Revelations on Conspiracy & Cover-Up in the Bush & Reagan Administrations, Spi. N.Y. 1992, S. 220 f. 440 Clark, Ramsey: The Fire This Time. N.Y. 1992, S. 10 f., zitiert aus den Quellen:, Triumph Without Victory - The Unreported History of the Persian Gulf War, U.S. New & World Report, N.Y. 1992, S. 28 ff., & Kapitel 2, zitiert aus: Mathews, Tom, et al., „The Road to War,“ Newsweek, January, 28, 1991, S. 54, 57, 58, 60, 61. 441 Blackwell, James (Major): Thunder in the Desert - The Strategy and Tactics of the Persian Gulf War, Bantam Books, New York 1991, S. 86 f. - 179 - förderlich; Störungen wirken sich langfristig nachteilig auf den Ölmarkt und damit für den Irak aus... Gewalt ist nur wahrscheinlich, wenn sich die Irakis ernstlich bedroht fühlen ... Nach unserer Überzeugung ist der Irak grundsätzlich einer nicht-aggressiven Strategie verpflichtet und bestrebt, im Laufe der nächsten Jahre seinen Militärapparat beträchtlich zu verkleinern. Die wirtschaftlichen Bedingungen zwingen praktisch zu solchen Maßnahmen... Es scheint keinen Zweifel daran zu geben, daß der Irak nun, nach dem Ende des Krieges, demobilisieren will.442 5.5 U.S.-Kuwait Beziehungen vor dem Golfkrieg Historisch gesehen, waren die Beziehungen zwischen Kuwait und der U.S.A. nie gut gewesen. Kuwait war ironischerweise immer einer der ausgesprochen anti-amerikanischen Golfstaaten im Mittleren Osten. Dies änderte sich jedoch fast schlagartig, nachdem sich die Lage zwischen Kuwait und dem Irak zuspitzte. Die Kuwaitis setzten schon von Anfang an auf die Amerikaner und ließen dies auch die Iraker auf den Krisen Gipfeltreffen merken, als sie sagten, daß sie „mächtige Freunde haben“; auf dem Jidda Gipfeltreffen mit den Irakern sagte Scheich Sabah wörtlich „Wir werden nicht [auf die Iraker] reagieren . . . . Wenn es ihnen nicht gefällt, laßt sie unser Territorium besetzen . . . wir werden die Amerikaner herholen.“443 War es Zufall, daß die Kuwaitischen Herrscher sich plötzlich so kampflustig gegen den größeren Nachbarn stellten, wo gleichzeitig die Planer im Pentagon den Irak im Visier hatten? Wenige Kuwaitis glaubten das. In einem Artikel für The New Yorker zitiert der Nahostexperte Milton Viorst Ali Al-Bedah, einen kuwaitischen Geschäftsmann und pro- demokratischen Aktivisten: ´Ich glaube, daß die Königsfamilie ohne den Druck seitens der Amerikaner niemals Schritte unternommen hätte, um Saddam zu provozieren.`444 Viorst zitierte auch Dr. Mussama Al-Mubarak, einen Politikwissenschaftler der Universität von Kuwait: ´Ich weiß nicht, was die Regierung dachte, aber sie ist auf eine äußerst harte Linie eingeschwenkt, was mich vermuten läßt, daß die Entscheidungen nicht in Kuwait allein getroffen wurden. Ich nehme an, daß Kuwait sich in diesen Angelegenheiten ganz selbstverständlich abstimmt mit Saudi-Arabien und Großbritannien, ebenso wie mit den Vereinigten Staaten.`445 Viorst interviewte sowohl amerikanische als auch kuwaitische Regierungsmitglieder. Der kuwaitsche Außenminister Scheich Al-Salem Al-Sabah erklärte, daß General Schwarzkopf nach dem iranisch-irakischen Krieg Kuwait regelmäßig besuchte. 442 Pelletiere, Stephen C. at all. Iraqi Airpower and U.S. Security in the Middle East, Strategic Studies Institute, U.S. Army War College, Carlisle, PA, zitiert in, Clark, Ramsey: Wüstensturm, Lamuv Verl., Göttingen 1995, S. 39. Vgl. Clark, Ramsey: The Fire This Time. N.Y. 1992, S. 11 f. 443 Ebenda, S. 18. Salinger, Pierre/Laurent, Eric: Krieg am Golf, München 1991, S. 76. 444 Milton, Virost: „A Reporter At Large: After the Liberation“, The New Yorker, 30. Sept. 1991, S. 37- 73, zitiert in, Clark, Ramsey: Wüstensturm, Göttingen 1995, S. 43. - 180 - Er sagte: ´Schwarzkopf war einige Male, hier, um sich mit dem Kronprinzen und dem Verteidigungsminister zu treffen. Es wurden Routinebesuche daraus, um die militärische Zusammenarbeit zu erörtern, und als die Krise mit dem Irak bereits ein Jahr schwelte, wußten wir, daß wir uns auf die Amerikaner verlassen können.`446 Ein US-Vertreter in Kuwait bestätigte die Einschätzung des Scheichs: ´Schwartzkopf kam vor dem Krieg zu Besuchen hierher, vielleicht einige Male im Jahr. Er war eine politischer General, an sich etwas Ungewöhnliches. Er engagierte sich persönlich sehr stark und war mit allen Ministern in Kuwait praktisch per du.`447 Ein Dokument, das von irakischen Soldaten in Kuwait City entdeckt und sichergestellt wurde dokumentiert das komplizenhafte Verhältnis zwischen den USA und Kuwait. Auf den 22. November 1989 datiert, wurde es weder von den kuwaitischen Exilregierung noch von der amerikanischen Regierung dementiert, und läßt den Ursprung der Krise in einem neuen Licht erscheinen. Laut Professor für Journalismus Michael Emery übergaben die Iraker kurz nach der Invasion dieses Dokument an die Presseagentur Reuter. Jenes bestand aus einem Brief General Fahd Ahmed Al-Fahds, Sicherheitschef des Emirs, an den Innenminister Kuwaits. In dem Brief kündigte der General (der bei Einnahme Kuwait Citys ums Leben kam) „...in Übereinkunft mit Anordnungen des Emirs an, daß er selbst und ein anderer kuwaitischer Sicherheitsbeamter ´das Hauptquartier des CIA von 12. bis 18. November besucht hatten´. Nach dem er feststellt, daß die U.S.A. ´besondern Wert auf absolute Geheimhaltung des Besuchs legten um bei unseren Brüdern im Golfkooperations-Rat (Iran und Irak) keine Empfindlichkeiten aufkommen zu lassen´, führte der General acht Hauptpunkte an Übereinstimmungen auf, die er von seinem privaten Treffen am 14. November mit CIA-Chef William Webster mitbrachte.“448 Ferner schrieb der General, nach der Zustimmung zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen dem Kuwaiti State Security Department (KSSD) und dem CIA, welche US Hilfe bei der EDV-Ausstattung der KSSD-Büros einschloß, in Gegenleistung für Information über die `Bewaffnung und die sozialpolitischen Strukturen des Iran und Irak`449(.) Das Dokument wurde dem Generalsekretär der UN Perez de Cuellar vorgelegt. Es bestätigt das Zusammentreffen von Fahd Hakmad el-Fahd, dem kuwaitischen Direktor der 445 Clark, Ramsey: Wüstensturm, S. 44. 446 Ebenda. 447 Ebenda. 448 Emery, Michael: „Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, in : Chomsky, Noam / Benin, Joel, u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 86. 449 Ebenda, S. 86 f. - 181 - Staatssicherheit und CIA Direktor William Webster. Und richtet sich an den Innenminister. Memorandum, und Paragraph 5 lautet: Wir stimmen mit der amerikanischen Seite übereingekommen, daß es wichtig wäre, die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage im Irak auszunutzen, um die Regierung dieses Landes zu veranlassen, unsere gemeinsame Grenze festzulegen. Die CIA hat uns die Druckmittel dargelegt, die sie für angemessen hält, und hat präzisiert, daß eine breite Zusammenarbeit zwischen uns eingeführt werden müßte, unter der Bedingung, daß die Aktivitäten auf hoher Ebene koordiniert würden.450 Der irakische stellvertretende Premierminister und Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Tarik Asis, schickte das Dokument am 24. Oktober 1990 an den damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen. In seinem beiliegenden Brief beklagte Asis u.a. folgendes: „Dieses gefährliche Dokument beweist die zwischen dieser Regierung [Kuwait] und der Regierung der Vereinigten Staaten existierende Verschwörung, um die Situation im Irak zu destabilisieren. . . . Es ist unvorstellbar, daß ein Regime wie jenes, das vor dem in Kuwait an der Macht war, sich in ein Komplott dieses Ausmaßes gegen ein so großes und mächtiges Land wie den Irak einlassen könnte, ohne die Unterstützung und den Schutz einer Großmacht zu genießen. Diese Macht ist keine andere als die Vereinigten Staaten. ... Es handelte sich in Wirklichkeit um eine organisierte Konspiration, an der sich die ehemaligen Herrscher Kuwaits, mit Unterstützung der Vereinigten Staaten, mit fest umrissener Absicht beteiligten, um die Wirtschaft des Irak zu destabilisieren, seine Verteidigungsfähigkeit gegen die imperialistischen Pläne Israels und die Aggression der arabischen Welt zu untergraben. Dafür sollte das politische System des Irak ausgehöhlt und die Hegemonie der Vereinigten Staaten über die Region, insbesondere über die Ölressourcen verstärkt werden.“451 Die CIA stritt die Echtheit des Dokuments natürlich ab und behauptete, das Thema Irak sei "bei der Begegnung" nicht erörtert worden, bei diesem Dokument handele es sich um eine Fälschung („total fabrication“).452 Zahlreiche Experten hingegen bestätigten seine Authentizität. Es liefert aussagekräftige Beweise und dokumentiert den Wirtschaftskrieg Kuwaits und der Vereinigten Staaten gegen den Irak - ein Krieg, den die USA lange nach der Vertreibung irakischer Streitkräfte aus Kuwait mit Sanktionen auch weiterhin mit unverminderter Härte 450 Salinger, Pierre / Laurent Eric: Krieg am Golf - Das Geheimdossier - Die Katastrophe hätte verhindert werden können, Hanser Verl., München / Wien 1991, Anhang, S. 222 f. 451 Brief von Tarik Asis an den Generalsekretär der UNO, vom 24. 10. 1991, zitiert in Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf, S. 219 f., der Brief wird wie das wichtige Dokument vom 22.11.89 im Anhang des Buches in voller Länge wiedergegeben. 452 Los Angeles Times, November 1, 1990, S. 14, zitiert in: Blum, William: Killing Hope - U.S. Military and CIA Interventions since World War II, Common Courage Press, Monroe Maine 1995, S. 323. - 182 - durchführten.453 Die Echtheit des Dokuments wurde indirekt durch Teilnehmer der arabischen Unterhandlungsdelegationen bestätigt, als diese sagten: „... daß die Kuwaitis . . . mit Enthusiasmus an einer von westlichen Geheimdiensten gegen den Irak ins Leben gerufenen verdeckten Wirtschaftskampagne teilhatten.“454 Auch ließ die Los Angeles Times ihre Leser wissen, daß das Dokument keine Fälschung sei, denn wenn die Iraker es gefälscht hätten, wäre es viel schlimmer ausgefallen, was den Ruf der USA und Kuwait betrifft, als dies der Fall war. „The memo is not an obvious forgery, particularly since if Iraqi officials had written it themselves, they almost certainly would have made it far more damaging to U.S. and Kuwaiti credibility.“455 Induktiv ergibt sich dann hieraus auch die Begründung, warum Kuwaits Herrscher den irakischen Drohungen, während der Golfkrise im Sommer 1990, so locker und geradezu zynisch provozierend gegenüber standen. Exemplarisch war z.B. das Auftreten des kuwaitischen Außenministers Sheich Sabeh Ahmed am 30. Juli 1990, also nur 2 Tage vor der irakischen Invasion seines Landes, als er auf einer Krisenkonferenz mit den Jordaniern sich überhaupt nicht besorgt über die Iraker zeigte. Stattdessen wurde darüber berichtet, wie er sich über die Iraker in sarkastischer Art äußerte. „We are not going to respond [to Irak]. . . . If they don´t like it, let them occupy our territory. . . . We are going to bring in the Americans.“456 In diesem Moment erkannt der Scheich, daß er sich einen Faux Pas geleistete hatte und fügte laut einer Quelle rasch hinzu: `Nun, ihr wißt was an dieser Sache unangenehm ist . . . , es ist die israelisch-amerikanische Dimension.`457 Später, in der selben Woche, bestätigte keine geringerer als der Kronprinz von Kuwait, daß man seit jeher alles über die amerikanischen Absichten wisse. Ganz in diesem Sinne hätte er seinen ranghöchsten Offizieren mitgeteilt, falls eine Invasion statt finden würde, sollten sie die Iraker für 24 Stunden zurückhalten; dann würden die Amerikaner und ausländische Streitkräfte in Kuwait landen und die Iraker vertreiben.458 Ferner hatte der kuwaitische Öl- und Finanzminister nach dem Krieg erklärt, daß die USA Kuwait nicht im Stich lassen würden, denn dafür hatte er schon selbst gesorgt, nur Saddam Hussein hatte dies nicht verstanden: „But we knew that the United States would not let us be overrun. I spent too much time in 453 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 15 f. 454 Emery, Michael: Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“ zitiert aus: Chomsky, Noam / Beinin, Joel, u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992, S. 83. 455 Los Angeles Times, „Kuwaiti Document“, November 1, 1990, S. 14. 456 Emery, Michael: „How the U.S. Avoided Peace,“ Village Voice, March 3, 1990, S. 22. Die deutsche Version dieses Artikel ist in dem wichtigen Buch von u.a. Chomsky, Beinin: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg unter dem Titel „Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, (S. 81-100) erschienen. 457 Chomsky, Beinin: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, „Wie Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, Betrag von Michael Emery, S. 90. - 183 - Washington to make that mistake, and received a constant stream of vistitor here. The American policy was clear. Only Saddam didn´t understand it.“459 Auch auf dem Krisengipfeltreffen, das die Kuwaitis als aller letzte Chance ansehen mußten, einem militärischen Angriff Iraks aus dem Wege zu gehen, der Konferenz in Jidda vom 31. Juli, benahmen sich die Kuwaitis trotzig und ablehnend gegenüber den Irakern. Über die Atmosphäre des Gipfeltreffens urteilte Wolfgang Eggert: „Das Gipfeltreffen wurde, gespickt mit kuwaitischen Provokationen, zum Fiasko.“460 Als Hussein dann quasi mit gepackten Koffern in Bagdad zur Abreise zum Treffen in Jidda bereit war, ließ der Emir von Kuwait nur drei Stunden vor Beginn des Treffens mitteilen, er würde die Reise nicht antreten und sich durch den eindeutig viel rangniedrigeren Kronprinz von Kuwait vertreten lassen, wurde diese Nachricht von Hussein als ´tödliche Beleidigung` angesehen. Er entschied sich daher in einem Gleichzug nicht abzureisen und schickte seinerseits auch nur die Nummer Zwei seiner Regierung (Issat Ibrahim) nach Jidda.461 Professor Emery kam an eine Kopie der offiziellen Einladungsschrift zur Jidda-Konferenz vom 31. Juli, abgeschickt von König Fahd an den Emir von Kuwait. Am Kopf der Einladung befand sich eine handgeschriebene Notiz des Emirs an den kuwaitischen Repräsentanten auf der Konferenz, Kronprinz Scheich Saad. Die Notiz gab Scheich Saad zu verstehen, auf Wünsche der Saudis oder Iraker nach arabischer Solidarität nicht einzugehen. Des weitern heißt es in der Notiz, daß das Ignorieren der irakischen Forderungen und in Konsequenz daraus die Drohung einer Invasion im Sinne ´unserer Freunde in Washington, London und Ägypten` lag. Der Emir schloß unheilvoll: . . . Sei unerschütterlich in Deinen Gesprächen. Wir sind stärker als sie denken. Ich wünsche Dir Erfolg.“462 Nach Emerys Recherchen soll das Scheitern des Treffens in Jidda König Fahd von Saudi Arabien so verärgert haben, daß er nach der Invasion Kuwaits zu König Hussein von Jordanien wörtlich sagte: `Die Schuld für all dies liegt bei den Kuwaitis“.463 Als er Hussein 458 Ebenda. 459 The New Yorker, 30 September 1991, „A Reporter At Large: After the Liberation“, S. 66, by Milton Viorst. 460 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf, Wien / München 1991, S. 71, 76, 78, zitiert in: Eggert, Wolfgang: Israels Geheimvatikan, Bd. 3, beim propheten! Verl., Edition Hermetika, München 2001, S. 357. 461 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf, Wien / München 1991, S. 71. 462 Emery, Michael: „Wir Mr. Bush seinen Krieg bekam: Irreführung, Doppelmoral und Desinformation“, zitiert in: Chomsky, Noam / Beinin, Joel (u.a.): Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, S. 92 f. 463 Ebenda, S. 93. - 184 - auch noch das eben erwähnte Dokument zeigte sagte dieser er habe Nachforschungen über dessen Herkunft anstellen lassen und glaube nun an dessen Authentizität.464 Hiermit bestätigte sich u.a. sogar an Hand der ranghöchsten politischen Führung Kuwaits, daß eine definitive Komplizenschaft zwischen Kuwait und den USA gegen den Irak bestanden hatte. 5.6 Finanzielle Verstrickung zwischen Kuwait und den USA Ein weiterer sehr gravierender Faktor, für die US-kuwaitische Verstrickung, ist die Abhängigkeit der USA von Kuwaits Petrodollarreichtum. Auf Grund der anfälligen US Wirtschaft und dessen desolater Außenhandelsbilanz sind die USA auf Investitionen aus dem Ausland angewiesen, vor allem aus Kuwait und der Golfregion. Peter Dale Scott schrieb diesbezüglich: „President Bush has insisted on restoring Kuwait`s ruling al-Sabah family as a key condition for resolving the Gulf crisis. The reason isn´t just to retain U.S. control over Kuwaiti oil. Equally important, Wahington wants to ensure control of a continued flow of Kuwaiti petrodollars into the capital-hungry investment markets of the U.S. and other industrial nations. . . . Middle Easterners believe . . . perhaps $250 billion has been invested in the economies of Britain and the U.S. alone. Years of prudent investment of those petrodollars have bought the al-Sabahs extensive political influence in Washington . . . . Kuwait also invested in the politically influential Houston oil community which backed Bush´s bid to the presidency. . . . The petrodollars of Kuwait, reinforced by those of Saudi Arabia and the other Gulf oil sheikhdoms, are now a significant factor in the deficit-prone economies of the U.S. and Great Britain, and also in those major banks and corporations which (like Chase Manhattan and Chevron) count Arab investors among their largest minority sharholders.465 Jack Nelson-Pallmeyer vermerkte über die Abhängigkeit der USA: The Gulf War occurred in the context of huge U.S. budget deficits, the Saving and Loan scandal, a deeper crisis affecting the U.S. banking industry, and the beginning of an economic recession. . . . In short, the United States defends governments that maintain highly unequal societies because they use ´surplus` oil revenues to finance the U.S. budget deficit and U.S. businesses and banks . . .466 Die USA waren also längst finanziell von den enormen Petro-Dollar Investitionen der Kuwaitis abhängig geworden und mußten, bei einer Aneignung dieses Scheichtums, mit erheblichen finanziellen Verlusten rechnen. 464 Ebenda. 465 Scott, Peter Dale: U.S. Hungry for Kuwaiti Petrodollars - Not Just Oil, Pacific News Service, December 24, 1990, zitiert aus: Ridgeway, James (Ed.): The March to War - From Day One to War´s End and Beyond, Four Walls Eight Windows, New York 1991, S. 161 ff. - 185 - 5.61 Die Ökonomische Situation in den U.S.A. Als Saddam Hussein am 2. August in Kuwait einmarschierte, verlief die ökonomische Situation in den U.S.A. noch normal, aber Ende 1990 machte sich die Rezession unweigerlich bemerkbar. Die Situation wurde immer bedrohlicher, die Rezession veranlaßte es, daß das die Preise im Land fielen, etwas das immerhin in den letzten 50 Jahren nicht der Fall war. Die Weihnachtsverkäufe waren die schlimmsten seit vielen Jahren und die Arbeitslosenziffer erhöhte sich rapide auf 6.1%. Im ganzen Land gab es eine starke Befürchtung, daß die großen Banken und Versicherung Firmen Bankrotterklärungen machen würden, was dann auch zutraf. Mehr als die Hälfte der staatlichen und städischen Verwaltungen sahen sich mit sehr großen und seriösen Budgetdefiziten konfrontiert. Viele beabsichtigten große Kürzungen im Sozialsystem, und die Gehälter ihrer Angestellten wurden gekürzt. Henry Aaron vom Washingtoner Brookings Institute meinte sogar, "Ich glaube man müßte zur Großen Depression [der 1930-ziger Jahren] zurückkehren um eine ähnliche Qual zu finden."467 Die Anzahl der Arbeitslosen stieg konstant auf 7.6 Millionen, das entspricht ungefähr 6.1%, während der Dollar unter 1,47 DM. sank. In seinem Buch "The Persian Gulf TV War" beschreibt Autor Douglas Kellner, wie schlecht es um George Bush 1990 bestellt war. 1990 war Bushs Präsidentschaft mit gravierenden ökonomischen und politischen Problemen belastet. Diese beinhalteten: astronomische Verteidigungsausgaben, eine schwere Bank- und Sparkassenkrise, [Saving & Loans] verursacht durch republikanische Deregulationspolitik, und Öffentliche Ärgerlichkeiten, erzeugt durch wachsende Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, ökonomische Ausschließung, zerfallende Städte mit epidemischer Kriminalität und Drogenabhängigkeit [Bush hatte zu dieser Zeit seinen Angekündigten Krieg gegen die Drogen verloren] und das Fehlen eines nationalen Gesundheitversicherungsprogramms.468 Immer mehr Wirtschaftsbranchen hatten Absatzeinbußen zu beklagen. Der Zusammenbruch der Spar- und Darlehenskassen wurde für die Vereinigten Staaten erheblich teuerer als der gesamte Zweite Weltkrieg. Und man befürchtete schon ein noch größeres Chaos. George Bush brauchte nun eine politische Entlastung, um sein politisches Überleben zu sichern, er brauchte schnell etwas, das die Nation hinter ihm einen konnte. Aber George 466 Pallmeyer-Nelson, Jack: Brave New World Order - Must We Pledge Alligiance?, 4th printing, Orbis Books, Maryknoll, New York Oktober 1993, S. 85 f. 467 The Independent, 31. December, 1990. The Guardian, 5. January 1991, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm. London. 1992, S. 292 f. 468 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Westview Press, San Francisco 1992, S. 424 ff. Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Edition Ergon, Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 182. - 186 - Bush war immerhin acht lange Jahre Reagans Vizepräsident gewesen und wie kein anderer wußte er was zu tun war, wenn eine politische Krise drohte, ernst zu werden. Ronald Reagan, der 40. Präsident der USA, ließ gegen jedes Völkerrecht 1986 Libyen bombardieren und sein Wählervolk war begeistert.469 1983 überfiel er Grenada und die Öffentlichkeit jubelte.470 Auch sein, nicht vom Kongreß gebilligter, Krieg gegen Nicaragua führte beim Wahlvolk zu überhöhten Sympathien.471 Bush nutzte daher die Golfkrise, um sie als Ausweg sowie Ablenkung für domestischen Probleme zu verwenden. Er tat dies als er indirekt Saddam Hussein für die amerikanisch Rezession verantwortlich machte, indem er Mitte November erklärte, daß die Rezession eine Folge der steigenden Ölpreise wäre, welche durch die Golfkrise ausgelöst sei. Nun begann sich die US-Wirtschaft auf den kommenden Golfkrieg einzustellen. Das Wirtschaftsmagazin Business Week diagnostizierte: ´Wenn man die Lehren der Geschichten betrachtet . . . wird ein langer Krieg die Vereinigten Staaten aus ihrem wirtschaftlichen Tief ziehen`, und: ´Angestiegene Aufträge für das Militär stellen den Großteil der im Dezember vergebenen Order dar`, weiter hieß es: ´Ausgaben für das Militär sind einer der wenigen Bereiche der Stärke in unserer Wirtschaft`, und abschließend: ´Ausgaben für den Golfkrieg sind die einzige Waffe einer antizyklischen Fiskalpolitik, die politisch akzeptabelste`, und selbst für den Fall, daß es ein sehr kurzer Krieg wird, prognostizierte der Wirtschafts- und Börsenanalytiker Karl Kurz für Business Week, auch ein kurzer intensiver Krieg werde ohne Zweifel das ersehnte Wirtschaftswachstum - und damit auch den Wahlaussichten des Präsidenten - einen kräftigen „boost“ geben.472 Überhaupt kann die Bedeutung des militärischen Aufschwungs, der mit dem Golfkrieg kam und die USA vor einer noch gravierenden Rezession rettete, nicht übertrieben werden. Dies zeigt auch, wie sehr die US Wirtschaft vom militärisch-industriellen-Komplex (m.i.K.) abhängig geworden ist. George Bush war von Anfang an gegen Rüstungskürzungen.473 Der ehemalige CIA-Agent John Stockwell berichtet sogar, daß George Bush Sen., während seiner Laufbahn als Politiker kontinuierlich, die Rüstungsausgaben der Sowjetunion absichtlich übertrieb. Als er 1976 zum Direktor des CIAs ernannt wurde, stellte er eine rechtsorientierte 469 Winter, Rolf: Gottes Eigenes Land? - Werte, Ziele und Realitäten der Vereinigten Staaten von Amerika, Goldmann Verl., Hamburg 1991, S. 259. 470 Grässling, Jürgen: Lizenz zum Töten? - Wie die Bundeswehr zur internationalen Eingreiftruppe gemacht wird, Knaur Verl., org. Ausg., München Januar 1997, S. 76. 471 Kempf, Wilhelm (Hg.): Medienkrieg oder „Der Fall Nicaragua“ - Politisch-psychologische Analysen übe US-Propaganda und psychologische Kriegsführung, Argument Verl., Berlin / Hamburg 1990. 472 Winter, Rolf: Gottes eigenes Land? - Werte, Ziele und Realitäten der Vereinigten Staaten von Amerika, Goldmann Verl., Hamburg 1991, S. 267. - 187 - Gruppe innerhalb der CIA zusammen deren Aufgabe es war, übertriebene Berichte über die Rüstung der Sowjetunion zu entwerfen, um somit die eigenen Rüstungsanstrengungen in Gang zu halten und alle reluktanten Rüstungsgegner, sowie die eigene Bevölkerung, als Geisel der sowjetischen Bedrohung zu unterdrücken.474 Trotzdem wurden im Februar 1990 zwischen der Administration und dem Kongreß die heftigsten Debatten seit der jüngsten Geschichte der USA, um die Militärausgaben, geführt. Im Juni wurde mitgeteilt, daß die Spannungen zwischen dem Kongreß und Pentagon eskaliert seien, da der Kongreß sich vorbereitet hatte, eine der richtungsweisenden Verteidigungsbudgets der letzten beiden Jahrzehnte fertigzustellen.475 Einen Monat später hatte die Senate Armed Services subcommittee abgestimmt, die Truppenstärke um fast drei mal mehr zu kürzen, als dies von der Bush Administration vorgeschlagen wurde. Die Größe und die Richtung der Kürzungen deuteten an, daß Präsident Bush seinen Kampf, wie man die Kürzungen in Sachen Militärausgaben Hand haben sollte, verlor.476 Zur gleichen Zeit fiel Bush Popularitätsrate von 73 Punkten im Februar am 11. Juli auf 60 Punkte.477 Noch eine Woche vor der irakischen Invasion Kuwaits entschied sich das tonangebende Senate Armed Service Committee ohne eine einzige Gegenstimme, den teuren B-2 Stealth-Bomber völlig abzulehnen.478 Nur sechs Wochen nach der Invasion Kuwaits hatte sich die Situation für die Rüstungsbefürworter völlig zu deren Gunsten gewandelt. Wie Stockwell zweifellos feststellte: „Within six weeks, President Bush announced that the Persian Gulf crisis justified the full restoration of the Stealth Bomber, the Star Wars program, and other strategic missiles and systems. Meanwhile, the military establishment, . . . has used the Persian Gulf situation successfully to restore ist budgets--to an all time high of over $300 billion-- and abolish any thought of a peace dividend. . .“479 Hiermit wird völlig klar, wie enorm der US m.i.K von der Invasion Kuwaits profitierte. Nicht nur der extrem teuere B-2 Bomber wurde wieder aufgenommen, innerhalb von bloß sechs Wochen wurde die gesamte Rüstungspolitik der 473 Washington Post, 13 January 1990, S. 11. Washington Post, 8. February 1990, zitiert in Blum, William: Killing Hope, S. 320. 474 Stockwell, John: The Praetorian Guard - The U.S. Role in the New World Order, South End Press, Boston 1991, S. 18 f., Stockwell spricht diesbezüglich aus eigenen Erfahrungen, da er mit von der Partie im CIA war und mit George Bush damals zusammenarbeitete. 475 Washington Post, 12 February 1990. Washington Post, 16 June 1990, S. 6, beide zitiert in Blum, William: Killing Hope, S. 320. 476 Los Angeles Times, 11 July 1990, S. 1, zitiert in Blum, William: Killing Hope, S. 320 f. 477 The Gallup Poll: Public Opinion 1990, Wilmington, Del. 1991, zitiert in Blum, William: Killing Hope, S. 321. 478 Stockwell, John: The Praetorian Guard - The U.S. Role in the New World Order, South End Press, Boston 1991, S. 14. 479 Ebenda, S. 14 f. - 188 - USA auf den Kopf gestellt. Das damals noch als Star Wars bezeichnete Raketenrüstungsprogramm, sowie andere Raketensysteme (NMD) wurden wieder vorangetrieben und bescherten der Rüstungsindustrie lukrative Riesenaufträge. Dies wird zum einen verdeutlicht, indem das Verteidigungsbudget auf über $300 Milliarden anstieg, und somit wie zu den Hochzeiten des Kalten Kriegs wiederbelebt wurde; zum anderen durch den effektiven Tod der zur damaligen Zeit gepriesenen Friedensdividende, die in den USA durch die Invasion Kuwaits quasi beerdigt wurde. Somit hatten die (Auf)Rüstungsadvokaten allen Grund zu Jubeln und genau das taten sie, wenn auch hinter vorgehaltener Hand und verschlossenen Türen. So war es nicht verwunderlich, daß der Vizepräsident eines wichtigen Treffens in Milwaukee, Jim Roberts vor militärischen Kontraktteuren folgende Aussage machte, die die neue Position des m.i.K. in den USA veranschaulichte. Anläßlich dieses Treffens sagte er: „Thank you, Saddam Hussein!“, die Menge jubelte mit ihm.480 Manfred Sadiowski, der Herausgeber von Military Technology, brachte einen Leitartikel mit der Überschrift „Well Done, Saddam!“ („Gut gemacht Saddam!“) in der Oktoberausgabe seines Magazins. Er stellte fest, daß Schurken wie Saddam Hussein die Rechtfertigung für eine Nichtreduzierung der Militärausgaben abgeben und daher auch Regierungspropaganda für Rüstung weniger nötig machen. Sadlowski wurde mit den folgenden Worten zitiert: „At the very moment, . . . when too many people were beginning to label our armed forces as useless relics of the long past Cold War age, we have suddenly found . . . a new mission for them“.481 Konkrete Rüstungsaufträge sollten jedoch nicht nur auf die USA beschränkt bleiben. So kamen äußerst lukrative Aufträge von Saudi Arabien um für Abhilfe für die US Wirtschaft zu sorgen. Am 19. August 1990 (nur ca. 2 Wochen nach der Invasion Kuwaits), berichtete die Los Angeles Times über den Verkauf von 24 F-15 Kampfflugzeugen an Saudi Arabien, die der Herstellerfirma McDonnell-Douglas ca. $1,2 Milliarden einbringen würden. Darüber hinaus wurde in verschiedenen Abmachungen Verträge mit den Saudis über Militäreinkäufe im August 1990 im Umfang von über $ 40 Milliarden ausgehandelt. Dies war das bis dahin größte Militärgeschäft in der Geschichte.482 In der großen amerikanischen Tageszeitung USA Today stand fett gedruckt, auf der ersten Seite: `Die Wall Street sieht den Krieg als gute Nachricht an` und weiter: ´Es besteht kaltherzige Übereinstimmung in der Wall Street darüber, daß auch dieser Krieg, wie zuvor 480 In These Times, November 21, 1990, S. 5, zitiert in: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 106 f.. 481 Sydney Morning Herald, October 9, 1990, zitiert in: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 107. - 189 - alle Kriege, die Aktienpreise nach oben treiben wird.`483 Zu guter Letzt kam noch der Börsenexperte John Manley zu Wort, mit seinem fachgemäßem Rat: ´Für Leute, die langfristig anlegen wollen, wäre es ganz falsch, aus Furcht vor einem Krieg die Aktien zu meiden. Historisch gesehen, waren Kriege für Aktienkurse nie schlecht.`484 Der erste Tag bewies auch, daß die Börse- und Wirtschaftsexperten recht hatten. Der „Dow Jones“- Aktienindex stieg an dem besagten Tag um phänomenale 114 Punkte und war somit der zweithöchste Anstieg, den man jemals an der Wall Street an einem Aktientag registriert hatte. Es schien als ob der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Joseph Schumpeter mit seiner These recht behalten sollte, daß der Kapitalismus „ein fortgesetzter Prozeß kreativer Zerstörung“ ist.485 Eine ARD-Meldung teilte mit, daß sich in den USA die Stimmen häufen, die behaupten, daß der wirtschaftliche Niedergang der USA durch das siegreiche Ende von „Dessert Storm“ gestoppt werde. In diesem Kontext hofft man, daß die beiden Wirtschaftskonkurrenten Japan und Deutschland als dominierende Weltmächte für das 21. Jahrhundert noch einmal überwältigt werden.486 Bushs Kalkulation ging auf, denn nach Meinungsumfragen nach dem Golfkrieg vom 1. März 1991, standen 91% hinter Bush (Die höchste Nachkriegsquote, nur US-Präsident Franklin Delano Roosevelt hatte während des Zweiten Weltkriegs eine noch höhere Quote erreicht). Nach dem Golfkrieg sprach Bush zu dem Amerikanischen Volk, wenn man dem Präsidenten glauben schenken darf, hatte sich die USA mit dem Sieg über den Irak transformiert. Der Präsident behauptete: `We hear so often about our young people in turmoil; how our schools fail us; how American products and American workers are second-class. Well, don´t believe it. The America we saw in Desert Storm was first-class talent.`487 Es war eine tolle Taktik, um von den wirklichen Problemen Amerikas abzulenken. Es war zu jener Zeit, als Fragen über die Bankenkrise Bush zu verfolgen schienen. Sein eigener Sohn Neil war zu jener Zeit schon seit langem tief in den Bank-Krisen Skandal verstrickt. Sogar Bush selbst und andere Top Republikaner waren mit Charles Keating einem "Savings & Loans" Kriminellen befreundet, dessen finanzielles Reich bankrott machte und damit viele Investoren mit in den finanziellen Ruin zerrte. Währende der "mid-term" 1990 Kongreß Wahlen verloren Bush und seine Partei den Budget-Kampf. Weiner behauptete sogar, daß Bush einen domestischen politischen Kollaps von historischen 482 Los Angeles Times, 19 August 1990, zitiert in: Kellner Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 107. 483 Winter, Rolf: Gottes Eigenes Land?, Hamburg 1991, S. 267 f. 484 Ebenda, S. 268. 485 Ebenda, S. 269 f. 486 Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 270, 282. 487 Graubard, Stephen R.: Mr. Bush´s War - Adventures in the Politics of Illusion, I.B. Tauris & Co Ltd Publishers, London / New York 1992, S. 165. - 190 - Ausmaßen 1991 erlitt, und daß er einen Krieg brauchte, um sein politisches Schicksal wieder in den Griff zu bekommen.488 Bei dem Banken und Versicherungsskandal handelte es sich um die Summe von ca. 500 Milliarden Dollar, also um eine gigantische Summe.489 5.62 Insidergeschäfte vor dem Golfkrieg Im Vorfeld des Golfkriegs ereignete sich ein brisantes Insidergeschäft, an welchem der heutige US-Präsident beteiligt war. Aus unerfindlichen Gründen gelang es Harken, einer kleinen, mehrfach gescheiterten Ölfirma, an der Bush jun. einen großen Anteil an Aktien hielt, auf wundersame Weise Aufträge im Emirat Bahrain zu erhalten. Da dies trotz weitaus größere Konkurrenten geschah, ist anzunehmen, daß politische Gründe eine Rolle gespielt haben könnten. Am 22. Juni 1990 verkaufte der Sohn, des damaligen Präsidenten George W. Bush, seine 212 140 Harken-Aktien für fast 850 000 Dollar. „Die Verkaufsentscheidung dürfte auf Insider- Informationen aus der Regierung Bush beruht haben, die zu jener Zeit die irakische Invasion in Kuwait provozierte und die darauffolgende ´Operation Wüstensturm` vorbereitete.“ Nach nur wenigen Wochen stürzten die Harken-Aktien dann ab, so daß die Firma für das 2. Quartal 1990 einen Verlust von 20 Mio. Dollar verbuchen mußte. „Nur George W. Bush war rechtzeitig ausgestiegen - und zwar auf nicht ganze legale Weise: Wie das Wall Street Journal im April 1991 berichtete, informierte er die Börsenaufsicht erst acht Monate nach Ablauf der gesetzlichen Frist über den Verkauf.“490 Hier stellt sich natürlich unweigerlich die brisante Frage: Wie konnte der US-Präsident wissen, daß der Verkauf der Harken-Aktien zu diesem Zeitpunkt so dringend notwendig werden würde. Jeder der über Insider-Informationen verfügte, daß nämlich der Irak nur wenige Wochen später in Kuwait einmarschieren würde, hätte wohl genauso gehandelt und seine Aktien verkauft, denn durch den Einmarsch stürzten der Wert der Aktien rapide ab. 5.7 Die Inszenierung der Golfkrise Die wohl wichtigste und einleuchtendste Frage, die unweigerlich gestellt werden muß, wenn es um den Golfkrieg geht ist: warum gab es keine eindeutige Warnung von der Bush 488 Weiner, Jon: “Domestic Political Incentives for the Gulf War”, New Left Review (May/June), S. 72- 78. Vgl. Winter, Rolf: Gottes Eigenes Land?, S. 258. 489 Bainerman, Joel: The Crimes of a President, S. 275. Nölling, Wilhelm: User Geld - Der Kampf um die Stabilität der Währungen in Europa, Ullstein Verl., Berlin / Frankfurt am Main 1993, S. 84. Vgl. auch: Pizzo, Stephen, / Fricker, Mary / Muolo, Paul: Inside Job - The Looting of America´s Saving and Loans, McGraw-Hill Publishing Company, New York 1989, S. 308. - 191 - Regierung an den Irak, als die Krise sich zuspitzte und US Geheimdienste voraussagten, daß Saddam Hussein Kuwait überfallen würde? Über eine Warnung der US Regierung gegenüber dem Irak schrieben die Autoren Biswas und Murphy: „It is clear that some serious warnung to Iraq by the U.S. that an invasion of Kuwait would meet with U.S. military opposition would have deterred Hussein.“491 Eine Regierung, die wirklich besorgt wäre, daß Saddam Hussein Kuwait überfallen würde, hätte wohl daher kaum darauf verzichtet eine klare Warnung an den Irak und Saddam Hussein zu senden, da sie damit rechnen konnten, daß eine solche den Irak davon abschrecken würde Kuwait anzugreifen. Eine solche gab es aber nicht, viel mehr könnte man ohne jegliche Übertreibung davon reden, daß die Bush Regierung statt dessen Saddam Hussein ermutigt hatte, Kuwait zu überfallen, was auch letztendlich der Fall war. Interessanterweise sandte das Center for Strategic and International Studies von der Georgetown University im Mai und Juni 1990, dem Pentagon und US-Kongreß folgende brisante Nachricht: Die eben genannte Institution behauptete, daß auf Grund ihrer Studie in Sachen zukünftigen konventionellen Kriege, der wahrscheinlichste Krieg der eine amerikanische militärische Reaktion benötigen würde, ein Krieg zwischen dem Irak und Kuwait sein würde.492 Dies ist eine ungeheure genaue Prognose, des damals noch unvorstellbaren zweiten Golfkriegs. Diese Studie hätte durchaus als reiner Glückstreffer gelten können, wenn es nicht zahlreiche Warnungen über eine Invasion Kuwaits gegeben hätte. Laut Vorsitzenden der Senat Relations Intelligence Committe, welche im September 1990 stattfand, wurden Geheimdienstberichte die mit `“einer echt hohen Wahrscheinlichkeit“` “`drei bis vier Tage`“ vor der Invasion rechneten über eine bevorstehende Invasion der Iraker, den US-Entscheidungsträgern übergeben. Der ehemalige CIA-Offizier des Mittleren Ostens, Miles Copeland, informierte die BBC, daß die CIA Pläne kenne, die eine Invasion schon im April oder Mai 1990 ankündigten.493 Am 1. August erklärte ein nationaler Sicherheitsoffizier der CIA: „Dies ist eure letzte Warnung.“ Irak, so der CIA Mitarbeiter, würde Kuwait bei Ende des Tages angreifen, was dann auch zutraf.494 Auch der Mossad, der mit den US Geheimdiensten des öfteren in der Region kooperierte, warnte die US Regierung ausführlich, 490 Neue Solidarität, Nr. 10, 8. März 2000, „Wie George W. Bush zu seinen Millionen kam“, S. 11. 491 Clark, Ramsey and others: War Crimes, S. 67. 492 Blackwell, James (Major): Thunder in the Desert - The Strategy and Tactics of the Persian Gulf War, Bantam Books, New York 1991, S. 86 f., zitiert in: Blum, William: Killing Hope - U.S. Military and CIA Interventions since World War II, 1st printing, Common Courage Press, ME Monroe 1995, S. 324. 493 Washington Post, „Envoy Recounts Warning in July of Invasion: Kuwaitis Cut Him Off,“ by William Clairborne, March 8, 1991, A 26. Vgl. Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, Zed Books, London / New Jersey 1991, S. 65. 494 Wines, Michael: “CIA Sidelines Gulf Cassandra”, New York Times, January 24, 1991, S. D 22. - 192 - daß ein unmittelbarer massiver Angriff der Iraker auf Kuwait bevorstand. So schrieben die beiden Mossad Kenner Dan Raviv und Yossi Melman: „Israel hatte die USA wiederholt vor dem Irak gewarnt, aber in Washington schien kaum jemand zuzuhören. Nur eine Woche vor der Invasion übergab Verteidigungsminister Moshe Arens den Beamten des Pentagon die neueste Lagebeurteilung des israelischen Geheimdienstes. Die darin enthaltene Voraussage eines irakischen Angriffs auf Kuwait erwies sich als prophetisch.“495 Sie urteilten über die damalige Krisensituation aus US Sicht. „Luftaufklärungs- und Überwachungsflugzeuge, die sogenannten AWACS, überflogen besetzt mit amerikanischen und saudischen Technikern, regelmäßig die Region. Über Aufklärungssatelliten und riesige Funküberwachungsanlagen wußten die Amerikaner über die irakischen Truppenbewegungen weit mehr, als die Israelis überhaupt wissen konnten.“496 Aber nicht nur die US-Regierung war eingehend gewarnt worden, auch die Kuwaitis wußten bescheid. So wurde der Emir Kuwaits von seinem Militärattaché schon im April 1990 darüber gewarnt, daß Saddam Hussein Kuwait überfallen würde.497 Eine noch authentischere und nicht dementierte Bestätigung kam von dem kuwaitischen militärischen Attaché, der damals im Irak stationiert gewesen war. Dieser, Colonel Said Matar, war 14 Monate lang vor der Invasion in Basra stationiert gewesen. Am 7. März 1991 wurde eine Pressekonferenz durch einen Minister und zahlreiche Armee Offiziere in Kuwait City abgebrochen, als Matar anfing zu erklären wie er geheimdienstliche Informationen über das irakische Militär gesammelt hatte. Er schickte viele Berichte zu dem kuwaitischen Außenministerium und Verteidigungsministerium, in welchen er schon im April 1990 vor einer irakischen militärischen Operation gegen Kuwait warnte. Am 25. Juli teilte er seiner Regierung mit, daß die Invasion für den 2. August (kuwaitischer Zeit) geplant war.498 Aber nicht nur die kuwaitische Regierung benahm sich höchst eigenartig, als es darum ging, vor einer irakischen Invasion Kuwaits zu warnen. So gingen US Beamten sogar soweit und bestraften den hochrangigen CIA Mitarbeiter Charles Eugene Allen, weil er mehrmals vor einer Invasion des Kuwaits durch den Irak gewarnt hatte. Dies zu tun war aber Allens Job, da er nicht umsonst den Titel „National Intelligence Officer for Warning“ besaß. Trotzdem wurde ihm seine Autorität auf Grund seiner Warnungen aberkannt, sein zwei-wöchentlicher 495 Raviv, Dan / Melman, Yossi: Die Geschichte des Mossad - Aufstieg und Fall des israelischen Geheimdienstes, Heyne Verl., München 1990, S. 472. 496 Ebenda, S. 473. 497 Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, S. 63. 498 Clairborne, William: Washington Post, „Envoy Recounts Warning in July of Invasion: Kuwaitis Cut Him Off“, March 8, 1991, S. A26. Vgl. Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War ..., S. 65. Blum, William: Killing Hope, S. 324. Vgl. auch Clark, Ramsey and others: Warcrimes, S. 67. - 193 - Bericht über gefährliche Krisenherde wurde suspendiert und sein Stab im Pentagon und der National Intelligence Council limitiert.499 Schon am 23. Juli berichtete die Washington Post, indem sie einen hohen US-Militär Offizier zitierte (eine Bezeichnung die oft für den Oberkommandeur der US-Streitkräfte benutzt wird) der bestätigte, daß falls der Irak eine kleine Menge an kuwaitischen Territorium einnehmen würde, um damit politischen Druck auf Kuwait ausüben zu können, die USA wahrscheinlich nicht direkt diese Aktion herausfordern, aber mit allen arabischen Staaten diese Aktion verurteilen und Druck auf den Irak ausüben um ihn zu bezwingen (´putting pressure on Iraq to back down.`). `We are not going to war,` sagte der ranghohe Offizier. ´But you are going to see exercises and you are going to see ships.´500 Nach dieser Offenbarung bestellte Saddam Hussein sofort die US-Botschafterin April Glaspie zu sich, die dann mit ihm am 25. Juli das elementar wichtige Gespräche führte.501 Allem Anschein nach wollte Hussein, nachdem er die freundlichen und günstigen Signale der US-Regierung erkannte hatte, sich noch einmal vergewissern, daß die US Regierung wirklich nichts gegen ein irakisches Eingreifen in Kuwait hätte. Nachdem die US-Botschafterin April Glaspie bei Hussein war, kam ein paar Tage später (30. Juli) ein Report in der Washington Post über die Golfkrise von Patrick Tyler heraus, der bestätigte, daß „einige [Weiße Haus, Außendienst Ministerium und Verteidigungs] Mitglieder gestern bestätigten, daß ein irakischer Angriff auf Kuwait keine US-Militärreaktion zur Folge hätte, aber die USA würde die Partei derjenigen ergreifen, die einen solchen Akt verurteilen und würde auf diplomatische Weise einen irakischen Rückzug erzwingen! Man kann sich sicher sein, daß die irakischen Diplomaten in Washington diese Information sofort nach Bagdad weiter leiteten. Dort angekommen, war sie eine eindeutige Ermunterung für einen Mann wie Saddam Hussein, der sich mitten in einer Krise mit Kuwait befand. Als ob dies noch nicht genug Ermunterung für Husseins möglichen Angriff gegen Kuwait war, schrieb wiederum die Washington Post am 26. Juli, 1990: „while U.S. Central Command ... sought a strong show of force to deter Saddam, ´officials in the State Department, White House, and higher levels of the Pentagon cautioned that the United States should promote the free flow of oil through [the Persian Gulf] and avoid getting drawn into a military commitment do defend Kuwait.´”502 Washington wußte natürlich auch, daß alle Botschaften die Washington Post lasen. Dieses „Grüne Licht“ nach Bagdad kam wohl nicht zufällig, genau an dem Tag zustande, als Saddam Hussein sich mit US-Botschafterin April 499 Wines, Michael: „CIA Sidelines Gulf Cassandra,“ New York Times, January 24, 1991, S. D 22. 500 Washington Post, November 29, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush´s War, S. 53. 501 Smith, Jean Edward: Mr. Bush´s War, S. 53. 502 Washington Post, July 26, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush´s War, S. 58. - 194 - Glaspie traf und nachdem Untersekretär Kelly eine Voice of America Radio Sendung annullierte, die eine Warnung an den Irak beinhaltete, derzufolge die USA fest daran hielten, ihre Freunde im Golf zu unterstützen.503 Auch kurz nach der Invasion Kuwaits am Morgen des 3. August, zeigte sich die US- Regierung nicht besonders entsetzt oder gar erschüttert. Verteidigungsminister Cheney blieb Zuhause und kehrte nicht zur Arbeit zurück. „There´s no decision for him to make,“ beteuerte ein Pentagon Sprecher. General Powell antwortete zurückweisend: „This ain´t our show.“504 und blieb in seinem Quartier.505 Um 8 Uhr morgens, traf Bush mit Brent Scowcroft (Nationaler Sicherheitsberater), Dick Cheney (Verteidigungsminister), Colin Powell (Chef des General Stabs der Streitkräfte), Judge William Webster (CIA), John Sununu (Chef des Stabs des Weißen Hauses) und anderen Mitgliedern des Nationalen Sicherheitskomitees, zusammen. Nach Meinung eines Teilnehmers der Konferenz war die vorherrschende Stimmung der Gruppe: „Hey, schade das mit Kuwait, aber es (Kuwait) ist ja nur eine Tankstelle, wen interessiert es ob das (Tankstellen)Schild Sinclair oder Exxon anzeigt.“506 Auch auf einer kurzen Pressekonferenz erklärte Präsident Bush, daß er nicht an eine militärische Intervention denke.507 Bush blieb sogar so locker, daß er es nicht für nötig hielt in Washington zu bleiben, statt dessen reiste er nach Aspen Colorado, wo er Premierministerin Margaret Thatcher traf, um mit ihr eine Rede vor dem Aspen Institute zuhalten.508 Alles in allem, lief die ganze Sache etwa so ab als ob, US-Botschafterin April Glaspie mit ihrem viel zitierten Satz „wir haben zu ihrem Grenzkonflikt . . . keine Meinung,“ recht behalten sollte. Es steht wohl außer Frage, daß diese Einstellung, Saddam Hussein nur noch in seiner Vermutung, über die Meinung der Regierung in Washington bestätigten und bestärken konnte. Er konnte sich nun sicher sein, daß die USA ihn das Problem mit Kuwait, auf seine Art lösen lassen würden. Unmittelbar nach der irakischen Invasion, kamen wie zu erwarten aus Washington zwar Proteste, aber sie waren alle relativ mild und zurückhaltend; ihre Essenz war, letztendlich realpolitisch gesehen, belanglos. Präsident Bushs augenblickliche Reaktionen auf die Invasion war sehr mild und überraschte die 503 Newsweek October 1, 1990, S. 25, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush´s War, S. 58. 504 Washington Post, 2 August 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush´s War, S. 17. 505 Woodward, Bob: The Commanders, Simon & Schuster, N.Y. 1991, S. 222. 506 Time, January 7, 1991, S. 20, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush`s War, S. 17. Übersetzung von Jochen Hils & Jürgen Wilzewski aus: „Von der ´imperialen` zur ´medialen` Präsidentschaft - Medieninformation, gesellschaftliche Partizipation und US-Außenpolitik am Beispiel des Golfkriegs 1991, ZENAF Arbeits- und Forschungsbericht (ZAF) Nr. 2 / Dezember 1999. 507 Washington Post, August 3, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: Mr. Bush`s War, S. 17. 508 Smith, Jean Edward: Mr. Bush`s War, S. 17. - 195 - Weltöffentlichkeit. Mehr Ermunterung auch weiterhin in Kuwait zu bleiben brauchte Saddam nun nicht mehr.509 Dann nach drei Tagen wurde der Ton des US-Präsidenten überraschend vehement aggressiver und drohender. Bush benutzte fast jedes erdenklich Wort in seinem Vokabular, um Husssein schwer zu kritisieren; sein Repertoire bestand aus verurteilenden Worten wie: Diktator, Hitler, Menschenrechtsverletzer, Aggression, Vergewaltigung, usw., er kritisierte die irakische Invasion aufs schärfste und forderte unverzüglich den bedingungslosen Rückzug der Iraker. War dies eine plötzliche fundamentale Kehrtwendung Bushs oder seiner Berater? Wohl kaum! Eine solche eklatante Kehrtwendung würde ja bedeuten, daß die US-Regierung sich total verschätzt hätte, daß es ein paar Minuten lang diesen und dann jenen Plan in Washington gegeben hätte. Die Indizien und Beweise sprechen aber nun einmal ein ganz andere Sprache! Daß die Bush Regierung nicht sofort Saddams Raubzug aufs schärfste verurteilte war kein Fehler, nein man wollte Saddam erst einmal die Beute an sich reißen lassen.510 Es würde wahrscheinlich einige Tage dauern bis die irakischen Soldaten die greifbaren Schätze auf Husseins Befehl hin, in den Irak abtransportieren konnten. Dies war auch ein psychologisches Einfangs-Element; wenn Saddam erst einmal die Beute gesichert hätte, dann würde es danach viel schwerer für ihn werden sie wieder aufzugeben. Es gab zahllose Berichte über Plünderungen irakischer Soldaten, sie beraubten im großen organisierten Stil die reiche kuwaitische Bevölkerung; besonders die kuwaitischen Frauen besitzen viel Gold in der Form von Schmuck. Es gab Plünderungs- und Raubzüge in den exzellent ausgestatteten kuwaitischen Warenhäusern, in ihnen befanden sich die luxuriösesten Konsumgüter. Die Zeitabstimmung für die Kehrtwendung Bushs ist also von besonderer Bedeutung. Die US Regierung hatte ja schon vor der Invasion in ihren eigenen Medien darauf hingewiesen, daß sie eine mögliche irakische Invasion Kuwaits verurteilen würde und versuchen würde, sie mit diplomatischen Mitteln zu revidieren. Es lief also alles nach dem Plan der US-Führung. Deswegen schien Hussein wohl auch im Anfang nach der Invasion noch zu glauben, daß die USA nicht militärisch gegen ihn vorgehen würden. Craig Hulet, ein ehemaliger Geheimdienstler, sagte etwas äußerst interessantes in einem Interview, welches von David Barsamian am 14.2.1991 geführt wurde: „Ich glaube die Presse war so uninteressiert, daß sie durch Bushs ´Waffenruf` im Mittleren Osten nicht aufgeschreckt wurde und gar nicht mitbekam, daß der Krieg schon am 2. August beschlossene 509 Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War . . ., S. 63 f. 510 Ebenda. - 196 - Sache war. . .Während einer Periode von zehn Tagen vor dem 2. August (1990), haben die CIA und der NSA den Präsidenten kontinuierlich beraten. Sie informierten ihn darüber, daß eine Invasion des Iraks unmittelbar bevorstand. Ungefähr eine Woche vor dem 2. August stand die bevorstehende Invasion außer Frage.“511 Das Weiße Haus hatte genug Warnungen bekommen, die sich mit Saddams Bedrohungen und seinem Potential beschäftigt hatten, auch von anderen Quellen, die wichtigste war der israelische Geheimdienst. Israel hatte die USA wiederholt vor einem irakischen Angriff auf Kuwait gewarnt.512 Die Israelis, allem voran ihr Geheimdienst Mossad, hatte Washington mindestens drei Jahre lang gewarnt, daß, wenn Saddam Hussein, seinen Krieg gegen den Iran gewinnen würde, er die größte Gefahr und Bedrohung für die USA und die Region darstellen würde.513 Wie schon beschrieben, überreichte der israelische Verteidigungsminister Moshe Arens, ein Woche vor der Invasion, dem Pentagon die neuste Beurteilung der kritischen Lage am Golf. Die Aussagen dieses Berichts erwiesen sich als äußerst genaue Prophezeiung. Aber in Washington schien kaum jemand zuzuhören. Es ist falsch anzunehmen, wie dies einige Beobachter taten, daß die USA durch Iraks Invasion überrascht wurden. Knapp eine Woche nach der irakischen Invasion am 8. August, wurde George Bush auf einer Presse-Konferenz dazu befragt, ob der US Geheimdienst die Amerikaner hängen gelassen hätte. Der US-Präsident antwortete überraschend fröhlich: „Überhaupt nicht!“ und erklärte, daß es für ihn kein geheimdienstliches Versagen gab.514 Der CIA-Sprecher Joseph Toani erklärte: „Der CIA konnte den irakischen Angriff vorhersagen - allerdings nicht das genaue Datum und die Uhrzeit . . . Es gab keine Überraschungen . . .“515 Wenn das zutrifft stellt sich natürlich die Frage, warum es dann davor keine eindeutige Warnung an Saddam Hussein gab. Wie erwähnt, überwachten die USA mit AWACS Aufklärungsflugzeugen in Saudi-Arabien die gesamte Golfregion. Über ihre Aufklärungssatelliten und riesigen Funküberwachungsanlagen wußten sie mehr, über die irakischen Truppenbewegungen, als den Israelis überhaupt möglich war.516 511 Hulet, Craig: „Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg“, in: Chomsky, Noam / Beinin, Joel u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, S. 67 f. 512 Ravi, Dan / Melman, Yossi: Die Geschichte des Mossad - Aufstieg und Fall des Israelischen Geheimdienstes, Heyne, München 1992, S. 472. 513 Simpson, John: From the House of War - John Simpson in the Gulf, Arrow Books, London 1991, S. 47. 514 Graubard, Stephen: Mr. Bush`s War - Adventures in the Politics of Illusion, I.B. Tauris, N.Y. 1992, S. 111. 515 Hübschen, Jochen: Der Irak-Kuwait-Krieg, S. 96. 516 Raviv, Dan / Melman, Yossi: Die Geschichte des Mossad - Aufstieg und Fall des Israelischen Geheimdienstes, Heyne, München 1992, S. 473. - 197 - Hulet weiter zum Thema: „Während dieser Zeit, um den 25. Juli herum, versicherte die US- Botschafterin im Irak, April Glaspie Saddam Hussein, daß im Falle einer Grenzstreitigkeit, (und sie wußte sehr wohl, daß Truppen an der Grenze standen), die USA dies als einen rein arabischen Konflikt betrachten und hierzu keine Position beziehen würden. . . gleichzeitig wurde bekannt, daß dies die Politik des State Departments war, weil Unterstaatssekretär John Kelly vor den Senatsausschuß genau die gleiche Aussage machte. Er ging sogar soweit, zu behaupten, daß wir keinen Verteidigungsvertrag mit Kuwait hätten und dies ein innerarabischer Konflikt wäre. Zwei Tage später wurde Margaret Tutweiler über diese Äußerungen befragt und sie wiederholte die Baker Position, daß es sich um einen innerarabischen Konflikt handle und selbst wenn Panzer in Kuwait einrollen würden, hätten wir keinen Verteidigungspakt mit Kuwait.“517 Dies entsprach aber nicht der Wahrheit, denn wie die beiden britischen Journalisten John Bulloch und Harvey Morris herausfanden, gab die US-Regierung der kuwaitische Regierung geheime Zusicherungen im Falle eines irakischen Angriffs auf Kuwait.518 Der Ex-Geheimdienstler Craig Hulet berief sich auf die White Papers, diese erwähnen, daß es schon im April 1990 US-Strategie war, das irakische Militärpotential zu zerstören! Hulet, der einem Netzwerk von ex-Geheimdienstlern, Militärs und hoher Beamter angehört und zugleich Herausgeber der White Papers ist, gibt uns weitere aufschlußreiche Auskunft: „Ich glaube sie“ (die Bush Regierung) „gaben absichtlich Saddam grünes Licht, damit er so reagiert und sie somit eine notwendige Provokation zur Erlangung eines vorher bestimmten politischen Ziels erhielten, das in dem Task Force Bericht dokumentiert ist. Dieses Ziel wurde im April 1990 bei einer Konferenz im Weißen Haus in Umrissen ausgearbeitet. Der Task Force Bericht wurde von Derek Fitzgerald, dem früheren Premierminister Irlands, veröffentlicht. Im Task Force Bericht und in den Mitschriften der Aussagen, die während der Konferenz im Weißen Haus gemacht wurden, steht der Beschluß, daß der Mittlere Osten einseitig und vollständig entmilitarisiert werden müßte: Ballistische Raketen, Konventionelle Waffen, alles. . . Dafür wurde der Beschluß gefaßt, diese Länder zu entmilitarisieren. . . Die westlichen Mächte entschieden, im Mittleren Osten einzugreifen und ein Vakuum zu füllen, das die Sowjetunion hinterließ, als sie in den letzten beiden Jahren zu zerfallen begann. . . Ich habe die Empfehlung dieses Berichtes nach der voluminösen 517 Chomsky, Noam / Beinin, Joel u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, S. 68. Ridgeway, James: The March to War - From Day one to War´s End and Beyond, 4 Walls 8 Windows, N.Y. 1991, S. 57 f. Vgl. auch Brittain, Victoria (Ed.): The Gulf Between Us - The Gulf War and Beyond, Virago Press, London 1991, S. 15. Es existieren zu viele Golfkriegs Bücher welche diese Information bestätigen um alle aufzulisten. 518 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, 1.st Aufl., Rowohlt Verl., Reinbek bei Hamburg April 1991, S. 34. - 198 - Aufzählung des militärischen Potentials des Mittleren Ostens gelesen. Darin heißt es, daß ´jetzt dringend Schritte unternommen werden müßten, um die nukleare, chemische, biologische und konventionelle Abrüstung, die Rüstungskontrolle und -überwachung einzuleiten. Dies ist eine Angelegenheit, die vom UN-Sicherheitsrat überwacht werden sollte.`“ Hulet erklärt weiter: „Ich glaube diese Sache in Kuwait war eine ´Inszenierung` seitens unserer Regierung und der internationalen Gemeinschaft, um eine Provokation Saddams als Begründung für diesen Krieg zu erhalten, damit wir einseitig mit Hilfe des UN- Sicherheitsrates, wie im April 1990 vorgeschlagen, den militärisch-industriellen Komplex zerstören können.“519 Diesem Argument flichtet Robin DeRuiter mit seinem Kommentar bei: „Selten gab es in der Geschichte einen von den Hintergrundmächten so perfekt inszenierten Konflikt als den sogenannten ´Golfkrieg`.“520 Auch DeRuiter erwähnt den Task Force Bericht [Task Force Report 38, aka 212-661-1180], der einem Geheimtreffen entsprungen ist und „in dem genau beschrieben wurde, was sie mit dem Irak vorhatten.“521 Der ehemalige französische Außenminister Claude Cheysson vertrat eine sehr ähnliche Auffassung als er sagte: ´Saddam ist in eine Falle gelaufen`, und ´die USA waren von Anfang an entschlossen, in den Krieg einzutreten`.522 Selbst der US Admiral Eugene Carroll Jr. von dem Center for Defense Information gab zu, daß das Weiße Haus einen Kriegszustand am Golf inszenierte, um eine Rechtfertigen für einen Krieg haben zu können. Der ehemalige CIA Agent John Stockwell schrieb hierüber kurz und brisant: „Admiral Eugene Carroll Jr. . . . observes that the U.S. is not in fact dealing with a `crisis´ in the Persian Gulf. Rather, Admiral Carroll notes, the White House has engineered a casus belli, a situation regarded as justifying war.“523 Schon Monate zuvor, am 12. April um genau zu sein, reiste eine Delegation von US- Senatoren nach Bagdad um Saddam Hussein davon zu überzeugen, daß die Sanktionen gegen den Irak höchstwahrscheinlich durch George Bush annulliert würden. Genau das geschieht auch, am 21. Februar ist es George Bush, der die entsprechenden Sanktionen mit seinem 519 Chomsky, Noam / Beinin, Joel u.a.: S. 68 ff. 520 Ruiter, de Robin: Die 13 satanischen Blutlinien - Die Ursache vielen Elends und Übels auf Erden, Anton A. Schmid Verl., Durach 1999, S. 22. 521 The Israeli-Palestinian Issue, Task Force Report 38, aka 212-661-1180, Washington D.C. April 1990, zitiert aus: Ruiter, de Robin: Die 13 satanischen Blutlinien - Die Ursache vielen Elends und Übels auf Erden, Anton A. Schmid Verl., Durach 1999, S. 22. 522 Aus einem Interview von Joseph Fitcheet mit M. Claude Cheysson, International Herald Tribune, 11. März 1991, S. 2, zitiert aus: Sisina (Hrsg.): Midnight Oil - Arbeit, Energie, Krieg, - MigrantInnen in den Ölregionen, Klassenzusammensetzung und der zweite Golfkrieg, Sisina Satz Druck Verl., Berlin 1993, S. 137. - 199 - präsidentialen Veto verhindert. Die Delegation wurde von Robert Dole angeführt und sie versicherte Hussein fälschlich, daß Bush nichts mit der anti-Irak Medienkampagne zu tun habe, sondern, daß diese nur das Resultat von „verdorbenen und eingebildeten“ Reportern wäre. Des weiteren fragte die Delegation Hussein, ob er unilateralen Abrüstungen zustimmen würde, diese Frage deckt sich identisch mit dem Task Force Bericht, dem zufolge das irakische ballistische, nukleare, und chemische Militärpotential abgeschafft werden soll.524 Am 28. Juli informierte der CIA Direktor William Webster den Präsidenten über die aktuelle Lage am Golf. Was der CIA Direktor zu sagen hatte, war sehr besorgniserregend, aber Präsident Bush reagierte unerwartet gelassen auf das, was er zu hören bekam. Webster präsentierte ihm eine Mappe mit Satellitenphotos, die eindeutig bewiesen, daß irakische Truppen Munition, Treibstoff, und Wasser an die nördliche Grenze von Kuwait transportierten. Die Photos, die Webster Bush an diesem Morgen vorlegte, bestätigten, daß es sich hier um kein Routinemanöver handelte. Dies war auch Bush klar, der selbst von 1976 bis 1980 Direktor des CIA war, Bush war daher kein blutiger Anfänger, wenn es darum ging, geheime Satellitenfotos, die ursprünglich von der National Security Agency (N.S.A.) kommen, zu interpretieren. Die Fotos bestätigten ohne Zweifel, daß 35,000 irakische Soldaten nahe der kuwaitischen Grenze standen und jederzeit bereit waren, die Grenze zu überqueren. Es war ein ominöses Zeichen, daß vier Panzerdivisionen sowie Treibstofflaster und Panzertransporter an der Grenze massiert waren. Stunden später, am gleichen Tag, schickte Bush ein Telegramm an Saddam Hussein, in dem er sich besorgt, über den irakischen Führers Bedrohung, Gewalt zu benutzen, zeigte. Er erwähnte Kuwait nicht, statt dessen beteuerte er die Standard U.S. Richtlinie dem Irak gegenüber: "Lassen Sie mich Ihnen versichern, daß meine Regierung weiterhin bessere Beziehungen mit dem Irak anstrebt." Schon zuvor, am 25. April 1990, schickte er zum Ende des islamischen Fastenmonats, Hussein einen persönlichen Freundschaftsgruß. Die Botschaft des Präsidenten, die nach vielen Jahren ähnlicher freundlicher Signale, an Hussein geschickt wurde, gab Hussein kaum einen Grund sich davon abzuhalten, Kuwait zu überfallen. Bevor Bush das Telegramm losschickte, versuchten hochrangige Mitarbeiter des Defense Department es zu stoppen, sie befürchteten zu Recht, daß das Telegramm so schwach artikuliert war, so daß die falsche Botschaft bei Saddam eintreffen würde. Sie sagten: "We were already seeing troops moving. We wee getting worried, and we were putting up this piece of pap. It was just very weak. We 523 Stockwell, John: The Praetorian Guard - The U.S. Role in the New World Order, South End Press, Boston 1991, S. 13. - 200 - should have been much more threatening," erinnerte sich Henry Rowen als assistierender Verteidigungsminister für internationale Sicherheitsaffären.525 Rowen und andere im Pentagon waren besorgt, daß Botschafterin Glaspie schon rückratlos mit Saddam Hussein agiert hatte und fanden, daß nun eine versöhnende Botschaft von Bush ebenso wirkungslos sein würde, sie taten ihr bestes, aber der Präsident blieb bei seinem besänftigen und versöhnenden Kurs.526 5.71 Der April Glaspie Saddam Hussein Dialog Am 25. Juli als sich die Irak - Kuwait Krise zuspitzte und gar zu eskalieren drohte, bat Saddam Hussein die amerikanische Botschafterin April Glaspie nach Bagdad zu kommen, um über die aktuelle Krisenlage am Golf zu diskutieren. Der Dialog, der in Bagdad stattfand, war erstaunlich. Aus ihm geht hervor, daß die US Regierung die ganze Golfkrise zwischen Irak und Kuwait als innerarabisches Problem ansahen, und daher es Saddam Hussein überließen das Problem auf seine Art zu lösen. Die wichtigen Passagen wurden in den Büchern Warcrimes und Krieg am Golf veröffentlicht. In Warcrimes kann man im Originaltext folgende klare Botschaft entnehmen: “ . . . (T)he U.S. dit not make even the slightest effort to suggest to Hussein that a massive war with the U.S. might be the result of any invasion of Kuwait--a statement which almost certainly would have prevented the entire war.”527 Die Iraker hatten das Protokol am 11. September 1990 veröffentlich und es offenbarte, daß April Glaspie Saddam Husseins harte Politik dem Kuwait gegenüber nur unterstützt hatte. Zeitgleich gab das State Department zu, daß das Gesprächprotokol der Iraker im großen und ganzen korrekt wiedergegeben wurde.528 Der Journalist Wolfgang Eggert sah dies genauso als er schrieb: „Die Abschrift dieses Gesprächs wurde in den ´New York Times´ veröffentlicht und das State Department hat den Inhalt dieses von den Irakern zugespielten Gesprächsprotokolls nie dementiert, sodaß die Authentizität des Textes nicht in Zweifel gezogen werden kann.“529 524 Chomsky, Noam / Beinin, Joel u.a.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, S. 70. Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Pfungstand bei Darmstadt 1992, S. 60, & 96. 525 The New York Times, October 25, 1992, zitiert in: Friedman, Alan: Spider´s Web - The Secret History of how the White House illegally armed Iraq, Bantom Books, N.Y. / Toronto / London / Sydney / Auckland 1993, S. 166. 526 Ebenda. 527 Clark, Ramsey (Ed.): War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 250. 528 Ebenda. 529 Eggert, Wolfgang: Israels Geheimvatikan - Als Vollstrecker biblischer Prophetie, Bd. 3, beim propheten! Verl., Edition Hermetika, München 2001, S. 355, Fußnote 789. - 201 - Nach dem Krieg, am 21. März 1991, dementierte Glaspie, die zuvor geschilderte Wiedergabe ihrer Unterredung mit Hussein. In ihrer Aussage vor dem außenpolitischem Ausschuß des Senats behauptete sie, daß die Abschrift von den Irakern schwer manipuliert worden wäre, besonders die Hinweise, die angeblich von ihr gemacht wurden, die Saddam Hussein davon abhalten sollten Kuwait zu überfallen, seien gelöscht worden.530 Sie erklärte, sie habe Hussein wiederholt gewarnt, daß die USA die Anwendung von Gewalt seitens Irak als Mittel der Konfliktlösung nicht hinnehmen würden. Sie meinte Hussein sei wohl zu „dumm“ (stupid) gewesen, die möglichen Reaktionen der Vereinigten Staaten zu verstehen.531 Wegen der großen Dikrepanz zwischen der irakischen Abschrift des Dialogs und Glaspies Aussagen hierzu, forderten einige US Sentoren die Einsicht in Glaspies Abschriftprotokoll, das sie dem State Department nach ihrem Gespräch mit Hussein übergab. Glaspie verweigerte dies jedoch, mit der Begründung ein solcher Vorgang würde gegen die diplomatische Tradition des Amtsgeheimnis verstoßen.532 Aber im Juli 1991 wurden die Telegramme Glaspies mit ihrer Wiedergabe der Unterredung schließlich dem Senatskomitee zugänglich gemacht. Daraus ging klar hervor, daß ihre Aussage vor dem Ausschuß weitgehend auf Erfindungen beruhte und die vom Irak veröffentlichte Version zutreffend war. Ihre eigene Abschrift zeigte, daß die der Iraker stimmte, während ihre Aussagen größtenteils falsch waren. Dies wird im Anhang von Warcrimes bestätigt, der sich speziell der wichtigen Abschrift widmet und völlig eindeutig gegenüber Glaspies Aussagen feststellt: “The cables showed that her March testimony before the Senate was largely a fabrication and that the originial transcripts released by Iraq was, in fact, accurate.”533 Daher verlangte der Ausschußvorsitzende, Senator Claiborne Pell, am 12. Juli 1991, in einem zornigen Brief an Außenminister James Baker, eine Erklärung für die Unstimmigkeiten zwischen Glaspies Aussage und dem Telegramm. Senator Alan Cranston behauptete Glaspie habe den Kongreß hinsichtlich ihrer Rolle im Golfkrieg vorsätzlich in die Irre geführt.534 Denn Glaspies Aussage ist eine Erfindung, um ihren Ruf retten, da sie erkannt haben mußte, daß die Instruktionen, die sie am 24. Juli 1990 von State Department bekam, Saddam nicht warnten. Wie erwähnt, kamen diese Instruktionen direkt vom State Department und wiesen Glaspie 530 Ogden, Christopher: “In From the Cold,” Time, April 1, 1991, S. 6. 531 Friedman, Thomas: “Envoy to Iraq, Faulted in Crisis, Says She Warned Hussein Sternly,” New York Times, March 21, 1991, S. A 1 & A 15. 532 Clark, Ramsey (Ed.): War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 250 f. 533 Ebenda, S. 251. 534 Sciolino, Elaine: “Envoy´s Testimony on Iraq is Assailed,” New York Times, July 13, 1991, S. A1, Col 1. Vgl. Auch: Friedman, Thomas: “U.S. Messages on the July Meeting of Saddam Hussein and American Envoy,” New York Times, July 13, 1991. Blumenthal, Sydney: “April´s Bluff – The Secrets - 202 - ausdrücklich darauf hin zu wiederholen, daß die USA „keine Meinung“ zu „arabischen- arabischen“ Konflikten hätten. Die amerikanische Fernsehkette ABC konnte sich den wichtigen Glaspie/Hussein Dialog beschaffen. Er gab folgende Tatbestände wieder. Um 13 Uhr kam Frau Glaspie sehr angespannt in das Büro von Saddam Hussein, um ein Einzelgespräch mit ihm zu führen. Mit von der Partie war noch Tarik Aziz, Saddam Husseins Außenminister und ein Dolmetscher. Nachdem Saddam die Botschafterin respektvoll empfangen hatte, sagte er gleich: ´Ich habe Sie hierher gebeten, um mit ihnen eine eindringliche Diskussion zu führen, die ich als eine Botschaft an Präsident Bush ansehe.`535 Dieser Satz von Hussein deutet ganz klar darauf hin, daß er diese folgende Unterredung als ein Treffen auf höchster Ebene einstufte. In dem Gespräch geht Hussein auf die OPEC Politik und besonders Kuwaits Öl Politik ein. Hussein behauptete zu Recht, daß Kuwait den OPEC Vertrag und dessen Abkommen breche und damit dem Irak immense ökonomische Schaden zufüge. Er erklärt ausführlich, daß man einen Krieg mit Panzern und Flugzeugen führen kann, aber ebenso auf ökonomische / finanzielle Art, das Resultat wäre letztendlich dasselbe: Man verhindert damit, daß ein Volk zu Wohlstand und Entwicklung gelangt, und blutet es sozusagen finanziell aus. Er sagte nun ´25 Dollar pro Barrel ist kein hoher Preis.` Die Botschafterin (April Glaspie) reagierte darauf äußerst positiv indem sie sagte: ´Viele Amerikaner aus unseren eigenen Fördergebieten möchten, daß der Preis die 25 Dollar übersteigt.` Dies ist, das erste Grüne Licht das Saddam Hussein braucht, er kann jetzt glauben, daß die Botschafterin und darüber hinaus Präsident Bush Förderungen nach höheren Preisen unterstützen wird. Saddam Hussein redet noch ein bißchen über Öl: ´Der Preis war schon mal auf 12 Dollar pro Barrel gefallen, und der Verlust von 6 bis 7 Milliarden Dollar ist eine Katastrophe für das bescheidene irakische Budget.` Die Botschafterin stimmt dem durch Kopfnicken zu: ´Das kann ich ohne weiteres verstehen. Ich lebe seit Jahren hier. Ich bewundere Ihre außerordentlichen Anstrengungen, das Land aufzubauen. Ich weiß, daß Sie dafür Kapital brauchen. Wir verstehen das und sind der Meinung, daß Sie die Möglichkeit haben müssen, das Land wieder aufzubauen.`536 Hier bekommt Hussein auch direkte Zustimmung in der Ölpolitik von den USA. Nun spricht Glaspie das Thema Kuwait an. Bowen zitiert daher aus der Abschrift, die später auszugsweise veöffentlicht wurde. „We can see that you have deployed massive numbers of of Ms. Glaspie´s Cable,” The New Republic, August 5, 1991, beide zitiert in: Clark, Ramsey: The Fire this Time, S. 23 f. Clark Ramsey (Ed.): War Crimes, S. 251. 535 Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf – Das Geheimdossier, Hanser Verl., München / Wien 1991, S. 49 f. 536 Ebenda, S. 52 f., 62 f. - 203 - troops in the south. Normally that would be none of our business, but when this happens in the context of your other threats against Kuwait, then it would be reasonable for us to be concerned. For this reasons, I have received instruction to ask you, in the spirit of friendship not confrontation regarding your intentions: Why are your troops massed so very close to Kuwait´s borders?” Daraufhin antwortet Hussein: „As you know, for years now I have made every effort to reach a settlement on our dispute with Kuwait. There is to be a meeting in two days: I am prepared to give negotiations only this one more brief chance. When we [the Iraqis] meet [with the Kuwaitis] and we see there is hope, then nothing will happen. But if we are unable to find a solution, then it will be natural that Iraq will not accept death.” [Glaspie] „What solutions would be acceptable?” [Hussein] „If we could keep the whole of the Shatt al Arab, our strategic goal in our war with Iran, we will make concessions [to the Kuwaitis]. But, if we are forced to choose between keeping half of the Shatt and the whole of Iraq [i.e. including Kuwait], then we will give up all of the Shatt to defend our claims on Kuwait to keep the whole of Iraq in the shape we wish it to be. What is the United States` opinion on this?” [Glaspie] (Pause, then she speaks very carefully): „We have no opinion on your Arab-Arab conflicts, such as your dispute with Kuwait.”537 (Hervorhebung M. K.) Secretary [of State James] Baker has directed me to emphasize the instruction, first given to Iraq in the 1960s, that the Kuwait issue is not associated with America.“ Saddam smiled.538 Hussein, der die US Botschafterin einlud um festzustellen welche Position die USA bezüglich des Irak-Kuwait Konflikts einnahmen, wurde also wörtlich gesagt: „We have no opinion on your Arab - Arab conflicts, such as your dispute with Kuwait.“539 „Wir haben keine Meinung zu innerarabischen Konflikten, wie zu ihrem Konflikt mit Kuwait.“540 Hier bekommt Saddam Hussein erneut Grünes Licht. Es war klar, daß er sich nicht mehr hätte wünschen können, da die USA ihm nun offiziell frei Hand in seiner Kuwait-Politik ließen. Glaspies Äußerung über die US Position bezüglich der Irak-Kuwait-Krise war keinesfalls ein Faux Pas. Denn einen Tag zuvor, am 24. Juli, hatte sie ein Telegramm des State Departments 537 Bowen, Russel S.: The Immaculate Deception, S. 145 f. 538 Ebenda, S. 146. 539 The New York Times International, Sunday, September 23, 1990, “Excerpts From Iraqi Document on Meeting with U.S. Envoy”, Special, S. 9A. 540 Das wichtige Zitat wird übereinstimmend in der ganzen Golfkriegsliteratur vertreten. Siehe u.a.: Karsh, Efraim / Rautsi, Inari: Saddam Hussein - A Political Biography, Futura Books, London 1991, S. 215. Freedman, Lawrence & Karsh, Efraim: The Gulf Conflict 1990-1991 -Diplomacy and War in the New World Order, faber and faber, London / Boston 1993, S. 53. Khadduri, Majid & Ghareeb, Edmund: War in the Gulf 1990-91 - The Iraq-Kuwait Conflict and its Implications, Oxford University Press, Oxford / New York 1997, S. 250. Hybel, Alex Roberto: Power Over Rationality - The Bush Administration and the Gulf Crisis, State University of New York Press, New York 1993, S. 114. - 204 - erhalten, welches sie explizit aufforderte Saddam mit zuteilen, „daß die Vereinigten Staaten ´keine Position` (no position) bezüglich ´inner-arabischer´ (Arab-Arab) Konflikte hätte.“ Noch am selben Tag als sie ihr Gespräch mit Saddam Hussein beendet hatte, schickte April Glaspie die zuvor erwähnte Abschrift ihrer Unterhaltung mit Saddam an das State Department.541 Bezüglich dieser Abschrift an das State Department schrieb Ali Towfik, daß ein US-Senator später über diese aussagte, es wäre mit dem Titel vermerkt worden: „Saddam`s Message of Friendship to President Bush“ („Saddams Botschaft der Freundschaft an Präsident Bush“), und dessen Inhalt zeigte, daß Glaspie eine „weichen“, „versöhnlichen Tone“ mit dem Diktator benutzt hatte. Dies stand diametral im Widerspruch zu Glaspies eigener Aussage vor dem Senatsausschuß.542 Ihre Abschrift zeigte auch, daß Präsident George Bush am 28. Juli 1990 ein geheimes Telegramm (a secret cable) über die Unterhaltung an Saddam Hussein schickte, das eine ebenso versöhnliche Position wie Glaspie einnahm.543 Über diese geheime Botschaft schrieb Paul A. Gigot „dem Middle East Policy Survey und anderen glaubhaften Quellen zufolge drückte das Telegramm eine klare aber großzügige Botschaft bezüglich der Anwendung von Gewalt aus. Es bot keinerlei spezielle Sicherheitsgarantie für Kuwait und drückte den Wunsch nach besseren Beziehungen aus.“544 Womit Präsident Bush klar der Lüge gegenüber Saddam Hussein bezichtigt werden kann, da wie schon erwähnt, die Journalisten Bulloch und Morris eindeutig nachgewiesen haben, daß die US Regierung sehr wohl eine geheime Sicherheitsgarantie, im Falle eines irakischen Angriffs auf Kuwait, an diese Regierung abgaben. Eine Internet Quelle beschrieb es folgendermaßen: „Bush´s words were similar to those of Glaspie´s ´We believe that differences are best resolved by peaceful means and not by threats involving military force or conflict… My administration continues to desire better relations with Iraq.`”545 Brown, Ben / Shukman, David: All Necessary Means - Inside the Gulf War, BBC Books, London 1991, S. 3 f. Bowen, Russel S.: The Immaculate Deception, S. 146. 541 Clark, Ramsey (Ed.): War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 251. Der Text des Hussein-Glaspie Gesprächs befindet sich auf Seiten 253ff. des Buches und zeigt eindeutig, daß Glaspie den Senat belogen hatte. 542 Towfik, Ali: Towfik, Ali: Towfik Publications, 1st. printing, Los Angeles September 1991, S. 7. Friedman, Thomas: “Envoy to Iraq, Faulted in Crisis, Says She Warned Hussein Sternly,” New York Times, March 21, 1991, zitiert aus Clark, Ramsey: The Fire This Time, S. 23 543 Sciolino, Elaine, „Envoy´s Testimony on Iraq is Assailed,“, New York Times, July 13, 1991, zitiert in: Clark, Ramsey (Ed): War Crimes, S. 251. 544 Sisina (Hrgs): Midnight Oil - Arbeit, Energie, Krieg, MigrantInnen in den Ölregionen, Klassenzusammensetzung und der zweite Golfkrieg, Sisina Satz Druck Verl., Berlin, S. 139 [Fußnote # 112]. 545 http://www.lossless-audio.com/usa/index0.php?page=1067334120.htm, The Bush Administration's Relation With Iraq Prior to Iraq's Invasion of Kuwait: Credibility and Misperception / Forgotten History /123 Student. - 205 - Nur einen Tag nach April Glaspies Unterredung mit Saddam Hussein, am 26 Juli 1990 ereignete sich ein hoch brisantes Treffen zwischen dem damaligen Präsident Gorbachev und einem Boten des amerikanischen Präsidenten George Bush. Folgende Informationen stammen von einem ehemaligen Insider, der sich auf CIA Quellen von CIA Mitarbeitern beruft. Der Protagonist Gunther Karl Russbacher arbeitete viele Jahre für die CIA, u.a. war er für Attentate für diesen Geheimdienst verantwortlich. Am 26. Juli 1990 erhielt er einen absolut dringenden Auftrag von besagter Organisation. Rodney Stich berichtet über diese ultra geheime Operation: The CIA had an important task for Russbacher to perform . . . He was needed for an ultra-secret project associated with the Bush administration`s dealings with Iraq`s Saddam Hussein. The signature of Russian President Mikhail Gorbachev was needed on a secret agreement prepared and signed by President Bush. Russbacher stated that the agreement provided that Russia would not intervene if the United States attacked Iraq in the near future. Russbacher spoke Russian, had been assigned to the U.S. Embassy in Moscow, and knew President Gorbachev personally. The signature and agreement had to remain secret.546 According to CIA operativ Gunther Russbacher, several days prior to July 25th, President George Bush and close advisers, including Brent Scowcroft, prepared an agreement to be submitted to President Gorbachev for signing, in which the USSR would not intervene if the United States invaded Iraq. Further, that in exchange for the agreement the United States wold provide the USSR with large amounts of financial aid. Russbacher was first briefed on the Moscow flight at Offutt Air Force Base in Omaha, Nebraska, in mid-July 1990. At this briefing were CIA Director William Webster, Brent Scowcroft, and members of the White House staff.547 Late in the afternoon on July 26, 1990, Russbacher boarded a CIA Learjet at Reno, which took him to Crows Landing Naval Air Station, where four CIA SR-71 aircraft were being readied for a non-stop flight to Moscow . . .548 Within a couple of hours, the flight of four SR-71s departed for Moscow, refueling twice in the air. The first refueling occurred over Canada from Air Force tanekrs, and the second refueling occurred as the aircraft were approaching the USSR, the refueling conducted by Soviet tankers. . . . Russbacher stated that two of the passengers were Brent Scowcroft and William Webster. . . . Upon landing at Moscow, Russbacher met with Gorbachev, who signed one of the agreements, which was carried back to the United States on the return flight.549 In dieser Hinsicht zeigt sich, wie zielbewußt die Elite der Bush Regierung daraufhin arbeitete, daß die Sowjetunion ihnen keine Probleme bereiten würde, wenn die USA den Irak angreifen. Russbacher bestätigt also folgende essentielle Information über den geheimen Flug nach 546 Stich, Rodney: Defrauing America - A Pattern of Realted Scandals - Dirty Secrets of the CIA and other Government Operations (With Extensive Input From Deep-Cover CIA Personnel), expanded 2nd ed., Diablo Western Press, Alamo California 1994, S. 210 f. 547 Ebenda, S. 433. 548 Ebenda, S. 210 f. 549 Ebenda, S. 433. - 206 - Moskau: US-Präsident George Bush hatte Mitte Juni 1990 mit Brent Scowcroft und anderen engen Beratern ein schriftliches Übereinkommen vorbereitet, welches dem sowjetischen Präsidenten Gorbachev vorgelegt werden sollte. In diesem Dokument wurde stipuliert, daß die Sowjetunion dem Irak nicht militärisch beistehen würden, wenn die USA den Irak angreifen. (Irak und S.U. hatten einen 20 jährigen Freundschaftsvertrag von 1972) Russbacher flog am 26 Juli 1990 als CIA Operateur mit einem CIA SR-71 Flugzeug nach Moskau, mit an Bord waren Brent Scowcroft (damaliger nationaler Sicherheitsberater der Bush Regierung) und William Webster (damaliger CIA Chef), wo er von Gorbachev eins der Dokumente unterzeichnet bekam. Die USA verpflichteten sich ihrerseits der S.U. für diese wichtige Unterschrift Wirtschaftshilfe zukommen zu lassen. Diese bekam die Sowjetunion auch - nach dem die für die USA wichtige 678 UN-Resolution am 15 Januar 1991 abgeschlossen wurde -, in der Form von $4 Mrd. von Saudi Arabien, Kuwait und der V.A.E.550 Nur einen Tag zuvor hatte April Glaspie Saddam Hussein versichert, daß sein Konflikt mit Kuwait für die USA ein innerarabischer Streit sei. Nach so vielen (indirekten) Ermutigungen konnte es eigentlich keine Zweifel mehr geben, wie sich Saddam Hussein entscheiden würde. Da Kuwait sich schon zwei Jahre lang weigerte über die Dinge zu verhandeln, die wie Hussein es sah seine Wirtschaft ruinierte. Irak verlor wegen der kuwaitischen Ölüberproduktion jährlich $14 Mrd. Für Hussein war es längst ein Wirtschaftskrieg, der gegen sein Land geführt wurde. In einem Auszug der Abschrift Glaspies an das State Department stand, Hussein wollte eine wichtige Botschaft an Präsident Bush senden: „Iraq suffered 100.000 casualties and is now so poor that war orphan pensions will soon be cut, yet rich Kuwait will not even accept OPEC discipline. Iraq is sick of war, but Kuwait has ignored diplomacy. U.S. maneuvers with the United Arab Emirates … will encourage the U.A.E. and Kuwait to ignore conventional diplomacy. If Iraq is publicly humiliated by the U.S. Government, it will have no choice but to ´respond,` however illogical and self- destructive that would prove.”551 Daß Saddam Husseins Geduld am Ende war, dürfte für die Bush Administration ein offenes Geheimnis gewesen sein, denn Hussein hatte Glaspie resigniert erklärt, daß er sich bemüht hatte, die Krise zu lösen. Er sagte, daß er alles versucht habe. „We sent envoys, wrote messages, asked King Fahd of Saudi Arabia to arrange Quadripartite Summit [Iraq, Saudi Arabian Governemtn, U.A.E., Kuwait].“552 Somit wußte 550 Clark, Ramsey: Wüstensturm, Göttingen 1993, S. 210, zitiert aus: Cremer, Uli: Neue NATO - neue Kriege? - Zivile Alternativen zur Bundeswehr, VSA Verl., Hamburg 1998, S. 29. 551 Clark, Ramsey and Others: War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 253. 552 Ebenda, S. 255. - 207 - Washington von ihrer eigenen Botschafterin bestens, wie der Irak auf die kontinuierliche Intransigenz der Kuwaiter „reagieren“ würde. Als dann am 2. August 1990 in den frühen morgen Stunden ca. 100 000 irakische Truppen Kuwait besetzten, konnte dies überhaupt keine Überraschung mehr für die US-Führung darstellen. Am 2. September 1990, einen Monat nach Saddams Invasion von Kuwait, nachdem britische Journalisten in den Besitz einer Tonbandaufzeichnung und einer Kopie des oben geschilderten Gesprächs zwischen Saddam Hussein und April Glaspie kamen, wanden sie sich an die amerikanische Botschafterin.553 Überrascht von seinem Inhalt, konfrontierten sie April Glaspie, als diese die US Botschaft in Bagdad verließ. Journalist 1: „Are the transcripts [holding them up] corret, Madame Ambassador?“ [Glaspie does not respond] Journalist 2: „You knew Saddam was going to invade [Kuwait], but you didn`t warn him not to. You didn`t tell him America would defend Kuwait. You told him the opposite - that America was not associated with Kuwait.“ Journalist 1: „You encouraged this aggression - his invasion. What were you thinking?“ April Glaspie: „Obviously, I didn`t think, and nobody else did, that the Iraqis were going to take ALL of Kuwait.“ Journalist 1: „You thought he was just going to take SOME of it? But how could you? Saddam told you that, if negotiations failed, he would give up his Iran [Shatt al Arab waterway] goal for the ´whole of Iraq, in the shape we wish it to be.` You know that includes Kuwait, which the Iraqis have always viewed as an historic part of their country! [Glaspie says nothing, pushing past the journalists] Journalist 1: „America green-lighted the invasion. At a minimum you admit signaling Saddam that some aggression was okay - that the U.S. would not oppose a grab of the al- Rumeilah oil field, the disputed border strip and the Gulf Islands - territories claimed by Iraq?“ [Again, Ambassador Glaspie says nothing as the limousine door closes behid her.]554 April Glaspie fuhr nicht nur weg, sie verschwand für die Öffentlichkeit nach ihrem wichtigen Besuch bei Saddam Hussein, für ganze acht Monate. In dieser Zeit wurde ihr verboten, mit der Presse oder dem amerikanischen Kongreß zu sprechen. Erst nach enormen Druck von 553 Keith, Jim (Ed.): Secret and Suppressed - Banned Ideas & Hidden History, Feral House, Venice CA 1993, S. 182. 554 Bowen, Russell S.: The Immaculate Deception, S. 147 f. Keith, Jim (Ed.): Secret and Suppressed - Banned Ideas & Hidden History, Feral House, Venice CA 1993, S. 181 f. Vor dem bereits publiziert durch Pepa, Badell (u.a.): Las Tramas secretas de la Guerra del Golfo, Segunda - 208 - Seiten des Kongresses kam es überhaupt zu ihrer Aussage vor dem US-Senat. Towfik hierzug: „In February 1991, although the State Department maintains that she is handling important special assignments, Glaspie is effectively being held incommunicado - forbidden to talk either to the press or to Congress-“.555 Dieses nachträgliche Gespräch zwischen den Journalisten und April Glaspie zeigt eindeutig, daß April Glaspie durch ihre Botschaft an Saddam Hussein, die sie von der Bush Administration erhielt, Saddam nicht nur ermutigte in Kuwait einzumarschieren, sondern, daß sie ebenso wußte, daß, falls die Verhandlungen zwischen den Kuwaitis und den Irakern scheitern würden, Saddam dann ganz Kuwait besetzen würde. Oder wie Saddam es ihr gegenüber ausdrückte, würde er sein Ziel dann verfolgen, den ganzen Irak zu bekommen, was soviel bedeutete, wie einen Irak der Kuwait mit einbeziehe, da Saddams Regime Kuwait nie als legitimen Staat anerkannte. Die ermutigende Botschaft, welche die Bush Regierung durch Glaspie an Saddam weiter leiten ließen, war aber nicht der einzige Ermunterungsversuch, der US Regierung, Saddam davon zu überzeugen, daß sie auf seiner Seite waren. 5.8 Die US Ölpolitik verschärft die angespannte Lage zwischen Irak und Kuwait Eine Sache die sehr verdächtig war war der Versuch der Bush Regierung die Saddam Hussein unterrichtete, daß sie ihn unterstützen würden, wenn er nach höheren Ölpreisen rufen würde. Die Bush Regierung unterstützt Saddam Hussein aktiv in seinem Ziel, höhere Ölpreise zu verlangen, und dies schon sieben Monate vor der irakischen Invasion Kuwaits. Mittlerweile kann als bestätigt gelten, daß die Bush Regierung damals eine doppeltes Spiel in Sachen Ölpolitik mit dem Irak spielten. Da die USA den Irak und Saudi Arabien ermutigten den Ölpreis zu erhöhen, während sie den Kuwait und die V.A.E. (Vereinigten arabische Emirate) ebenfalls ermutigten ihre Ölproduktion zu erhöhen.556 Dies mußte unweigerlich zu einem Konflikt zwischen Irak und Kuwait führen, da diese schon wegen der zuvor erwähnten Differenzen unter angespannten Beziehungen litten, vor allem aber auch wegen des ökonomischen Gesetzes des Angebots und der Nachfrage. Wenn Kuwait und die V.A.E. ihre Ölproduktion (um bis zu 50%) erhöhen, konnte dies nur den Preis (an Hand von einer Überproduktion, die ein Überangebot erzeugt und dies letztendlich nur eine rückgängige Nachfrage zur Folge haben) senken. Edicion, Barcelona 1991, S. 181, sowie Emily Prager: „War´s End“, in Penthouse, Juni 1991, sowie Mike Blair, „Das Lügengewebe der US-Regierung zerreißt“ in: CODE Nr. 9, September 1992, S. 60. 555 Towfik, Ali: The Prearranged Gulf War, Ali Towfik Publications, Los Angeles 1991, S. 6. Vgl. auch San Fransisco Chronicle, Feb. 13, 1991, „How Ambassador Was Muzzled“. 556 The Independent, 26 January 1991, S. 2. - 209 - Das Doppelte Spiel der US Regierung in Sachen Ölpolitik ist längst aktenkundig geworden, denn am 21. Oktober 1990, zwei eineinhalb Monate nach Husseins Invasion, brachte der London Observer einen speziellen investigativen Bericht von Helga Graham, in dem sie andeutete, daß Bush Saddam Hussein ermutigte Kuwait anzugreifen. Gemäß einer hochrangigen US Quelle, wurde auf einer New Yorker Konferenz im Januar 1990 diskret beschlossen, daß der Irak höhere Ölpreise von den anderen OPEC fordern sollte. Abschriften zwischen der Bush Regierung und Saddam Hussein, die während der (Kuwait) Invasion an die Öffentlichkeit gedrungen sind, bestätigen die Unterstützung der US Regierung für Saddams erhöhte Ölpreis Politik. Bush, dies besagen die Abschriften, schickte einen geheimen Boten der sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit mit einem irakischen Top- Vertrauten Saddams traf. Die US Regierung stiftete einen Treffen zwischen einem ehemaligen amerikanischen Botschafter, der Mitglied des Council on Foreign Relations (Amt für Auswärtige Beziehungen) ist, welcher von Bush oft benutzt wurde, um sich mit einem hohen irakischem Minister zu treffen. Der Bote sagte dem Vertrautem Husseins, daß der Irak höhere Ölpreise fördern und implementieren sollte, um aus seiner prekären und maroden Wirtschaftslage zu kommen. Dieser Rat bezog sich auf die Untersuchungen des Washington Center for Strategic and International Studies, eine Organisation, die Verbindungen zum Irak hatte; Saddam wurde nahegelegt, sich diese Studien über Ölpolitik anzuschauen. Hussein nahm in seiner verzweifelten Lage den Rat des Bush-Boten an und ließ seine Truppen zur kuwaitischen Grenze aufrücken. Graham schreibt in ihrem Bericht zu recht, daß die Beweise klar für eine Komplizenschaft der USA sprechen, daß es nicht nur die Fehlkalkulation Husseins war, die den Golfkrieg auslöste. Die Dokumente, die an die Öffentlichkeit gedrungen sind, ergeben laut Graham ein klares Bild der aktiven US Unterstützung von Seiten des US Präsidenten George Bush.557 „Die USA unterstützen in der Tat Irak und Saudi Arabien, um den Ölpreise in die Höhe zu treiben während sie Kuwait und die Arabischen Emirate ermutigten, ihre (Öl)produktion zu erhöhen. Des weiteren ermutigte die USA Kuwait in der territorialen Angelegenheit hart zu bleiben.“ (... to stand firm on the territorial question)558 Dies mußte unweigerlich zu einem Konflikt zwischen dem Irak und Kuwait führen. Nachdem die US-Führung die Situation im Irak praktisch aus erster Hand kannte, konnte sie sich sicher sein, daß Saddam auf ihren Vorschlag der erhöhten Ölpreise eingehen würde. Denn der Vorschlag für die erhöhten Ölpreise kam wohl nicht rein zufällig im Januar 1990, zu dem 557 Bowen, Russell S.: The Immaculate Deception, S. 148 f. Vgl. Observer, 21 October 1990. Vankin, Johnathan: Conspiracies, Cover-Ups and Crimes, Dell Books, S. 241. - 210 - Zeitpunkt als Saddam Hussein um sein politisches Überleben kämpfte und der Irak auf Grund des ersten Golfkriegs bankrott war. Denn Saddams Irak war hoch verschuldet und konnte mit den Nachzahlungsforderungen an seine Gläubigerländer nicht mehr nachkommen. Irak benötigte jährlich zusätzliche $ 7 Milliarden um seine derzeitigen Ausgaben zu bezahlen. Die dramatische wirtschaftliche Misere läßt sich am besten an Hand der Schuldenanhäufung demonstrieren. 1979, ein Jahr vor dem ersten Golfkrieg, hatte der Irak gerade einmal $ 1 Milliarde Schulden; Anfang 1990 hatten sich die Schulden um ein hundertfaches auf $ 100 Milliarden erhöht.559 Die Ölpreise waren auf Grund der kuwaitischen Überproduktion enorm gefallen und würden wahrscheinlich im Sommer noch tiefer fallen. Es lebten im Irak 700,000 Menschen die nach dem Ersten Golfkrieg keine Arbeit hatten und vergeblich in der Wirtschaft Jobs suchten, aber die irakische Wirtschaft hatte bei weitem nicht genug Jobs um auch nur annähernd so viele Menschen zu beschäftigen, die Armee konnte nicht alle aufnehmen. Am 6. Januar 1990 wurde ein Attentat auf Saddam Hussein ausgeübt in dem er fast getötet worden wäre.560 Im März 1990 verlangten einige irakische Offiziere in Washington Unterstützung für einen Putsch gegen Saddam Hussein, aber die US Regierung zeigte sich nicht interessiert an ihrem Unternehmen.561 Die Bevölkerung erwartete die versprochene politische Liberalisation, wie sie in fast ganz Osteuropa und im benachbarten Jordanien stattgefunden hatte. Aber Saddam Hussein konnte keine demokratischen Tendenzen erlauben, da sein Regime vor dem Ruin stand. Saddam wußte daher, daß er nur durch ein außergewöhnliches Ereignis das irakische Volk hinter sich vereinigen konnte: Ein gelungener Raubzug gegen das extrem reiche Kuwait würde fast alle seine Sorgen beseitigt haben, die Bevölkerung hätte die Bereicherung begeistert aufgenommen und die Schulden wären damit auf einen Schlag beglichen worden.562 Ein interessante Aussage gab es von dem Insider George Schulz. Er schien schon im Vorfeld bestens über die Zukunft des Irak Bescheid zu wissen, denn als Mitarbeiter des Bechtel Konzerns, eines multinationaler Konstruktionsgiganten, welcher im Irak Geschäfte machte, riet er dem Konzern, sich aus dem Irak zurück zuziehen, dies war im Frühling 1990. Von ihm stammen folgende wegweisende Worte: „I said something is going to go very wrong in Iraq and blow up and if Bechtel were there it would get blown up too. So I told them to get out.“ Dies sind folgenschwere Worte eines Insiders. Aber es sind letztendlich viel mehr als nur 558 Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, S. 58. 559 Bowen, Russell: The Immaculate Deception, America West Publishers, Carson City 1991, S. 148 560 Ebenda, S. 148. 561 Sisina (Hrgs): Midnight Oil - Arbeit, Energie, Krieg, MigrantInnen in den Ölregionen, Klassenzusammensetzung und der zweite Golfkrieg, Sisina Satz Druck Verl., Berlin, S. 132. 562 Vankin, Johnathan: S. 241. - 211 - Worte, denn ein multinationaler Konzern wie Bechtel, welcher Millionen im Irak verdient, zieht sich nicht einfach aus einem so profitablen Geschäft zurück und überlaßt seinen Konkurrenten das Geschäft, es sei denn, die Information, welche Schultz ihm zukommen ließ, ist absolut hieb- und stichfest. Bechtel hätte sich folglich nie aus dem lukrativen Geschäft zurückgezogen, wenn der Konzern nicht absolut sicher gewesen wäre, daß es bald in dem Irak zu einer Katastrophe kommen würde.563 Da George Schulz schon in der Reagan Administration wichtige Positionen innehatte, wußte Bechtel, daß er sich 100 prozentig auf Schulz verlassen konnte. Es ist nun Mal ein unweigerlich Tatsache, daß sich multinationale Konzerne wie Bechtel, nicht auf Grund von Annahmen und Hörsagen aus profitablen Regionen und Geschäften zurückziehen. Eine äußerst interessante Parallele besteht zu dieser amerikanischen Einlandung, welche vermeintliche wohlwollende Signale an die Iraker vermittelte. Sechs Monate vor dem Korea Krieg also Ende 1949 gab Staates Sekretär Dean Acheson eine interessante öffentliche Erklärung ab: Die Vereinigten Staaten würden Korea nicht verteidigen. Denn er hatte einen "defensiven Perimeter" definiert für die Vereinigten Staaten in dem Pazifik, der von den Aleutiaschen Inseln durch Japan und dann zu den Ryukyu Inseln (Okinawa) und den Philippinen ging. "Es muß klar sein," sagte Acheson, "daß keine Person diese Gebiete gegen Angriffe garantieren kann."564 Korea war damit ganz klar von den Amerikanern in Sachen Verteidigung ausgeschlossen. Darauf hin beschuldigten einige US-Senatoren die Truman- Administration, daß sie die Roten eingeladen hätte, in Südkorea einzufallen.565 5.9 Erneutes Grünes Licht für Saddam Hussein von Politikern im US Senat Man kann nun eindeutig behaupten, daß April Glaspie, die U.S. Botschafterin mit ihrem Gespräch mit Saddam Hussein am 25. Juli, dasselbe einladende Signal an diesen überreichte, welches George Bush durch sein versöhnlichen Telegramm am 28 Juli nur noch verstärkte. Am 31. Juli, Zwei Tage vor Husseins Einmarsch in Kuwait, entdeckte die Defense Intelligence Agency (DIA), der militärische US-Geheimdienst, daß irakische Truppen Treibstoff, Wasser, Munition und anderen Nachschub an Kuwaits Grenze verlegten. Am selben Tag gab der Stellvertretende Außenminister John Kelly, der schon am 12. Februar 1990 Saddam im Irak besuchte und ihm in einem persönlichen Gespräch mitteilte, daß 563 Financial Times (London), 21, February 1991, S. 3, zitiert in: Blum, William: Killing Hope - U.S. Military and CIA Interventions since World War II, Monroe 1995, S. 324. 564 Ziegler, W. David: War, Peace and International Politics. Little Brown and Company. Boston. 1987, S. 52. - 212 - Amerika Saddams Irak als „stabilisierenden Faktor in der Region“ betrachte, daß letzte täuschende Signal an Saddam Hussein, seine Rede wurde vom B.B.C. (British Broadcasting Corporation) auch nach Bagdad übertragen. Aber damit sollte noch nicht genug sein! In einem Unterhaus Komitee wurde er von dem Vertreter Lee Hamilton zur der aktuellen Lage im Golf befragt. Der Dialog war folgender: ´Hamilton: Haben wir gegen unseren Verbündeten am Golf eine Verpflichtung für den Fall, daß sie in Öl- oder Gebietskonflikte mit ihren Nachbarn verwickelt werden? Kelly: Wie ich bereits sagte, Herr Vorsitzender, haben wir mit keinem der Länder Beziehungen, die durch ein Verteidigungsabkommen geregelt sind. Wir haben es immer vermieden, zu Grenzkonflikten oder internen OPEC-Beratungen Stellungen zu beziehen, doch haben - wir alle Regierungen - in unmißverständlicher Weise zu einer friedlichen Beilegung der Differenzen in dieser Region aufgerufen. Hamilton: Wenn Irak beispielsweise die Grenze überschreitet und Kuwait angreift - aus welchen Gründen auch immer -, wie würden wir uns hinsichtlich des Einsatzes der US- Streitkräfte verhalten? Kelly: Das ist rein hypothetisch, Herr Vorsitzender, ein Eventualfall, Fragen die ich nicht beantworten kann. Es sei nur soviel gesagt, daß wir auf das Äußerste besorgt wären, aber ´Was wäre...` Gedankengänge bleiben mir verschlossen. Hamilton: Ist es unter diesen Voraussetzungen dennoch zutreffend, daß wir kein Beistandsabkommen abgeschlossen haben, das uns zu einem Einsatz der US- Streitkräfte verpflichten würde? Kelly: Das ist zutreffend.`566 Somit hatte John Kelly zum dritten Mal innerhalb dreier Monate gesagt, daß die USA kein Bündnisabkommen mit Kuwait hätten und damit, daß es sich um einen innerarabischen Konflikt handelte.567 Zwei Tage später wurde Magaret Tutweiler über den gleichen Sachverhalt gefragt. Sie wiederholte die Baker Position, daß es sich um einen innerarabischen Konflikt handele und selbst wenn Panzer in Kuwait einrollen sollten, hätte die USA keinen Verteidigungsbündnis mit Kuwait.568 Nur Stunden später, in der Nacht vom 1. auf den 2. August fielen die ersten Panzer in Kuwait ein. 565 Goulden, Joseph C.: Korea - The Untold Story of the War, McGraw-Hill, N.Y. 1982, S. 30 f. 566 Entwicklungen im Nahen Osten, Juli 1990, Bericht des Unterausschusses für Europa und den Nahen Osten des außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses, Government Printing Office, Washington D.C. 1990, S. 14. 567 Beinin, Joel: „Die Ursprünge des Golfkriegs“, S. 63 & Hulet, Craig: „Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg“, S. 68, beide zitiert in: Chomsky, Noam / Beinin (u.a.): Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992. Salinger, Pierre / Laurent, Eric: Krieg am Golf, Hanser Verl., Wien / München 1991, S. 70. 568 Hulet, Craig: „Die geheime Tagesordnung der USA im Golfkrieg“, S. 68, zitiert in: Chomsky, Noam / Beinin (u.a.): Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Verl., Grafenau 1992. - 213 - Es mag zwar zutreffen, daß nicht gerade jeder normale Bürger sich Reden von Stellvertretenden Außenministern anhört, aber Regierungen tun das bestimmt, besonders wenn diskutiert wird, ob ein mächtiger Staat den Überfall eines anderen zulassen wird oder ihn bestrafen wird. Hierüber schrieben die beiden Beobachter der Golfkrise Guatam Biswas und Tony Murphy, daß der Irak diese Diskussionen äußerst genau mit verfolgte und sich der Aussagen sehr bewußt war: „Irak was monitoring these discussions carefully and was well aware of these official pronouncements.“569 Somit war diese Rede von John Kelly, daß letzte "Grüne Licht", auf das Saddam Hussein höchst wahrscheinlich gewartet hat, um seine Invasion durchzuführen. Es sei noch hinzugefügt, daß John Kelly im Februar 1990, Saddam Hussein als ein Zeichen der Stabilität und als einen gemäßigten Führer im Mittlern Osten ansah und dies auch noch offiziell verkündete.570 Fazit: Die Diplomatie zeigt eindeutig, daß die Bush-Regierung alles tat, um Saddam Hussein im Glauben zu lassen, daß er von den U.S.A. nichts zu befürchten hätte. Statt dessen könnte man sogar von einem bewußten diplomatischem Täuschungsmanöver reden, welches inszeniert wurde, um Saddam Hussein in eine Fall zu locken. Es ist nun einmal nicht zu leugnen, daß keine Regierung wie die Bush Regierung auf eine solche Krise reagiert hätte, wenn sie diese bewußt verhindern will. Die diplomatischen Fakten und Indizien sprechen eine eindeutige und klare Sprache: man wollte Saddam Hussein bewußt eine Falle stellen. 1991 publizierte die US Regierung Kongreß Anhörungen über die Golfkrise aus innenpolitischer Sicht. Am Donnerstag dem 6. Dezember 1990 kam es zu einer Anhörung. Hier machte der Senat eindeutig klar, daß ein Zeitdruck auf diesen ausgeübt wurde und dieser bat Staatssekretär James Baker um eine Erklärung, als die Exekutive kurz vor dem Anfang des Kriegs Ende 1990 auf einmal von einer harten kompromißlosen Irakpolitik auf eine scheinbare kompromißartig umschwenkte, als dem Irak, scheinbar aus heiterem Himmel eine Friedenskonferenz angeboten wurde. Die Senatsanhörung began um 10:10 Morgens und wurde von Hon. Dante B Fascell (Chairman) angeführt: We are under very serious time constraits, … . We would all like to have more time for indepth interrogation. … Events are moving so fast. There are some questions on everyone´s mind, and we need to work constantly on keeping the Congress informed on everything that is happening. This last announcement this morning with regard to the release of hostages is fine. 569 Clark, Ramsey and Others: War Crimes, S. 67. 570 Developments in the Middle East, July 1990, Report of the Subcommittee on Europe and the Middle East of the Committee on Foreign Affairs, House of Representatives, Washington D.C., U.S. Government Printing Office, S. 14. - 214 - Mr. Bloomfield … First, I would like to welcome back Secretary Baker to the committee… .571 The Crisis in the Gulf is not only a test of the New World Order, but also a test of the working relationship between Congress and the President in the area of foreign affairs. The Administration has taken a very hard line on Saddam Hussein´s invasion of Kuwait. Judging from the news this morning, you clearly did the right thing. You spoke to a street corner bully in the only language he understands. Now, just this morning we hear that Saddam Hussein has decided to release all foreign nationals. It has also been reported however, that the United States may now support an international peace conference on the Middle East. With respect to the report on the release of those hostages, I hope you will let us know why you believe Saddam Hussein has decided to release all the foreign nationals at this time. Specifically, has the United States given any indications to the Iraqi Government that we would reciprocated in some way in response to such an action; and second, and probably most importantly following up on the Chairman´s comment, is the United States now supporting an international peace conference on the Middle East, is such support based on a settlement of the current Persian Gulf crisis, and does this not represent a sea chance of policy by the United States? I look forward to hearing your testimony this morning, Mr. Secretary.572 Eines der Schlüsselwörter bei dieser Anhörung war der Begriff „a sea change of policy by the United States?“ Zurecht wollte der Senator von Außenminister Baker wissen warum, die harte kompromißlose Linie der US Irakpolitik urplötzlich auf eine kompromißbereit, konzessionartige, ja gar besänftigende US Politk umschwenkte. Außenminister Baker brachte die üblichen Gründe für die US Irakpolitik, aber er konnte nicht überzeugend darstellen warum die Bush Administration urplötzlich ihre harte Haltung dem Irak gegenüber verließ. Der Grund für dieses Verhalten war, daß es so aussah und aussehen sollte, als ob die US Regierung plötzlich erkannte hatte, daß Saddam Husseins Politik um Kuwait für die USA eine unüberwindliches Bollwerk darstellte. Mit anderen Worten, Saddam Hussein sollte in dem Glauben gelassen werden, daß die USA letztendlich doch nicht den Mumm und Mut hätten ihn mit einem potentiellen verlustreichen Krieg aus Kuwait herauszubekommen. Auf just einen solchen verlustreichen Krieg für die USA hatte er ja von jeher spekuliert. Somit waren auch die Alliierten der USA bestürzt, das State Department überrascht, und der Kongreß (wie erwähnt) im Dunkeln gelassen.573 Letztendlich erschien es so, als ob Bush dem Frieden noch einmal eine letzte Chance gab, was natürlich in den (US) Massenmedien der 571 Hearings Before the Committee on Foreign Affairs and the Subcommitttees on Arms Control, International Security and Science, and on Europe and the Middle East, House of Representatives, One Hundred First Congress, Second Session, September 26 And December 6, 1990, Update on the Situation in the Persian Gulf, U.S. Government Printing Office, Washington 1991, S. 1. 572 Ebenda, S. 2. 573 Vgl. Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt and Company, 1st. Ed., New York 1992, S. 6. - 215 - westlichen Welt großartig angekündigt wurde, aber die Quintessenz eines solchen unerwarteten Vorgehens war, daß der Irak ein derartiges Einlenken als Schwäche auslegen mußte. Saddam Hussein schien nun mit seinen eigenen Annahmen bestätigt zu sein! Die USA, wie er auch der US Botschafterin Glaspie mitteilte, waren also doch eine Gesellschaft, die keine 10 000 tote Soldaten auf einem Schlachtfeld vertragen konnten, seine Analogie mit dem Vietnamkrieg der USA, die in den USA wohl bekannt war, schien also zuzutreffen. Nun, konnte er sich erneut in Sicherheit wiegen, da die USA nur blufften! Und daher quasi in „letzter Minute“ ihm eine Konzession anbieten, oder zumindest eine gesichtswahrendes Entgegenkommen anbieten würden, das ihm einen würdigen Ausweg aus der ganzen Golfkrise um Kuwait ermöglichen würde. Wie der theoretische Teil der Arbeit bereits zeigte, sind politische Führer oft mehr als nur bereit, ihre eigenen (voreingenomenen) Annahmen gerne bestätigt zu sehen. Dies traf exakt in jenem Fall zu und ermöglichte der Bush Administration erneut auf Zeit zu spielen, um den Angriff auf den Irak minituös durchzu planen, während die irakische Führung sich auf eine Art Konzessionslösung vorbereitete, die möglicherweise, wenn diese seriös gewesen wäre, die Übergabe von den 2 unbewohnten Inseln (Warba und Bubiyan) beinhaltete, die Iraks Ausgang zum Meer praktisch blockierten und eine geo-strategische Bedeutung für den Irak hatten, da dieser sonst darauf angewiesen wurde sein Öl über Pipelines durch die Türkei und Saudi Arabien zu liefern. Ferner, hoffte die irakische Führung eine für sie bessere Position der Staatsgrenze mit Kuwait zu bekommen, vor allem da diese Grenze von jeher als umstritten galt. Ferner, muß als seriös anerkannt werde, daß der Irak Kuwait nur als Verhandlungspfand behielt, um von den USA eine Konzession zu erlangen. So gesehen, wäre eine solche erlangte Konzession für Saddam Hussein nicht nur eine „Gesichtswahrung“ gewesen, sondern sie hätte auch dem irakischen „Volk“ als Sieg im langjährigen Grenzstreit mit Kuwait verkauft werden können. 6.0 Die Vorbereitung der Bush Regierung auf den Golfkrieg Wie bererits erwähnt zeigen die Aktionen, die die Bush Administration sofort nach der Invasion Kuwaits in Gang setzte, daß die Diplomatie in den Hintergrund getreten war, und daß Präsident Bush auf eine militärische Lösung des Konflikts setzte. Gleich mit der ersten Nachricht über eine irakische Invasion Kuwaits befand sich Washington auf Kriegskurs. Um 5:00 Uhr morgens am 2. August erließ Bush zwei Verordnungen, die den Handel mit dem Irak verboten und fror die irakischen Guthaben in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar ein. Die irakische Besetzung Kuwaits hatte erst wenige Stunden zuvor begonnen. Um 5:30 Uhr trafen sich Bush und Brent Scowcroft, sein Nationaler Sicherheitsberater, um zu beraten, wie - 216 - man die Zusammenarbeit der Alliierten für die Sanktionen gewinnen könne. Am selben Tag verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine von den USA eingebrachte Resolution, die die irakische Invasion Kuwaits verurteilte und den Rückzug der Truppen verlangte. Schon am 2. August entsandten die Vereinigten Staaten einen kleinen Flottenverband von sieben Kriegsschiffen, angeführt von der Independence, in den Golf. Am 5. August war ein weiterer Flugzeugträger im Mittelmeer einsatzbereit, ein weiteres Landungsfahrzeug konnte in die Region geschickt werden. US und alliierte Marinetransporter machten sich auf den Weg in den Golf, noch vor Bushs Ankündigung vom 7. August, daß Saudi-Arabien der Landung von 90,000 US-Soldaten zugestimmt hätte. Später konnte König Hussein berichten, Margaret Thatcher habe ihm erklärt, daß die "Truppen schon halb am Ziel waren, bevor sie angefordert worden waren."574 Ohne Abstimmung mit dem Kongreß waren 40 000 Soldaten sofort in den Einsatz geschickt worden. Der Einsatz sollte zur größten Truppenmobilisierung seit dem Vietnamkrieg und zur größten Luftbrücke seit dem Zweiten Weltkrieg werden. Als die USA in der saudischen Wüste mit massiven Truppenkonzentrationen begannen, waren die meisten Amerikaner überrascht. Die Truppenstärke war von Anfang an viel größer, als der Öffentlichkeit bekannt war. Die USA waren in der Lage, Kampfflugzeuge aus der ganzen Welt auf mehr als 20 voll einsatzbereiten, befestigten Militärbasen in Saudi-Arabien landen zu lassen - auf jenen Stützpunkten, die man zehn Jahre zuvor für die schnelle Eingreiftruppe errichtet hatte. Auf die Kriegsschiffe warteten neun Häfen.575 6.1 Bushs Behauptung, die Vorbereitungen am Golf seien ausschließlich defensiv Bush hatte ein neues Täuschungsmanöver inszeniert in dem er öffentlich behauptete, daß die Vorbereitungen am Golf ausschließlich der Verteidigung dienten. Am 8. August, sechs Tage nach der irakischen Invasion Kuwaits sprach George Bush im amerikanischen Fernsehen aus der Oval Office, über die Krise in Kuwait. Er sagte, daß die US Regierung den sofortigen bedingungslosen und kompletten Rückzug aller irakischen Streitkräften aus Kuwait anstreben. Dennoch erklärte er, daß das Militär nicht offensiv für diese Aktion benutzt werden würde. „The mission of our troops is wholy defensive, . . . . Hopefully, they will not be needed long. They will not initiate hostilities, but they will defend themselves, the 574 Emery, Michael: „How Mr. Bush Got His War: Deceptions, Double-Standards & Discrimination“, Open Magazine Pamphlet Series, Nr. 9, April 1991, Westfield, NJ., S. 15. Vgl. Clark, Ramsey: Wüstensturm - US Kriegsverbrechen am Golf, Göttingen 1995, S. 68. 575 Armstrong, Scott: „Eye of the Storm“, in Mother Jones, November / December 1991, S. 75. - 217 - Kingdom of Saudi Arabia, and other friends in the Persian Gulf.“576 Hier kann man schon sehen, wie sehr Bush die Öffentlichkeit betrog und was wahrscheinlich noch wichtiger ist, wie er die Iraker und damit Saddam Hussein irreführt, in dem er ihn in dem Glauben läßt, daß die Vereinigten Staaten, sie [den Irak] nicht angreifen werden. All dies trägt auch eindeutig dazu bei, daß Saddam Hussein sich in Kuwait sicher fühlt, und daß er auch weiterhin in Ruhe glauben kann, daß die Bush Regierung seine Annexion Kuwaits mittlerweile als vollendete Tatsache akzeptiert hat. George Bush hat Saddam Hussein also von seinen wahren Absichten getäuscht, indem er behauptete, daß die ganze amerikanische Aktion am Golf ausschließlich einen defensiven Charakter hat. Schon vom Anfang deuten die Nachrichten in den Medien auf die umfangreichen Planungen der Vereinigten Staaten für einen Angriff hin. Am 11. August, als sich 400 000 US-Soldaten am Golf befanden, stellte die Los Angeles Times in einem Leitartikel fest: "Aus anonymer Quelle im Pentagon wird allgemein zitiert, daß Pläne für den Eventualfall im Persischen Golf zur Entsendung von bis zu 200.000 oder 250.000 Soldaten der US-Bodentruppen führen können... Das ist ernüchternd - um nicht zu sagen: wahnsinnig."577 Am 24. August zitierte die selbe Zeitung in einem Artikel mit der Überschrift "Pentagon bei grünem Licht: Massiver Schlag", den Stabschef der Luftwaffe, Michael Dugan, mit der Enthüllung: "Wir sind auf einen gemeinsamen Angriff eingestellt." Später, als die USA mit Nachdruck und unter dem Vorwand das Wüstenschild diene nur der Verteidigung ihrer Koalition schmiedeten, enthob US-Verteidigungsminister Richard Cheney den General nach ähnlich offenherzigen Erklärungen seines Postens. Am 15. September eröffnete Dugan den Reportern, daß der Angriff auf herkömmliche militärische Ziele im Irak nicht ausreiche, um den Krieg zu gewinnen. Er hielt irakische Städte, Stromversorgungseinrichtungen, Straßen, Eisenbahnen und Ölfelder für bessere Ziele. Dies bewies eindeutig, daß der Aufmarsch am Golf offensiv gemeint war. Bis zum 4. September waren 100 000 Soldaten am Golf, bis Mitte Oktober hatte sich ihre Zahl ohne jeden Anlaß verdoppelt. Ohne jeden politischen Anlaß verdoppelte Bush das Kontingent am 30. Oktober nochmals. Mit der Veröffentlichung dieser Entscheidung über die Stationierung von 400 000 Soldaten ließ Bush sich allerdings bis kurz nach den Wahlen zum Kongreß Zeit.578 Die Anzahl der Soldaten und ihre Waffen waren für 576 Washington Post, 9, August 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, London 1992, S. 124 f. Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Books, New York 1991, S. 260. 577 Los Angeles Times, “Arab Leaders Call for Troops to Halt Iraqis Gulf crisis” von Kim Murphy, 11. August 1990, S. 1. 578 New York Times, vom 5. Mai 1991, „Longing for War?“, S. E 16. - 218 - eine reine defensive Operation maßlos übertrieben. Der Grund, warum Bush von einer rein defensiven Verteidigung Saudi Arabiens redete war, daß seine Berater ihm mitteilten, daß eine Angriff unmittelbar nach Saddams Angriff auf Kuwait nicht möglich war, weil eine solche Aktion ein Minimum von 300 000 US-Truppen benötigte und weil deren Transport ungefähr vier Monate dauern würde. Bush war also gezwungen, erst einmal über Monate hinaus die US-Militärmachine im Golf aufzubauen. Schon die Stationierung des Tarnkappen Bombers F-117 kann überhaupt nicht defensiv sein, denn dieses Flugzeug kann sich selbst überhaupt nicht verteidigen, deswegen ist es auch gegen herkömmliches Radar unsichtbar, es ist bestückt mit Präzisionslaserbomben und hat daher nur die Funktion, seine Präzisionsbomben hinter feindlichem Territorium ins Ziel zu bringen.579 Des weiteren erfüllen die B-52 Stratosphären Bomber überhaupt keine defensiven Funktionen, sie haben lediglich die Aufgabe, Ziele massiv zu bombardieren, wie die Flächenbombardierung im Vietnamkrieg.580 Ferner sind auf die Tomahawk Marschflugkörper alles andere als defensive Waffen, sie sind offensive raketenartige Waffen, die vorprogrammierte Ziele aus tausend Meilen Entfernung treffen können.581 Es ist daher purer Zynismus, wenn Bush behauptet, daß die Waffen am Golf rein defensive Aufgaben zu erfüllen hätten. Und warum wurde General Michael Dugan seines Amtes enthoben? Die Antwort ist einleuchtend, weil er den Plan der Bush Regierung, eines massiven Luftkrieges gegen den Irak, vorzeitig verriet, dies konnte die Bush Regierung nicht ungestraft lassen, denn dann wären andere Offenbarungen an die Presse gedrungen, etwas, daß die militärische Strategie der USA zunichte gemachte hätte, in dem sie dem Irak verraten hätten, wie die Bush Regierung militärisch vorgehen würde. 6.2 Die Zeitabstimmung für den US Angriff gegen den Irak Einige Beobachter meinten, daß die USA großzügig mit ihrer Fristerklärung umgegangen seien, denn diese ermöglichte dem Irak eine lange Bedenkzeit, um seine Truppen aus Kuwait zurückzuziehen. Was hierbei aber nicht berücksichtigt, wird ist die Tatsache, daß die USA und d.h. die Bush Regierung, gar keine andere Wahl hatte. Bush hatte sich auf eine 579 Micheletti, Eric: Air War over the Gulf. Europa Militarian No 8. Window & Green. O. A., S. 12 f. 580 Ebenda, S. 14 f. Kampfflugzeuge von heute - Typen - Entwicklung, Kaiser Verl., Klagenfurt, Aerospace Pub. Ltd., O.A. S. 88 - 92. 581 Mayer, S. L./Percival, Charles/Hogg, Ian/Preston, Anthony: Weapons of the Gulf War, Magna, Leicester 1991, S. 18. Dornan, James, E.: The US War Machine - An illustrated Encyclopedia of American Military Equipment and Strategy, Salamander, New York 1979, S. 220. - 219 - militärische Konfrontation mit dem Irak vorbereitet. Er erinnerte sich an die Anmerkungen seines Generals Robert Johnson. Dieser beschrieb die Periode vom 1. Januar bis zum 15. Februar als "ein Fenster der Gelegenheit." Die Wetterbedingungen würden sich im März verschlechtern und schwere Regen und hohe Temperaturen mit sich bringen. Außerdem würde der heilige Monat Ramadan für alle Muslime am 17. März (1991) beginnen, im welchem sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang fasten und nicht kämpfen dürften. Es war auch klar, daß die Truppen nicht unbegrenzt herumsitzen konnten, vor allem nicht nach dem Einsetzen der Sandstürme im Frühjahr. Dann wären die Truppen auch nicht in der Lage gewesen, zur Offensive überzugehen. Außerdem gab es auch schon Protestaktionen unter den US Soldaten in der saudischen Wüste, die wieder nach Hause wollten.582 Deswegen hatte Bush schon am 31. Oktober einen geheimen Zeitplan für den Luftangriff genehmigt. Dieser Geheimplan sah einen Luftkrieg Mitte Januar 1991 und eine groß angelegte Bodenoffensive Mitte Februar 1991 vor.583 6.3 Die Medien in den USA und ihr Einfluß auf den Golfkrieg In einem demokratischem Staat sind die Medien im politischen Sinne geschaffen, um die Demokratie zu gewährleisten und zu sichern. Zumindest ist eine Freie Presse ein fester und unwiderruflicher Bestandteil eines demokratischen Staates. Während der Golfkrise zeigte sich statt dessen, daß die US Medien vielmehr zum Verteidiger der Bush Regierung wurden und damit eine militärische Lösung als fast unausweichlich präsentierten. Dies förderte die kriegerische Lösung des Konflikts und veringerte die diplomatisch, friedliche Lösung erheblich. Der Konflikt wurde, in den US Medien, stark personalisiert zwischen George Bush, der die Freiheit und Demokratie repräsentierte, und Saddam Hussein, der die Inkarnation des bösen Tyrannen darstellte. Es war eine simplifizierte Schwarz- Weißmalerei, in der das Gute in Form der USA gegen das Böse in Gestalt des Saddam Hussein Regimes letztendlich kämpfen mußte. Propaganda wurde stets von beiden Seiten instrumentalisiert, aber es war schon ernüchternd wie sehr jedes kritische, unpatriotische und besonnene Argument, das für eine friedliche Lösung plädierte, in den US Medien entweder kaum berücksichtigt, oder als unrealistisch dargestellt wurde. Somit wurde in einer demokratischen 582 Kuhn, Steven E./Nordhausen, Frank: Soldat im Golfkrieg – Vom Kämpfer zum Zweifler, 1. Aufl., Ch. Links Verl., Berlin 2003. 583 Washington Post, 2 December 1990; New York Times, 4 March 1991, Woodward, Bob: The Commanders, Star Books, New York 1991, S. 306, 319 f., alle zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, London 1992, S. 229. Bredthauer, Karl, D./Heinrich, A./Neumann, Klaus (Hrsg.): Krieg für Frieden - Startschüsse für eine neue Weltordnung. Elefanten Press. Berlin. 1991, S. 18. - 220 - Gesellschaft durch die Massenmedien massiv Stimmung für einen Krieg gemacht, da der US Bevölkerung erzält wurde dieser sei sowieso unvermeidbar. Damit wurde die große US- Friedensbewegung von vornherein ausgeschlossen, so daß ihr Einfluß auf den Ausgang der Golfkrise kaum zur Geltung kam. Als die Bush Regierung bekannt gab, daß sie am 7. August eine große Anzahl von Truppen nach Saudi Arabien schickte, applaudierten die gängigen Medien diese Aktion und wurden zum Kommunikationskanal für die Bush Regierung. In den ersten Drei Monaten wurde die US Aktion in einem äußerst positivem Licht dargestellt und in den Medien gab es praktisch überhaupt keine Stimmen der Opposition zu hören. Während das amerikanische Militär nach Saudi Arabien zog, waren TV Kommentatoren damit beschäftigt, die Unvermeidlichkeit des Krieges zu beschreiben. Am 23. August berichtete NBC wenn Saddam Hussein sich nicht sofort aus Kuwait zurückziehen würde, es in drei bis sechs Wochen Krieg geben würde. Als die Iraker am 12. August 1990 anfingen auf diplomatische Weise die Krise lösen zu wollen, wurden ihre Angebot einfach ignoriet, da die Bush Regierung sich unaufhaltsam in Richtung Krieg bewegte. Die Medien kritisierten die Bush Regierung kaum, wenn es um das Scheitern ging, eine diplomatische Lösung für die Krise zu finden.584 In der Tat waren die herkömmlichen Medien nicht viel mehr als ´public relations´ Manager, für das Weiße Haus und das Pentagon. Interessant ist auch, das viele der Medien Konzerne, Aktionäre von zahlreichen Rüstungsfirmen waren. Das erklärt auch, warum sie so vehement für eine militärische Lösung des Konflikts plädierten. Scott Henson offenbarte die Verstrickung der Medien Konzerne mit denen der Waffenhersteller. General Electric (GE), gehört NBC, und machte $9 Milliarden von seinen $54.4 Milliarden mit Militär Verträgen 1989 (während NBC nur $3.4 Milliarden einbrachte). Lee und Solomon (1991), wiesen nach, daß GE fast jedes Teil für fast jedes Waffensystem von Bedeutung im Golfkrieg - inklusive der Patriot und Tomahawk Marschflugkörper, den Stealth Bomber, den B-52 Bomber, die AWACS Flugzeuge und das NAVSTAR Spionage Satelliten System, "entwirft, herstellt, oder beliefert." Viele GE Vorstandsmitglieder sitzen ebenfalls in den Vorständen, der anderen Korporationen der Medien, wie die Washington Post und alle sind verbunden mit den US Regierungsstellen und Öl Firmen. ABCs Vorstandsmitglieder sind mit Öl Firmen und der Verteidigungsindustrie verstrickt. Greg LeRoy zeigte im 4. August 1991, in einem Houston Post Artikel, daß ABC-TV im Vorstand von Texaco sitzt. Und CBSs Vorstand besitzt Direktoren von Honyewell und der Rand Korporation (beide sind große Militär Kontrakteure). General Electric stellte die Flugzeugdüsen her, die in mehr als 20 - 221 - verschiedenen Typen von Kampfflugzeugen am Golf vorhanden waren.585 Hier zeigt sich eindruckvoll der vehemente Einfluß des mächtigen m.i.K. auf die US Politik. Die gängigen Medien beschrieben die Golfkrise oft als einen persönlichen Konflikt zwischen George Bush und Saddam Hussein, indem sie sich gegenseitig darin überboten, wer mit den polemischsten und reißerrichsten Schlagzeilen aufwarten konnte. Dies artete in einer gewollten Polarisation zwischen Gut und Böse aus. Bushs Aktionen wurden daher im Gegenzug zu Saddam Husseins in einem starken Kontrast, als "entscheidend," "brillant," und "meisterhaft" gepriesen. US Motive wurden als gut und pur beschrieben, als die Times meinte, daß U.S. Politiker sich auf "hohe moralische Werte um die Lektionen der Geschichte beriefen..." Wenige Fragen wurden über andere Motive gestellt, wie zu Beispiel, daß Verlangen nach der Kontrolle über den Ölzufluß und den Petrodollars. Das Errichten einer permanenten militärischen Präsenz in der Region, daß disziplinieren der Dritten Welt, die sich gegen eine US Hegemonie wehrte, oder die domestischen politischen Motivationen von Bush und dem Militär. Newsweek schrieb, daß der Plan von Präsident Bush für die Post-Kalte Kriegswelt einfach zusammengefaßt werden kann: Stoppt internationale Tyrannen.586 Es gab erstaunlich wenig Kritik an der Bush Regierung in den Medien. Eine Studie von FAIR (Fairness and Accuracy in Reporting) zeigte, daß während der ersten fünf Monate, der TV Berichterstattung über die Golfkrise, ABC nur 0,7% von ihren gesamten Golf Berichten der Opposition zu der militärischen Option widmete. CBS erlaubte 0,8%, während NBC 1,5%, ganze 13,3 Minuten, allen Berichten über Proteste, Anti-Kriegs Organisationen, bewußte Ablehner, religiöse Dissidenten und gleichgesinnten widmete. Konsequent gesehen bedeutete dies, daß von den 2,855 Minuten der TV Übertragung der Golfkrise, vom 8. August bis zum 3. Januar (1990), nur 29 Minuten, oder ungefähr 1%, sich mit Opposition zu der militärischen Intervention am Golf befaßte. Nicht nur die Anti-Kriegs Bewegung wurde ignoriert, sondern auch die Außenpolitikexperten, die mit der Friedensbewegung assoziiert waren - wie Edward Said, Noam Chomsky, oder die Gelehrten des Institute for Policy Studies - erschienen in keiner der nächtlichen Diskussion (FAIR 1991, Presse Veröffentlichung). Und dies obwohl eine Times-Mirror Umfrage vom September 1990 und Januar 1991 entdeckte, daß die Mehrheit der Öffentlichen Meinung mehr erfahren wollte, über Amerikaner die gegen die Truppenentsendung in den Golf sind.587 Darauf gingen die Medien aber nicht ein, die selbe 584 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 57. 585 Ebenda, S. 59 f. 586 Newsweek, September 3, 1990, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 65. 587 Special Times-Mirror News Interest Index, January 31, 1991, zitiert in: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 79 f. - 222 - Pro-Regierungspropaganda wurde auch weiterhin bis zum Krieg am Golf weiter verbreitet. Was zur Folge hatte, daß die Medien in den USA fast ausschließlich damit beschäftigt waren, die Bevölkerung auf den Krieg am Golf einzustimmen.588 Wie sehr jene Propaganda auf Täuschung, Denunzierung und plumpe Rhetorik zurückgriff machte sich schnell bemerkbar. Der bekannte Journalist George Will, nannte Saddam Hussein mehr virulent als Mussolini und dann steigerte er Husseins Bösartigkeit in dem er die Saddam = Hitler Analogie benutzte. Der New York Times Redaktionsherausgeber A. M. Rosenthal griff Saddam Hussein als "barbarisch" und "einen bösen Träumer des Todes" an.589 Die New York Post bezeichnete Hussein, als "einen blutdürstigen Größenwahnsinnigen".590 Die The New Republic fälschte ein Time Magazin Titelblatt Foto von Hussein, um ihm mehr wie Hitler aussehen zu lassen, in dem sie seinen Schnurrbart verkleinerten. Diese Saddam = Hitler Analogie, war eine zentrale Basis im Medienkrieg gegen den Irak. Eine Studie, die von der Gannett Foundation unternommen wurde fand heraus, daß es 1170 Beispiele in den Print Medien und dem Fernsehen gab, die Saddam Hussein direkt mit Hitler verglichen.591 Die Medien waren immer eifrig, wenn es darum ging, über die neusten angeblichen Verbrechen von Saddam Hussein zu berichten. Es gab viele Spekulationen in den Medien, über irakische Terroranschläge in den USA. Auf Anweisungen der CIA, sprach George Bush Saddams Name absichtlich falsch aus. Bush sprach seinen Namen immer als "Saad´m" was im englischen an die Wörter damnation (Verdammung) und Sodom (Sodomie) erinnert. Die Medien benutzten oft die falsche Aussprache als sie ihn Sad-dam nannten, die im englischen an ´sadism´ (Sadismus) und ´damnation´ (Verdammung) erinnerten. Bush behauptete öffentlich, daß die Vereinigten Staaten in den Krieg zogen, um gegen "dunkles Chaos" eines "brutalen Diktators", der dem "Gesetz des Jungels" folgte, "systematisch vergewaltigt" und der einen "friedlichen Nachbarn" überfällt, zu kämpfen.592 Dazu gesellten sich noch rassistische Darstellungen in den US-Medien. Die TV Ausstrahlungen benutzten oft eine machoartige Sprache, Unterstützer des Kriegs, von George Bush und Norman H. 588 Washington Post, August 7, 1990 & Newsweek, October 20, 1990, Zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 63. 589 New York Times, August 9, 1990, A. M. Rosenthal, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 63. 590 New York Post, August 7, 1990, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 63. 591 LaMay, Craig et al.: The Media at War, Gannett Foundation Media Center, New York 1991, S. 42, zitiet in: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1992, S. 63. 592 Bleifuss, Joel: In These Times, March, 20-26, 1991, „The First Stone“, S. 4. - 223 - Schwartzkopf bis zu Truppen in der Wüste, redeten im Fernsehen darüber wie sie "Arsch treten" würden, wörtlich "kicking ass."593 Auch die Umweltverschmutzung, welche die Iraker angeblich begonnen haben sollen, stellten sich als Medienmanipulation heraus. So stammten die Bilder der ölverklebten Vögel, die nach vermeintlicher Öffnung der Ölquellen durch die Iraker 1991 im Golf von Kuwait aufgenommen worden waren, in Wirklichkeit von einer Jahre zurückliegenden Ölpest in der Nordsee.594 Überhaupt stellten sich die meisten Medienbehauptungen nach dem Golfkrieg oft als Kriegspropaganda heraus. Eggert berichtet daher: „Ungezählt waren die geflohenen ´Zeugen`, die unter dem Applaus gekaufter Journalisten aus aller Welt vor amerikanischen Gerichten Meineide über das vandalische Treiben irakischer Soldaten zum Besten gaben.“595 So schrieb z.B. Heiner Gehring: „Nach Ende des Krieges stellten sich fast alle Berichte über mißhandelte US-Gefangene, ermordete Säuglinge und Zerstörungen in Kuwait, Folterungen durch Hussein persönlich, Massaker an Zivilisten, Fabriken für biologische Kampfstoffe oder Giftgaseinsätze der irakischen Armee als Fälschung heraus.“596 Auch zeigten sich wie skrupellos Fernseh- und Zeitungsbilder manipuliert und instrumentalisiert wurden. So stellte sich nach dem Golfkrieg heraus, daß die Bilder von Palästinensern, die auf ihren Dächern tanzten als zur gleichen Zeit angeblich Scud Raketen auf Israel abgeschossen wurden, uralt waren und aus dementsprechenden Archiven entnommen wurden.597 Wie wenig die Zuschauer während des Krieges an authentischen Informationen mitgeteilt bekamen, zeigte ein Bericht. Im Krieg sind täglich mehr als 19.000 amtliche Dokumente klassifiziert worden. Insgesamt haben die US-Behörden nach eigenen Angaben 1991 exakt 7.107.017 Dokumente mit einer Geheimhaltungsstufe vermerkt. Diesbezüglich schrieben sogar deutsche Journalisten während der Operation Wüstensturm: `Niemals vorher ist in 593 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 73, 76. 594 Gehring, Heiner: Versklavte Gehirne - Bewußtseinskontrolle und Verhaltensbeeinflussung, 1. Aufl., Jochen Kopp Verl. & CTT Verl., Rottenburg November 1999, S. 58, zitiert aus: Eggers, S.: So lügt das Fernsehen - Die 100 größten Betrugsfälle auf dem deutschen TV-Bildschirm, FZ-Verl., München 1996. 595 Eggert, Wolfgang: Israels Geheimvatikan, Edition Hermetika, Bd. 3, München 2001, S. 361. 596 Gehring, Heiner: Versklavte Gehirne - Bewußtseinskontrolle und Verhaltensbeeinflussung, 1. Aufl., Jochen Kopp Verl. & CTT Verl., Rottenburg November 1999, S. 42, zitiert aus: Rushkoff, D.: Media Virus - Hidden persuaders in the multi-media world, Ballantime Books, New York 1994, & Eggers, S.: So lügt das Fernsehen - Die 100 größten Betrugsfälle auf dem deutschen TV-Bildschirm, FZ-Verl., München 1996. 597 Sozialistische Zeitung vom 19. Februar 1998, S. 1, in: Eggert, Wolfgang: Israels..., Bd. 3, S. 364. - 224 - einem Krieg derart manipuliert und verfälscht worden` war in einem Kommentar vom 30. Juli 1994 in der linksliberalen Münchener Abendzeitung zu lesen.598 Es bestand also eine komplizenhafte Beziehung zwischen der Bush Regieung und den Massenmedien in den USA. Da eine solch einseitige pro Krieg Einstellung wohl kaum zufällig entstanden seien konnte. All dies trug nicht unwesentlich zum Krieg gegen den Irak bei, und störte schon im Ansatz eine diplomatische, friedliche Lösung der Krise, zur der die Iraker sich mehrmals bereit gezeigt hatten. Wie sich noch zeigen wird, schreckten die US Administration und Medien auch nicht davon zurück der eigenen Bevölkerung Angst zu machen, da sie den Irak oft als große Bedrohung der US Sicherheit präsentierten, was natürlich noch mehr Zustimmung vom Volk, für den vermeidlich unausweichlichen Krieg mit dem Irak, brachte. 6.31 Der Sprachmord des Pentagons und der Medien Die Bush Regierung bereitete die Öffentlichkeit auf den Golfkrieg vor, in dem sie dem amerikanischen Volk den Krieg als eine saubere, chirurgische und vorprogrammierte Sache verkaufte. Es gab dazu Bilder und symbolische Andeutungen, die den Krieg als eine Art Computerspiel zeigten. Das Bombardieren von Städten wurde als eine 'high-tech' Affäre dargestellt, bei der die zivile Bevölkerung verschont oder zumindest nur minimal betroffen sei. Es ging sogar so weit, daß die Sprache verfälscht wurde: es wurden euphemistische Wörter erfunden, die den Krieg entweder verharmlosten oder neutralisierten. Die Bush Administration sprach von 'Kollateralen Schäden', anstatt von Zerstörung und Verwüstung. Man redete in den Medien über, das 'Ausschalten' von Chemiewaffen- und biologischen Kampfstoff-Fabriken. Menschen wurden ebenfalls 'ausgeschaltet' oder 'neutralisiert wenn man sie tötete. Städte oder Militärstellungen wurden 'ausradiert.' Es war vom 'Feuerzauber' aus Bagdad die Rede. Als B-52 Bomber ihre tödliche Ladung über dem Irak abwarfen, wurde lediglich von Bombenteppichen gesprochen, daß suggeriert eine Kuscheligkeit, die in dem Wort Teppich steckt.599 Im Time Magazin wurde mit dem Begriff Nebenschäden auf tote oder verwundete Zivilisten hingewiesen, als ob es sich, um ein in sich zusammenfallendes Gebäude und deren zufälligen Opfer handelt. Die Medien benutzen auch die Variante 'Kollateral-Schäden', eine Bezeichnung die sehr distanziert klingt, als ob man fast gar nichts mit der Zerstörung und dem Töten von Menschen zu tun hätte. US Kampfpiloten sprachen 598 Gehring, Heiner: Versklavte Gehirne - Bewußtseinskontrolle und Verhaltensbeeinflussung, 1. Aufl., Jochen Kopp Verl. & CTT Verl., Rottenburg November 1999, S. 43. 599 Stein, Georg (Hrsg): Nachgedanken zum Golfkrieg. Heidelberg. 1991, S. 236 ff. - 225 - begeistert und locker davon, daß Bagdad unter ihrem Bombenterror "wie ein Christbaum" aufgeleuchtet wäre. Ziele wurden nicht zerstört, sondern 'bedient', als die Kampfflugzeuge ihre Ziele 'bedienten.' Feindliche Panzer wurden nicht zerstört sondern 'neutralisiert.' Die irakische Kriegsmaschine wurde nicht vernichtet sondern "entwaffnet." Euphemismen für das Töten von Menschen, waren Phrasen wie die "Eliminierung", "Neutralisierung", oder "Liquidierung" des Feindes. Der Feind wurde nicht mit den eigenen Truppen offiziell angegriffen, sondern die eigenen Truppen gingen auf den Feind ein. Wobei noch betont werden muß, daß in der englischen Sprache dieser Sprachmord noch extensiver und neutraler klang, als in der deutschen Version. Auch die Beschreibung der Benutzung der Waffensysteme war voreingenommen und basierten auf einem konzeptuellen Modell der Doppelmoral. Als eine paar Scud-Raketen auf Tel Aviv geschossen wurden, bezeichneten die US-Medien den Vorfall als einen, in dem terroristische Waffen eingesetzt wurden, während daß Abfeuern von tausenden Raketen auf Bagdad und Basra als technische Wunder bezeichnet wurden. Amerikanische getötete Soldaten wurden verharmlost als KIAs (Killed in Action/in Aktion getötet) bezeichnet. Bei solchen Bezeichnungen hat man das Gefühl, daß man nicht über Menschen sondern über leblose Dinge redet. Die Offiziellen Quellen bezeichneten den Feind als "unbarmherzig", "rücksichtslos", "grausam", "übermütig", "verzweifelt", "überraschend", und "listig." Dagegen wurden die US Streitkräfte als "präzise", "vorsichtig", "besorgt", "unnachgiebig", "entscheidend", und "effektiv" beschrieben. Die Medien benutzten natürlich das diskriminierende "Sie" und "Wir" Image, um einen gravierenden Unterschied zwischen den Amerikanern und den Irakern darzustellen. Das Dänische Blatt Politiken prüfte die englische Sprache, während des Golfkrieges und dokumentierte einige der Methoden, wie die englische Sprache dazu verwendet wurde, um die Dichotomie des Guten und des Bösen darzustellen.600 Die Alliierten haben: Die Iraker haben: Armee, Marine, und eine Luftwaffe Eine Kriegsmaschine Regelungen für Journalisten Zensur Einsatzbesprechungen für die Presse Propaganda Die Alliierten: Die Iraker: Eliminierten Töten Neutralisieren Töten 600 In These Times, 13 February 1991, S. 5, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1991, S. 240. - 226 - Halten durch Begraben sich in Löchern Führen Präzision Bombardierungen aus Feuern wild auf alles Die Alliierten Soldaten sind: Die irakischen Soldaten sind: Professionelle Gehirngewaschen Vorsichtig Feige Voller Mut Kanonenfutter Loyal blinde Gehohrscher Tapfer fanatisch Die Alliierten Raketen: Die irakischen Raketen: Erzielen extensive Schäden verursachen zivile Opfer George Bush ist: Saddam Hussein ist: Entschlossen widerspenstig Ausgeglichen verrückt Das Schlüsselwort "Operation Wüstensturm" läßt Bushs Aggression als eine "Operation" erscheinen, anstatt das was sie in Wirklichkeit ist: ein brutaler Krieg. Es erinnert unter anderem an die Invasion Panamas, die "Operation Just Cause" also "Operation Gerechte Sache" hieß und die auch unter Bushs Obhut statt fand. Die Wörter "Operation Wüstensturm" lassen die ganz Sache auch als eine natürliches Ereignis erscheinen, daß von den Kräften der Natur entfacht wurde, anstatt von menschlicher Hand. Das wurde auch durch die eigenartige Sprache unterstützt. Die Medien sprachen davon, daß der Krieg mit "Wellen" während der ersten Nacht ausbrach. Bomben "regneten" auf ihre Ziele nieder und Flugzeuge "donnerten" durch die Nacht. Diese Metaphern gaben dem Krieg einen Hauch von Unvermeidlichkeit, den all dies klang so natürlich in den Medien. Die Medien mythologisierten den Krieg, in dem über einer Kraftprobe am Golf in die Rede war, das läßt alles als einen Konflikt zwischen gutem und bösem erscheinen. Viele der Waffen suggerierten starke naturartige Kräfte; es wurde von Thunderbolts (Donnerschlägen), Tornados, Hawks (Adlern), Falcons (Falken), Hellfires (Höllenfeuer), Hornets (Hornissen) und natürlich von der "Operation Wüstensturm" geredet.601 6.32 Die Ausschaltung der Opposition in den USA 601 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1991, S. 239-242. - 227 - Die wenigen Berichte und Bilder die über die Opposition in den USA ausgetragen wurden, wurden allgemein kritisiert und als unnötig erklärt. Die wenigen Demonstrationen, die gezeigt und ausgestrahlt wurden, wurden von den Medien, fast immer als irrationale Gegner der US Politik dargestellt und solche Demonstranten wurden als Araber oder pro-arabisch beschrieben und d.h. als anti-amerikanisch dargestellt. Demonstranten wurden allgemein als einen Mob dargestellt, der aus langhaarigen Einzelgängern bestand. Ihre Diskussionen wurden fast nie übertragen. Die größten Zeitungen und Magazine scheiterten auch darin, die immer größer werdende Friedensbewegung zu berücksichtigen. Die Medien stellten die Friedensbewegung generell als unkontrollierbar und irrational dar.602 Bush sagte, daß jeglicher Kompromiß eine Fehler wäre, er sprach fast täglich davon, daß jede Position außer einer kompromißlosen nichts anderes als Belohnung für Aggressoren sei. Damit behauptete er, daß man von vornherein nicht mit Aggressoren verhandeln könne und räumte so jeglichen Spielraum in Sachen Diplomatie aus dem Weg, der nötig gewesen wäre, um die Krise auf friedliche politische Art und Weise zu lösen. 6.4 Die Babybrutkasten Lüge: Psychologische Kriegsführung der USA Die Medien waren nicht nur bereit, die Bush Regierung generell zu loben, sie verbreiteten auch praktisch alles, was die Bush Regierung über die Golfkrise sagte, ohne dies nachzuprüfen. Bush sprach öffentlich von der Vergewaltigung Kuwaits durch den Irak. In der US Geschichte wurde Vergeltung für Vergewaltigung - besonders die Vergewaltigung von weißen Frauen durch farbige Männer - dazu benutzt, um den US Imperialismus zu legitimieren. Dramen von Weißen Frauen, gefangengenommen und vergewaltigt von Indianern waren ein Standardgenre der amerikanischen kolonialen Literatur und während des Spanisch-Amerikanischen Krieges veröffentlichten die Hearst Zeitungen die Geschichte über ein spanisches Kidnapping von einer noblen hellhäutigen kubanischen Frau, als Vorwand für eine U.S. Intervention. John Gottlieb erinnerte im `The Progressive` daran, daß Bush die Vergewaltigung einer Frau eines amerikanischen Offiziers als Rechtfertigung benutzte, um (1989) Panama zu überfallen.603 Aber die wahrscheinlich groteskeste Lüge, die die Bush Regierung produzierte, war eine Geschichte über irakische Greueltaten im besetzten Kuwait. Im Oktober 1990, bezeugte eine weinende Teenagerin in dem House Human Rights Caucus, daß sie Zeugin gewesen wäre, als 602 Ebenda., S. 79. - 228 - irakische Soldaten fünfzehn Babys aus ihren Brutkästen holten, um sie dann auf dem Boden des Krankenhauses sterben zulassen. Später stellte sich im New York Times Op-Ed Teil (Januar 6, 1992) heraus daß, das Mädchen die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war, und das ihre Geschichte frei erfunden war. Die Tochter des Botschafters wurde trainiert durch die Public Relations Firma Hill and Knowlton, die auch die kongessionelle Anhörung anordnete. Was die ganze Sache noch verdächtiger macht, ist die Tatsache, daß Craig Fuller, Bushs früherer Stabschef und ein Bush-Loyalist als Bush Vizepräsident war, Präsident von Hill and Knowlton war und in die PR Kampagne verwickelt war.604 Am 27. November 1990 wiederholte die Teenagerin Nayirah ihre erschütternde Aussage vor einem weitaus wichtigeren Publikum, als in New York unter Vorsitz des US-Botschafters Thomas Pickering, der UN-Sicherheitsrat tagte. Eigentlich stand der Palästina-Konflikt auf der Tagesordnung, doch als die UN-Botschafter den Saal betraten, hingen an den Wänden bereits großformatige Fotos, die die Folteropfer von Saddams Truppen in Kuwait zeigten. Thomas Pickerin gab Nayirah die Chance über den Mord an den Frühgeborenen zu berichten.605 Dr. K. Dannhäuser berichtete hierüber: „Im Herbst 1990 vergab die Bush-Regierung an die große US-Werbeagentur Hill & Knowlton den Auftrag, * herauszufinden, welche Greueltaten das amerikanische Volk am meisten verabscheute und aufbrachte und * mit den so gewonnenen Erkenntnissen einen gigantischen Propagandafeldzug zu inszenieren, um das Volk auf einen Krieg gegen den Irak einzustimmen. Hill & Knowlton löste die Aufgabe für die US-Regierung gänzlich, da sie herausfanden, daß die Amerikaner am meisten die Ermordung von Säuglingen und Kindern verabscheuten.606 Daher ist es wahrscheinlich, daß die U.S. Regierung zusammen mit der kuwaitischen Regierung eine Propagandakampagne entwickelte, um die US Öffentlichkeit zu manipulieren, damit diese den Golfkrieg unterstützte und akzeptierte. Die Kampagne war eine der teuersten, die die Firma jemals unternahm, sie kostete, vom 20. August bis 10. November 603 Gottlieb, John: The Progressive, April 1991, S. 39, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Colorado 1991, S. 66. 604 Ruffini, Gene: „Press Fails to Challenge the Rush to War“, Washington Journalism Review, March, S. 21 ff. 605 Burkard, Müller-Ullrich: Medienmärchen - Gesinnungstäter im Journalismus, 1. Aufl., Siedler Verl. März 1998 München, S. 150. 606 Deutschland Schrift Für Neue Ordnung, Folge 5/6 1999, VGP Verl., Remscheid 1999, S. 35, „Bomben auf den Irak - und kein Ende!“, von Dr. K. Dannhäuser. - 229 - $5,6 Million aber es wurde geschätzt, daß die Gesamtkosten sich auf $11 Million beliefen (Ruffini 1991 & Rowse 1991).607 Aber die Brutkästengeschichte half bei der Mobilisation für die US Militäraktion. Ein Ex- Golfveteran beschrieb, daß es diese Geschichte war, die US Truppen in Saudi Arabien in ihrem Willen gegen den Irak zu kämpfen noch verstärkte. „Wir wußten über den Irak so gut wie nichts... Darüber hinaus hörten wir nur, die Iraker hätten in Kuwait Frauen vergewaltigt und Babies in Brutkästen getötet. ... Wir dachten nur, was sind das für Tiere. ... Als ich in den Irak einmarschierte, fühlte ich Hass. Ich wollte Rache, obwohl ich selbst gar keine Iraker kannte und mit Kuwait und der ganzen Politik dort nichts zu tun hatte. Es war eben die Stimmung. Wie alle darüber redeten. Was man uns damals erzählte. ...: Die Iraker waren der Feind, der Feind war böse, und ich hasste den Feind.“608 Bush erwähnte die Geschichte sechs mal in einem Monat und acht mal in 44 Tagen, Vizepräsident Dan Quayle benutzte sie oft, genauso wie Schwarzkopf und andere Militärsprecher. Sieben Senatoren erwähnten ebenfalls diese Geschichte in ihren Reden, mit denen sie die Resolution des 12. Januar unterstützten, die den Golfkrieg autorisierte.609 Die PR Aktion war wichtig gewesen, schon allein weil die Senatoren mit nur fünf Stimmen Mehrheit für den Krieg im US Kongreß gestimmt hatten. Vier Tage später wurde Bagdad bombardiert. Sechs der Senatoren gaben später an, für ihre Zustimmung habe der Gedanke an die ermordeten Babies den entscheidenden Ausschlag gegeben.610 Beim inszenierten Auftritt von Nayriah im US Kongreß am 10. Oktober 1990 hatten gute Kontakte geholfen: Der Ausschußvorsitzende Tom Lantos sowie der Vizechef von Hill & Knowlton, Frank Mankeiwicz, waren alte Freunde. Lantos und John E. Porter, der zweite Vorsitzende des Ausschusses, waren Hill & Knowlton zu Dank verpflichtet. Die Agentur hatte einer von Lantos und Porter gegründeten Menschenrechtsvereinigung kostenlos Büroräume in ihrem Washingtoner Hauptquartier zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hatte Hill & Knowlton Reisen der beiden Politiker finanziert und ihnen Wahlkampfspenden überwiesen.611 Am 17. Januar 1992 strahlte ABC seine "20/20" Sendung aus die einen Doktor zeigte, der aussagte, daß er vierzehn neugeborene Babys, die aus ihren Brutkästen von Soldaten genommen worden seien, begrub. Der Doktor war in Wirklichkeit ein Zahnarzt, der später 607 Ruffini, Gene: „Press Fails to Challenge the Rush to War“, Washington Journalism Review, March, S. 21 ff. 608 Kuhn, Steven E./Nordhausen, Frank: Soldat im Golfkrieg – Vom Kämpfer zum Zweifler, ch. Links Verl., Berlin 2003, S. 65f. 609 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 67ff. 610 Burkard, Müller-Ullrich: Medienmärchen - Gesinnungstäter im Journalismus, 1. Aufl., Siedler Verl. März 1998 München, S. 151. 611 Ebenda, S. 152. - 230 - zugab, daß er die Babies nie begraben hatte.612 Nach dem Krieg gaben leitende Ärzte aus Kuwait an, daß im September 1990 etwa 20 Neugeborene in den Inkubatoren der kuwaitischen Entbindungsklinik lagen. Daß einige dieser Babys starben, bestätigte Dr. Mohammed Matar, Direktor der medizinischen Grundversorgung Kuwaits, in einem Fernsehinterview.613 Doch für den Tod dieser Babys machten die Ärzte das Chaos verantwortlich, das nach der Invasion in der Klinik herrschte. Qualifiziertes Personal ergriff Hals über Kopf die Flucht aus Kuwait; damit war die medizinische Versorgung zusammengebrochen. „Keiner der Zeugen konnte bestätigen, daß irakische Soldaten Babys aus den Brutkästen genommen hatten.“ Auch Amnesty International berichtete über den angeblichen Vorfall, um ihn dann später zu widerrufen. „Amnesty stellt fest, daß sich keine Belege für den Baby-Massenmord hatten finden lassen.“614 Aber Bush und ranghohe Militärs und Politiker zitierten den Amnesty Report auch danach.615 Bis John G. Healey, Exekutiv Direktor von Amnesty International USA entschied, daß er sich aussprechen müßte - seine Presse Meldung wurde in den Medien größtenteils ignoriert. Dennoch sagte er aus, daß er "zu tiefst bekümmert sei durch den selektiven Gebrauch" des [Amnesty International] Reports, bei Bushs "opportunistischen Manipulationen der Internationalen Menschenrechts Bewegung."616 Ferner stellte sich heraus, daß die wichtigen beeideten Aussagen von „Ärzten“, „Pflegern“, und „Müttern“, die einem entsetzten Publikum glaubhaft schilderten, wie im kuwaitischen Zentralkrankenhaus Babies von irakischen Soldaten aus den Brutkästen gerissen wurden, in Wirklichkeit keinesfalls ´mit letzter Not dem Tod` entkamen. Denn sie waren keine Zivilisten gewesen, sondern allesamt Angehörige des kuwaitischen Könighauses. Dies war dem Pentagon von Anfang an bekannt, da die „Flüchtlinge“ vor ihren werbewirksamen Auftritten von Geheimdienstkreisen und einer halbamtlichen New Yorker Agentur für Öffentlichkeitsarbeit präpariert wurden. „Entsprechende Bilder, Ton- und Filmaufnahmen, die den Krankenhausgreuel ´dokumentieren` sollten wurden nicht von ´Zeugen`, sondern von einem professionellen Sender gedreht - und nicht am Golf, sondern in London!“617 Auch die angeblich unter Todesgefahr aus Kuwait herausgeschmuggelten Fotos erwiesen sich als gezielt eingesetzte Medienmanipulation, denn in Wirklichkeit waren die kleinen Körper, auf 612 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 68 f. 613 MacArthur, John R.: Die Schlacht der Lügen - Wie die USA den Golfkrieg verkauften, Dtv Verl., München 1993, S. 86. 614 Burkard, Müller-Ullrich: Medienmärchen - Gesinnungstäter im Journalismus, 1. Aufl., Siedler Verl., S. 153. 724 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, S. 70 f. 616 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War. Prometheus Books. Buffalo, N.Y. 1991, S. 54. - 231 - diesen verschwommenen Fotos, die auf dem Boden lagen, keine Babys, sondern Puppen. Hierüber schrieb der FAZ Journalist Udo Ulfkotte: „Weltweit gab es wohl keine Zeitung, die diese Geschichte nicht auf der Titelseite druckte.“618 „In den Medien fand die Story ein enormes Echo. Die Zahl der Frühgeborenen, die die Iraker ermordet haben sollten, stieg binnen Wochen von 15 auf bis zu 350. Journalist in der ganzen Welt stellten sich nie die Frage ob die Krankenhäuser von Kuwait-City überhaupt 300 Brutkästen für Frühgeburten hatten.619 Erst drei Jahre später wurde enthüllt, daß Hill und Knowlton 10,8 Millionen Dollar für diese ´gute Arbeit` erhielt. Ferner konnte bestätigt werden, daß eine Komplizenschaft zwischen Hill und Knowlton und dem CIA bestand. „Die CIA half fleißig dabei, Geschichten zu erfinden, die die Iraker als Unmenschen und Barbaren darstellen und die westliche Welt psychologisch auf einen Krieg gegen den Irak einstimmen sollten.“620 Des weiteren enthüllte Reporter Morgan Strong, daß Hill and Knowlton auch die Frau eines kuwaitischen Planungsministers benutzten, die interessanterer Weise eine bekannte TV Persönlichkeit in Kuwait war. Diese Frau, Fatima Fahed, erschien just zu dem Zeitpunkt, als die UN die Benutzung von Gewalt debattierten um die Iraker aus Kuwait zu bewegen. Sie beschrieb "schreckliche Details irakischer Greueltaten in ihrem Land." Fahed bezeugte, daß ihre Information aus erster Hand sei, während sie sagte, "Solche Geschichten . . . habe ich persönlich erlebt." Aber Strong bestätigt, als die Frau von der UN interviewt wurde sagte sie mir, daß sie kein Wissen aus erster Hand hätte, über die Fälle die sie beschrieb.621 Als Hill and Knowlton sie dann trainierten, änderte sie ihre Geschichte. Strong beschreibt auch eine Kassette von Kuwait, editiert von Hill and Knowlton, "aufgenommen um friedliche Demonstrationen zu zeigen, auf die geschossen wird von den besetzenden irakischen Truppen." Aber Strong interviewte einen kuwaitischen Flüchtling, der an der besagten Demonstration teil nahm und erzählte, daß keine Demonstranten verletzt wurden, und daß die Schüsse, die auf der Kassette zu hören sind, die der Iraker sind, die aber auf Widerstandskämpfer in der Nähe feuerten, die zuerst auf die Iraker geschossen haben622 Also wurde das Video, von der Firma Hill and Knowlton, ebenfalls manipuliert, die mit der 617 So der Journalist Peter Scholl-Latour am Montag den 15. 3. 1999 in der TV-Sendung „Beckmann“ (ARD, 23:00 Uhr), zitiert in: Eggert, Wolfgang: Israels..., Bd. 3, München 2001, S. 362. 618 Ulfkotte, Udo: Verschlußsache BND, aktualisierte & erw. Aufl., Heyne Verl., München 1998, S. 98. 619 Burkard, Müller-Ullrich: Medienmärchen - Gesinnungstäter im Journalismus, 1. Aufl., Siedler Verl. März 1998 München, S. 152. Die Frage über die Brutkästen stellt zuerst Alexander Cockburn in einem Artikel für die Los Angeles Times auf, in der Ausgabe vom 17. Januar 1991. 620 Ulfkotte, Udo: Verschlußsache BND, aktualisierte & erw. Aufl., Heyne Verl., München 1998, S. 98. 621 Strong, Morgan: TV Guide, February 22, 1992, S. 13, zitiert aus: Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, 1991, S. 69. - 232 - kuwaitischen Regierung, der Bush Regierung und dem Kongreß zusammen arbeitete. Hill and Knowltons Benehmen ging sogar so weit, daß sich einige Mitglieder der PR (Public Relations) Industrie beschwerten, daß Hill and Knowlton die gesamte Industrie in Mißkredit und Verrufung ziehe. Zur Zeit der Propagandakampagne von Hill and Knowlton, war die öffentliche Meinung gegen einen Militäreinsatz am Golf; auch der Kongreß war gegen die militärische Option. Hill and Knowltons Kampagne riß die öffentlich Meinung aber herum, bis diese für einen einen Krieg war. Vor allem war das ganze inszenierte und manipulierte Medienspektakel so wichtig gewesen, weil nur zwei Tage nach der „Zeugenaussage“ vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die gleiche Organisation die Resolution 678 verabschiedete, welche die Mitgliedstaaten der UN ermächtigte, die irakischen Truppen mit Gewalt zu vertreiben.623 Diese Resolution war nicht unumstritten, da sie stipulierte, daß, um einen irakischen Rückzug zu erlangen „alle Mittel verwendet werden können“ („... to use all necessary means“).624 Hill and Knowlton hatten das amerikanische Publikum anvisiert und in diesem mit ihrer Propaganda einen Stimmungsumschwung hervorgerufen. Zur Zeit der Propagandakampagne war die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung gegen einen militärische Intervention im Mittleren Osten gewesen, während der US-Kongreß auch in diese Richtung tendierte. Durch den gezielten Einsatz von primär zwei Geschichten: „die irakische Vergewaltigung von Kuwait“ und die Babybrutkasten Geschichte war der Meinungsumschwung forciert worden. Die PR Firma setzte auch bewußt auf das Vergewaltigungsszenario, indem der Irak das kleine Kuwait „vergewaltigt“ hätte. Hierzu erschien ein Buch von Jean P. Sasson unter dem reißerischen Titel The Rape of Kuwait - The True Story of Iraqi Atrocities Against a Civilian Population, daß eine Entstellung der Tatbestände ist, zahlreiche Lügen und maßlose Übertreibungen beinhaltet. Des weiteren setzte die PR Firma Zeitungsartikel, Videos, Bilder Pressemitteilungen, Konferenzen und Demonstrationen ein. Es gab einen nationalen „befreit Kuwait“ Tag, einen nationalen Gebetstag für die Befreiung Kuwaits, einen nationalen Studenten Informationstag, sowie das Organisieren von lokalen Ereignissen.625 Es wurden über 30 Videos produziert, die gratis an Fernsehstationen verschickt wurden. Ein Video, welches auf der Zerstörung Kuwaits basiert, erreichte 61,4 Millionen Zuschauer (in den USA). Ein anderes über Menschenrechtsverletzungen (in Kuwait) wurde von 35,3 Millionen 622 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, 1991, S. 69. 623 Beham, Mira: Kriegstrommeln - Medien, Krieg und Politik, Dtv. Verl., orig. Ausg. München April 1996, S. 109. 624 Ridgeway, James (Ed.): The March to War - From Day One to War´s End and Beyond, N.Y. 1991, S. 241. 625 Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, 1991, S. 70 f. - 233 - gesehen. Die Zuschauer hatten aber keine Möglichkeit festzustellen, daß die Quellen der Videos eine PR Firma war. Diese zwei Videos gehörten zu den Top Zehn erfolgreichsten, die vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember, 1990 verteilt wurden.626 Nayirahs Auftritt wurde von der PR Agentur optimal verwertet. Um auf Nummer Sicher zu gehen, hatten eigene Kameraleute von Hill & Knowlton die tränenrührende Aussage gefilmt. Die Aufnahme wurde dann von der PR Firma als „VNR“ (video news release) dem Netzwerk Medialink überliefert. Über diese Organisation wurde das Video ca. 700 US-Fernsehstationen zugänglich gemacht. Damit landete Hill & Knowlton einen Volltreffer, da Nayirahs Schilderung vom Babymord in Kuwait auf Platz vier der VNR-Hitliste für das Jahr 1990 kam, daher erreichte es 35 Millionen Zuschauer.627 Hill and Knowlton hatten also ganze Arbeit geleistet und die öffentliche Meinung derart manipuliert, daß der größte Teil der amerikanischen Bevölkerung nun bereit war, den Golfkrieg zu führen. 6.5 Die Instrumentalisierung der UN Viele Beobachter behaupten, daß die UN zu ersten mal in ihrer Geschichte richtig funktioniert hat, in dem sie nach dem Kalten Krieg eindeutig den Irak als Aggressor beschuldigte, Kuwait überfallen zu haben. Dies mag stimmen, es verfehlt aber fundamental einen viel wichtigeren Punkt, nämlich daß die UN definitiv manipuliert und korrumpiert wurde, und zwar von den USA. Die Bush Regierung tat alles, um in der UN einen Konsenses zu bekommen. Die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats, waren viel leichter zu steuern, als die Generalversammlung mit ihren über 150 Angehörigen. Die fünf ständigen Mitglieder des Rats sind Großbritannien, Frankreich, USA, die damalige Sowjet Union und China, dazu kamen die nicht ständigen Mitgliedern z.Z. der Irakischen Invasion: Kanada, Kolumbien, Elfenbeinküste, Kuba, Äthiopien, Finnland, Malaisen, Rumänien, Zaire und der Jemen. Von den fünf ständigen Mitglieder waren zwei, nämlich die Vereinigten Staaten und Großbritannien, von vornherein bereit, gegen den Irak zu stimmen. Die Sowjetunion war so geschwächt und auf westliche Hilfe angewiesen, daß sie sich nicht erlauben konnte, ernsthaft mit dem Gedanken zu spielen, gegen die USA im Sicherheitsrat zu stimmen. China war seit dem Tianamen Massaker dermaßen isoliert, daß es gern die Chance ergriff, sich wieder mit der USA und dem Westen 626 Ebenda, S. 68. 627 Burkard, Müller-Ullrich: Medienmärchen - Gesinnungstäter im Journalismus, 1. Aufl., Siedler Verl. März 1998 München, S. 152. - 234 - anzufreunden, indem es für die Resolutionen gegen den Irak stimmte und sich im Sicherheitsrat der Stimme enthielt.628 Unter dem Druck der USA, angeführt von der Bush Regierung, versagte der Weltsicherheitsrat völlig bei seiner Pflicht, eine friedliche Lösung zu suchen. Um am 29. November, die nötigen Stimmen für die entscheidende Resolution 678 zu bekommen, bedienten sich die USA der offenen Bestechung, Erpressung, Drohung und Gewalt.629 Bis zum 29. November 1990 war es die Politik der UN; das Vorgehen Iraks zu verurteilen, während sie versuchte, Iraks Benehmen mit ökonomischem Druck zu verändern. Parallel dazu fand der Aufbau der US Truppen in Saudi Arabien statt. Es war die UN Resolution 678, für die sich die USA so rigoros einsetzte, die, die US Politik der militärischen Anstrengung, auf die UN übertrug. Äthiopien und Zaire bot man neue Bündel von Hilfsmaßnahmen, Weltbankkredite und neue Regelungen für Mittel des Internationalen Währungsfonds an, wenn sie für die Resolution stimmten. Die äthiopische Regierung stand, wie man in Washington wußte, kurz vor dem Sturz durch Rebellen; jetzt gab man ihr neue Militärhilfe, nach dem ihr jahrelang Waffen verweigert worden waren. Kolumbien, erhielt ebenfalls ein Angebot über verstärkte Hilfsmaßnahmen mit wirtschaftlichen und militärischen Bestandteilen. Nachdem China sich bei der Resolution 678 der Stimme enthalten hatte, erhielt das Land innerhalb einer Woche 114 Million Dollar an zurückgestellter Hilfe, von der durch die USA kontrollierten Weltbank. Am Abend vor der Abstimmung traf Außenminister Qian Qichen seinen amerikanischen Kollegen James Baker. Am Tag danach hielt Präsident Bush zusammen mit Qian Qichen im Weißen Haus eine viel beachtete Pressekonferenz ab. Es war das erste derartige Treffen seit dem Massaker auf dem Tiennamen-Platz 18 Monate zuvor und sie stellten das internationale diplomatische Ansehen Chinas wieder her. Beides entsprach, wie man bei den UN wußte, den beiden Wünschen der Chinesen und sie bekamen sie beide, weil sie ihr Vetorecht nicht einsetzten. Auch andere Kredite wurden nach Chinas Stimmenthaltung gewährt. Der Sowjetunion, die sich in wirtschaftlicher Auflösung befand, gaben Saudi Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate einen Kredit von vier Milliarden Dollar und Notfallhilfen, nachdem sie für die Resolution gestimmt hatte. Malaysien wurde unter gewaltigen Druck gesetzt. Daß das Land, nachdem es sich anfangs dem Druck der USA widersetzt hatte, schließlich für die Resolution 678 stimmte, wurde von seiner überwiegend moslemischen Bevölkerung weitgehend kritisiert. Kuba und der Jemen 628 Kubbig, Bernd W. / Krell, Gert: Krieg und Frieden am Golf - Ursachen und Perspektiven, Fischer Verl., 1991, S. 124. Matthews, Ken: The Gulf Conflict and International Relations, Routhledge, London 1993, S. 74-77. 629 Clark, Ramsey. The Fire This Time. N.Y. 1992, S. 37, 169. - 235 - erlebten sowohl dringende Bitte als auch Bestrafungen. Kuba stimmte mutig gegen die Resolution nach dem die USA alles versuchten, das Land zur Zustimmung zu zwingen. Der Jemen war in einer prekären Lage, das Land hatte grade einen Bürgerkrieg mit einer Wiedervereinigung beendet und war in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wenige Minuten nach dem der jemenitische UN-Botschafter Abdallah Saleh al Ashtol gegen die Resolution 678 gestimmt hatte, erklärte man ihm, dies sei das teuerste Nein gewesen, daß der Jemen jemals ausgesprochen habe. Bereits drei Tage später zogen die USA ein Hilfsangebot des Jemen von 70 Million Dollar zurück, welches das Land dringend benötigte. Bald daraufhin wurden 7 000 jemenitische Arbeiter aus Saudi Arabien vertrieben, darunter mehrere hundert, die man in Krankenhäusern aus den Betten holte. Ägypten wurde besser behandelt, weil es sich unter Mubarak dem Diktat der USA fügte. Das Land war und ist auf geradezu bedrohliche Art und Weise auf US-Hilfe angewiesen. Für seine Unterstützung, besonders nach dem es auf der Arabischen Liga den Irak verurteilte, erließen die USA den Ägyptern Schulden in Höhe von $7 Milliarden. Vier weitere Milliarden Dollar ägyptischer Schulden strichen Saudi Arabien und bei den übrigen Golfstaaten waren es noch einmal $3 Milliarden die gestrichen wurden, für die ägyptische Unterstützung am Golf.630 Das Cleveland Blatt Plain Dealer berichtete über die türkische Zustimmung; die Türkei betreibt die illegale Okkupation von Zypern weiter und ihre Farben- und Kleiderhersteller bekamen insgeheim von den USA Zugang zum US-Market garantiert. Der Plain Dealer schrieb, daß die Import Quoten für Textilien - bis zu 50% für manche Produkte - erhöht wurden, als Teil der Begünstigungen für die Türkei, welche auch Militär Verkäufe und Waffen Transfer von U.S. und NATO Alliierte mit einbezogen. Die Türkei hatte sich ursprünglich widerspenstig verhalten, wenn es um ihrer Luftbasen ging, die zur Bombardierung des Iraks benutzt werden sollten, aber plötzlich veränderte die Türkei ihre Haltung, eine paar Tage vor der Frist des 15. Januar. Die USA kündigten dann an, daß sie der Türkei Handelskredite im Wert von $87 Millionen zukommen ließen.631 Auch die UN profitierte von ihren Resolutionen, als Zeichen ihres Dankes zahlte die Bush Regierung der Organisation $187 Millionen. Und so bekam die Bush Regierung die nötige Zustimmung, von den zwölf UN Resolutionen wurden fünf einstimmig eingereicht; eine (Resolution 660) wurde 14-0 Ratifiziert, bei dieser enthielt der Jemen sich seiner Stimme; drei wurden jeweils 13-0 entschieden (mit zwei Enthaltungen); eine passierte 13-2; eine wurde mit 14-1 gültig; und eine wurde mit 12-2 Stimmen bestätigt - 630 Ebenda, S. 153-156. 631 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, Buffalo N.Y. 1991, S. 93. - 236 - ob durch Versprechungen, Bestechungen, Drohungen, oder Gewalt, dies spielte keine Rolle mehr.632 Die UN-Resolutionen wurden auch teilweise von den Verbündeten der USA kritisiert. So warfen Kanada und China den USA vor, sie hatte eine einseitige Seeblockade begonnen. Andere Kritiker warfen der USA vor, es bedürfe einer weiteren UN-Resolution, um das beschlossene Wirtschaftsembargo mit militärischen Mitteln zu implementieren. Es muß auch berücksichtigt werden, daß die UN und die USA extrem selektiv mit ihren Resolutionen umgegangen ist. Als die Streitkräfte Saddams 1980 im Iran einmarschierten, gab es kaum internationale Reaktionen. Der UN-Sicherheitsrat welcher den Irak 1990 so schnell verurteilte, brauchte mehrere Tage, um eine Resolution zu verabschieden, die zwar einen Waffenstillstand gleichkam, aber weder den Abzug irakischer Truppen verlangte noch den Irak als Aggressor verurteilte.633 Bis zum Ausbruch des zweiten Golfkriegs 1991 hat es 457 Nahost-Resolutionen gegeben, ohne daß das Problem in irgendeiner Weise gelöst wurde. Alle 29 UN-Resolutionen die nach 1967 verabschiedet wurden und sich mit dem Palästina- Problem beschäftigten, scheiterten am Veto der USA im Weltsicherheitsrat, die dadurch eine nicht unbedeutende Mitschuld an der heutigen Situation herbeigerufen hat.634 7.0 Die Gründe der Bush Regierung für den Golfkrieg Die Gründe, die George Bush benutzte, um den Golfkrieg zu rechtfertigten, änderten sich ständig und müssen schon allein deshalb kritisch analysiert werden. Seit Beginn der Golfkrise im August änderten sich die Rechtfertigungsversuche des Präsidenten ständig. Sie gingen von lebenswichtigen Interessen, die auf dem Spiel stünden, über den Grundsatz, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe, bis zur Behauptung, Iraks Präsident Saddam Hussein sei so schlimm wie Hitler.635 Außenminister Baker behauptete zunächst, erstmalig am 14. November 1990, daß am Golf die `Brieftaschen´ und der `Lebensstandard´ aller Amerikaner auf dem Spiel stünden. Ferner sei der Bush Administration klar geworden, daß die gesamte US-Golfstrategie zunichte gemacht würde, wenn der momentane Trend nicht revidiert würde. Damit kam Baker auf das Motiv der Arbeitsplätze, mit dem er der Nation Angst machte, als er sagte: ´To bring it down 632 Krell, Gert / Kubbig, Bernd W.: Krieg und Frieden am Golf - Ursachen und Perspektiven, Frankfurt/Main 1991, S. 121. 633 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, 1. Aufl., Rowohlt Verl., Reinbek bei Hamburg März 1991, S. 31. 634 Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 69 & 98. 635 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 118. - 237 - to the level of the average American citizen, . . . let me say that means jobs. Because an economic recession worldwide, caused by the control of one nation - one dictator, if you will - of the West´s economic lifeline [oil], will result in the loss of jobs for American citizens.`636 Dies war clever gemacht, denn mit einem Mal gab Baker dem irakischen Präsidenten nicht nur die Schuld für den US-Aufmarsch am Golf, sondern auch für die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Nation (die nach dem Krieg deutlich zu spüren war). 7.1 Die Lüge über das Atomprogramm des Irak Während nur noch ein paar Wochen übrig blieben, bis die Frist für den Irak abgelaufen war, fing Bush von dem wirklichen Nutzen eines Kriegs im Golf abzulenken, indem er fieberhaft versuchte herauszufinden, was die Amerikaner am meisten dazu bewegen würde, einen Krieg im Golf zu führen. Deswegen wandte sich die Bush Administration an ein bestimmtes "Focus Gruppen" Interview und eine New York Times/CBS Umfrage, die eindeutig zeigten, daß die U.S. Bürger sich am meisten an Reportagen störten die besagten, daß Irak nukleare Waffen (Kapazität) hätte oder bald bekommen würde. „Albright and Hibbs (1991) note that President Bush began to suggest that Iraq was within months of making nuclear weapons just days after an opinion poll had shown that the majority of Americans „would not go to war in the Gulf to protect access to Middle East oil, but would support a military effort to prevent Iraq from getting the bomb.“637 Dies nutzte Bush gleich aus, als er am wichtigen amerikanischen Feiertag, dem Erntedankfest die US Truppen in Saudi Arabien besuchte. Da dramatisierte er die Gefahren, die auf die USA zukommen würden, wenn Saddam Hussein eine nukleare Kapazität besitzen würde. Bush sagte in Saudi Arabien zu seinen Soldaten: "Mit jedem Tag der verstreicht, nähert sich Saddam seinem Ziel, ein Atomwaffenarsenal aufzubauen. Und das ist der Grund, warum Ihre Mission mehr und mehr zur Notwendigkeit, unausweichlich wird . . . Er hat noch nie eine Waffen besessen, von der er keinen Gebrauch macht."638 Damit legitimierte er auch den Krieg gegen den Irak und Saddam Hussein. Dasselbe Argument wurde von Verteidigungsminister Dick Cheney und dem Nationalem Sicherheitsberater Brent 636 New York Times, „U.S. Jobs at Stake in Gulf, Baker Says“, von Thomas Friedman, November 14, 1990, zitiert in: Clark, Ramsey: The Fire This Time, S. 30. 637 Blumberg, Herbert H. / French, Christopher C.(Ed.): The Persian Gulf War - Views from the Social and Behavioral Sciences, University Press of America, Lanham / New York / London 1994, „The Gulf War: Psychological Perspectives“ von Christopher C. French, S. 215. 638 Clark, Ramsey: Wüstensturm - US-Kriegsverbrechen am Golf, S. 62. Vgl. Ridgeway, James: The March to War, Four Walls Eight Windows Press, New York 1991. - 238 - Schowcroft benutzt. Ihrer Ansicht nach gab es Geheimdienstinformationen, die bewiesen, daß der Irak eine nukleare Kapazität in einen Jahr erreichen könnte.639 Bei Ausbruch des Golfkrieges verfügter der Irak über folgende kerntechnische Anlagen: - Einen Forschungsreaktor französischer Herkunft (0,5 Mwth), - einen Forschungsreaktor sowjetischer Herkunft (5 Mwth), - einige "heiße Zellen" für Laborzwecke; die genutzt werden konnten, um hochangereichertes Uran oder - Plutonium aus dem inneren der Reaktoren befindlichen Brennstoff abzutrennen, - Eine Laboranlage zur experimentellen Herstellung von Brennstoff aus Natururan oder schwach angereichertem Uran. Keine dieser Einrichtungen war geeignet, Material für eine Kernwaffe herzustellen. Das Erbrüten von ausreichend Plutonium für eine Bombe (ca. 5 kg) in den kleinen Forschungsreaktoren hätte Jahre gedauert. Alle Anlagen standen unter regelmäßiger Überwachung, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Ein großer Forschungsreaktor französischen Ursprungs, Tammuz II, war 1981 von der israelischen Luftwaffe zerstört worden.640 Der Irak besaß vor dem Golfkrieg 12,3 kg hochangereichertes Uran (93%), das ursprünglich als Brennstoff für den zerstörten Tammuz II geliefert worden war; ca. 10 kg 80% hochangereichertes Uran, davon waren bei der letzten Inspektion ca. zwei Drittel in dem Forschungsreaktor sowjetischen Ursprungs. Ferner verfügte er über mehrere Tonnen Natururan und abgereichertes Uran aus Käufen vom Ende der siebziger Jahre. Grund dieser Einkäufe war vermutlich, Brutmaterial für die Plutoniumproduktion zu bekommen. Das gesamte Material war bei der letzten IAEO-Inspektion im November 1990 noch vorhanden. Mit dem hochangereichertem Uran könnte der Irak imstande sein, eine einzige "primitive" Bombe zu produzieren. Seit Mitte der achtziger Jahre hat sich der Irak mit mäßigem Erfolg darum bemüht, auf den Spuren Pakistans ein eigenes Anreicherungsprogramm aufzubauen, um damit in den Besitz von waffenfähigem Spaltmaterial zu gelangen. Dieses Programm wies aber große Lücken auf. Der Irak verfügte nach vorliegenden Erkenntnissen nicht über eine Anlage, um das Vorprodukt der Anreicherung Uranhexefluorid herzustellen. Es war dem Land nicht gelungen, eine Anreicherungsanlage auch nur im Labormaßstab aufzubauen. Zwar verfügte Bagdad über Teile von Zentrifugen (magnetische Lager, präzisionsgeformte Spezialstahlröhren, Motoren 639 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 30 f. 640 Perlmutter, Amos / Handel, Michael / Bar-Joseph, Uri: Two Minutes Over Baghdad, London 1982. - 239 - und Gasflußinverter). Aber andere Komponenten fehlten, wie z.B. Bodenlager, Molekularpumpen, Rotorvorformen, Böden und Decken, und die Federung, zum großen Teil, weil es gelang, die Lieferung vor und nach Beginn des Embargos zu stoppen. In Anbetracht dieser Tatsachen läßt sich sagen, daß der Irak von der Fähigkeit zur selbständigen Produktion von kernwaffenfähigem Material noch Jahre entfernt war. Zur Herstellung einer einzigen Kernwaffe hätte das vorhandene hochangereicherte Uran knapp ausgereicht; die Produktion hätte jedoch noch erhebliche Anforderungen an die irakischen Techniker gestellt.641 Joachim Badelt und Arend Wellmann behaupten, daß trotz aller Bemühungen des Iraks sich die Atombombe zu beschaffen die übereinstimmende Meinung der Experten im Sommer 1990 war, daß der Irak noch mindestens fünf Jahre von der Herstellung einer Atombombe entfernt war.642 In den USA wurde in der New York Times in der Op-Ed Sparte, am 27. November 1990, von Richard Rhodes berichtet, daß Experten bestätigten, daß die irakischen Akquisition eines limitierten nuklearen Arsenals mindesten noch 10 Jahre dauert. Außerdem braucht man ungefähr 1000 Zentrifugen im Jahr, um genug angereichertes Uran für eine Atomwaffe zu produzieren. Allen Berichten zu folge hatte der Irak aber nicht mehr als ein paar dieser Zentrifugen: die er sich durch importierte Technologie angeeignet hatte. Das verdeutlichte, daß das irakische nukleare Militärpotential derrivativ war. Gary Milhollin, Direktor des Wisconsin Projekt über nukleare Waffenkontrolle, erklärte dem Senat des Bewaffneten Dienste Komitees gegenüber Ende November 1990: „There is no real short-term risk of an Iraqi nuclear weapon - at least based on what the Bush administration has told us so far, . . ." „The administration should be ashamed of itself for misleading the public about the Iraqi bomb; there should be a reasonable limit to governmental disinformation when the stakes are so high." Eine ähnliche Aussage machte Frank Barnaby, Autor des Buches Weapons of Mass Destruction a Growing Threath in the 1990´s?. „It would take Iraq at least five years, and possibly twice as long, to produce nuclear weapons suitable for military requirements, . . . . Stories recently released [by the US] are more propaganda than based on what is technically possible.“643 Bush übertrieb immer wieder absichtlich, wie gefährlich die Bedrohungen der Iraker durch ihr Atomprogramm sein würde. Es gab darauf hin viele Reportagen, daß der Irak nah daran gewesen wäre, nukleare Waffen zu produzieren. Am 22. November 1990 erklärte Bush, daß 641 Krell, Gert / Kubbig, Bernd W.: Krieg und Frieden am Golf, Frankfurt/Main 1991, S. 73 ff. 642 Stein, Georg (Hrsg): Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 152. 643 Sifri, Micah L. / Cerf, Christopher (ed.): The Gulf War Reader, S. 249 f., The Guardian, 12 December 1990, beide zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, London 1992, S. 252. - 240 - der Irak möglicherweise nur Monate von der Entwicklung nuklear Waffen entfernt sei. Obwohl Bushs Geheimdienstseinschätzungen ihm sagten, daß es mehr als fünf Jahre dauern würde, bis der Irak einen einzigen primitiven nuklearen Sprengsatz haben würde.644 Im April 1992, begutachteten Nuklearwaffenexperten ein Jahr lang mit der Internationalen atomaren Energie Kommission das irakische Atomprogramm und stellten fest, daß der Irak mindestens drei Jahre davon entfernt war, eine einzige Atombombe zu bauen.645 Richard Rhodes, dessen Buch The Making of the Atomic Bomb als Standardwerk über Nuklearwaffen gilt, schrieb während der Golfkrise in der New York Times sogar, daß der Irak ganze 10 Jahre von einer funktionierenden Nuklearwaffe entfernt sei, und das es noch „Lichtjahre“ dauern würde bis der Irak ein Trägersystem besäße, mit dem er die USA bedrohen könnte.646 Ferner wies er darauf hin, daß Atommächte historisch einen stabilisierenden Effekt auf Kriegambitionen andere Nationen ausgeübt hätten, da ein Staat schnell von militärischen Abenteuern abgeneigt sei, wenn der Gegner eine Atommacht sei, da dies den Aggressor zum potentiellen atomaren Ziel machen würde.647 Außerdem ist es noch lange nicht gesagt, daß man einen ganzen Krieg beginnen muß um eine potentielle Gefahr zu beseitigen, dies hatte wohl Israel am besten bewiesen, als sie 1981 den Osirak Reaktor bombardierten, bevor er "eingeschaltet" wurde und damit Saddam Husseins Atomprogramm zunichte machten. 7.2 Der Mythos des unterbrochenen Ölflusses George Bush beunruhigte die Welt, indem er sich an die Öffentlichkeit wendete und behauptete, daß die Invasion Kuwaits nicht zugelassen werden könnte, da man den Wohlstand nicht einem Diktator überlassen könne. Dies rief Ängste hervor die ausgeschaltet werden müssen: Wenn Saddam Hussein das Öl kontrolliert, gehen bei uns Lichter und Heizungen aus, Autos und Fabriken stehen still, die Arbeitslosigkeit steigt steil an und der Lebensstandard fällt abrupt. Dies ist aber nichts weiter, als ein weiterer erfundener Anlaß um einen vernichtenden Krieg gegen den Irak zu führen.648 Derartige Ängste sind in mehrerer Hinsicht unbegründet und einfach lächerlich, wenn man sich einmal mit einer statistischen Analyse der Materie befaßt hat: Erstens ist Bushs Behauptung faktisch und statistisch einfach 644 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, N.Y. 1991, S. 107. 645 Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992, S. 30 f. 646 Stockwell, John: The Praetorian Guard - The U.S. Role in the New World Order, South End Press, Boston 1991, S. 16. 647 Ebenda. 648 Bredthauer, Karl, Heinrich A., & Naumann ,Klaus: Krieg für Frieden? Startschüsse für eine neue Weltordnung, Elefanten Press, Berlin 1991, S. 46 ff. - 241 - falsch, die USA importierten damals nur 5% ihres Öls aus der Golfregion und nur 1% aus Irak und Kuwait (Europa importiert nur 6% seines Öl Bedarfs aus dem Irak und Kuwait).649 Außerdem würde der irakische Diktator auch dann nicht die "Ölreserven der Welt" kontrollieren, wenn die Annexion Kuwaits nicht rückgängig gemacht und das Land tatsächlich dauerhaft zur 19. Provinz des Iraks geworden würde. 1989 lagen unter beiden Ländern zusammen ein Fünftel (19.5%) der bekannten Ölreserven der Welt; ihr Anteil an der Weltölförderung betrug ein gutes Vierzehntel (7,3%). Zweitens ist auch der irakische Diktator darauf angewiesen, sein Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die ökonomische Abhängigkeit des Iraks vom Ölexport ist um ein Vielfaches höher als die des Westens von den irakisch-kuwaitischen Exporten. In sofern ist nicht einmal zu befürchten, daß das Öl den Verbrauchern in der Welt auf einmal nicht mehr zur Verfügung steht, wenn es statt von den kuwaitischen Emiren vom irakischen Staatspräsidenten kontrolliert wird. Es gibt nämlich keinen rationalen Grund für diese kompromißlose Haltung dem Irak gegenüber. Die Ölproduzenten waren nämlich schon immer viel mehr von dem Westen abhängig als dies umgekehrt der Fall war. Ihre Ökonomien weisen nämlich kontinuierlich starke Monostrukturen auf. Der Ölanteil an ihrem gesamten Exportwert beträgt beispielsweise für die Vereinigten Arabischen Emirate 86%, für Saudi-Arabien 90%, Qatar 91%, den Iran 92%, den 98% Oman 99% und für Libyen 100% [Irak bezieht 95-97% seines BSP aus Ölexporten].650 Deswegen hängt das Überleben dieser Regierungen und das Funktionieren dieser Wirtschaften ganz entschieden vom ununterbrochenen Ölfluß ab. Der Ausfall von so wichtigen Ölproduzenten wie dem Irak und Kuwait, die zusammen vor der Golfkrise 18% des OPEC-Exports stellten, führt daher zu keiner Störung des Ölflusses. Umgekehrt wurde uns durch ein Handels- und Ölembargo gegen den Irak eindrucksvoll gezeigt, wie effektiv ein Ölboykott gegen die Ölproduzenten eingesetzt werden kann. Und dies war nicht das erste Mal. 1952/53 hatten die USA, Großbritannien und andere westlich Länder einen Ölboykott gegen die demokratisch gewählte iranische Regierung unter Mossadegh so lange benutzt, bis dies zur einer Finanzkrise führte Mittels deren Mossadegh vom CIA 1953 gestürzt wurde.651 Zwar haben manche Golfstaaten versucht, sich über ihre existenzsichernden Öleinnahmen hinaus auch durch die Anlage ihres gesamten überschüssigen Kapitals in den westlichen Staaten abzusichern, aber als Gegenmaßnahme zu 649 Adel,Darwish / Gregory, Alexander: Unholy Babylon The Secret History of Saddam´s War, St. Martin´s Press, New York 1991, S. 52 f. 650 Massarrat, Mohssen: „Der Golfkrieg: Historische, politische, ökonomische, und kulturelle Hintergründe“ Beitrag in: Stein, Georg (Hrsg): Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 40, zitiert nach Mohssen Massarrat 1988 in dem oben erwähnten Werk . 651 Ebenda, zitiert nach: Nirumand 1967, S. 33 ff. - 242 - einem eventuellen Ölembargo kann dieses Kapital jederzeit von den westlichen Staaten eingefroren oder gar beschlagnahmt werden.652 Drittens geht es wohl eher um die Frage des Preises. In dieser Hinsicht gibt es die bitteren Erfahrungen mit dem OPEC-Kartell, das den Ölpreis von 1,83 Dollar 1973 auf 11,65 Dollar im Juni 1974, und dann noch einmal von 14,54 Dollar im April 1979 auf 28 Dollar im April 1980 heraufsetzte. Die Ölversorgung der USA oder Europa ist damals weder zusammengebrochen noch gefährdet gewesen.653 Es war auch nicht plausibel als George Bush warnte, daß der Irak Saudi-Arabien überfallen werde (um dann 39% der bekannten Ölreserven zu kontrollieren).654 Die Invasion Kuwaits war auch selbst keine Bedrohung amerikanischer lebenswichtiger Interessen, wie die Bush Administration immer wieder betonte, denn Saddam Hussein hatte dem amerikanischen Geschäftsträger Joseph Wilson am 6. August erklärt, daß er bereit war amerikanische Interessen sicherzustellen, die die Amerikaner erwähnen würden. "Was sind legitime US Interessen und wie können wir sie sicherstellen?" fragte Saddam Hussein Wilson, vier Tage nach der Invasion.655 Denn seine eigenen Geheimdienste (CIA, NSA, DIA, ect.) legten George Bush Berichte vor, die zeigten, daß Saddam Hussein keine Invasion Saudi-Arabiens plante.656 Es muß auch rein moralisch die Frage gestellt werden, seit wann monopolistische oder Kartellpreispolitik als legitimer Grund für militärische Interventionen gilt. Der Westen hat rein technisch gesehen, seit den letzten 300 Jahren ein Monopol gegenüber der Dritten Welt besessen, aber kaum Jemand würde wohl so weit gehen und behaupten, daß dies ein legitimer Grund oder Anlaß wäre, für die Dritte Welt eine militärische Interventionen gegen den Westen durchzuführen. Viertens schließlich, erschöpft sich die Erfahrung mit dem OPEC Kartell nicht in der Tatsache vervielfachter Ölpreise. Sie besagt vielmehr auch, daß die Preissteigerungen trotz allem nicht in den Himmel wachsen, der Markt nicht jeden Preis hergibt und insofern auch die Monopolmacht des Kartells beschränkt ist. Man kann sogar sagen, daß der Ölpreis 1991 652 Massarrat, Mohssen: „Der Golfkrieg: Historische, politische, ökonomische, und kulturelle Hintergründe“ Beitrag in: Stein, Georg (Hrsg): Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 40 f. 653 Bredthauer, Karl, D. / Heinrich, A./ Naumann, Klaus: Krieg für Frieden? Startschüsse für eine neue Weltordnung, Elefanten Press, Berlin 1991, S. 47. 654 Darwish, Adel / Gregory, Alexander: Unholy Babylon - The Secret History of Saddam´s War, N.Y. 1991, S. xv. 655 Ebenda, S. 52. 656 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, N.Y. 1991, S. 90 ff. - 243 - nominell niedriger war als in der ersten Hälfte der 80er Jahre, real sogar - zumindest für die BRD - geringer als zu Beginn der 70er Jahre.657 7.3 Das Märchen von der Demokratie in Kuwait George Bush gab nicht nur einen Grund dafür an, warum die Welt vehement auf den Überfall auf Kuwait reagieren müßte. Er behauptete unter anderem, daß es um die Demokratie in Kuwait ginge. Man könnte es daher nicht zulassen, daß ein Land von einem anderen überfallen wird und dessen Demokratie abrupt beendet werde. Das klingt natürlich edel und nobel, denn die Demokratie zu retten, war ja schon immer eine angedeutetes außenpolitisches Ziel der USA (die „Wilsonian Tradition“). Die Realität sah aber leider ganz anders aus, als die Versprechungen von George Bush. „Ein Berater von US-Präsident Bush konstatierte 1990 ganz ungeniert: ´Wir brauchen das Öl. Es klingt gut vom Eintreten für die Freiheit zu reden. Aber Kuwait und Saudi Arabien sind auch nicht gerade Demokratien. Wenn ihre wichtigsten Exportprodukte Orangen wären, dann hätte ein mittlerer Beamte des Außenministeriums eine Stellungnahme abgegeben, und wir hätten das Außenministerium für den August geschlossen.´“658 In Kuwait hatten mehr als 300,000 Palästinenser, die mehr als ein Viertel der Bevölkerung sind, den Einmarsch der Iraker in Kuwait begrüßt, und dies sollte nun zur ihrem Verhängnis werden. Sie hatten jahrzehntelang wesentlich dazu beigetragen, den Staat Kuwait aufzubauen, nun wurden sie als "Verräter" und vogelfrei erklärt. Mit der Ausrufung des Kriegsrechts machten bewaffnete Banden unter Anführung kuwaitischer Prinzen jagt auf die Palästinenser. Die Jagt, die unter amerikanischer Obhut stattfand, dauerte zwei Monate. Dabei blieben 2.000 Palästinenser spurlos verschwunden, 800 entdeckte man in Massengräbern.659 Ein pro-demokratischer Oppositionsführer wurde erschossen und paralysiert, wahrscheinlich das erste Opfer von Todesschwardronen, die die Regierung bezahlte, um ihre Gegner zu ermorden. Drei Männer, die eine verbotene Untergrunds- Zeitung vertrieben, wurden getötet. Die kuwaitische Regierung erhöhte die Restriktionen gegenüber Journalisten und untersagte ausländischen Reportern, das Land betreten. Der kuwaitische Führer hatte demokratische Reformen versprochen. In den Tagen nach der US 657 Bredthauer, Karl. / Heinrich, A. / Naumann, Klaus: Krieg für Frieden, Berlin 1991, S. 47 f. 658 Time, 20.8.1990, „Read my Ships“, S. 11, zitiert aus: Cremer, Uli: Neue NATO - neue Kriege? - Zivile Alternativen zur Bundeswehr, VSA Verl., Hamburg 1998, S. 30. 659 Mittmann, Beate & Priskil, Peter: Kriegsverbrechen der Amerikaner und ihrer Vasallen gegen den Irak und 6000 Jahre Menschheitsgeschichte, Ahriman-Verlag, Freiburg, Sep. 1992, S. 89 ff. - 244 - geführten Koalition, die die Iraker aus der winzigen Öloase vertrieben, dem 26. Februar, herrschte Chaos, Rache und Repression in Kuwait. Die Übergriffe des Tötens, die Schlägereien und Verhaftungen (von Palästinensern und Irakern) schockte das Land und ließ die Frage aufkommen, wer das Land kontrollierte und wer es kontrollieren sollte. Die Situation würde so schlimm, daß Amnesty International an die kuwaitische Regierung appellierte, die Verfolgten zu verschonen. Der Report der Menschenrechtsorganisation vom 8. März erörterte: Das Berichte besagen, daß während Haus zu Haus Durchsuchungen eine große Anzahl von Palästinensern, Sudanesen und Ägyptern, in den letzten Tagen verhaftet wurden. Auch das Rote Kreuz berichtete, daß Busladungen mit größtenteils Palästinensern an der irakischen Grenze, nachdem sie verhört wurden, von der kuwaitischen Polizei verprügelt wurden. Ein U.S. Armee Militär-Polizist sagte einem Reporter, daß die Verprügelten sehr schwer verprügelt wurden. Drei Wochen nach der Befreiung Kuwaits, berichtete die Menschenrechtsgruppe, Middle East Watch, daß kuwaitische Sicherheitsbeamte 2.000 Leute fest hielten, (überwiegend Palästinenser) und Hunderte von ihnen mit Messern und glühenden Zigaretten gefoltert hätten. Exekutivdirektor der New Yorker Middle East Watch, Andrew Whitley, bestätigte: "Wir haben Leute interviewt, die die Foltermethoden beschrieben . . . ." Des weiteren beschuldigte ein prominenter kuwaitischer Bankier, die herrschende Familie, die Führer der pro Demokratiebewegung durch Anheuern von Ermordungsteams zu töten. Abdul Azia Sultan, Vorsitzender der Gulf Bank von Kuwait sagte während einem Interview im März im ABC-TV Nightline, daß er "ernsthafte Gründe hätte zur Annahme" daß Mitglieder der herrschenden Sabbah Familie Anschläge mit angeheuerten Killerteams ausübten. "Wir haben Konkrete Beweise," sagte Sultan, "aber ich habe nicht die Freiheit diese bekannt zu machen." Wahrscheinlich hatte Herr Sultan Angst selbst Opfer eines solchen Anschlags zu werden, falls er die Beweise veröffentlichen würde. Das selbe TV Programm brachte auch ein Interview mit einem aus dem Krankenhaus entlassenen pro demokratischen Führer, Hammad al-Johan, welcher in seinem Haus angeschossen wurde. Nightline teilte dazu mit, daß Scotland Yard ihn gewarnt hatte, daß es ein Komplott gegen ihn durch einen Killer der irischen Republikanischen Armee gäbe, welcher Verbindungen zu der Sabah Familie in Kuwait hatte.660 Überlebende Flüchtlinge berichteten in Jordanien von der sogenannten 'neuen gewonnen Freiheit': Gefangene Palästinenser mußten mit verbundenen Augen auf eine Liste mit dem 660 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, Prometheus Books, Buffallo New York 1991, S. 173 f. (Zitate vom Autor übersetzt). - 245 - Zeigefinger tippen, auf der verschiedene Vergehen standen. Nach dessen "Delikt" richtete sich dann die Folter. Die Gefangenen wurden mit Benzin übergossen und angezündet, es wurde ihnen Säure ins Gesicht geschüttet, die Knochen gebrochen, heißes und kaltes Wasser in die Körperöffnungen gegossen. Den Opfern wurde mit Zangen und Nagelknipsern das Fleisch vom Körper gerissen, und man zwang sie, es zu essen. Frauen und Knaben wurden vergewaltigt, Männern trieb man abgebrochene Flaschen in den After. Hinrichtungen fanden statt, indem man Einsenstifte von einem Ohr zum andern trieb oder den Schädel mit Elektrobohrern durchlöcherte. "Das ist vorgekommen", bestätigte der kuwaitische Kronprinz und Thronnachfolger Scheich Saad el-Abdullah el-Sabah. Er sieht auch keine Veranlassung, irgend etwas zu vertuschen: "Wir verfolgen nur jene Palästinenser, die eindeutig mit den irakischen Besatzern kollabiert haben. Da kennen wir keine Gnade." Und da dies auf die meisten der nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait verbliebenen Palästinenser zutrifft, werden eben "nur" alle verfolgt: Bis Mitte 1992 waren 90 Prozent aller Palästinenser aus Kuwait vertrieben, ihr Vermögen von mehr als zehn Milliarden Dollar wurde von den Scheichen beschlagnahmt. Selbst Pässe und Führerscheine wurden ihnen vor der Vertreibung noch abgenommen. Und all dies geschah, als George Bush noch so elegant von Demokratie und Freiheit in Kuwait sprach. Demokratie und Freiheit in Kuwait? Ein Parlament ist nicht in Sicht. Die einzige Zeitung, die zaghaft an Reformversprechen erinnerte, wurde verboten. Sollten je einmal Wahlen stattfinden - etwas das die Amerikaner verhindern würden -, dann nach bewährtem Vorkriegsmodell, daß heißt als eine Farce: Zwischen 60.000 und 90.000 Wahlberechtigte von rund 800.000 Staatsangehörigen, mit undurchsichtigem Wahlmodus und nur für die Hälfte des Parlaments (die andere Hälfte wird vom Emir bestimmt, damit die Demokratie nicht allzu demokratisch wird). Und das Wahlrecht für Frauen? Das hätten diese wohl gerne, um unsere "Besitzer" zu zitieren. Parteien? "Nein, nein, ich glaube nicht an Parteinenpluralimus. Das ist gut für euch im Westen, aber das ist nicht gut für mein Volk", meinte der Kronprinz mit entwaffnender Offenheit. Damit dürfte wohl unweigerlich klar sein, daß Demokratie nicht in Frage kommt. Und daß, das ganze Gerede von George Bush um der Demokraties willen in den Krieg zu ziehen nichts als Demagogie war, denn die USA taten bis heute nichts für die Demokratie in Kuwait, höchstwahrscheinlich, weil daß auch nicht im Interesse der Herrscher in Kuwait ist.661 661 Mittmann, Beate / Priskill, Peter: Kriegsverbrechen der Amerikaner und ihrer Vasallen gegen den Irak und 6000 Jahre Menschheitsgeschichte, Ahriman-Verlag, Freiburg 1992, S. 89 ff. - 246 - Letztendlich ließ ein Dokument des Pentagon die amerikanischen Äußerungen bezüglich der Restaurierung der Demokratie in Kuwait zur Farce werden. Das Dokument hatte eine Periode von Fünf Jahren Besetzung durch amerikanische Präsenz vorgesehenen, sowie Kriegsrecht (martial law) für Kuwait nach dem Golfkrieg eingeplant. Es rief nach einer harschen Pressekontrolle.662 Nach dem Golfkrieg verkündete der Emir von Kuwait auch gleich, daß das Kriegsrecht (martial law) für drei Monate anhalten wird.663 7.4 Bushs Aussage, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe Die Bush Regierung erläuterte dem amerikanischem Volk, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe. Dieser Standpunkt der Bush Administration war natürlich eine ehrenhafte Erklärung. Dennoch ist diese Haltung der Bush Administration sehr verdächtig, sogar zynisch. Was war mit Bushs eigenem Überfall auf Panama im Dezember 1989? Das Staatsoberhaupt Noriega hatte keine Aggression ausgelöst und dennoch griff Bush ihn an. Wenn Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe, was ist dann mit der serbischen Aggression gegen die Muslime und Kroaten in ex-Yugoslawien die Ende 1991 ausbrachen? Wo war die USA als die Sowjetunion die baltischen Staaten überfiel? Was war mit der Aggression Israels, das nicht nur gegen die UN-Resolutionen 242 und 425 verstieß, sondern auch noch in dem Libanon einen brutalen Krieg gegen die Bürger dieses Staates führte?664 In all diesen Fällen tat die Bush Regierung nichts, um die Aggressoren zu bestrafen und um der Welt zu zeigen, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe. Die Frage muß deswegen lauten, warum involvierte sich die Bush Regierung gerade in dem Irak-Kuwait Konflikt, wenn es während der Bush Administration genügend andere Anlässe gegeben hat um der Welt zu zeigen, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfe? Hier gilt das Argument, das einige Beobachter nannten: Wenn man in Kuwait Orangen statt Erdöl in riesigen Mengen produziert hätte, hätten sich die USA bestimmt nicht für Kuwait und d.h. seine Demokratie und Freiheit gekümmert. Hätten die Kuwaiter ihr Geld mit Orangen statt mit Öl verdient, hätte sich die Bush Regierung wohl kaum um Kuwait und internationales Recht gekümmert, wie sie dies taten. Es ging also nicht darum, daß Aggression sich nicht bezahlt machen dürfte, sondern viel mehr darum, daß eine Machtverschiebung im Mittlern Osten, wie sie Saddam Hussein mit seinem Überfall auf Kuwait anstrebte und implementierte, 662 Ridgeway, James (Ed.): The March to War, N.Y. 1991, S. 234. 663 Ebenda, S. 180. 664 Chomsky, Noam / Beinin et al.: Die Neue Weltordnung und der Golfkrieg, Trotzdem Ver., Grafenau 1992, S. 117. - 247 - nicht im Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika war. Einige Beobachter sagten deswegen, daß der Status Quo beibehalten werden müßte, weil dies im Interesse der Bush Regierung war. Diese Ansicht berücksichtigt aber einen wichtigen Faktor nicht, nämlich, daß der Irak in der Region militärisch gesehen, zu stark geworden war. Während des 1. Golfkriegs zwischen dem Iran und dem Irak, rüsteten die USA und viele ihrer NATO verbündeten, zusammen mit China, Brasilien, und der Sowjetunion den Irak dermaßen auf, daß er nach dem Krieg die stärkste Nation im Mittleren Osten war (mit der möglichen Ausnahme von Israel).665 Aber der Irak war nun so aufgerüstet, daß er zumindest Israel bedrohen konnte.666 Diese Bedrohung, die durch Mittelstreckenraketen (Scuds), und chemisch- biologische Waffen initiiert wurde, beunruhigte Israel und dessen Hauptverbündeten, die USA. Es war daher im Interesse der Israelis und der USA eine Situation hervorzurufen, die den Irak provozieren würde, indem er sich in der Öffentlichkeit äußerst unpopulär machen würde, so daß man gegen ihn militärisch vorgehen kann, um sein Militärpotential zu zerstören, damit die USA und Israel wieder die eindeutigen Herrscher in der Golfregion werden würden, da die Golfregion immerhin 66% der bekannten Weltölreserven besitzt.667 7.5 Die Behauptung, Husseins ABC-Arsenal sei eine Bedrohung für den Frieden Diese Behauptung ist eindeutig ein Teil einer Doppelmoral, die äußerst zynisch ist. Wenn die Bush Regierung behauptete, daß Saddams chemische, biologische und nukleare Waffen den Frieden bedrohen, ist man erst einmal verpflichtet festzustellen, wie der Irak in den Besitz diese Waffen gelangen konnte. Dies dürfte dann peinlich für die Bush Regierung und besonders George Bush werden. Denn diese sogenannten Massenvernichtungswaffen wurden praktisch ausschließlich von den Nationen an den Irak beliefert, die dann an der Koalition teilnahmen, um den Irak zu "entwaffnen." In Sachen hochwertiger und weniger hochwertiger Technologien waren zwei Staaten erheblich daran beteiligt, dem Irak Technologie zu besorgen, die auch für militärische Zwecke geeignet waren. In den Jahren 1984 bis 1989 lag die Bundesrepublik Deutschland an der Spitze dieser Lieferanten, knapp gefolgt von den Vereinigten Staaten von Amerika. Die BRD schickte hochwertige Technologie Produkte im Wert von knapp fünf Milliarden US 665 Darwish, Adel / Alexander, Gregory: Unholy Babylon - The Secret History of Saddam´s War. N.Y. 1991, S. 136. 666 Ebenda, S. 90 ff. 667 Manche Öl-Experten reden von 58% wenn es darum geht die Ölreserven des Mittleren Ostens festzulegen. - 248 - Dollar an den Irak. Die USA schafften es immerhin, 4,8 Milliarden US Dollar in Sachen Technologien an den Irak zu verkaufen.668 Der Irak wurde deswegen zum Großimporteur von Waffen. Von 1970 bis Ende der achtziger Jahre verschob sich der Waffenimport mehr und mehr auf die Franzosen. In der achtziger Dekade gab der Irak für solches Gerät mehr aus als die meisten großen Industrie und Rüstungsnationen in Westeuropa. Im Vergleich zu der Bundesrepublik, gab der Irak fast doppelt soviel aus wie die BRD. Nur Indien lag seit 1985 noch vor Saddam Husseins Irak betreffend Rüstungsimporte. Saddam Hussein lag d.h. weltweit an zweiter Stelle an Rüstungsimporten, noch vor Japan und Saudi-Arabien.669 Das schwere Kriegsgerät kaufte der Irak primär in der Sowjetunion ein, vor allem schwere Waffen wie z.B. Panzer, Hubschrauber, Kanonen, und (Kampf) Flugzeuge. Auch die Franzosen halfen zunehmend mit, die irakische Streitmacht auszustatten. Die USA schickten tonnenweise NATO Waffen und Geräte über die Rhein-Main Airbase in Frankfurt, nach Bagdad.670 Die Reagan und Bush Administrationen bedienten sich einer Methode mit der sie den Kongreß umgehen konnten: Sie erlaubten Waffen Verkäufe an den Irak durch Dritte. US Alliierte wurden im Mittleren Osten als Tarnfirmen benutzt, um US Waffen an den Irak zu verkaufen. Mit dieser Methode wurden US-Waffen in den Irak via Jordanien, Ägypten und Kuwait mit voller Billigung des Weißen Hauses geschickt. Durch den internationalen Waffenhändler Soghanalian wurden 60 Hughes Helikopter für $25 Million in den Irak geschickt. Die Franzosen konnten durch amerikanische diplomatische Manöver Artilleriegeschützen im Wert von $1,4 Milliarden an die Iraker verkaufen. Im Januar 1985 erhöhten sie die US Waffenlieferungen an den Irak drastisch. Amerikanische M- 60 Panzer, schwere Geschütze, Splitterbomben und Brückenmaterial wurden den Irakern verkauft (um die Iraner aus dem Hawral-Hammar Sümpfen, nördlich von Basra zu vertreiben). Am 26. August, 1985, berichtete die Hatsav (irakische Presse), daß 150 irakische Piloten durch US Luftwaffen Personal trainiert werden (in der türkischen Stadt Dierbakher). Im November 1985 genehmigte die US-Regierung den Verkauf von 45 214ST Helikoptern.671 Diese Helikopter wurden spezifisch für Militäreinsätze vorbereitet. Vom Januar 1985 bis zum August 1990 wurden durch die USA mehr als 770 Lizenzen an den Irak vergeben, die 668 Timmerman, Kenneth, R.: The Death Lobby - How the West armed Iraq, Bantam, London 1992, S. 525. 669 Leyendecker, Hans / Richelmann, Richard: Exporteure des Todes - Deutscher Rüstungsskandal in Nahost, Steidel Verl., Göttingen. 1990, S. 139-143. 670 Friedman, Alan: Spider´s Web - The Secret History of how the White House illegally armed Iraq. N.Y. 1993, S. 38 f. The Tower Commission Report - The full text of the President´s Special Review Board. N.Y. Times, N.Y. 1987, S. 414-427. 671 Bainerman, Joel: The Crimes of a President - New Revelations on Conspiracy & Cover-Up in the Bush & Reagan Administrations, S.p.i. Books, N.Y. 1992, S. 115-120. - 249 - fast alle ausschließlich für militärische Zwecke exportiert worden sind.672 Eine der Ironien des Golfkrieges war die Tatsache, daß die Amerikaner verzweifelt nach Scud-Raketen gesucht hatten, zu deren Entwicklung sie selber beigetragen hatten. Viele der Produkte und Technologien die den Irakern halfen, in ihrem Saad 16 Raketen Komplex Raketen herzustellen, waren nur möglich weil amerikanische Firmen diese unterstützten (mit Anweisungen aus dem Weißen Haus). Trotz der Tatsache, daß die USA den Missile Technologie Control Regime (MTCR) Vertrag zur Limitierung und Eliminierung von Mittelstreckenraketen unterzeichnet hatten, vergaben sie Lizenzen für den Transfer von US Raketen-Technologie, für den Saad 16 Raketen Komplex. Eine gewisser Babayan erwähnte, daß er für den CIA während einiger dieser Waffentransfers gearbeitet hatte. Er erklärte, daß trotz aller Restriktionen und Verbote, Saddam Hussein die besten militärischen Waffensysteme und Geräte bekommen konnte und 95% waren amerikanischen Ursprungs. In der US Zeitung In These Times, stellte er dann die rhetorische Frage: "Sie müssen sich fragen wie er [Saddam] all diese Barrieren umgehen konnte?" Seine Antwort lautete: "... Die CIA muß ihm geholfen haben. Ich weiß es, weil ich darin involviert war."673 Aber damit sollte noch nicht genug sein, fünf Jahre vor dem Golfkrieg (1990) vergab das US Commerce Department Lizenzen im Wert von $ 1,5 Milliarden, an den Irak, dabei handelte es sich um sensitives Material, vieles davon wurde in Saddams nuklearem Programm benutzt, um atomare Waffen bei Al-Atheer herzustellen. Im August 1989 luden das Pentagon und das Energieministerium drei irakische Wissenschaftler ein, um bei einer "Detonations Konferenz" teil zu nehmen. Diese Konferenz fand in Portland, Oregon statt bei der Experten aus der ganzen Welt anwesend waren. Die irakischen Wissenschaftler bekamen Informationen darüber, wie man Schockwellen produziert, über HMX, die hochexplosive Komponente für atomare Detonationen und über die Komponenten, die benötigt werden um A-Bomben zu zünden. Die Konferenz wurde durch die Gelder der US Steuerzahler finanziert. Zur selben Zeit wurde der Bush Administration immer wieder Warnungen über Saddam Husseins Ambitionen, ein Atomarsenal aufzubauen geschickt. Mit anderen Worten hatte die Bush Regierung das Atom-Waffenprogramm von Saddam Hussein nur ein Jahr zuvor unterstützt. Bushs Behauptungen, das irakische Atomprogramm bedrohe den Frieden im Nahen Osten, ist daher eine zynische Doppelmoral. Der Kongreßabgeordnete John Dingell (D-Michigan) hörte sich die Zeugenaussage von A. Bryan Siebert, Jr. an, der führende Experte des Energy Departments über die Verbreitung von nuklearen Waffen ist. Als dieser mit seinem 672 Ebenda, S. 121. - 250 - Assistenten Roger Heusser, an James Baker und andere US-Regierungsstellen schrieben, bekamen sie immer wieder die Antwort, das es nicht wirklich möglich wäre festzustellen, ob der Irak wirklich versuchen würde Atomwaffen zu produzieren.674 Die ganze Einstellung der Bush Administration diesem brisantem Thema gegenüber zeigt deutlich, daß die Bush Regierung nicht nur Saddam Husseins Nuklearprogramm unterstützten, sondern auch, daß sie anscheinend absichtlich den Irak dazu trieben, atomare Waffen zu produzieren, so daß die selbe Regierung die diesen Prozeß unterstützte, dann genau diesen Grund benutzen kann um den Irak anzugreifen. 7.6 George Bushs Saddam Hussein = Hitler Analogie George Bush hat Saddam Hussein absichtlich mit Hitler verglichen, um ihn zu dämonisieren. Dies war für die Bush Regierung sehr praktisch, denn gegen einen Hitler muß man entschieden und wenn nötig mit allen Mitteln vorgehen. Diese falsche Analogie hatte aber fatale Konsequenzen für die Härte der Kriegsführung und die Dauer des Krieges, für die Dimension der in Kauf genommenen Menschenopfer und die im Verlauf des Konflikts verschärften Kriegsziele - nach dem Muster einer "bedingungslosen Kapitulation" mit anschließenden Kriegsverbrecherprozessen der Sieger gegen die Besiegten. Es gibt Anzeichen, daß Präsident Bush von Anfang an auf eine militärische Auseinandersetzung mit Präsident Hussein hingearbeitet hat675, und daß die diplomatischen Aktivitäten bis hin zum 15. Januar, spätestens jedenfalls seit der Verdoppelung der amerikanischen Bodentruppenpräsenz in Saudi-Arabien im November 1990, lediglich dazu dienten, Zeit für den Aufmarsch und für die Festigung einer des amerikanischen Vorgehen ablenkenden Koalition zu gewinnen; schließlich auch dazu, ein Maximum an Legitimation für den präzedenzlosen Schritt, den Bush am 16./17. Januar 1991 tat, zu beschaffen. Präsident Bush hat die Gleichsetzung Hussein = Hitler sehr frühzeitig in seine Rhetorik aufgenommen. Weniger verwunderlich ist, daß die Boulevardpresse die Gelegenheit dankbar aufgriff, Hitler- Schlagzeilen zu vermarkten. In diesem Fall handelt es sich um den Versuch, den politischen und prospektiv militärischen Gegner aus der Völkergemeinschaft auszugrenzen, als "outcast" abzustempeln, den man dann leicht vogelfrei erklären kann. Es ist wohl unverkennbar, daß die Hitler-Formel, bereits im Vorfeld des Aufmarschs, jegliche seriöse Diskussion über die 673 In These Times, Oktober 9. 1990, zitiert in Bainerman, Joel: The Crimes of a President, N.Y. 1992, S. 127. 674 Bainerman, Joel: The Crimes of a President, N.Y. 1992, S. 128 f. 675 Der Spiegel, 5/1991, S. 153-162, Interview mit Pierre Salinger. Vgl. Woodward, Bob: The Commanders, New York 1991, S. 8 f. - 251 - Möglichkeit, mit Hussein zu verhandeln, zunichte machte. Des weiteren ist dies auch der einfachste Weg in den Krieg gegen Hussein zuziehen, denn gegen einen Hitler ist vieles erlaubt, was im Umgang mit irgendeinem politischen Gegner nicht so ohne weiteres akzeptiert würde. Daß die Saddam Hussein = Adolf Hitler Analogie falsch ist, beweisen definitiv die folgenden Fakten und Zahlen. Saddam Hussein war vor Anfang des Golfkriegs (1990), das Staatsoberhaupt von 17 Million Bürgern einer dritten-Welt Nation, die ein Bruttosozialprodukt halb so groß wie das Belgiens besitzen. Eine solche Person mit dem Führer einer modernen kapitalistischen Großmacht, die fast ganz Europa unterworfen hatte und nach der Weltmacht griff, in einem Krieg, der über 50 Millionen Menschen das Leben kostete, zu vergleichen, ist einfach lächerlich.676 Außerdem war Saddam von Anfang an abhängig von den industrialisierten Staaten, die es ihm es erst ermöglichten militärisch aufzurüsten, während Hitlers Deutschland in Sachen Aufrüstung von keinem anderen Staat abhängig war. Es ist überhaupt eine Verharmlosung der (NAZI) Geschichte wenn man Hitler mit Hussein vergleicht. Iraks Population von 17 Millionen kann man kaum mit Deutschlands 70 Millionen von damals vergleichen. Und das irakische Militär kann man nicht mit Hitlers Militärmaschine vergleichen, die eine der stärksten in der Welt, in den dreißiger Jahren war. Ferner kann sich der Irak, der zu über 95% von Ölexporten abhängig ist, nicht mit dem nationalsozialistischen Deutschland vergleichen, welches eine Industriemacht war, während der Irak vor dem Golfkrieg (1990), bestenfalls eine Regionalmacht war, mit einem dritte-Welt Status, die immer noch von Israel hätte zerstört werden können. Solche Analogien bagatellisieren den Holocaust und Hitlers Aggressionen in Europa. Es ist überhaupt eine maßlose Übertreibung betrieben worden, als in den Medien immer wieder zu hören war, daß der Irak die viert größte Armee der Welt hätte. Die Medien berichteten oft über die angeblich eine Millionen Mann starke Armee, die der Irak besitzen würde. Aber diese Darstellung bedarf einiger Aufklärung; in reinen Zahlen hatte der Irak vielleicht die viert größte Armee der Welt, aber in Effizienz und Kampfbereitschaft war sie wahrscheinlich Nummer zwanzig in der Welt677; es konnte kaum davon die Rede sein, daß diese Armee kriegesgetestet sei und daß sie den ganzen Golf 676 Bredthauer, Karl D. / Heinrich, A. / Naumann, Klaus (Hrsg.): Krieg für Frieden - Startschüsse für eine neue Weltordnung, Elefanten Press, Berlin 1991, S. 97 f., 101. Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, N.Y. 1991, S. 154 ff. Clark, Ramsey: The Fire This Time, N.Y. 1992. S. 31. Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, San Francisco. 1991, S. 104. 677 Khaled Bin, Sultan: Desert Warrior, HarperCollinsPublishers, London 1995, S. 311. - 252 - überrennen würde. Der Löwenanteil der irakischen Armee bestand aus einberufenen Dienstpflichtigen, also nicht Berufssoldaten, im Alter von 16 bis 42 Jahren, die keine tiefe Loyalität gegenüber dem Militär hatten. Die Prozentuale Anzahl derjenigen, die gut trainiert und ausgestattet waren, war sehr niedrig. Trotz der ganzen Medienberichte über Iraks militärische Stärke, schätzten Militär und Geheimdienstexperten die wirkliche Truppenanzahl der Iraker auf nur 300,000 Mann. Zum Vergleich: Hitlers Armeen waren mehrere Millionen Mann stark. Und kein Militärexperte im Westen glaubte, daß der Irak ein Militärmacht ersten Ranges war. Einige Journalisten waren skeptisch, als die irakische Armee, in den Medien, immer wieder als fast unbezwingbare Militärmacht dargestellt wurde.678 7.7 Die These der Bush Regierung, daß der Irak Saudi-Arabien angreifen würde Nachdem Saddam Hussein am 2. August in Kuwait einmarschiert war, wußte die Bush Regierung, daß sie um, einen Krieg gegen Saddam zu führen, Saudi-Arabien brauchte, um ihre Truppen und Kriegsmaschinerie dort zu stationieren. Es schien aber, als ob Saudi- Arabien nicht wirklich daran interessiert war, US-Truppen auf ihrem Territorium zu stationieren. Die Gründe dafür dürften klar sein; als islamisches Land und darüber hinaus als Beschützer der Heiligtümer der Islamischen Welt (die Kaba und Medina), wäre es äußerst peinlich für die Herrscher in Saudi-Arabien wenn sie amerikanischen Truppen Erlaubnis hierzu geben würden nichtmosleme und dazu auch noch Soldaten auf dem Saudi-Arabischen Boden zu stationieren. Die Bush Regierung setzte jetzt aber alles daran den saudischen Herrschern Angst einzujagen, indem sie erklärten, daß ein irakische Invasion Saudi Arabiens unmittelbar bevor stünde. Die größte Gefahr für die Bush Regierung bestand darin, daß die arabischen Staaten ein regionales Abkommen schließen würden, welches die Krise ohne Beteiligung der USA lösen würde. Durch den Druck auf Ägypten und andere Staaten und die nachhaltige Unterstützung der kuwaitischen Königsfamilie, konnten die USA diesen frühen Versuch einer friedlichen Lösung, schon im Ansatz zum Scheitern bringen. Mit der Behauptung Saddam Hussein beabsichtige auch noch in Saudi Arabien einzufallen, konnte der Welt und der eigenen Bevölkerung noch zusätzlich Angst eingejagt werden, um die Mission den Irak unbedingt zu stoppen noch dringlicher zu machen. Denn würde dies wirklich stimmen und Irak hätte auch Saudi Arabien okkupierrt, dann besäße Hussein mehr als 40% der Weltölreserven.679 In solcher einer Position würden selbst die USA es sich lieber 678 Yant, Martin: Desert Mirage - The True Story of the Gulf War, N.Y. 1991, S. 154 ff. 679 Khaled Bin, Sultan: Desert Warrior, HarperCollinsPublishers, London 1995, S. 12. - 253 - zweimal überlegen ob sie nicht mit dem Irak verhandeln sollten, da ein groß angelegter Krieg in einem Fiasko enden könnte, das drohe die saudischen Quellen größtenteils zu zerstören, bevor Saudi Arabien befreit sei. Was dann die Weltwirtschaft wahrscheinlich leicht in eine Rezession stürzen würde. Also spielte dieses Szenario deutlich in die Hände der Kriegsbefürworter um Bush, die nun preventiv durchblicken ließen, daß nur ein entscheidener Sieg gegen den Irak diese stets existierende Gefahr auch in Zukunft bannen könnte. König Fahd schickte Prinz Bandar nach Washington, weil Bush Fahd erzählte, es gäbe Satellitenfotos die bestätigten, daß Hussein Saudi-Arabien angreifen wollte. Zur selben Zeit befand sich der saudische Prinz Bandar aus Jiddah (Saudi-Arabien) in Washington, um sich die Satelliten Fotos anzuschauen. Um dem saudischem Prinzen zu zeigen, daß die USA es ernst meinte, zeigten Verteidigungsminister Dick Cheney und General Colin Powell Bandar 'geheime' Satellitenfotos um ihn zu überzeugen, daß eine von drei irakischen Divisionen sich durch Kuwait an die saudische Grenze bewegte. Powell erklärte ihm dann den 'geheimen' Operations-Plan 90-1002, der 100 000 bis 200 000 Truppen und drei Flugzeugträger beinhaltete. Berichten zu entnehmen, beeindruckte diese Erklärung Bandar. Bandar, der seit 1983 der saudische Botschafter in den USA war, teilte seinen Gesprächspartnern in Washington mit, daß König Fahd, nachdem er mit Saddam Hussein gesprochen hatte, dieser ihm mitgeteilt hätte, daß die Truppenbewegungen nahe an der saudischen Grenze eine Übung seien. Nach dem Prinz Bandar sein Treffen mit Powell, Schowcroft, und Cheney beendete, rief er König Fahd an; der Monarch fragte Berichten zufolge Bandar, ob er die Satellitenfotos mit seinen eigenen Augen gesehen hätte, und daß er mit den anderen und den Fotos nach Saudi Arabien kommen solle. Schwartzkopf begann nun den Operations Plan 90-1002 zu präsentieren, der aus zwei Teilen bestand. Der erste Teil beinhaltete ein Abschreckungsszenario und der zweite ein Kriegsszenario. Um die volle Abschreckungsmacht in der Region zu haben, die 200,000 bis 250,000 Truppen benötigt, würde das Militär vier Monate brauchen. Um die Iraker aus Kuwait zu vertreiben, würde man mindestens zwei Mal so lange brauchen, die nötigen Truppen und ihre Kriegsmaschine aufzustellen. Das folgende Treffen des Bush Team wurde vom bekannte Star-Journalist Bob Woodward beschrieben. Es sollte jedoch nicht als letztes Wort zu diesem Thema verstanden werden, sondern eher als einen kolportierten Bericht! Laut diesem traf sich das Bush Team, bestehend aus: dem Präsidenten, Powell, Cheney, Scowcroft, Baker, Quayle, Sununu, und Webster, um alleine die Situation am Golf zu besprechen. Präsident Bush sagte in dieser Konversation: - 254 - "My worry about the Saudis is that they´re going to be the ones who are going to bug out at the last minute and accept a puppet regime in Kuwait."680 Powell (Stabschef der Streitkräfte) machte sich Sorgen darüber, daß auch wenn die Iraker sich aus Kuwait zurückziehen würden, es dann einen "anderen Emir und eine andere Situation" geben würde, und daß der Status Quo in Kuwait und anderswo in der Region unweigerlich verändert wäre. Das Bush Team fing jetzt an, sich Geheimdienstberichten zu widmen. Diese Berichte zeigten anscheinend, daß unter den gegebenen Umständen (in der Vergangenheit) nach, König Fahd und seine hochrangigen Berater sich seriöse Gedanken machten, die Krise durch finanzielle Angebote an Saddam Hussein zu entschärfen. Das Bush Team entschied sich, gegen eine solche Lösung einer Entschärfung der Krise zu arbeiten. Die ganze Sache wurde noch dringender, als Bush einen Telefonanruf von Präsident Mubarak bekam, der ihm mitteilte, daß König Fahd sich gegen die Entsendung von Amerikanischen Truppen entschieden hatte.681 Präsident Bush rief nun König Fahd an, um ihm mitzuteilen, daß irakische Truppen sich massiv an der saudischen Grenze formierten, und daß er darauf reagieren müsse.682 Am 7. August berichtete der Pressesprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater: „We believe that there is a very imminent threat to Saudi Arabia from the way that they [Iraqi troops] are positioned and loacted in Kuwait.“683 In einer landesweit ausgestrahlten Fernsehenrede erklärte Bush am 8. August, daß er und Verteidigungsminister Cheney, nach Gesprächen mit König Fahd, beauftragt haben Maßnahmen zu erörtern, die man gemeinsam ergreifen könne. Nach diesem Treffen hat die saudische Regierung, laut Bush, um US Hilfe gebeten. König Fahd sagte dann auf freundliche Art, daß er einige amerikanische Hilfe für seine Luftwaffe brauche, aber daß er nicht die US-Armee benötige. Am selben Nachmittag (6. August) kam Prinz Bandar von Washington nach Jiddah, Saudi-Arabien zurück. Als er gelandet war, wurde ihm mitgeteilt, daß das saudische Verteidigungsministerium nach Bushs Warnung über einen bevorstehenden Angriff der Iraker, Spähtrupps nach Kuwait geschickte hatte, diese aber aussagten, daß es "keine Spur von irakischen Truppen gäbe, die sich in Richtung [saudisches] Königreich bewegten." Im Original bei Hiro steht hierzu: „... the saudi defense ministry had sent scouts into Kuwait, who had reportet that there was ´no trace of the Iraqi troops heading towards the [saudi] kingdom´.“684 Bandar antwortete hierzu, daß er die US Satelliten Bilder 680 Woodward, Bob: The Commanders, Star Books, New York 1991, S. 233. 681 New York Times, 4 March 1991, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm The Second Gulf War, Paladin, London, 1992, S. 110. 682 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm The Second Gulf War, Paladin, London, 1992, S. 110 f. 683 Rosenthal, Andrew: “Bush Sends U.S. Forces to Saudi Arabia as Kingdom Agrees to Confront Iraq,” New York Times, August 8, 1990, A 8. 684 Hiro, Dilip: Desert Sheild to Desert Storm - The Second Gulf War, Paladin, London, 1992, S. 111. Vgl. auch Woodward, Bob: The Commanders, Star Books, New York 1991. - 255 - gesehen hätte, die etwas gegensätzliches zeigten.685 Nun mußte man in Rhiyad zwischen Augenzeugen (der Spähtrupps) und Satellitenfotos entscheiden, welche wichtigere Beweise darstellen. Es schien alles von den 'geheimen Fotos' abzuhängen. Aber sogenannte Satellitenfotos sind auch keine eindeutigen Beweise. In der Vergangenheit wurden Satellitenfotos aus politischen Gründen oft verfälscht.686 So hatten die USA 1986 aus politischen Gründen Satellitenfotos verfälschte. Hierzu stand u.a.: "In short, we believe that a mix of factual and bogus information can be provided at this meeting [with the Iranians] which will satisfy them about our ´good faith`.“687 Bei diesem Treffen in Teheran, übertrieben gefälschte Satellitenfotos die Größe der Sowjetischen Militärstreitkräfte an der iranischen Grenze um bis zu 36 Divisionen!688 Mit der selben Methode wurden Satellitengeheimdienstfotos verändert, die dann dem Irak zugespielt wurden, damit diese Bilder entweder irreführend oder unvollständig waren. Außerdem können Satellitenfotos viel über materielle Gegenstände wie z.B. Panzer und Flugzeuge aussagen, aber nichts über Absichten der Panzermannschaft oder der Piloten! Das zufällige Verirren einer irakischen Patrouille in die schlecht markierte kuwaitisch- saudisch neutrale Zone, spielte Bush in die Hände. Als Bush warnte, daß Amerika auf einen Angriff auf Saudi-Arabien 'entschieden reagieren' würde, bestätigte Bagdad, daß es keine solche Pläne hätte.689 Des weiteren hatte der Irak mit Saudi-Arabien im März 1989 einen Nichtangriffsvertrag unterzeichnet.690 Gut einen Monat später, am 11. September, sollte Bush dem Kongreß eröffnen, daß 120 000 irakische Soldaten mit 850 Panzern "Kuwait überfallen [hätten] und [bis zum 5. August] nach Süden vorgedrungen [wären], um Saudi-Arabien zu bedrohen.691 Der U.S. New & World Report vom 20. Januar 1992 schreibt allerdings: In derselben Woche, in der Cheney die Saudis bearbeitete, um ihre Zustimmung zur Landung von US-Truppen zu ermöglichen, berichtete ein Mitarbeiter des US-Geheimdienst aus Kuwait, daß sich Truppen der Republikanischen Garden in Wirklichkeit aus dem Süden Kuwaits Richtung Irak zurückzögen. In dem Buch Triumph Without Victory des U.S. News & 685 Ebenda. 686 Towers, John / Muskie, Edmund / Scowcroft, Brent: The Tower Commission Report: The Full Text of the President´s Special Review Board, Bantam Books and Times Books, New York 1987, S. 417. Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, Paladin, London 1992, S. 121. 687 In These Times, 27 February – 19 March 1991, S. 7. 688 Ebenda. 689 In These Times, 26 September - 2 October 1990, S. 14, zitiert in Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, Paladin, London 1992. 690 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, London 1992, S. 114. 691 Ebenda, S. 111, 120. - 256 - World Report wird ein CENTCOM692-Befehlshaber mit den Worten zitiert: "We still have no hard evidence that he [Saddam Hussein] ever intended to invade Saudi Arabia,`."693 Die in Florida erscheinende St. Petersburg Times berichtete am 6. Januar 1991 von Fotos eines sowjetischen Nachrichtensatelliten, die zeigten, daß bis zum 8. August keine irakischen Truppen an der saudischen Grenze waren, dem Tag, als Bush den US-Einsatz ankündigte. Die Times beauftragte zwei Experten des Militärischen Geheimdienstes mit der Prüfung der Satellitenaufnahmen, darunter auch Fotos von geschätzten 250,000 irakischen Soldaten und 1500 Panzern in Kuwait. Einer der Experten war Professor Peter Zimmerman, ein Dozent der renommierten George Washington University, der unter Reagan für das Amt für Rüstungskontrolle und Abrüstung gearbeitet hatte. Der andere war ein früher für den Militärischen Geheimdienst tätiger Spezialist für Satellitenfotos. Diese qualifizierten Fachleute erklärten, daß das Fotomaterial die US-Angaben nicht stützten. Die Fotos vom 8. August zeigten leichte Sandverwehungen auf den von Kuwait-City zur saudischen Grenze führenden Straßen. Zimmerman sagte: "It certainly indicates that nobody´s been driving over them and that the [Iraqi] military hasn´t bothered to clear them for traffic." Die auf den Septemberfotos sichtbaren Sandverwehungen waren größer und höher. Sie hatten sich seit einem Monat ungestört aufbauen können, während zu diesem Zeitpunkt die Präsenz der 100 000 US-Soldaten in Saudi-Arabien klar war, sage Zimmerman: [W]e don´t see anything to indicate an Iraqi force in Kuwait of even 20 percent the size the administration claimed. … We didn´t find anything of that sort. We don´t see any tent cities, we don´t see congregations of tanks, we can´t see troop concentrations, and the main Kuwaiti airbase appears deserted. It´s five weeks after the invasion, and from what we can see, the Iraqi air force hasn´t flown a single fighter to the most strategic air base in Kuwait. There is no infrastructure to support large numbers of people. They have to use toilets … they have to have food … but where is it?694 Eine NSA Fotostudie zeigten jeden Quadratkilometer der Krisenzone695, und kam zum gleichen Urteil: `Für eine irakische Invasion Saudi-Arabiens sind sehr viel größere und tiefgreifendere militärische Operationen notwendig als die Landstreitkräfte Bagdads bislang durchgeführt haben. Die Hauptangriffsziele einer solchen Invasion wären die von der kuwaitischen Grenze etwa 300 Kilometer entfernt liegenden Häfen und Flugplätze in der Nähe Dharans (einem der wichtigsten Erdölzentren) sowie anschließend Riad, die Hauptstadt Saudi-Arabiens. In dieser Region befinden sich alle lebenswichtigen 692 Die Abkürzung steht für Central Command und bezieht sich auf die militärische Hauptschaltzentrale zur Durchführung des US Kriegs gegen den Irak. 693 Triumph Without Victory - The Unreported History of the Persian Gulf War, Time Books, Random House, New York 1992, S. 98. 694 Heller, Jean: “Public Doesn´t Get the Picture with Gulf Satellite Photos,” St. Petersburg Times, January 6, 1991, wiedergegeben in: In These Times, February 27 – March 19, 1991, S. 7. 695 Ebenda. - 257 - wirtschaftlichen Zentren. Ihre Eroberung würde Saudi-Arabien vom Golf abschneiden und die Ankunft amerikanischer Verstärkungen stark behindern.´696 Die sowjetischen Satellitenfotos wären Stoff für große Aufmacher in den Zeitungen gewesen. Sie zeigten, daß die US-Regierung schlicht gelogen hatte, um die 540,000 Soldaten für einen Angriff auf den Irak in Saudi-Arabien vor zubereiten. Die wichtigsten Zeitungen weigerten sich jedoch fast ausschließlich, darüber zu berichten. Erwähnt wurden die Fotos lediglich in einer kleinen Meldung von Newsweek am 3. Dezember (1990). ABC hätte die Fotos ursprünglich denselben Experten vorgelegt, sie aber so verwirrend gefunden, daß man sie nicht veröffentlichen wollte. Die Redakteure der St. Petersburg Times boten das Material dem Scripps-Howard News Service und Associated Press zweimal - an. Beide lehnten ab.697 Am 6. und 7. August 1990 geschah etwas unangenehmes für die US Führung, da sich jeweils 10 000 irakische Soldaten and die Grenze bzw. in den Irak zurückzogen. Gerade als dieser Rückzug anfängt, trifft der US Verteidigungsminister Dick Cheney in Begleitung von General Norman Schwarzkopf und drei Experten für Spionage und Nahostpolitik in Saudi-Arabien, am 6. August, ein. Diese Delegation hatte die Aufgabe, von Bush bekommen, mit welchen Mitteln auch immer die Saudis zu überzeugen, daß sie den „Schutz“ der USA dringend benötigten. Anders läßt sich ihr Vorgehen in Saudi Arabien wohl auch nicht erklären. „Mit Satellitenbildern erklärte Cheney König Fahd, daß 200 000 irakische Soldaten bereitstünden, um Saudi-Arabien anzugreifen. Cheney sage nichts über den äußerst bedeutsamen, bereits erfolgten Rückzug der kleinen Kontingente und dem Rückmarsch weiterer irakischer Einheiten von der saudischen Grenze. Er bat Fahd, US Militär nach Saudi-Arabien zu holen, ´um unsere Freunde zu schützen` und der König nickte zustimmend. Doch Kronprinz Abdallah wollte mehr über die Aufstellung der irakischen Truppen wissen, sowie den geplanten Einsatz der amerikanischen Soldaten nach ihrer Ankunft und die Bedingungen, unter denen sie das Land wieder verlassen würden. Cheney machte nur vage Angaben zu den Fragen von Prinz Abdallah. Anstatt sich direkt an ihn zu richten, hat er sich angeblich an Fahd gewandt und diesem mitgeteilt, mit großer Wahrscheinlichkeit wäre die irakische Invasion in Kuwait Teil eines Komplotts von Irak, Jemen und PLO, um die arabische Halbinsel zu destabilisieren und politisch zu spalten. Er fügte hinzu, daß es in diesem Moment keine Möglichkeit gäbe, den Vormarsch der Iraker auf Riyadh zu stoppen. Cheney setzte dann noch nach, man könne schwer feststellen, ob nicht auch König Hussein Teil 696 Salinger, Pierre / Laurent: Eric: Krieg am Golf, Hanser Verl., München / Wien 1991, S. 119. 697 In These Times, February 27 - March 19, 1991, S. 7. - 258 - dieses finsteren Spaltungsplanes sei.“ Diese scheinbar unglaubliche Geschichte hat der Autor Aburish von zwei ehemaligen US-Botschaftern in Saudi-Arabien erfahren, einem früheren Mitglied des Sicherheitsrates und einem abtrünnig gewordenen Mitglied des königlichen Hauses Saud.698 Um König Fahd zu erschrecken und gefügig zu machen, erzählte Cheney mit Verweis auf die Satellitenfotos, daß irakische Kampfflugzeuge mit chemischen Bomben beladen würden, und daß der Irak Bodenraketen in Kuwait in Position gebrachte hätte, die auf saudische Ziele zielen würden.699 Daß die gesamte Geschichte gegenüber den Saudis eine glatte Lüge war, wußte zumindest kein geringer als US Präsident George Bush, denn dieser wurde persönlich von Jordaniens König Hussein, darüber informiert, daß die Iraker sich zurückgezogen hatten. Diese brisante Nachricht wurde von diesem direkt nach Washington versandt.700 Im August berichtete ein streng geheimer CIA Report Präsident Bush: Irak würde nicht Saudi Arabien angreifen und das irakische Militär hätte für eine solche Eventualität keinen Plan. Außerdem bestätigten die US-Spähsatelliten exakt diese Information.701 Dies war eine bewußte Täuschung und Übertreibung der Tatbestände, um auch den US-Kongreß in die Irre zu führen. Die US KH-11 und KH-12 Spähsatelliten verifizierten dies.702 Einmal abgesehen von der ganzen Satellitenfoto Geschichte, war das Argument der Bush Regierung, daß Saddam Hussein Saudi-Arabien überfallen wollte, nicht gerade überzeugend. Denn wie Dilip Hiro schreibt, konnten Saddam Hussein und seine Berater wohl kaum übersehen, in welchem engen Verhältnis die USA mit Saudi Arabien aneinander gebunden waren. Selbst wenn Saddam Hussein den Nicht-Angriffs-Pakt vom März 1989 zwischen Irak und Saudi Arabien begraben wollte, mußte er Rücksicht auf die Carter Doktrin nehmen, die einen Angriff auf Saudi Arabien als einen direkten Angriff auf die USA ansahen. Denn: „Saddam Hussein . . . could not afford to overlook the Carter Doctrine of 1979, publicly adoped by the next US president Ronald Reagan, which included a tenet summarized by him in October 1982 thus: ´An attack on Saudi Arabia would be considered an attack on the United States.´“703 Außerdem wäre, wie ein saudischer Militärexperte bescheinigte Saddam Husseins Chance die östliche (und ölreiche Region) Saudi Arabiens zu überrennen nur von Erfolg gekrönt, wenn 698 Aburish, Said K.: Ölscheichs und Tyrannen – Der märschenhafte Aufstieg und Verfall des saudiarbischen Königshauses, Knauer Verl, München 1995, S. 261 f. 699 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 116. 700 Aburish, Said K.: Ölscheichs und Tyrannen, S. 262. 701 Coleman, John: Diplomacy by Deception, Bridger House Publications, NV 1993, S. 51. 702 Ebenda. - 259 - dieser gleich nach der Einnahme Kuwaits Saudi Arabien angegriffen hätte.704 Vor allem, weil die USA bis dato kaum ausreichend Militärgeräte und Truppen in Saudi Arabien hatten, um einen massiven Angriff der Iraker erfolgreich abzuwehren. Wenn der Irak aber eine solche Strategie verfolgt hätte, hätte er vor der Invasion Kuwaits in Bezug auf seine östliche Grenze bei dem Iran Rückendeckung gesucht, indem er dem Iran einen echten Frieden angeboten hätte. Da er dies erst ganze 13 Tage nach der Invasion tat, zeigt dies aus rein militärischer Sicht, daß er solche Absichten höchstwahrscheinlich nie gehabt hatte.705 Der Saudi-Arabische Kommandeur der Vereinten Streitkräfte während des Golfkriegs, General Khaled Bin Sultan, schreibt in seinem Buch Desert Warrior, über einen möglichen Angriff der Iraker auf Saudi-Arabien, kurz nach ihrer Besetzung von Kuwait. `I knew well enough that if Saddam moved – and if he were prepared to take heavy losses from air strikes – he could within days reach Jubail and the eastern oil fields. … ´August was the best time for him to attack before our friends had time to rally to our help but, on the ground, I know that I had little with which to stop him. . . . The country was in grave physical danger, . . . we faced the greatest danger from Saddam in those first three weeks of August, . . . But, in fact, by early September, it became evident that, whatever had been Saddam´s intentions, he could no longer realistically contemplate an attack on Saudi Arabia. . . . by mid-September, the threat of an Iraqi attack was rapidly fading . . . His posture had become defensive not offensive. Suicidally, he was digging in, in Kuwait.`706 Wenn Hussein also wirklich einen Angriff gegen Saudi-Arabien geplant hätte, dann hätte er diesen auch sicherlich in den besagten 3 Wochen im August durchgeführt und nicht kostbare Zeit verstreichen lassen, wie der saudische Oberkommandeur Khaled Bin Sultan schrieb. Alles lief statt dessen darauf hinaus, daß Saddam Hussein keinen Angriff gegen Saudi- Arabien plante, statt dessen gab es genügend Anzeichen, daß er sich in Kuwait so defensiv wie möglich positionierte, damit er einen möglichen Angriff der Amerikaner, der Israelis und dessen potentieller arabischen Koalition abwehren könnte. Die wichtigste ungeklärte Frage in diesem Zusammenhang blieb nach wie vor: Warum hat Hussein Saudi-Arabien nicht unmittelbar nach seinem Einmarsch in Kuwait angegriffen, als Saudi-Arabien völlig unvorbereitet auf solch einen Angriff ein relativ schwacher Gegner war? Alles deutet darauf hin, daß er nie beabsichtigte Saudi Arabien anzugreifen. 7.8 Die Abwendung von den Sanktionen 703 New York Times, 17 August 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 120. 704 Sultan, Bin Khaled / Seal, Patrick: Desert Warrior - A Personal View of the Gulf War by the Joint Forces Commander, HarperCollinsPublications, London 1995, S 12. 705 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 120. 706 Sultan, Bin Khaled / Seal, Patrick: Desert Warrior, London 1995, S. 11f.,16, 185, 195. - 260 - Da die Bush Regierung nicht an einer friedlichen Lösung der Golfkrise interessiert war, verwarf sie die Sanktionen, obwohl diese äußerst wirksam und erfolgversprechend waren. Maarten Smeets schrieb in dieser Hinsicht: „Iraq seemed to meet the ideal conditions and despite economists` general condidence that sanctions could work after one or two years, they were not given the time to work.“707 Die Autoren Ben Brown und Daivd Shukman bestätigten über das Embargo: „The most effective embargo of modern times was now in place, . . . “708 Auch die CIA bestätigte, daß die Sanktionen „äußerst erfolgreich“ waren. „Economic sanctions were hightly successful according to the first yardstick. The CIA estimated that as of December 1990 the sanctions cut off over ninety percent of Iraq`s imports and ninety-seven percent of its exports. `Many industries, ` the CIA indicated, `have largely shut down. Most importantly, the blockade had eliminated any hope Baghdad had of cashing in on higher oil prices or its seizure of Kuwaiti oil fields.`“709 Mohssen Massarrat schrieb über die Möglichkeit der Sanktionen. „Man stellte sich vor, die US-Regierung hätte sich, statt Krieg zu führen, auf die Alternative der ökonomischen Sanktionen gegen Saddam Hussein eingelassen. Die Staatengemeinschaft hätte dabei eine aktive Rolle übernommen und durch einen - zu diesem Zeitpunkt eher erreichbaren - tragfähigen Kompromiß in der Palästinafrage das irakische Regime in der arabisch- islamischen Welt auch politisch isoliert. Die Menschheit hätte nach ein, zwei oder drei Jahren zum ersten Mal in der Geschichte den Sieg einer Strategie der sanften Gewalt gegen eine Aggression beachtlichen Ausmaßes erleben und feiern dürfen. Man stelle sich vor, welch einen ungeahnten und kaum wiedergutzumachenden Schaden ein solcher Erfolg für den „militärisch-industriellen Komplex“ und dessen Philosophie nicht nur in den Vereinigten Staaten hervorgebracht hätte. . . . Nie zuvor hat es in der Geschichte einen derart breiten internationalen Konsens gegen die Aggression eines Staates gegeben wie gegen den Irak.“710 Die amerikanische Regierung hatte beabsichtigt, den UN Sicherheitsrat davon zu überzeugen, daß die Wirtschaftssanktionen nicht funktionieren würden. „Widersprüchliche Äußerungen im Regierungslager dazu störten sie offenbar nicht. So stellte z.B. der US- 707 Blumberg, Herbert H. / French, Christopher C. (Ed.): The Persian Gulf War - Views from the Social and Behavioral Sciences, University Press of America, Lanham / New York / London 1994, „Economic Sanctions Against Iraq“, von Maarten Smeets, S. 149. 708 Brown, Ben / Shukman, David: All Necessary Means - Inside the Gulf War, BBC Books, London 1991, S. 18. 709 Z Magazine, April 1991, S. 53, zitiert aus: Nelson-Pallmeyer, Jack: Brave New World Order, Orbis Books, Maryknoll New York 1993, S. 75. 710 Massarrat Mohssen: „Der Golfkrieg: Historische, politische, ökonomische und kulturelle Hintergründe“, in: Stein, George (Hrsg.): Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 23 f. - 261 - Verteidigungsminister Richard B. Cheney fest, daß das Embargo `clearly´, also eindeutig wirksam war `in closing off the spare parts and military supplies´, indem es den Zulauf von Ersatzteilen und militärischer Versorgung abschnitt. Der Vorsitzende der Vereinten Stabschefs, General Colin Powell, räumte einen `debilitating effect´, eine schwächende Wirkung auf das irakische Militär ein. Der CIA-Direktor William H. Webster erklärte gegenüber dem Verteidigungsausschuß des Abgeordnetenhauses, daß im Frühjahr 1991 wahrscheinlich nur noch Energie erzeugende und einige militärische Industrien voll funktionieren würden. Über die Behauptung der Bush-Administration die Wirtschaftssanktionen würden nicht wirken, schrieb Elmar Schmähling, daß diese Behauptung generell falsch ist und im Falle des Embargos gegen den Irak eine vorsätzliche Verdrehung oder Verheimlichung der Tatsachen war, denn dies haben eine Wissenschaftlerin und zwei Wissenschaftler in den USA nachgewiesen. Im November 1990 legten Gary Clyde Hufbauer, Jeffrey J. Schott und Kimberley Ann Elliott vom Institute for International Economics, eine Studie über die Effektivität der Sanktionen vor. In dieser Untersuchung wurden 115 Fälle von Ökonomiesanktionen, angefangen mit dem Ersten Weltkrieg, analysiert. In 34% der Fälle - so das Resultat - haben Embargos beigetragen, das jeweilige politische Ziel zu erreichen. „Gemessen an den Faktoren, die in der Vergangenheit Sanktionen erfolgreich gemacht haben, schätzten die Autoren die Wahrscheinlichkeit, daß die 1990 gegen den Irak verhängen Sanktionen wirken würden, mit nahezu 100 % ein. Der Grund dafür lag bei den enorm hohen Kosten des Embargos für den Irak mit 48 % des Bruttosozialprodukts (BSP). Im Durchschnitt der erfolgreichen Fälle waren nur 36 % des Außenhandels betroffen und der Verlust an BSP nur 3,8%. Die Sanktionen gegen den Irak erfaßten dagegen nahezu 100% der Handels und der internationalen Finanzbeziehungen. Wie lange hätte es voraussichtlich gedauert, bis das Embargo gegriffen hätte? Höchstens ein Jahr, rechneten die Wissenschaftler vor. In den historischen Erfolgsfällen, wo die volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf den sanktionierten Staate zwanzig mal geringer ausfielen, war der Effekt nach ein bis zwei Jahren eingetreten.“711 Am 10. Januar 1991 veröffentlichte der Außenminister Hollands der Zweiten Kammer eine „Notiz in Sachen des Embargos gegen den Irak“. Darin hieß es konkret, daß die Einfuhr des Irak auf 10% des Niveaus vor dem Embargo gesunken sei. Die Exporte, die zu ca. 98% aus Erdöl bestanden haben, sind fast völlig abgeschnitten. Der niederländische Außenminister 711 Schmähling, Elmar: „Moralische und rechtliche Aspekte des Golfkrieges und Konsequenzen für die Bundesrepublik Deutschland“, in: Nachgedanken zum Golfkrieg, S. 74. - 262 - kam zu dem Schluß, „daß die Wirtschaftssanktionen wirkten und ´einen beträchtlichen Effekt` hätten. Dem Vernehmen nach stützten sich die Aussagen der niederländischen Regierung auf amerikanische Geheimdienstinformationen.“712 Die Sanktionen waren von einer solchen rigorosen Beispiellosigkeit, daß sogar der amerikanische Kirchenrat diese „... als skrupellos brandmarkte.“713 Eggert schrieb hierüber: „Sogar in viel schlimmeren Fällen als diesem gab es nie Sanktionen auf Nahrungsmittel und medizinische Hilfsgüter.714 7.9 Die geplante Restaurierung Kuwaits Daß der Golfkrieg eine gut geplante amerikanische Initiative war, beweist auch die Tatsache, daß der Wiederaufbau Kuwaits schon vor dem Golfkrieg von der US Regierung eine geplante Sache war. George C. Andrew schrieb hierüber: A little known fact about the Gulf War is that one month before our Declaration of War on December 15th, 1990, Secretary of State, James Baker, signed the US Army report from the 352nd Civil Affairs Command on the New Kuwait. . . . This report describes in detail how extensively Kuwait will be destroyed, how the oil wells will be set on fire, and then how it will all be rebuilt ´better that before`, with despotism, instead of democracy, even more strongly entrenched than it had been before. The report included a list of US corporations who are to be assigned the profitable task of rebuilding Kuwait and extinguishing the oil well fires, as well as the Arab names they will be operating under.715 Es lagen also mindestens schon ein Monat vor der US Kriegserklärung gegen den Irak ausführliche Pläne vor, Kuwait von US Firmen wiederaufzubauen zu lassen. 8.0 Desasterdiplomatie Schon einem Monat nach dem Ende des Irak-Iran-Krieges, dem 1. Golfkrieg, strebte die Bush Regierung bessere Beziehungen mit dem Irak an. Dies wurde aktenkundig, als sich James Baker, als US Außenminister in einem geheimen Kabel am 12. Oktober 1989, an seinen irakischen Kollegen wand. In diesem Kabel an Aziz, dem irakischen Außenminister, ließ er diesen wissen, daß es die Bestrebung der Bush Regierung sei, breitere und tiefere Beziehungen anzustreben, die auf gegenseitigem Respekt basieren würden. Er teilte auch mit, 712 Ebenda, S. 74 f. 713 Eggert, Wolfgang: Israels Geheimvatikan, Bd. 3., beim propheten! Verl., München 2001, S. 359. 714 Ebenda. 715 Icke, David: . . . and the truth shall set you free - The most explosiv book of the 20th century, 2nd. ed., Bridge of Love Communications, 3rd rep., Cambrigde 1998, S. 346. Zitiert aus: Andrews, George C.: Extra-Terrestial Friends And Foes, IllumiNet Press, Liburn GA, 1993, S. 288. - 263 - daß dies eine direkte Botschaft des US Präsidenten sei und die USA nicht beabsichtigten den Irak zu schwächen or zu destabilisieren.716 Es zeigte sich schon relativ früh, daß dieses geheime Kabel kein „Ausrutscher“ des US Außenministers und des State Departments war. Da schon die wichtige damalige National Security Directive (NSD) spornte die USA indirekt dazu an, bessere Beziehungen zum Irak zu fördern. In erster Linie hatte dies mit dem Zugang zum Öl des Persischen Golfs zu tun. Die NSD #26 stammt vom 2. Oktober 1989 und legte die Prioritäten der US Außenpolitik fest. Darin hieß es u.a.: `Der Zugang zum Öl des Persischen Golfes und die Sicherheit von befreundeten Schlüsselstaaten in der Region sind entscheidend für die nationale Sicherheit der USA. Die Vereinigten Staaten sind bereit, ihre vitalen Interessen in der Region zu verteidigen, wenn notwendig und sinnvoll, auch mit militärischen Mitteln...´717 George Herbert Walker Bush, der US Präsident der USA, welcher auch den „Commander in Chief“ darstellt, den Kommandeur der US Streitkräfte, hatte sich schon sehr früh in der Golfkrise was seine Haltung betrifft, festgelegt. Ähnlich wie Hussein auf irakischer Seite steuerte, lenkte und manipulierte er die US Kriegspolitik mit einer kleinen Clique: Seinem Nationalen Sicherheitsberater Brent Scowcroft, Außenminister James A. Baker, Verteidigungsminister Dick Cheney, und wenn es nötig war, mit General Colin Powell, dem Chairmann of the joint Chiefs of staff. Laut Jean Smith wurde daher die wichtige National Security Council zu einem informellen „men´s club“ umgestaltet.718 Laut dem französichen Journalisten und Nahost Spezialisten, Eric Laurent, wurde die Entscheidung Saudi Arabien massiv zu verteidigen, was darauf hinaus lief den Irak entscheident anzugreifen, von Bush schon am 3. August getroffen. „Zur entscheidenden Wende kam es am 3. August 1990, ... Bandar bin Sultan [der saudische Außenminister] erhielt einen Anruf von Prädsident Bush, der ihn für den Nachmittag ins Pentagon einlud. Verteidigungsminister Dick Cheney erwartete ihn gemeimsam mit Generalstabchef Colin Powell. Sie schlossen sich im so genannten ´Panzer` ein, einem bewachtem, abhörsichern Raum.“ Cheney meinte Saddam Hussein könnte versuchen, die Ölquellen im Osten Saudi Arabiens zu erobern. Dann übergab er Bandar einen wenige Stunden zuvor ausgearbeiteten Plan zur Verteidigung Saudi Arabiens. Dieser sah die Sationierung von Schiffen, Luftstreiktkräften und Bodenstruppen der USA vor. Insgesamt 700 Flugzeuge, mehere 716 Message from the Secretary to Tariq Aziz, 0 2120512 OCT 89 ZFF6, FM SECSTATE WASHDC TO AMEMBASSY BAGHDAD IMMEDIATE. 717 The White House: National Security Directive 26, 2.10.1989, zitiert in: Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, DVA Verl., Stuttgart / München 2003, S. 29. 718 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt and Company, 1.st Ed., New York 1992, S. 2. - 264 - Dutzend Schiffe und 140 000 Soldaten. Bandar bekam die Aufgabe, sich sobald wie möglich an seinen Onkel, den saudischen König, zu wenden.719 Bob Woodward kolportierte diesbezüglich, daß schon am 4. August 1990 Bush sich mit seinen Beratern traff, um eine Lagebesprechung auf hoher Ebene zu arrangieren. Erneut sie darauf hingewiesen, daß diese Version der Kolportierung nicht unbedingt völlig authentisch seien muß. „On an overcast saturday morning, August 4, Cheney, Powell, Wolfowitz, Schwarzkopf and serveral of his top commanders flew to Camp David. Cheney was comfortable with operations plan 90-1002. It was the only one they had and he did not want to reinvent the wheel in the midst of a crisis. They all went into the retreat´s big lodge, with its modern conference room. Bush, Qualye, Cheney, Sununu, Webster and Wolfwitz sat on one side. . . . On the other side were Baker, Scowcroft, Powell, Schwarzkopf, Fitzwater and Richard Haass.”720 Auf dieser Konferenz wurden die militärischen Möglichkeiten überprüft, während Sununu die irakischen Erwartungen erläuterte: „There are three things the Iraqis want from a puppet government,“ ... . „One, the assets; two, debt forgiveness; three, control of oil.“ “Schwarzkopf corrected him slighty, saying that the conditions before the invasion boiled down to: adjustments of the Iraq-Kuwait border in favor of Iraq, debt forgiveness, payment of $4 billion and control of two tiny Kuwaiti-controlled islands, Warba and Bubiyan, at the northwest corner of the Gulf. Saddam wanted the unihabited islands because they blocked Iraqi access to the Gulf.”721 Laut Woodward soll Schwarzkopf bei dieser Konferenz gesagt haben, daß selbst wenn sich die Iraker zurückziehen, sie ihre Spezialeinheiten in Zivilkleidung zurück lassen könnten. Daraufhin sagte Powell, daß bei einem kompletten Rückzug die Situation danach anderes wäre, da nun ein anderer Emir und eine andere Situation entstehen würden, da der Status Quo in Kuwait und der ganzen Region für immer verändert seien würde. Hierzu erwähnte Scowcroft all dies sei so ausgetragen, daß es für die Arabische Liga attraktiv erscheint; diese Organisation wäre auch bekannt für ihre Einigkeitsbestrebungen, die nach Außen gezeigt werden. Kuwait sei außerdem nicht populär unter den Arabern, sagte nochmals Scowcroft. Woodward nun im Original: ”`That´s why our defense of Saudi Arabia has to be our focus,` Bush finally said. Powell was delighted that the President seemed to agree with him, but he was still uncertain about what Bush might decide.” 719 Laurent, Eric: Die Kriege der Familie Bush – Die wahren Hintergründe des Irak-Konflikts, S. Fischer Verl., 5. Aufl., Frankfurt am Main 2003, S. 89 ff. 720 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, New York, London, Toronto, Sydney, Tokyo, Singapore, July 1992, S. 228. 721 Ebenda, S. 233 f. - 265 - Nun folgte ein weiteres “Treffen” von nur 8 maßgebenden Entscheidungsträger, dieses jedoch sozusagen hinter verschlossenen Türen. Woodward berichtet über jenes „Treffen“: The meeting was adjourned, but the top officials—Bush, Quayle, Sununu, Baker, Scowcroft, Cheney, Powell, Webster—were asked to stay behind for a ´principals only` get-together. In this smaller group, some very sensitive intelligence on the Saudis was presented. … The intelligence report showed that the Saudi leaders were getting cold feet, and as had so often happended in the past, it appeared they were giving some consideration to buying their way out of the threat by offering billions of dollars from their oil revenue to Saddam. The Saudis had been willing to pay blackmail before. Among those gathered, there was a pessimism about the Arabs in general. Everyone heaped blame (sic) on them.722 Bush wollte nun den Druck auf Saudi Arabien erhöhen, um US Truppen dort stationieren zu können. „Bush told told the king that Saddam was piling up forces near the king´s border. The Saudis had to act.”723 “The President outlined the mission verbally. Get the king to agree to accept U.S. forces, he said, get that invitation, persuade him.”724 Noch am 4. August telefoniert Bush daher mit König Fahd, dem saudischen König und soll laut Eric Laurent folgendes zum König gesagt haben: ´Mäjestet, Sie müssen wissen, dass Saddam Hussein es nicht bei Kuweit belassen wird. Wir stehen an Ihrer Seit.`725 Am 6. August 1990 übernahm George Bush die Kontrolle über die Außenpolitik der USA, in dem er tonangebende und richtungsweisende Direktiven erließ. Ohne jedliche Vorwarnung machte er eine folgenschwere öffentliche Aussage über den Fernsehsender CNN. General Powell bekam alles über das Fernsehen mit, da er oft nicht zu den „top officials“ gehörte, die alleine mit Bush über die Kriegspolitik der USA berieten und entschieden. Am Nachmittag des besagten Tages wurde Bush, als er aus Camp David zurück kam auf dem Rasen des Weißen Hauses, zur aktuellen Sachlage von Reportern befragt. Der Präsident kommentierte die diplomatischen Aktivitäten, die mit Führern aus Japan, BRD, Frankreich, Kanada und der Türkei unternommen wurden. Dabei stellte er die Positionen dieser Staaten so da als ob es keine andere Lösung gebe, als den bedingungslosen Rückzug der Iraker aus Kuwait: `What´s emerging is nobody seems to be showing up as willing to accept anything less than total withdrawal from Kuwait of Iraqi forces, and no puppet regime, the President said.` `Are you going to move militarily?` he was asked by one reporter. 722 Ebenda, S. 234 f. 723 Ebenda, S. 235 f. 724 Ebenda, S. 241. 725 Laurent, Eric: Die Kriege der Familie Bush – Die wahren Hintergründe des Irak-Konflikts, S. Fischer Verl., 5. Aufl., Frankfurt am Main 2003, S. 91. - 266 - `I will not discuss with you what my options are or might be, but they´re wide open, I can assure you of that.´ Bush was clearly angered. `Iraq lied once again. they said they were going to start moving out today, and we have no evidence of their moving out.` When he was pressed by the reporters, Bush snapped, `Just wait. Watch and learn.` Waving his finger, growing visibly hot, he said, `I view very seriously our determination to reverse out this aggression… . This will not stand. This will not stand, this aggression against Kuwait.´726 Für Powell kam diese emotionale Aussage äußerst überraschend! Woodward zitiert ihn folgend: „`Uh-oh!` Powell said to himself. The President had now clearly, categorically, set a new goal, not only to deter an attack on Saudi Arabia and defend Saudi Arabia but to reverse the invasion of Kuwait. Powell was stunned. He had not been consulted. He had not spoken with Bush since the Camp David meeting the previous morning.”727 Dieses neue Ziel bedeutete für Powell eine große Herausforderung, da er als Oberkommandeur für die US Truppen (nach Saudi Arabien) verantwortlich war. Powell behauptete nicht viel später über Bush nach dieser Aussage: „... it was as if the president had six-shooters and was blazing away.“728 Nun hatte der US Präsident offiziell erklärt, daß nicht nur die Verteidingung Saudi Arabiens (durch Abschreckung!) wichtig war, sondern auch noch die Umkehrung der irakischen Invasion ein definitives Kriegsziel der Administration geworden war. Hiermit erteilte Bush der Diplomatie eine klare Absage, da er schon gerade einmal 4 Tage nach der Invasion öffentlich und offiziel die Umkehrung, sprich Vertreibung der Iraker aus Kuwait, zum Ziel seiner Politik gemacht hatte. Es wurde mit zunehmender Zeit auch immer klarer, daß diese Vertreibung auf einen US Krieg mit dem Irak hinauslaufen würde. Auch die ökonomischen Sanktionen verwarf Bush nicht viel später, Anfang Oktober 1990, als unbrauchbar und stellte die US Adminstration somit klar auf eine Konfrontationspolitik gegenüber Saddam Husseins Irak ein. Powell war wie die meisten US-Militärs, die sich zu Wort gemeldet hatten, vorsichtig gewesen was den Einsatz von US Truppen betraf. Der Vietnamkrieg hatte diesbezüglich seine Spuren bei den US Militärs hinterlassen und jene wollten für einen desaströsen Krieg keine Verantwortung übernehmen, schon gar nicht wie in jenem Vietnamkrieg, der primär von US Politikern dirigiert wurde. Hochrangige US Militärs wie Schwarzkopf, Powell und Admiral Crowe plädierten daher für eine diplomatische, ökonomische Sanktionslösung, statt auf die militärische Alternative zu setzen.729 726 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, New York, London, Toronto, Sydney, Tokyo, Singapore, July 1992, S. 242. 727 Ebenda. 728 Ebenda, S. 243. 729 Ebenda, S. xv-xviii, S. 1-9. - 267 - Anfang Oktober 1990, laut Woodward an einem Freitag, bat Cheney Powell, sich mit Präsident Bush zu treffen, um die Sachlage zu besprechen. Powell wußte dies zu schätzen, da dieses Treffen nur für die Hauptkabinettsmitglieder, die sogenannten „big guys“ wie Powell sie nannte, reserviert waren. Powell wurde von Bush nach seiner Einschätzung über die Kuwait-Krise befragt, und er artikulierte sich deutlich: `There is a case here for containment or strangulation policy,...` `If you do not want to make more military investment, here is the alternative.` The force level associated with containment, the Chairman said, was what they would reach by December 1, about 230 000 troops. Saddam would be fully boxed in. Containment would grind him down. `This is an option which has merit,´he said. `It will work some day. It may take a year, it may take two years, but it will work some day.´ He tried to speak as an advocate, adopt the tone of an advocate, support it with his body language… In military terms, Powell said he could live with either containment or an offensive option. The others, Cheney and Scowcroft, had a few questions. No one, including the President, embraced containment. If only one of them had, Powell was prepared to say that he favored it. But no one tried to pin him down. No one asked him for his overall opinion… `Where do you want to go, Mr. President?` Powell finally asked. `As each week goes by, I am doing more. There are more and more troops going in.` `I don´t think there´s time politically for that strategy,` Bush said, referring to containment. Powell took this to mean that the President hadn´t made up his mind completely. He felt that the President had not yet fully shot down containment. Afterwards, Powell said his conscience was clear. He had presented the military implications of each choice. There was only so much he could do.730 Am 27. November 1990 sondierte Powell die Sachlage zur Golfkrise mit dem pensionierten Admiral William J. Crowe Jr., ehemaliger „Chairman of the joints Chiefs of staff“, der also Powells Stelle einst inne hatte. Crowe fragte Powell warum die Bush Administration keine Gedult walten ließ! Alle schienen so ungeduldig zu seien. Mit Gedult hatten die USA immerhin den größten Sieg über die Sowjetunion errungen und zugleich den Kalten Krieg beendet. „Warum können wir nicht in langer Hinsicht denken?“, fragte er Powell. Ferner gab er zu bedenken, daß ein Krieg im Mittleren Osten – das Töten von tausenden von Arabern, aus welchem noblen Grund auch immer, die USA in der Region für lange Zeit zurückwerfen würde. Und falls es zu einem Krieg käme ist noch nicht einmal etwas über US Verluste gesagt worden. Crowe wollte Cheneys Position bezüglich der Krise wissen, worauf Powell nur antworten konnte, daß dieser sich sehr rar gemacht habe.731 730 Ebenda, S. 7 ff. 731 Ebenda, S. 1-4. - 268 - Jean Smith schilderte die Lage, die während der gesamten Golfkrise, vom 2. August 1990 bis 15. Januar 1991, herrschte. Die Exekutive in der Form von Präsident George Bush und ein paar wenigen, zuvor erwähnten, hochrangigen Politkern, übernahmen die Kontrolle über die US Außenpolitik soweit es möglich war. Weder die Legislative (der Kongreß) noch der Gerichtshof (Judiciary) wurden von der Exekutive umgehend und gewissenhaft berücksichtigt. Das US System der „checks and balances“ konnte seine Funktion überhaupt nicht erfüllen, wie es die Verfasser der US Verfassung (founding fathers) geplant hatten. Auch die sog. 4 Macht (Instanz) die „freien“ Medien (Presse) wurde vom Weißen Haus, der Exekutive dermaßen beeinflußt, manipuliert und gefördert, daß von einer unabhängigen Presse nicht mehr die Rede seien konnte. In dieser Situation glich Präsident Bush bestenfalls einem Monarchen, der fast im Alleingang, so gut wie ohne Berater, die US Außenpolitik im Bezug auf die Golfkrise bestimmte. Im schlimmsten Fall war dieser aber eher als Diktator zu sehen, der ähnlich wie Saddam Hussein, alleine Anweisungen gab die befolgt werden mußten, mit dem einzigen Unterschied, daß er nicht Herrscher über Leben und Tod seiner eigenen Bürger war. Auch in diese Fall nahm Präsident Bush für sich Rechte in Anspruch, die ihm nicht zustanden. Schon im August 1990 sagte er: „I have an obligation as president to conduct the foreign policy of this country the way I see fit,...“732 Während einer Wahlveranstaltung bestand Bush darauf, daß er Feindseligkeiten alleine und unilateral beginnen könne.733 Smith schrieb über Bushs Exekutive Aneignung über die anderen Staatsorgane, daß dies ein Rückfall in die Zeiten der englischen Krone darstelle, also in eine Zeit als die USA noch keine unabhängige Nation waren und als britische Kolonie galten. „Bush´s assertion of arbitrary presidential power is ... . unsupported in usage, precedent, or the text of the constitution. George III may have enjoyed the power of determining war or peace. George Bush does not.”734 Genau so bedenklich war die praktische Ergreifung der Staatsmacht in der Außenpolitik von Bush während der Golfkrise. Als Bush seine tonangebene Aussage am 4. August 1990 über die Umkehrung der irakischen Invasion machte, war, wie erwähnt, weder der Kongreß konsultiert, noch das State Department informiert worden und das Militär nicht vorbereitet gewesen. Sogar die engsten Mitarbeiter wurden von dieser wichtigen Aussage überrascht! 732 Arthur Schlesinger Jr. „Iraq, War and the Constitution“, Wall Street Journal November 12. 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 4. 733 Exchange with Reporters, San Francisco, California, October 29, 1990. “History is replete with examples where the president has had to take action. And I´ve done this in the past [Panama] and certainly … would have no hesitancy at all.” Weekly Compilation of presidential Documents, 1990, p. 1701, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 4. 734 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt & Comp., New York 1992, S. 4. - 269 - Es hatte keine Treffen beim Nationalen Sicherheitsrat gegeben (National Security Council) noch gab es eine Debatte.735 Smith beschrieb die rücksichtslose Politik, die Präsident Bush betrieb akkurat: “Bush´s certitude provided resolute direction for American policy. When some sought compromise, Bush held firm. When some sought delay, Bush pressed ahead. When some cautioned restraint, the president went all out. No deals, no negotiations, no face-saving exit. Iraq must withdraw from Kuwait, and Saddam Hussein must be humiliated. Bush personalized the crisis.”736 Beispielhaft für dieses Vorgehen, die letztendlich im Krieg mit dem Irak endete, war die von den Massenmedien viel gelobte “Friedenskonferenz” vom 30 November, bei der der irakische Außenminister Tarik Aziz nach Washington eingeladen wurde und Baker nach Bagdad geschickt wurde. Wie erwähnt, schadete diese Entscheidung von Präsident Bush den diplomatischen Anstrengungen enorm, da bis dato ein gewisser Druck auf Bagdad gelastet hatte, die Krise zu lösen. Nun aber schien es aber als ob die US Regierung im „Verhandlungspoker“ letztendlich doch nachgegeben hätte. Auch der bisher präzedenzlose Fall, die US Marine am 12. August 1990 zu beordern, irakische Schiffe auf hoher See zu stoppen war aus dem gleichen Holz geschnitzt. Es beunruhigte die Russen und Franzosen dermaßen, daß 2 Wochen intensiver Diplomatie benötigt wurden um die Sache zu bereinigen. Ein Weißer Haus Mitarbeiter meinte sogar diese Aktion an sich hätte fast einen Krieg ausgelöst.737 Da diese „disaster Diplomatie“ nicht mit Ignoranz, Unkenntnis oder gar Dummheit erklärt werden kann zitiert John Stockwell US Admiral Eugene Carroll Jr. vom Center for Defense Information. Dieser sagte aus, daß die USA es mit keiner echten „Krise“ am Golf zu tun hätten, da sie selbst diese „Krise“ inszenierten, um einen Kriegsgrund zu besitzen: „Admiral Eugene Carroll Jr. of the Center for Defense Information observes that the U.S. is not in fact dealing with a ´crisis` in the Persian Gulf. Rather, Admiral Carroll notes, the White House has engineered a casus belli, a situation regarded as justifying war.”738 Nachdem die US-Botschafterin April Glaspie in ihrem folgenschweren Gespräch mit Saddam Hussein diesem grünes Licht für eine Invasion Kuwaits gegeben hatte, (Glaspie hatte sich schon zuvor auch mit geheimdienstlichen Beauftragungen des State Departments beschäftigt), trat sie am 1. August 1990, am Vorabend der Invasion ihren „Urlaub“ an. Just an diesem Tag 735 Ebenda, S. 6. 736 Ebenda, S. 1. 737 Ebenda, S. 6. - 270 - traf sich US-Außenminister James Baker III. mit seinem russischen Kollegen Eduard Schewardnadse am Baikalsee zum Angeln, wie es nach offizieller Verlautbarung hieß, um das nächste Gipfeltreffen zwischen Bush und Gorbatschow vorzubereiten. In Wirklichkeit handelte es sich aber keinesfalls um das Angeln, sondern es ging darum, einen ausgeheckten Plan zu verwirklichen, es war also quasi ein Treffen in letzter Minute, um den Stand der Dinge noch ein Mal zu erörtern. „Zwischen Baker und Schwardnadse gab es an diesem 1. August 1990 nur ein einziges Thema: die bevorstehende Invasion Kuwaits durch den einstigen Verbündeten der Sowjetunion und das neue „Design“ des Nahen und Mittleren Osten im Rahmen einer „Neuen Weltordnung“. Baker führte in seinem Gepäck sämtliche Analysen und NSA-Berichte über die auf Hochtouren laufenden Vorbereitungen der Okkupation mit, während Schewardnadse seinem Kollegen mit den jüngsten Informationen der KGB-Station in Bagdad diente. Desgleichen war CIA-Chef William Webster in Washington über den kontrollierten Gang der Dinge völlig auf dem laufenden.“739 Somit war George Bush bestens auf die Invasion vorbereitet, in diesem Sinne ist wohl auch sein schon zuvor erwähnter aufschlußreicher Kommentar zu bewerten, daß die CIA ihn keinesfalls habe hängen lassen. Denn Bush war daher nicht nur über den Tag X der Invasion informiert gewesen, sondern sämtliche strategische Optionen für diesen Fall lagen bereits auf seinem „Tisch“ und waren schon bis ins Detail ausgearbeitet.740 In dieser Hinsicht ist wohl auch Oberkommandeur Schwarzkopfs Äußerung nach der irakischen Invasion Kuwaits zu verstehen, als er durch einem Kollegen am Telefon mitgeteilte bekam, die Iraker hätten so eben Kuwait überfallen, daß er über die Invasion Saddams nicht überrascht sei. Daß die Russen sich an dem Golfkriegkomplott beteiligt hatten, bewies zumindest indirekt die Tatsache, daß nicht nur April Glaspie Saddam Hussein versicherte, die USA würden nicht eingreifen, wenn der Irak Kuwait überfallen würde. Auch ein wichtiger russischer militärischer Stratege, General A. Makashov besuchte den Irak, um Saddam Hussein als „Verbündetem“ mitzuteilen, daß er bei einer irakischen Invasion Kuwaits nichts zu befürchten hätte.741 738 Stockwell, John: The Praetorian Guard – The U.S. Role in the New World Order, South End Press, Boston 1991, S. 13. 739 Garcia, Rogelio Lupo / Herrera, Pablo / Lopez, Luis Ignacio / MacLiman, Adrian / Perona, Juan José: Las Tramas secretas de la Guerra del Golfo, Pepa Badell, Segunda Edicion, Barcelona 1991, S. 126 ff., zitiert in: Carmin, E. R.: Das Schwarze Reich - Geheimgesellschaften und Politik im 20. Jahrhundert, München 1997, S. 510. 740 Ebenda, S. 510. 741 Haque, Haseeb A. / Shah, M. Javed / Ahmad, Suhir A.: Target Islam, Quranic Open University, Inc. U.S.A. & Pakistan Foundation for Strategic Studies Islamabad, Zavia Books, Lahore 1994, S. 33. - 271 - Schon aber bevor es zur Invasion Kuwaits kam, hatte sich die US Regierung massiv in die Politik des Mittleren Ostens eingemischt. Diese Einmischung hatte sichtbar dazu beigetragen, daß die Lage am Golf eskalieren sollte. Denn laut Yasser Arafat, gab es vernünftige Bemühungen, die Golfkrise zwischen dem Irak und Kuwait zu beenden, um den Frieden in der Region wiederherzustellen. Aber Washington, so Arafat, mischte sich in die Angelegenheit im Mai 1990 ein und brachte eine friedliche Lösung des Konflikt absichtlich zum Scheitern, nachdem Saddam Hussein und die Kuwaitis sich bereit erklärt hatten, eine „akzeptable Grenze mit Kuwait“ zu vereinbaren. Araft berichtete deshalb: „The US was encouraging Kuwait not to offer any compromise, . . . which meant there could be no negotiated solution to avoid the Gulf crisis.“ Laut Arafat versprachen die USA, Kuwait gegen einen irakischen Angriff zu verteidigen.742 Nachdem Saddam Hussein erkannt hatte, daß er sich in ein Dilemma hineinmanövriert hatte machte er seriöse Angebote um die Krise zu sofort zu beseitigen. Zwischen dem 10. und 19. August machte er gegenüber der UNO, als Vermittlungsorganisation 3 Vorgschläge zum Rückzug aus Kuwait, die jedoch von den USA ignoriert wurden.743 Er erklärte sich zu einem sofortigem Abzug aus Kuwait bereit, wenn das Rumalia-Ölfeld unter irakische Kontrolle käme. Um endlich den ersehnten Ausgang zum Meer zu erhalten, avisierte Bagdad ferner eine auf mindestens 99 Jahre terminierte Pacht von zwei unbewohnten kuwaitischen Sandinseln. Diese Verhandlungsofferte wurde ´“der New York Times´ vorgelegt, aber unterdrückt, wie sie später einräumten. Es wurde dann von einer New Yorker Vorstadtzeitung sehr gut aufgemacht veröffentlicht, was die ´New York Times´ zumindest dazu trieb, seine Existenz zuzugeben, da es ja bereits an jedem New Yorker Zeitungsstand auftauchte.“ Bei der Vorstandzeitung handelte es sich um Newsday aus Long Island. „Das Angebot wurde von einem US-Beamten überreicht, weshalb es keinen Grund gibt, seine Authentizität anzuzweifeln.“744 Der Chefkorrespondent der New York Times, Thomas Friedman, berichtete demzufolge am 22. August 1990, daß „die U.S.A. die Diplomatie `blockieren wollten, weil diese die Krise entschärfen könnte, auf Kosten einiger geringfügigen Vorteile für den Irak.`“ In der New York Times vom 22. August 1990 stand wörtlich: „… the U.S. wanted to ´block the diplomatic track because it might defuse the crisis at the cost of a few token gains for Iraq.`“745 Diese irakischen Vorteile wurden in der New York Times als ´eine kuwaitische Insel oder geringfügige Grenzanpassungen` angegeben. 742 Christian Science Monitor, February 5, 1991, S. 1, zitiert in: Blum, William: Killing Hope, Common Courage Press, Maine 1995, S. 323. 743 Zunneck, Karl-Heinz: Countdown zum 3. Weltkrieg?, Kopp Verl., Rottenburg 2003, S. 201 f. 744 Eggert, Wolfgang: Israels..., Bd.3, München 2001, S. 360. - 272 - „... at the cost of ´a few token gains in Kuwait` for the Iraqi dictator, perhaps ´a Kuwaiti island or minor border adjustments`“.746 Um eine wirklich effektive Blockade der Diplomatie in Gang zu setzen, ermutigte die US-Regierung insgeheim Kuwait, keine Lösung ihrer Dispute mit dem Irak anzustreben. „...the U.S. government had been secretly encouraging Kuwait not to settle its disputes with Iraq.“ Zu etwa dieser Zeit machte der Irak ein Angebot, die Krise durch Verhandlungen zu lösen.747 Um die Atmosphäre zwischen den beiden Staaten auf den diplomatischen Nullpunkt zu bringen, verwies Washington am 27. August 1990, 36 der 55 irakischen Diplomaten des Landes und schränkte die Bewegungsfreiheit der restlichen ein. Dies war eine klare Antwort der US Regierung, auf die ausgestreckten Friedensfühler aus Bagdad.748 „Noch am gleichen Tag nannte Patrick Buchanan den eigentlichen Absender dieser kompromißlosen Kriegsfraktion in den USA. Er sprach von ´den Rockefellers` als den `Krieg-Jetzt-Forderern` und ferner von ´Abe Rosenthal, er wünscht sich, den Irak zu kastrieren und Saddams Regime zu ermorden, Richard Perle, der einen sofortigen Schlag gegen den Irak wünscht, Henry Kissinger, der eine chirurgische und schnell fortschreitende Zerstörung Iraks wünscht, Charles Krauthammer, der sich einen Morgenthau-Plan für den Irak wünscht, um ihn in Weidegras zu verwandeln.´“749 Nachdem Saddam Hussein am 2. August 1990 in Kuwait einmarschiert war, mußte ihm etwas sehr verdächtig vorgekommen sein. Vor allem, daß die Invasion so absolut reibungslos und schnell über die Bühne ging, denn das kuwaitische Militär hatte ja den Befehl erhalten, keinen Widerstand zu leisten, falls die Iraker angreifen würden. Ferner muß die Tatsache, daß die gesamte königliche Familie fliehen konnte, (durch eine CIA Warnung)750, bevor die Invasion vollendet war, Saddam Hussein klar gemacht haben, daß diese von außen her über die Invasion gewarnt war. Somit war höchst wahrscheinlich Saddams eigentlicher Plan gescheitert, denn es ist anzunehmen, daß Saddam Hussein die Gefangennahme der königlichen Familie geplant hatte, um von ihnen die gewollten Kredite und Konzessionen zu bekommen. Schon zu diesem Zeitpunkt mußte Saddam Hussein die ganze, wenn auch noch 745 New York Times, August 22, 1990, zitiert in: Clark, Ramsey and Others: War Crimes, S. 41. 746 New York Times, 22 August 1990, zitiert in: Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, S. 15. 747 Foreign Broadcast Information Service, April 17, 1990, zitiert in: Clark, Ramsey and others: War Crimes, S. 251, 41. 748 Eggert, Wolfgang: Israels..., Bd.3, München 2001, S. 360. 749 Brückmann, Helmut: Die kopernikanische Wende in der Politik - Vorder- und Hintergründiges zu politischen Gegenwartsfragen, Lühe Verl., Süderbrarup 1991, S. 37, zitiert in: Eggert, Wolfgang: Israels..., Bd.3, München 2001, S. 360. 750 Engdahl, William F.: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht - Der Weg zur neuen Weltordnung, 3. Aufl., Dr. Böttiger Verl., Wiesbaden 1997, S. 336. - 273 - so erfolgreiche Invasion, verdächtig vorgekommen sein. Er hatte ja schon im Vorfeld öffentlich von einer Zionistischen/US-Verschwörung gegen den Irak gesprochen751, nun mußte er wahrscheinlich um so mehr in seiner Auffassung bestätigt gewesen sein, daß eine Konspiration gegen den Irak im Gange war. Saddam Hussein würde nur kurz nach der Invasion mit Bitterkeit feststellen, daß auch der ägyptische Präsident Mubarak ihn betrogen hatte. Noch vor der Invasion hatte sich der ägyptische Präsident Mubarak mit Saddam getroffen um über die Krise zwischen dem Irak und Kuwait zu sprechen. Mubarak residierte in Saddams Palast, wo er und Saddam drei Stunden lang alleine über die Sachlage sprachen. Mubarak fragte dann Saddam Hussein: `Was seine Absichten wären, warum es diese Spannung zwischen Irak und Kuwait gebe? Ebenso erkundigte er sich über die Truppenbewegung der Republikanischen Garde in Richtung Kuwait. Saddam antwortete gelassen, daß es keinen Grund gab sich Sorgen zu machen, denn die Truppenbewegung sei eine normale Sache, die in solchen Situation eben angewendet wird. Damit gab sich Mubarak nicht zufrieden und fragte ob Hussein irgendwelche Absichten hege um militärische Aktionen gegen Kuwait zu unternehmen? Erneut sagte der irakische Führer er solle sich keine Sorgen machen, denn die Truppenbewegung, sei nur unternommen worden um die Sabahs [kuwaitische Herrscherfamilie] zu schockieren. Da diese nun geängstigt sowie schockiert sei, sei das angestrebte Ziel erreicht. Nachdem die beiden zusammen zu Mittag gegessen hatten, fuhr Saddam Mubarak persönlich zum Flughafen. Der Ägypter teilte Saddam mit, daß er als nächstes nach Kuwait reisen würde, er könnte dann eine Botschaft von Saddam an die Kuwaitis weiterleiten. Aber Saddam schien nicht wirklich an einer solchen Sache interessiert zu sein. Statt dessen hatte er eine Bitte an Mubarak: „Don´t tell them now that I am not going to do anything. Let them be terrified for a while.“752 Mubarak aber anzuvertrauen, daß die Truppenmassierung an der Grenze zu Kuwait „lediglich“ als diplomatisches Druckmittel dienen sollte, war jedoch ein folgenschwerer Fehler. Denn Mubarak hatte darauf hin dies sofort Sheik Jaber al-Sabah von Kuwaitis beim ihrem Treffen mitgeteilt, als er verkündete: „Saddam has no intention of invading, ´but you should be very flexible so as to come to a conclusion on this problem.`“ Als Mubarak vom Kronprinz gefragt wurde was Hussein denn 751 Heikal, Mohamed: Illusions of Triumph - An Arab View of the Gulf War, HarperCollins, London 1993, S. 158 f. Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm - The Second Gulf War, Paladin, London 1992, S. 72 f. Simpson, John: From the House of War -John Simpson in the Gulf, Arrow Books, London 1991, S. 67. Amos, Deborah: Lines in the Sand - Desert Storm and the Remaking of the Arab World, Simon & Schuster, New York / London / Toronto / Sydney / Tokyo / Singapore 1992, S. 79 f. 752 Triumph without Victory - The Unreported History of the Persian Gulf War, Random House /Times Books, N.Y. / Toronto 1992, S. 23. - 274 - wollte, lachte dieser und sagte: „´It seems he needs some money.`“753 Mit dieser Mitteilung und darüber kann es keine Zweifel für Mubarak gegeben haben, hatte er Saddams Plan bewußt sabotiert und mit Erfolg ruiniert. Diese Ansicht wird auch in M. Hofmanns Buch Siegen ist nicht gleich Frieden vertreten, mit der Bemerkung: „So habe auch Präsident Mubarak das in ihn gesetzte Vertrauen gebrochen, denn er habe den Kuwaitis mitgeteilt, daß die Truppenmassierung `lediglich´ als diplomatisches Druckmittel diene. . .“ Dies bewirkte eine entscheidende sowie grundlegend Niederlage für Saddam Husseins Kuwait-Politik, denn gesetzt den Fall, daß Saddam Hussein seine Truppen an der Grenze zu Kuwait nur deshalb aufmarschieren ließ, um von den Kuwaitis Zugeständnisse zu erhalten, dann steht fest, daß er ursprünglich gar keine Invasion Kuwaits durchführen wollte und es läßt den ganzen Golfkrieg in einem anderen Licht erscheinen. Daß Hussein aller Wahrscheinlichkeit nach diese Absicht verfolgte, wird auch indirekt durch einen historischen Präzedenzfall unterstützt. Schon sein Vorgänger Präsident Kassem hatte 1961 Anspruch auf den Kuwait erhoben, eine potentielle Invasion wurde aber durch britische Truppen verhindert, welche am 3. Juli 1961 in Kuwait eintrafen um es zu verteidigen.754 Nicht viel später wurde Kassem durch einen CIA geleiteten Putsch beseitigt. Dennoch hatte Kassems Bedrohung Kuwaits damals zu erstaunlichen kuwaitischen Zugeständnissen geführt: Die Zusammenstellung der Armeen der beiden Staaten unter ein Kommando, (den Staaten unter ein Kommando), Souveränität in dessen Außenpolitik und etwas Kontrolle über dessen Finanzen an den Irak. Nachdem aber Kassem eliminiert worden war, riet Großbritannien Kuwait zukünftige Bedrohungen mit Bestechungen entgegen zu wirken. In dieser Hinsicht zahlte der Kuwait dem damaligen bathistischen Regime 50 Millionen Pfund, hiermit wurde die irakische Forderung bezüglich Kuwaits eingefroren (frozen). Laut Nahost Kenner Said Aburisch erklärt dies größtenteils Saddams Versuch, Kuwait zu bedrohen, um seine finanziellen Probleme zu klären, welche nach dem Ersten Golfkrieg entstanden waren.755 Hussein folgte daher nur dem historischen Muster, welches sein Vorgänger schon angewandt hatte. Es ist ferner anzunehmen, daß nur die US-Führung mit enormen Druck auf Mubarak, diesen veranlassen konnte, Husseins Einschüchterungsplan an die Kuwaits zu verraten. Da die Kuwaitis sich nun wohl nicht mehr einschüchtern lassen würden, mußte er nun härter vorgehen und den Kuwaitis mußte nun „eine Lektion erteilt“ werden. Da aber Hussein nun höchst wahrscheinlich die ganze Situation mit Kuwait immer verdächtiger erschien - er 753 Ebenda. 754 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, Rowohlt Verl., Hamburg 1991, S. 19. 755 Aburisch, Said: A Brutal Friendship - The West and the Arab Elite, Victor Gollancz, London 1997, S. 140 f. - 275 - sprach wohl nicht nur aus polemischen Gründen von einer US-Zionistischen-Verschwörung gegen den Irak - teilte er allen Betroffenen mit, der Irak würde sich selbstverständlich „innerhalb weniger Tage“ (ab 5. August) zurückziehen und wäre dann zu einem Dialog bereit - vorausgesetzt, voreilige Verurteilungen würden vermieden, denn „... die beste Weise, uns zu behandeln, sind weder Drohungen noch Einschüchterungen.“756 Aber auch diesmal würde Mubarak ihm einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen und zwar auf Grund amerikanischem Drucks, denn die US Regierung teilte ihm mit „nehmen sie eine Harte [firm position] Haltung“ gegen den Irak ein, oder sie „können nicht mehr auf die USA zählen.“757 Später sagte Mubarak hierzu, daß er unter enormen Druck der USA stand: „Egyptian President Mubarek under what he described as `tremendous pressure` from the United States, condemned the invasion.“758 Der Urheber dieser Aufforderung war George Bush gewesen, welcher schon am 2. August 1990, seinen nationalen Sicherheitsberater Brent Schowcroft aufforderte, Druck auf die arabischen Länder auszuüben, um die irakische Invasion zu verurteilen. Die Botschaft, die am 3. August bei dem ägyptischen Außenminister eintraf, beinhaltete klare Worte von US-Diplomaten, die genau wußten, daß die ägyptische Wirtschaft ohne die Wirtschaftshilfe der USA nicht überleben könnte und den Ägyptern klar machten, daß ohne eine harsche Reaktion auf den Irak, in Zukunft, Ägypten nicht mehr auf die USA zählen könnte.759 Im Weißen Haus wußte man auch, daß Saddam Hussein auf zunehmenden Druck nicht mit Nachgiebigkeit reagieren würde, sondern mit noch größerem Starrsinn, da man davon ausgehen konnte, daß das Weiße Haus das Psychogramm Saddam Husseins besaß.760 Überhaupt war im Weißen Haus ein möglicher Rückzug Saddam Husseins aus Kuwait als „Alptraum Szenario“ bekannt. Denn ein solcher würde das irakische Militär intakt lassen und sich somit gegen den Plan der Bush Administration richten.761 Man versuchte fast krampfhaft, alles in die Wege zu leiten, damit sich Hussein nicht aus Kuwait zurückziehen würde. Das Wall Street Journal warnte vor dem Ausbruch eines „Friedensfiebers“, nachdem Hussein das Freilassen aller Geiseln im Dezember 1990 bekannt gab. „Saddam Hussein`s 756 Hofmann, Michael: Siegen ist nicht gleich Frieden, Ullstein, Frankfurt/Main / Berlin 1992, S. 36. 757 Vankin, Johnathan: Conspiracies, Cover-Ups and Crimes - From JFK to the CIA Terrorist Connection, exp. & rev. ed., Dell, New York 1992, S. 244. 758 Pallmeyer-Nelson, Jack: Brave New World Order - Must We Pledge Allegiance?, Orbis Books, 4th printing, Maryknoll, New York 1993, S. 74. 759 New York Times, 16 October 1990, & Salinger, Pierre / Laurent Eric, Secret Dossier, S. 102, 113, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 106 f. 760 Hofmann, Michael: Siegen ist nicht gleich Frieden, Ullstein, Frankfurt/Main / Berlin 1992, S. 36. 761 Smith, Jean Edward: George Bush`s War, Henry Holt & Comp., N.Y. 1992, S. 175 f. Vgl. Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 219, 110. University of Maryland Reader - The Persian Gulf Crisis, 1991, S. 338. Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, N.Y. 1991. - 276 - bold, cynical but shrewd offer yesterday to release all hostages in Iraq, . . . suddenly increases the pressure for a negotiated settlement to the Middle East stand off. That is the very outcome President Bush hoped to avoid. . . . The hostage announcement has actually hardend the administrations`s resolve to keep . . . [military] pressure up.“762 Obwohl Washington dem Anschein nach alles zu tun schien, um Saddam Hussein zum Rückzug zu bewegen, spielte man also wieder das altbewährte, doppelte Spiel. Einer der ersten Schritte in Washington um die Lage am Golf zu verschärfen, war also Druck auf Ägypten auszuüben, um den Irak bei der Arabischen Liga in Kairo am 2. und 3. August zu verurteilen. Aber schon einen Tag nach der Invasion sprach König Hussein von Jordanien mit Saddam Hussein und dieser erklärte sich bereit, sich aus Kuwait zurückzuziehen. Saddam Hussein erklärte König Hussein, daß er mit dem Rückzug am 5. August beginnen würde, unter der Bedingung, daß keine arabischen Staaten die Invasion verurteilen würden.763 Der angesehene Journalist Pierre Salinger sagte hierzu, daß Saddam Hussein warnte, „Wenn die Dinge in diese Richtung verlaufen (Verurteilung des Iraks), sage ich einfach, daß Kuwait ein Teil des Iraks ist und annektiere es.“ Der bekannte ägyptische Journalist Mohamed Heikal schrieb diesbezüglich: „Saddam Hussein sent . . a radio message to say that the Revolutionary Command Council accepted his point of view and would make an announcement that day, Friday 3 August, that the withdrawal was beginning.“ „A few hours later the official Iraqi new agency carried a statement attributed to a spokeman of the Revolutionary Command Council saying: ´If there are no threats against Iraq or Kuwait, Iraqi forces will start to withdraw tomorrow {Saturday 4 August}. A plan to withdraw from Kuwait has already been approved.´“764 Am 3. August war also Saddam Hussein bereit, sich völlig aus Kuwait zurück zuziehen. Erneut Heikal hierzu: In the space of four days (3-6 August) Saddam Hussein had agreed to a mini-summit, accepted the need for a faster pace of withdrawal, pulled back a token portion of his forces, sent Washington a secret message proposing a package deal, and conveyed assurances to President Bush on his intentions. Whatever Washington`s suspicions that the iraqi leader`s offers were purely tactical, it is an over-simplification to say that Saddam Hussein was a man incapable of second thoughts.765 König Hussein flog zuversichtlich nach Amman, überzeugt davon, daß ein Rückzug erfolgen würde, da Mubarak versprochen hatte, den Irak nicht zu verurteilen. Noch am selben Tag 762 Wall Street Journal, 7, December 1990, zitiert aus: Pallmeyer-Nelson, Jack: Brave New World Order - Must We Pledge Allegiance?, Orbis Books, 4th printing, Maryknoll, New York 1993, S. 77. 763 Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, London 1992, S. 114. 764 Heikal, Mohamed: Illusions of Triumph - An Arab View of the Gulf War, Fontana, London 1993, S. 265. - 277 - schickte Saddam Hussein ein Kommuniqué, welches bestätigte, daß er seine Truppen am 5. August aus Kuwait zurückziehen würde. Laut Radio Bagdad begann der irakische Abzug um 8:00 Uhr wie geplant und die zuvor formierten Kuwaiti Popular Army units übernahmen die Kontrolle, während die Iraker abzogen.766 Schon am 3. August, nur einen Tag nach der Invasion reagierte Bush prompt auf dieses Kommuniqué: „When told that Saddam Hussein has announced he will withdraw his troops by August 5, Bush responds, ´Let`s see him haul them out right now, then.´” Zwei Tage später am 5. August warnte Bush, „... the U.S. will not accept the establishment of a puppet government in Kuwait.“ Und als ihn ein Reporter fragt wie er gedenke dies zu verhindern, antwortete er verägert: “Just wait, watch, and learn.“767 Schon aber als König Hussein in Jordanien ankam, mußte er sich anhören, daß Ägypten die Invasion verurteilt hatte. Daß dieser fatale Schritt nur durch die USA möglich wurde, ist längst bestätigt.768 So stellte z.B. Dr. Emery fest, daß Mubarak durch US-Druck gezwungen wurde, den Irak zu verurteilen und zwar um 17:00 Uhr, damit diese Verurteilung parallel mit der UN-Sicherheitsratsresolution der USA erscheinen würde, um auf diese Weise noch mehr Druck auf den Irak und Saddam Hussein auszuüben. Der Sicherheitsrat erhielt, den Text der Resolution, Nummer 661, um 17:48 Uhr via Fax von den USA.769 Dies fand war nur einen Tag nach der irakischen Okkupation von Kuwait statt. Die US-Führung tat anscheinend alles, um dem erwähntem „Alptraum Szenario“ aus dem Weg zu gehen, welches einen irakischen Rückzug aus Kuwait bedeutete. Dieser Auffassung verlieh ein pensionierter US-Armee Offizier noch mehr Nachdruck, welcher als Vermittler in den Friedensdiskussionen im August teilgenommen hatte, indem er behauptete: „. . . the peace offer ´was already moving against policy`.“770 Als sich die arabischen Staatsoberhäupter am 10. August 1990 in Kario trafen ergab sich durch eine weitere arabische Initiative eine mögliche Lösung der Krise. Aber König Fahd von Saudi-Arabien weigerte sich sich mit Saddam Husseins Stellvertreter Taha Yassin Ramadan zu treffen. Er schien unter dem selben politischen Druck zu stehen, wie sein Kollege aus Ägypten, Präsident Mubarak. Auf dem Gipfeltreffen protestierte der König von 765 Ebenda, S. 317. 766 Financial Times, 6 August 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield to Desert Storm, S. 114. 767 Ridgeway, James(Ed.): The March to War, Four Walls Eight Windows, New York, 1st Ed., April 1991, S. 60. 768 Simpson, John: From the House of War, Arrow Books, London 1991, S. 137 f. 769 Emery, Michael: “How Mr. Bush Got His War: Deceptions, Double-Standards & Disinformation,” Open Magazine Pamphlet Series No. 9, April 1991 Westfield, NJ., Open Magazine, S. 7. Vgl.: Pierre Salinger / Laurent, Eric: Secret Dossier - The Hidden Agenda Behind the Gulf War, Penguin Books, New York 1991, S. 112. Vgl. auch: Clark, Ramsey: The Fire this Time, New York 1992, S. 26. 770 The Nation, 15 April 1991, „The Peace Feeler That Was“, S. 480 ff. Newsweek, 10 Sep. 1990, S. 17. Los Angeles Times, 20 Oct. 1990, S. 6., alle zitiert in: Blum, William: Killing Hope, S. 328. - 278 - Jordanien, daß durch Mubaraks Verurteilung des Irak und dessen Bedrohung durch Gewalt, eine zuvor telefonische Abmachung zunichte gemacht worden wäre. Bei diesem Telefongespräch zwischen Mubarak und König Hussein, hatten die beiden einen friedlichen Rückzug der Iraker vereinbart, da König Hussein zuvor von Saddam Hussein dessen Zustimmung eingeholt hatte. Auf dem Treffen vom 10. August erklärte Mubarak seinen plötzlichen Sinneswandel, mit der Begründung, „daß ihm `jemand eine Pistole an den Kopf gesetzt` hatte.“771 Dieser Druck kam aus Richtung USA, welche ihrerseits Druck auf Saudi- Arabien machten, damit diese jegliche Friedensbemühungen der Iraker ablehnen sollten. Diesbezüglich schrieb der Nahostexperte Aburish über den saudischen König Fahd: „Die irakische Delegation, hatte er in dem kleinen Hotel Andalus Guest House untergebracht, über dessen ungesicherte Telefonanlage die Unterhändler nicht mit anderen Delegierten Kontakt aufnehmen konnten. Als der irakische Delegationsleiter eine Erklärung abgeben wollte, in der er die Sicherheit Saudi-Arabiens garantierte und die Stationierung arabischer Streitkräfte auf saudischem Boden akzeptierte, schaltete Mubarak das Mikrofon aus. Doch Mubarak hätte das alles nicht ohne Zustimmung Fahds getan, und vor, während und nach der Unterredung mit Cheney hatte Fahd sich verhalten, als ob er wußte, was kommen würde.“772 Daß die Bush-Administration schon seit geraumer Zeit eine militärische langzeitige Präsenz am Golf plante, wurde nicht zuletzt durch den damaligen Außenminister James Baker bestätigt, als dieser vor dem Representantenhaus beschrieb, daß es Teil der neuen regionalen Sicherheitspolitik sei, das irakische Militär in Schach zu halten, selbst wenn der Irak sich aus Kuwait zurückziehen würde. Er betonte Anfang September 1990, daß es eine neue regionale Sicherheitspolitik gäbe, mit der eventuellen Einplanung eines internationalen Waffen- Boykotts des Irak, während man beabsichtigte, die arabischen Nachbarn aufzurüsten und US- Flotten und Bodenstreitkräfte in dieser Region zu stationieren.773 Es gab zahlreiche diplomatische Bemühungen, um die Krise zu beseitigen. Diese wurden von zahlreichen Nationen sowie Persönlichkeiten unternommen. Dennoch waren alle zum Scheitern verurteilt, da die Bush Regierung unbeugsam an ihrer Politik „keine Belohnung für Aggression“ / „Bedingungsloser Rückzug aus Kuwait“ festhielt. Dies, und da waren sich die US Entscheidungsträger in Washington sicher, ließ Saddam Hussein keinen Ausweg, einem schweren Image- und Prestigeverlust aus dem Weg zu gehen. Saddam Hussein machte viele Vorschläge um einen Rückzug einzuleiten, damit die Krise beendet werden würde. Es wäre jedoch zu mühsam auf alle Vorschläge zur Entschärfung der 771 Aburish, Said K.: Ölscheichs und Tyrannen, S. 262 f. 772 Ebenda , S. 263. - 279 - Lage am Golf einzugehen, die von dem Irak gemacht wurden, so wird nur auf die wichtigsten verwiesen. Am 7. August 1990 z.B. hatte Saddam Hussein der PLO einen kompletten Abzug aus Kuwait vorgeschlagen, im Austausch gegen eine größere Barzahlung an Bagdad, Wahlen für eine Regierung um den Emir zu ersetzen, und die Übergabe der Inseln Bubiyan und Warba an den Irak. Washington ignorierte einfach diesen Vorschlag indem es erst gar nicht auf ihn einging.774 Selbst das State Department stellte fest, daß mindestens zwei ähnliche Vorschläge seriös und akzeptabel klangen. Als Bush aber nicht auf diese Vorschläge einging, machte Saddam Hussein weitere weitreichende Konzessionen an die Bush Regierung, zuletzt war er sogar bereit, sich praktisch bedingungslos aus Kuwait zurückzuziehen, unter der Bedingung, daß die Bush-Regierung darauf bestehen würde, nach dem Rückzug das Thema besetzte Gebiete in Israel gerecht zu lösen. Dies war quasi eine Kapitulation vor der US- Politik, die nur Saddam Hussein Wahrung seines Gesichtes gewähren sollte. Man kann natürlich als Kritiker der irakischen Politik behaupten, daß Saddam Hussein sich bedingungslos zurückziehen sollte. Aber Saddam Hussein versuchte einen quasi bedingungslosen Rückzug aus Kuwait zu vollziehen, seine einzige vernünftige Bedingung war, eine Zusage der USA den Irak nicht anzugreifen, wenn die Iraker sich aus Kuwait zurück ziehen. Die US Regierung ignorierte jedoch, zwei Wochen vor Ablauf des Ultimatums, dieses äußerst seriöse Angebot der Iraker, welches die Golfkrise beendet hätte. Schon zuvor hatte Saddam Hussein ein ähnliches Angebot an die US Regierung geschickt, dieses wurde jedoch abgelehnt und in den Medien überhaupt nicht berücksichtigt.775 Saddam Hussein ging dann sogar soweit, seine Bereitschaft zu zeigen, mit Präsident Bush und Frau Thatcher eine Fernsehdebatte zu initiieren. Er verkündete: „´I am prepared now - ready and prepared - for direct talks and dialogue with Mr. Bush and Mrs Thatcher, `. . . “.776 In Washington beantwortete Margaret Tutwiler diesen Vorschlag als „krank“, und meinte, daß dieser Vorschlag es nicht wert sei, beantwortet zu werden.777 Dies zeigt nur erneut, daß die Bush Regierung keine Absicht hatte, die Krise zu beenden. Im Gegenteil sorgte George Bush dafür, daß sich die Krise auch weiterhin verschärfte, indem er anfing, von einem „Kriegsverbrecher Tribunal“ zu sprechen mittels welchem man Saddam Hussein verurteilen sollte. Das US-Außenministerium bezeichnete die Rede von einem „Kriegsverbrecher 773 Hiro, Dilip: Desert Shield . . ., S. 178 f. 774The New York Times, 6 August 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt and Company, 1st ed., New York 1992, S. 126. 775 Bresheeth, Haim / Yuval-Davis, Nira: The Gulf War and the New World Order, S. 16. 776 The New York Times, August 29, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry Holt and Company, New York 1992, S. 142 f. 777 Ebenda. Ridgeway, James (Ed.): The March to War, New York 1991, S. 63. - 280 - Tribunal“ als ´.. deliberately planned to puncture the trial balloons being floated by Baghdad.`778 Man kann jetzt zwar erneut behaupten, daß Saddam Hussein natürlich auch ohne eine US- Zusicherung einen Rückzug hätte beginnen können. Dem stand entgegen, daß die USA, (wie Hussein dies befürchtete) trotzdem den Irak angegriffen hätte.779 Diesbezüglich äußerte sich Saddam Hussein gegenüber Tony Benn (damaliges Mitglied des britischen Parlaments) und anderen Besuchern im Irak, daß ein bedingungsloser Rückzug die irakische zivile und noch wichtiger militärische Moral zum kollabieren gebracht hätte.780 Noch wichtiger aber war, wie Tony Benn sich erinnerte, während er sich drei Stunden mit Saddam unterhielt, daß dieser ihm immer wieder sagte: „... that even if he withdraw his forces from Kuwait the United States would destroy Iraq.“781 Auch der englischen Reporterin Helga Graham antwortete Saddam Hussein auf ihre Frage, warum er sich nicht aus Kuwait zurückziehen würde, daß er sicher sei, daß in diesem Falle die Amerikaner den Irak trotzdem angreifen würden. Dem zweithöchsten Rangmitglied der PLO, Abu Iyyad erläuterte Saddam Hussein, er würde Verhandlungen mit dem Westen willkommen heißen, vorausgesetzt er bekäme Garantien, daß die chemischen und atomaren Laboratorien nicht durch Luftangriffe zerstört werden würden. Aber auch Iyyad gegenüber äußerte er seinen Verdacht, die Amerikaner würden Irak zerstören, auch wenn dieser einen Rückzug aus Kuwait beordern würde.782 Daß die Bush-Administration schon seit geraumer Zeit eine militärische langzeitige Präsenz am Golf plante, wurde nicht zuletzt durch den damaligen Außenminister James Baker bestätigt, als dieser vor dem Repräsentanten Haus beschrieb, daß es Teil der neuen regionalen Sicherheitspolitik sei, das irakische Militär in Schach zu halten, selbst wenn der Irak sich aus Kuwait zurückziehen würde. Er betonte Anfang September 1990, daß es eine neue regionale Sicherheitspolitik gäbe, mit der eventuellen Einplanung eines internationalen Waffenboykotts des Irak, während man beabsichtigte, die arabischen Nachbarn aufzurüsten und US-Flotten und Bodenstreitkräfte in dieser Region zu stationieren.783 Letztendlich gab es noch das von den Medien viel beachtete Zusammentreffen von James A. Baker und seinem irakischen Kollegen Tariq Aziz. Es wurden viele Hoffnungen an diese Qasi-Letzte-Minute Konferenz geknüpft. Aber es war nicht mehr als ein Public Relations 778 Washington Post, October 17, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 193. 779 The Guardian, 14, January 1991, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield . . ., S. 315. 780 Brittain, Victoria (Ed.): The Gulf Between Us, S. 160. 781 Clark Ramsey and others: War Crimes, S. 205. Vgl. Kellner, Douglas: The Persian Gulf TV War, Westview Press, Colorado 1991, S. 93. 782 Independent, 6 September 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield . . . , S. 170. 783 New York Times, 5 September 1990, zitiert in: Hiro, Dilip: Desert Shield . . . , S. 178 f. - 281 - Schauspiel, das die Welt davon überzeugen sollte, daß George Bush und die USA alles getan hätten, um einen Krieg im Golf zu vermeiden. Nichts könnte aber weiter von der Wahrheit entfernt sein, denn selbst Bushs engster Mitarbeiter Brent Scowcroft sagte dem saudischen Botschafter in den USA, Prinz Bandar im frühen Dezember 1990: ´These are all exercises.`784 Wobei gemeint war, daß diese scheinheilige Konferenz nur zur Beruhigung der amerikanischen Öffentlichkeit gedacht war. Ein weiterer Berater Bushs kam zu dem selben Ergebnis, Sununu sagte öffentlich: „The offer was simply ´part of a checklist from which the president is ticking off diplomatic and domestic moves the administration thinks it must make ... before considering military force.´“785 Wie scheinheilig dieser ganze P.R. Zirkus eigentlich war, zeigte sich, als Bush unmittelbar nach großangelegter Medienverkündung der Konferenz selbst erklärte: „I`m not in a negotiating mood.“786, und „There can be no face-saving.“787 „They must withdraw without condition.“788 „There will be no give.“789 Der Nahost-Experte, William Quandt urteilte dann auch gleich: „The whole things looked as if it wasn´t meant to work in the first place.“790 Wie borniert und selbstherrlich Bush mit seinen eigenwilligen Zielen umging, zeigte sich, als er schamlos verkünden ließ: Wenn er nicht die Unterstützung des Kongreßes habe (die Verfassung besagt, daß nur der Kongreß einen Krieg sanktionieren kann), hoffe er, daß er die Unterstützung des amerikanischen Volkes haben würde. Wenn er aber auch diese nicht haben würde, so sagte er, würde dies ihn trotzdem nicht abhalten, einen Krieg gegen den Irak zu führen, wenn er diesen für richtig hielte.791 Überhaupt, benutzte die Bush-Regierung eine alte Strategie der US-Außenpolitik in Bezug auf Krieg und Krisen. Washington stellte erst äußerst limitierte Forderungen an den vermeidlichen Gegner, um diese Forderungen im Laufe der Krise immer höher zu schrauben, bis letztendlich die ursprünglichen Forderungen eigentlich gar nichts mehr mit den ursprünglich gestellten Forderungen zu tun hatte. Der Grund warum man so vorging, war der, daß man mit dieser bewährten Methode, zuerst mit der limitierten ursprünglichen Forderung, das amerikanische Volk für solche limitierte Forderung gewinnen konnte, und ebenso den 784 Washington Post, 2, December 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 222. 785 Ebenda. 786 Washington Post, October 4, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 222. 787 Ebenda. 788 The New York Times, October 11, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 222. 789 Washington Post, October 4, 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, New York 1992, S. 223. 790 Michael, Massing: „The Way to War,“ The New York Review of Books, March 28, 1991, S. 22, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, S. 223. 791 Washington Post, 30, December 1990, zitiert in: Smith, Jean Edward: George Bush´s War, S. 231. - 282 - Kongreß. Langsam, wenn sich die Krise zuspitzt, kommen dann aber von Washington immer mehr Forderungen hinzu, so daß das amerikanische Volk gar nicht richtig merkt, daß am Ende dieses Vorgangs ein ganz anderes Ziel verfolgt wird, als mit dem man ursprünglich einen Krieg rechtfertigen wollte. In dieser Hinsicht ist auch Bushs Irak-Politik zu verstehen. Zuerst war im frühen August (1990) von Washington erklärt worden, es sei das Ziel, Saudi Arabien zu verteidigen. Im September war es dann die Befreiung Kuwaits und die damit verbundene Rückführung des kuwaitischen Herrscherklans. Im Oktober wollte Bush dann, daß ein Kriegsverbrechertribunal für die irakische Führung eingerichtet werden sollte. Im November wurden dann die defensiven Züge der US-Truppen Konfiguration völlig verändert, indem dann weitere 230 000 Mann nach Saudi Arabien verlegt wurden, womit nun die defensive Truppengestaltung klar in eine offensive umgewandelt wurde. Während im Dezember die Wirtschaftssanktionen einfach verworfen wurden und somit eine friedliche Lösung der Krise immer unwahrscheinlicher wurde. Des weiteren wurde im Dezember von der UN ein Ultimatum für den Abzug der irakischen Truppen verabschiedet und dem Irak aufgezwungen. Dieses wurde von neuen Forderungen begleitet wie z.B., daß die Iraker nun ihre chemischen und nuklearen Waffen zerstören müssen (hiermit wurde dem Irak unterstellt, daß er nukleare Waffen besitzen würde, was nicht der Fall war).792 Interessanterweise war dieses Ziel, den Irak unilateral zu entwaffnen, auch das Ziel gewesen, welches die US Regierung schon auf einer geheimen Konferenz Anfang 1990 verfolgte, wie dies der US Geheimdienstler Craig Hulet bestätigte. Man hatte also nun in Washington sich von dem ursprünglichen Ziel - Verteidigung Saudi Arabiens - zu einem ganz anderen, in nur vier Monaten hin bewegt, welches nun verkündete: Irak müsse seine Truppen sofort zurückziehen oder es würde einen Krieg mit den USA geben. Das besagte ursprünglich Ziel, das in seiner Natur absolut defensiv war wurde nun in nur vier Monaten um 180 Grad umgewandelt in ein total offensives Kurz bevor das UN-Ulitmatum an den Irak ablief, sozusagen in letzter Minute, wollte Gorbatschow die sich anbahnende Katastrophe noch einmal verhindern. Er appellierte an Bush, seinen Plan zu akzeptieren, den die Sowjets mit den Irakern verhandelt hatten. Gemäß diesem wäre es möglich gewesen, daß die Iraker Kuwait binnen 14 Tagen räumen. Doch Washington beachtete den Plan erst gar nicht. Das offizielle Washington empfand die Friedensinitiative als „nasty“ (eklig). Kurz darauf ließ Bush pompös verlauten: „Die Welt könne nicht länger warten.“793 Daß die Welt nicht länger warten konnte, entsprach aber nicht 792 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, S. 254. 793 Winter, Rolf: Gottes Eigenes Land?, Goldmann Verl., Hamburg 1993, S. 263. - 283 - der Wahrheit. Es traf wohl eher zu, daß Bush nicht länger warten konnte und zwar weil er dies nicht wollte. Daß die Welt auf schwerwiegende Ungerechtigkeiten in der Golfregion warten konnte, wurde schon 30 Jahre zuvor bewiesen, denn, nachdem Israel 1967 im Sechs Tage Krieg Territorium arabischer Staaten besetzt hatte, gab es reihenweise Resolutionen der UN, welche Israel permanent dazu aufforderten, diese besetzten Gebiete zu verlassen. Aber dank Israels Hauptverbündeten, den USA brachte diese jede Resolution durch ihr Veto im Sicherheitsrat zum Scheitern. Wenn George Bush also behauptet, die Welt könne nicht länger warten, meinte er in Wirklichkeit er und die US-Führungselite nicht länger warten konnten, den Golfkrieg zu beginnen. 8.1 Der Weg in den Krieg Wir haben bisher gesehen, wie die Golfkrise von der Führungselite der USA benutzt wurde um einen Krieg mit dem Irak zu haben. Es gab eine konkrete Anzahl von Dokumenten die dies belegen: (1) Die Abschrift der Gespräche zwischen April C. Glaspie und Saddam Hussein (datiert 25. Juli 1990), die Glaspie nur wenige Tage nach ihrer Unterredung mit Saddam an das State Department weiter leiten mußte, aus der hervor geht, daß die irakische Abschrift des Telegramms, daß Glaspie an das State Department schickte, übereinstimmt. Die Abschrift hatte die verdächtige Aussage: “We have no opinion on the Arab-Arab conflicts, like your border disagreement with Kuwait.“ (2) Das besagte Geheimschreiben der CIA und des kuwaitischen Geheimdienstes, (datiert auf den 22. November 1989), das von irakischen Truppen in Kuwait-City entdeckt wurde, welches auch von der UN als authentisch deklariert wurde und dessen Echtheit auch die US- Regierung nicht bestritt (wie zu erwarten stritt lediglich die CIA ab, daß das Thema Irak besprochen wurde). Dieses Dokument kam, wie wir gesehen haben, zu dem berüchtigten Schluß der beschriebenen Geheimdienste, daß es angebracht wäre, wirtschaftlichen Druck von Seiten Kuwaits und den USA auf den Irak auszuüben, damit eine Grenzkonflikt zwischen dem Irak und Kuwait entstehe. Dieser wirtschaftlicher Druck fand in der Form von Schrägbohrrungen im irakischen Teil des Rumailah Ölfelds statt; die Schrägbohrtechnologie mittels derer die Kuwaitis das Öl abpumpten, stammte aus den USA. Eine noch gravierendere Art Druck auf den Irak auszuüben, war die permanente Ölüberproduktion der Kuwaitis, welche den Ölpreis von $21 per Barrel auf $11 per Barrel fallen ließ, was den verschuldeten Irak jährlich $14 Milliarden kostete und was sich der Irak nicht länger leisten konnte, es sei den er akzeptierte die wirtschaftliche Kapitulation. Des weiteren blieben die - 284 - Kuwaitis während der Verhandlungen mit den Irakern stets kompromißlos und oft arrogant. Diese Verhandlungen beinhalteten auch den Zugang zum Meer, den die Iraker schon immer haben wollten und beanspruchten. (3) Craig Hulet, ein ehemaliger Geheimdienstler, veröffentlichte die White Papers, die besagen, daß der Golfkrieg eine geheim geplante Sache war, denn es ging um die Abrüstung des Iraks und dessen Bedrohung der Region. (4) Einige Autoren (Alan Friedman et al.) haben eindeutig bewiesen, daß die USA besonders unter Ronald Reagan und George Bush den Irak mit aufgerüstet haben. Insbesondere George Bush und sein Freund (Außenminister) James Baker setzten sich persönlich, gegen den Willen des US-Kongreß, permanent dafür ein, daß Bagdad alle Waffen bekam die es wollte und gewährtem Saddam Hussein Kredite, obwohl immer mehr internationalen Institutionen und Bankiers dies ablehnten, weil sie (zu recht) befürchteten, daß der Irak zahlungsunfähig werden würde. Die USA waren knapp nach Deutschland der größte Waffenlieferant für den Irak.794 (5) Das Dokument, das den geheimen Plan von Bushs engsten Mitarbeitern dazu aufforderte, den Irak anzustiften, höhere Ölpreise von den OPEC Staaten zu verlangen, wurde aktenkundig, als der London Observer (21/11/90) die wichtigsten Teile davon veröffentlichte. (Die Akte wurde angeblich auch kurzzeitig limitiert veröffentlicht). Der London Observer konnte somit bestätigen, daß die Bush Regierung zwei anscheinend paradoxe Ziele verfolgte: Zum einen sollte offiziell dem Irak US Unterstützung in allen erdenklichen Belangen gewährt bekommen, während zur gleichen Zeit die Bush Regierung auf geheimer Basis die Ölbedingungen des Iraks unterstützte, was so viel bedeutete, wie eine gegen Kuwait gerichtete Politik, da dieser der Hauptüberproduzent in dem Ölkartell OPEC war und somit gegen die OPEC Regelung verstieß. Der Irak sollte nun denken, daß die US-Regierung in Wirklichkeit immer noch sein Verbündeter war, während der CIA gemeinsam mit Kuwait (inkl. V.A.E) daran arbeiteten, das Öl im Rumailah Ölfeld (das zu 70% dem Irak gehört) abzupumpen, um es dann billig und in möglichst großen Mengen auf dem internationalen Ölweltmarkt zu verkaufen, damit die Preise für den Irak fallen würden. Wie wir wissen, ging der Plan in Erfüllung und machte den Irak immer ärmer. (6) Arafat berichtete, daß die US Regierung sich aktiv in die Verhandlungen zwischen dem Irak und Kuwait einmischten, als diese versprachen, die Krise zwischen den beiden Nationen 794 Timmerman, Kenneth R.: The Death Lobby – How The West Armed Iraq, Bantam Books, London / New York / 1992, S. 525. - 285 - zu beenden. Dies wurde in dem Christian Science Monitor am 5. Februar 1991, einer US- Zeitung, aktenkundig. (7) Die USA haben über dreißig Jahre lang versucht, die irakische Regierung zu destabilisieren und zu stürzen. 1958 befreite sich der Irak durch seine Palastrevolution von dem Kolonialismus und wurde zur Republik deklariert. Dies bedeutete, daß die Ölquellen verstaatlicht wurden, eine Tatsache, die die US-Regierung (und die britische) nur mit Animosität hinnahmen. Bis zu diesem Zeitpunkt der Revolution waren die Ölquellen fest in britischer und amerikanischer Hand gewesen, die Verstaatlichung bedeutete Milliarden von Dollar an Verlusten für die beiden Regierungen und deren (private) internationale Ölkonzerne. Die USA und Groß Britannien wollten unbedingt zum Status Quo zurückkehren und planten die Elimination des neuen irakischen Staatschefs Abdul Karim Kassem. Unter anderem schickte der CIA per Post eine vergiftetes Taschentuch (als Geschenk) an Kassem, welches ihn tot krank werden ließ. Kassem starb dann endgültig 1963 durch den Putsch der Ba´ath Partei (der Partei mit der Saddam Hussein nach einem erneutem Putsch an die Macht kommen sollte).795 Die CIA hatte den Ba´ath Putsch unterstützt, aber mit den neuen Machthabern eine Fehlinvestition getätigt, denn die Ba´ath Partei brüstete sich mit dem Motto „arabisches Öl für die Araber.“ Dies war verständlicherweise kein populäres Motto in Washington.796 So strengte sich Washington erneut an und stürzte auch die Ba´ath Partei, um eine neue Partei an die Macht zu bringen aber auch diese erwies sich als nicht nachgiebig genug, so daß 1968 wieder die Ba´ath Partei an die Macht kam und ihre lange Amtszeit mit einem Blutbad einleitete. Die US-Irak Beziehungen verbesserten sich schlagartig mit dem Ausbruch des Irak-Iran Krieg, für den die USA dem Irak schon im Spätjahr 1979 ihre Unterstützung zusagten. Wie schon beschrieben, wollte die USA Regierung zur damaligen Zeit die iranische Revolution (die äußerst anti-amerikanisch war) stürzen, oder wo dies nicht möglich wäre, zumindest schwächen. Präsident Carters Sicherheitsberater Brzezinzski ermutigte damals Saddam Hussein, einen Blitzkrieg gegen den vermeidlich schwachen Iran durchzuführen.797 Das Reagan/Bush Duo verfolgte dann die nächsten 7 Jahre die gleiche Politik. Während der Reagan/Bush Jahre (1980-88) verkaufte das dynamische Duo Waffen im immensen Wert von $50 Milliarden an den Irak: Dies war illegal, da der Kongreß es ausdrücklich verboten hatte. Aber das konnte die beiden Waffenschieber nicht beeindrucken, geschweige denn daran hindern, ihre Waffen über Drittstaaten und Händler nach Bagdad zu 795 Wise, David: „A People Betrayed,“ Los Angeles Times, April 14, 1991,S. M1. 796 Chaliand, Gerad / Vanly, Ismet Seriff: People Without A Country - The Kurds and Kurdistan, Zed Books, London 1980, S. 184. - 286 - schmuggeln. Wie zu erwarten, spielte die US-Außenpolitik ein doppeltes Spiel. Während die USA den Irak aufrüsteten, schickten sie auch heimlich Waffen über Israel (und andere Nationen) an den Iran um US-Geiseln frei-zu-kaufen. (Was letztendlich in dem größten und peinlichsten Skandal für die Reagan Regierung endete: Iran-contra Skandal 1986 - durch eine libanesische und vom Iran kontrollierte Zeitung veröffentlicht). Den Iranern gab man auch gleich Fotos von Spionagesatelliten, diese waren aber, daß verschwieg man natürlich ganz diskret, partiell gefälscht worden. Solche Fotos überließ man auch den Irakern. Die Intention war, es sollte ein möglichst langer zermürbender Krieg zwischen den beiden Nationen stattfinden, dies würde beide schwächen und die US-Position im Mittlern Osten stärken (nebenbei verdienten die Aufrüster auch noch Milliarden). Der notorische Handlanger Reagans, Oliver North, erzählte den Iranern während des Ersten Golfkriegs die US Regierung würde den Sturz Saddam Husseins fördern. North wurde noch viel spezifischer, in Frankfurt (BRD) offenbarte er anderen Geheimdienstlern (Richard Secord, Albert Hakim und einem Iraner), wir [die US-Regierung] wollen diesen Krieg [Irak-Iran] so beenden, daß es so aussieht, daß Saddam Hussein derjenige ist, der Probleme verursacht. Er sagte wörtlich: „Iran ist not going to overrun Kuwait. Iran ist not going to overthrow the government of Saudi Arabia. That the real problem in preventing peace in the region is Saddam Husain, and we´ll have to take care of that.“798 Dies bedeutete nichts anderes, als die geplante Elimination Husseins, durch die gleiche Reagan/Bush (Vizepräsident) Regierung, die seit 1980 aktiv den Irak aufrüstete. Aber Hussein blieb auch nicht uninformiert. Er wußte spätestens durch seinen eigenen Geheimdienst, daß die Bush Regierung Ende 1989, Anfang 1990, ein Komplott gegen ihn und den Irak plante, er sprach wohl nicht nur aus polemischen und rhetorischen Gründen von einem gegen den Irak gerichtetes US-Zionistischem Komplott, welches auch Kuwait und die V.A.E. beinhaltete. Es ist wohl erlaubt anzunehmen, daß er oder zumindest seine 7 Geheimdienste799, die US-strategischen Studien gelesen hatten. Studien, wie die U.S. Army´s „A Strategic Force for the 1990s and Beyond“ -Januar 1990- oder das Air Force´s „Global Reach, Global Power“ -Juni 1990-. Über diese Studien schrieb Daniel Sheehan vom Christic Institute: „These are the documents, that in the early period before Saddam Hussein had made any moves whatsoever, specifically designated the Persian Gulf and explicity named Iraq and Saddam Hussein as ´likely candidates` for the . . . new 797 Schoenman, Ralph: „How the U.S. Set Up Iraq´s Invasion of Kuwait,“ Socialist Action Magazin, December 1990, S. 4. 798 Report of the Congressional Committess Investigating the Iran-Contra Affair, Washington D.C. Printing Office, 1987, p. 12, Vol. 1, Appendix A: Source Documents, Frankfurt Meeting, Tape 12, S. 1500, zitiert in: Clark, Ramsey: War Crimes, S. 69. 799 Encke, Ulrich: Saddam Hussein - Das Protrait, Heyne Verl., München 1991, S. 7 f. - 287 - mission of the military.´“800 Diese Studien beschrieben also was jene Think Tanks und Militärstudien, in den USA, mit dem Irak vorhatten und dies lange bevor Saddam Hussein irgendwelche Andeutungen bezüglich Kuwait machte! Nach dem die Bush Administration alles in die Wege geleitet hatte, lief am 15. Januar 1991, das Ultimatum für den geforderten Rückzug der irakischen Truppen aus Kuwait ab. Es gab genügend Anzeichen dafür, daß Saddam Hussein nicht mit einem Angriff der Alliierten gerechnet hatte. Falls dies stimmen sollte, zeigte sich erneut, wie sehr er den Plan der US Führungselite verkannt hatte. Außerdem zeigte es, wie wenig er von moderner Kriegsführung verstand, denn Saddam Hussein bereitete sich auf einen Krieg im Stil des 1. Golfkrieg vor, der mit seinem Grabenstellungskrieg dem 1. Weltkrieg sehr ähnlich war. Aber die Bush Administration hatte natürlich nie in solch einer Kategorie gedacht. Statt dessen setzte sie den Plan ein, den sie ursprünglich für einen vermeintlichen sowjetischen Angriff auf Westeuropa entwickelt hatte. Dies war der F-105 Air-Land-Battle Plan, welcher vor allem auf mobile Kriegsführung setzte.801 8.2 Warum griff der Irak Kuwait an? Diese Frage wird oft mit der Standarderklärung abgetan, daß der Irak und insbesondere Saddam Hussein ein Diktator sei, der den Überfall auf Kuwait schon Monate lang zuvor geplant hatte. Diese Standard Version stellt alle Verhandlungsversuche des Irak als bloßes Täuschungsmanöver darzustellen. Es gibt aber eine Reihe von Indizien, die eine solche Interpretation als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Als Standard Version für Saddams Überfall auf Kuwait wird oft behauptet, daß der Irak hoffnungslos verschuldet gewesen sei und deswegen keinen anderen Ausweg sah, als sich die Reichtümer Kuwaits anzueignen. Außerdem wird Saddam Hussein machtpolitisches Verhalten für die Krise und den Krieg als Erklärungsgrund benutzt. Saddam sei nun mal ein Diktator und Diktatoren handeln so wie es Saddam getan hatte, wenn sie glauben, daß sie ohne weitere Konsequenzen einen anderen Staat überfallen können. Vertreter dieser Erklärung weisen immer schnell darauf hin, daß Saddam 1980 seinen Nachbarstaat den Iran angegriffen hatte und daß man deshalb nicht darüber überrascht seinen sollte, daß Saddam Kuwait angegriffen hatte. In Bezug auf den irakischen Angriff auf den Iran, vom 22. September 1980, wird aber allzu schnell vergessen, daß der Irak nicht allein an dem Krieg Schuld war. So muß fairerer Weise anerkannt werden, 800 Daniel Sheehan, „The Persian Gulf War: Covert Operations and the New World Order,“ (Rede / Speech), Santa Barbara, CA, March 21, 1991, zitiert in: Clark, Ramsey and Others: War Crimes, Washington D.C. 1992, S. 71. - 288 - daß das Unternehmen, den Iran zu überfallen mit der aktiven Unterstützung und zumindest stillschweigender Billigung Amerikas stattfand. Der Irak entwarf den Schlachtplan für seinen Blitzkrieg, mit Unterstützung von ehemaligen Generälen des Schahs und hoffte bei seiner Invasion auf die Hilfe einer großen royalistischen Pro-Schah orientierten iranischen Armee, die sich im Irak formiert hatte. Die Invasion sollte dann den 1979 abgesetzten iranischen Premierminister Schapur Bachtiar auffordern, unter irakischem Schutz eine provisorische Regierung zu bilden. Der ehemalige iranische Präsident Abolhassan Bani-Sadr hatte nach dem Krieg enthüllt, daß der Plan mit den Amerikanern abgesprochen worden war und deren Zustimmung gefunden hatte. Er sagte weiter, daß er 1980 den Bericht eines Nachrichtendienstes über ein Treffen von Saddam mit Präsident Carters Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski in Jordanien erhalten hatte, bei dem der Amerikaner angeblich die Unterstützung zusagte, die der Irak von den USA für einen Angriff auf den Iran erhalten würden.802 Des weiteren muß berücksichtigt werden, daß der Iran von Mitte bis Ende der 70er Jahre innerhalb des Irak eine Rebellion der Kurden unterstützte, mit dem Ziel die irakische Regierung zu stürzen. Es stimmt also nicht, wenn behauptet wird, der Irak oder Saddam Hussein hätten unprovoziert den 1. Golfkrieg angezettelt. Die Gründe für die irakische Invasion Kuwaits waren: Da der Hafen von Basra durch Minen und Schiffwracks im ersten Golfkrieg jeglichen Wert für den Irak verloren hatte, wollte Saddam Hussein eine Tiefseehafen, der nicht vom Iran zu erobern war.803 Für den Irak hat der Shatt El Arab daher eine sehr strategische Rolle. Der Shatt El Basra (Teil des Shatt El Arab) mündet im Chor Abdulla in den Persisch-Arabischen Golf. Diesem Seengebiet vorgelagert, sind die kuwaitischen Inseln Bubiyan und Warba. Ein irakisches Schiff, das durch das Chor Abdulla in den Golf fahren will, muß kuwaitisches Hoheitsgewässer durchqueren, die von den beiden Inseln aus sehr leicht zu kontrollieren und blockieren sind. Außerdem mündet der Shatt El Arab in den einzigen freien Hafen für die Iraker in den Persischen Golf. Ein Grund für den Irak-Kuwait-Krieg war also der freie Zugang zu den beiden Inseln, Bubiyan und Warba, die der Irak erfolglos versucht hatte von den Kuwaitis zu pachten.804 Dieses Inseln blockieren also Iraks strategisch wichtigen Zugang zum Golf.805 801 Toffler, Alvin und Heidi: Überleben im 21. Jahrhundert, DVA Verl., Stuttgart 1994, S. 102 f., 82 f. 802 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, Hamburg 1991, S. 127. 803 Hofmann, Michael: Siegen ist nicht gleich Frieden - Die bitteren Lehren aus dem Golfkonflikt, orig. Ausg., Ullstein Verl., Frankfurt am Main / Berlin 1992, S. 33. 804 Hübschen, Jürgen: Der Irak-Kuwait-Krieg - Chronologie einer programmierten Katastrophe, Edition Ergon Verl., Pfungstadt bei Darmstadt 1992, S. 87. 805 Blum, William: Killing Hope - U.S. Military and CIA Interventions since World War II, Common Courage Press, Monroe 1995, S. 321. - 289 - Ein weiterer Grund für den zweiten Golfkrieg war die ungeklärte Grenzfrage zwischen dem Irak und Kuwait. Das Rumaila Ölfeld war ein weiterer Grund, das Ölfeld ist etwa zu mindestens vier Fünfteln auf irakischem und zu einem Fünftel auf kuwaitischem Gebiet. Die desolate wirtschaftliche Lage im Irak war ebenso ein Grund für den Krieg. Hussein hoffte daher mit einem schnellen Beutezug in Kuwait Iraks Schulden loszuwerden. Einige Autoren der Golfkriegsliteratur (Dilip Hiro, Martin Yant, Douglas Kellner und Pierre Salinger) behaupten, daß Hussein Kuwait nicht ursprünglich behalten wollte, daß er womöglich den Kuwaitis nur eine Lektion erteilen wollte, um sich dann wieder zurückzuziehen, daß er daran aber dann von der kompromißlosen Haltung der Amerikaner abgehalten wurde. Eine andere plausiblere Variante der oben erwähnten Begründung der Invasion Kuwaits besagt, daß Hussein in Wirklichkeit Kuwait nur besetze, um es als eine Art Verhandlungsbasis zu benutzen, um von den Kuwaitis die geforderte Kompensation zu erhalten, die nach seiner Auffassung dem Irak zustanden. Danach hätte er die Truppen abgezogen, denn damit wäre es möglich gewesen die Krise im Interesse des Irak zu beenden. Ein US-Kongreßausschuß, der sich mit der irakischen Invasion befaßte, kam zu dem gleichen Schlußfolgerung: „The Iraqis apparently believed that having invaded Kuwait, they would get everyone`s attention, negotiate improvements to their economic situation, and pull out ... a diplomatic solution satisfactory to the interests of the United States may well have been possible since the earliest days of the invasion.“806 Aber letztendlich waren all diese Gründe mehr oder weniger sekundäre Gründe für das Zustande kommen des Golfkriegs. Der wirkliche Grund hierfür, war die kompromißlose und herablassende Einstellung der Kuwaitis, gegenüber den Irakern vor allem gegenüber Saddam Hussein. Die konsequenten Überschreitungen der Ölquoten der OPEC Regelungen führten, wie schon besprochen, im Irak zu immensen finanziellen Verlusten, die die wirtschaftliche Lage des Irak noch verschlechterten. Das abgezweigte Öl aus dem Rumaila Ölfeld (durch Schrägbohrungen der Kuwaiter) verschlechterte die bereits desolaten Beziehungen zwischen den beiden Staaten zusätzlich. Wie es schon unschwer vorauszusehen war, fühlte Saddam Hussein sich verärgert und beleidigt durch die Aktionen der Kuwaitis, die er als deutliche Provokation begriff. Die Iraker hatten mehrmals versucht, mit diversen Konferenzen und Treffen mit den Kuwaitis und den Saudis, die Krise zu entschärfen aber sie waren jedesmal an den hartnäckigen und überheblichen oft auch beleidigenden Kuwaitis gescheitert, dies konnte 806 Parry, Robert: „The Peace Feeler That Was“, The Nation, 15 April 1991, S. 480 ff. Newsweek, 10 September 1990, S. 17. Los Angeles Times, 20 October 1990, S. 6, zitiert in: Blum, William: Killing Hope - U.S. Military and CIA Interventions since World War II, Common Courage Press, Monroe 1995, S. 328. - 290 - letztendlich kein Zufall sein, denn ein kleines Land wie der Kuwait könnte normalerweise nicht daran interessiert sein, seinen viel stärkeren Nachbarn zu provozieren. Letztendlich war es höchst wahrscheinlich die Kombination der kuwaitischen Forderungen an den Irak, die Hilfe für den 1. Golfkriegs nun in verzinsten Geldern wieder zurück zu fordern, keine Kompensation für das gestohlene Öl aus dem irakischen Teil des Rumailah Ölfeldes zu zahlen, dem Irak keinen Kredit in Höhe von $10 Milliarden zu gewähren und wegen der umstrittenen Gebiete (Bubiyan & Warba) auf keine Diskussion einzugehen, die Hussein veranlaßten zu militärischen Mittlen zu greifen, um den Konflikt zu lösen.807 Wie erwähnt soll Hussein auch versucht haben, die USA in den Disput zwischen im und den Kuwait zu bringen, in der Hoffnung, daß die USA eine Vermittlerrolle spielen würden. Als die USA ihr Disinteresse signalisierten stand seine Entscheidung längst fest. Der gravierenste Grund für die Auslösung des Golfkriegs ist aber die Einstellung der USA. Während der gesamten Krise verhielten sich die USA so, als ob sie mit der irakischen Position einverstanden wären und verleiteten damit den Irak, bzw. Saddam Hussein dazu, in den Kuwait einzumarschieren. US-Botschafterin April Glaspie sendete das letzte täuschende Signal an Saddam Hussein, das diesen davon überzeugte die USA würden sich nicht militärisch wegen Kuwait gegen den Irak wenden. Ein weiterer Grund für die irakische Invasion war auch Saddam Husseins hegemoniales Bestreben in der Region gewesen, da er sich längst als Anführer aller Araber sah. Trotzdem hätte Hussein eine solche nicht gewagt, wenn die USA ihm nicht ständig ihre freundschaftlichen Botschaften zukommen ließen und ihm mehrmals versichert hätten sein Problem mit Kuwait sei für sie ein „inner-arabische“ Angelegenheit! Eine nicht ganz seriöse Begründung für die Invasion gab Tarik Aziz, als Husseins Außenminister. Diesem zufolge sah sich das irakische Regime zur Invasion Kuwaits genötigt, da man eine US Invasion am 2 August erwartete.808 Diese Erklärung scheint doch ein Versuch des irakischen Regimes zu sein, seine eigene Invasion, durch eine mögliche amerikanische, rechtfertigen zu wollen. 8.3 Das Täuschungsmanöver des 2. Golfkriegs 807 Salinger, Pierre/Laurent, Eric: Krieg am Golf. München. 1991, S. 74. Aggarwal, J. C.: Gulf Crisis – Pre-War & Post-War Senario, S. Chand & Comp., New Dehli 1991, S. 2. Clark, Ramsey: The Fire This Time, 1992, S. 14-19, 32 f. 808 Washington Post, 23 June 1991, S. A16. - 291 - Die US Führung konnte ihre ersehnten Ziele nur über den 2. Golfkrieg erreichbar! Daher mußte die US Führung unter Bush ein Täuschungsmanöver implementieren, um einerseits dem Irak eine realpolitische Falle zu stellen und andererseits um die eigene Bevölkerung von den wahren Gründen der hegemonialen US Politik abzulenken. Denn es wäre äußerst zweifelhaft gewesen ob diese, falls sie über die wirklichen Gründe des US Kriegs gegen den Irak bescheid gewußt hätte, ihn auch unterstützt hätte. Als bestes Beispielt gilt der jüngste Irak-Krieg der USA, der nur unter großen Protesten der US Bevölkerung statt finden konnte. Das Täuschungsmanöver mußte auch verwendet werden, um die Alliierten auf die US Seite zu bringen, da es viel leichter ist andere Staaten und Organisationen von seiner Sache zu überzeugen, wenn man die Moral auf seiner Seite hat. So ließe sich für die US Regierung leicht behaupten, der Irak habe Kuwait völlig unprovoziert angegriffen, womit auch sofort die Weltmedien für die Sache eingespannt wurden. Das Täuschen war so erfolgreich, weil es sich der moralischen Legitimität in aller Welt sicher sein konnte. Aber das Täuschen macht hier keinen Halt, denn die Behauptung Washington kämpfe nicht um Besitz, sondern um internationales Recht, Demokratie und Menschenrechte waren weitere vorgeschobene Gründe, die moralisch schweres Gewicht besaßen und daher die Gegner der US Politik indirekt angriffen. So wurde suggeriert, wer gegen den Krieg ist, der ist auch gegen internationales Recht, Demokratie und Menschenrechte. Das Täuschunsgmanöver hatte auch eine ökonomische Dimension. Da die USA als Schützer des Zugangs zum Öl im Golf auftraten, konnten die Alliierten (westlichen) Staaten, die umso mehr vom Öl abhängig waren, wie die BRD, Frankreich & Japan, kaum gegen diese Taktik vorgehen. Schon alleine die Drohung der US Regierung und ihrer zugehörigen Ölfirmen brachte jede amtliche Kritik über imperiale Tendenzen der US Ölpolitik sofort zum schweigen, da sonst befürchtet wurde man könnte vom Zugang des Öls der Region ausgeschlossen werden. Natürlich war die Bush Regierung (genauso wie heute) daran interessiert, die riesigen Ölreserven des Iraks für ihre Firmen zu sichern. Schon allein die ökonomische Lage und die elementar wichtige Dollar-Öl Verbindung (hierzu später mehr) machte dies nötig. Die Täuschung war aber auch für die US Regierung so wichtig, da sie das dringend notwendige neue Feindbild brauchte, das nach dem Niedergang der S.U. drohte, komplett verloren zu gehen. Der m.i.K. benötigt ein Feindbild als Rechtfertigung für dessen Ausbau und Existenz. Der Golfkrieg von 1991 zeigt daher nur allzu deutlich, daß nach dem Kalten Krieg noch lange keine friedliche Welt bevorstand. „Der Krieg gegen den Irak war in gewisser Hinsicht die `Notbremse´, der letzte Zeitpunkt und das letzte Mittel, um den Irak davon abzuhalten, eine eigenständige Regionalmacht mit - 292 - großem Gewicht zu werden.“809 Dieses Zitat wird um so verständlicher, wenn bekannt wird, daß der Irak große (teilweise erfolgreiche) Versuche unternommen hatte, um militär- technische Unabhängigkeit zu erreichen. Während des ersten Golfkriegs hatten beide der Irak und der Iran Raketen entwickelt, die die Hauptstädte des anderen treffen konnten. Im Dezember 1989 teilte der Irak den Abschuß einer Dreistufenrakete mit, die einen Satelliten in die Umlaufbahn tragen konnte, und wies auf Probestarts von Fernlenkgeschossen mit einer Reichweite von ca. 2000 Kilometern hin.810 Kurz vor Auslösung der Golfkrise mit Kuwait, hatte der Irak eine große Armee aufgebaut, eine ausgezeichnet ausgebildete technologische Elite geschaffen, die in der ganzen Welt nach den modernsten Errungenschaften der Hochtechnologie suchte. Der Irak war auf dem Weg, sich atomare Zünder zu besorgen, er stand kurz davor, einen Satelliten ins All zu schicken, und besaß Raketen, die theoretisch Südeuropa erreichen konnten. Im Januar 1991 teilte der Irak mit, daß ein Satellitenstart ins Weltall gelungen sei.811 Innerhalb eines Jahres nach dem Iran-Irak Krieg, veranstaltete Bagdad im April 1989 die erste Rüstungsmesse, und kündige die Aufnahme einer eigenen Raketen- und Flugzeugproduktion an.812 1990 hatte der Irak ein Waffenprogramm entworfen, „das ihm in absehbarer Zukunft ein atomares Gleichgewicht mit Israel gesichert hätte.“813 Aus diesem Grund drängte vor allem Washingtons Hauptverbündeter Israel (und dessen Lobby in den USA), diesen zu einem massiven Militärschlag oder Krieg gegen den Irak.814 Auch war das „terroristisch / islamische Feindbild“ schon einmal gefunden, an dem sog. US Think Tanks schon seit Ende der 80er Jahre intensiv arbeitenten.815 Nach dem 2. Golfkrieg war in den westlichen Medien oft die Rede von Rache Akten der Iraker in Form von Terrorismus. Die zahlreichen US Studien zum Thema internationaler Terrorismus, die schon Ende der 80er publiziert wurden, zeigen deutlich, wie sehr hier die US Gesselschaft auf einen solchen konditioniert werden sollte. Die US-Massenmedien taten dann ihr übriges, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß die nächste große Gefahr für die USA der Terrorismus sei. Vor allem Samuel Huntington hat durch seinen Weltbestseller Kampf der Kulturen, dazu beigetragen, die These von einem unweigerlichen Krieg oder Konflikt zwischen der islamischen und westlichen Gesellschaft salongfähig zu machen. Er brachte die 809 Hippler, Jochen: Die Neue Weltordnung, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1991, S. 161. 810 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, 1. Aufl., Rowohlt Verl., Hamburg März 1991, S. 150 f. 811 Ebenda, S. 278, 162. 812 Ebenda, S. 141 f. 813 Ebenda, S. 47. 814 Ebenda, S. 233, 52. Darwish, Adel / Alexander Gregory: Unholy Babylon - The Secret History of Saddam´s War, St. Martin´s Press, New York 1991, S. 294. - 293 - akademische Rechtfertigung für einen solchen, welche hervorragend zur 11.9. Politik der Bush Administration paßt. Es ist klar, daß das m.i.K. ohne Feindbild durch Frieden buchstäblich bedroht ist. Ein Umsteigen von einer militarisierten Nation, wie es die USA derzeit sind, zu einer zivilien ist ohne gravierende Schäden für die US Ökonomie längst nicht mehr möglich.816 8.4 Der amerikanische Triumph im Golfkrieg Mit dem Krieg wurden drei Hauptziele der USA erreicht: Den Irak als Regionalmacht in der geo-strategisch wichtigen Region auszuschalten und für Jahrzehnte zu schwächen, so daß er den hegemonialen Abitionen der USA nicht mehr im Weg stehen kann, und damit wurde er permanent von britischen und US Kampfjets kontrolliert und nach Bedarf bombardiert, um die US militärische Präsenz in der gesamten Region zu sichern. Damit wurde durch die zahlreichen anderen US Militärstützpunkte im Mittleren Osten die geo-strategisch wichtige Golfregion von den USA militärisch verwaltet. Zweitens wurde mit dem Krieg auch die Ölindustrie des Landes praktisch außer Gefecht gesetzt. Was der Krieg an Öl Potential nicht zerstören konnte, wurde dann durch die Sanktionen geschafft. Drittens wurde mit dem Sieg, der ganzen Welt, auf Grund der neuen Darbietung von US Macht, klar gemacht, wie sehr nun die USA als einzig verbleibende Supermacht, die interationalen Beziehungen der Welt, fast im Alleingang, bestimmen würden. Somit war die Bipolarität mit einem gewaltigen (US) Schlag beseitigt worden, um Platz zu machen für die neue Unipolare Weltordnung der USA. Zur gleichen war mit „Desert Storm“ auch teilweise das Ziel erreicht; jeden potentiellen Gegner der US Politik, vor allem in der dritten Welt, abzuschrecken und zu zeigen, daß diese mit Angriffen rechnen müssten, wenn sie sich gegen vitale US Interessen stellen. 8.5 Mit dem Golfkrieg wurden die USA zur Hegemonialmacht am Golf Der 2. Golfkrieg brachte für die USA eine epochale Wendung ihrer hegemonialen Nahostpolitik. Folgerichtig wurde daher über die US-Außenpolitik im Persischen Golf berichtet: „Nachdem sie sich - leichter als erwartet - militärisch durchgesetzt hat, befand sich der amerikanische Einfluß in der Region 1991 auf einem Höhepunkt . . .“817 Peter Odell faßt die Lage der Anglo-Amerikanischen Außenpolitik daher treffend zusammen: 815 Siehe hierzu vor allem: Hippler, Jochen / Lueg, Andrea: Feindbild Islam, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1993. 816 Bruhn, Jürgen: Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Focus Verl. Grießen 1995, S. 236. 817 Hornung, Klaus: Krisenherd Naher Osten, Heyne Verl., München 1993, S. 226. - 294 - Indeed, the level of structural control over the region now exercised by the United States (and through its allies in the region) is in some ways greater than at any stage certainly over the past 20 years, and possibly throughout the entire postwar era. A number of points bear this out. First, the state that was previously an ally and that became an enemy on 2 August 1990 - the date of its invasion of Kuwait - was militarily defeated and its infrastructure largely destroyed, removing an immediate obstace to Western control over the region. Second, the war reinforced the dependency of the Gulf states on the West. Thus, the West has re-secured effective control over the defence policies of the Gulf states for the first time since the smaller Gulf states became independent from Britain in 1971. Saudi Arabia - the biggest single prize of all - is now also included into the bargain. Thus the (largely) Western military intervention of 1991 achieved the same basic end as the British on of 1961 in Kuwait (which was conducted ostensibly to defend Kuwait from Iraqi attack): reasserting Western power in the region and demonstrating the need for reliance on the West. Indeed, the Western military intervention of 1990-1991 undermined the prospects for a regional solution and the ability of regional states and organisations to play a more meaningful role in the region´s affairs. . . .818 Third US influence over the oil policy of the most important state Saudi Arabia - has increased. Accoring to oil expert Peter Odell, there are currently ´high prospects for the international expansion of the American oil corporations` and there is ´a particular opportunity which stands out above all others as a joint function of American foreign policy and the collaborative role of the major American oil companies.` This prospect is ´the emerging geopolitical reality of a long-term United States-Saudi Arabian compact in which the oil component is a central element`. This compact has been formed largely by Saudi reliance on US military power for protection more or less in return for oil pricing and production policies favorable to the US. Odell notes that ´the American-Saudi entente will effectively upstage OPEC . . . , whose other members will become virtually powerless to influence prices as long as the United States and Saudi Arabia remain committed to current price levels.`819 The fourth major effect favourable to the United States is the consequent reduced ability of regional states and the international community to impose policies on Israel unless validated by the US.820 Folgende Erkenntnisse gehen aus diesen Zitaten eindeutig hervor: 1.) Durch ihren militärischen Sieg haben die USA ein Kontrolle über die Region erlangt, wie sie seit 20 Jahren, vielleicht sogar seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nicht mehr besaßen. Dies wurde durch die Zerschlagung des Iraks und dessen Infrastruktur erreicht, welche sich als Hindernisse der US (westlichen) Dominanz erwiesen. 818 Odell, Peter: ´International Oil: A Return to American Hegemony´, World Today, Vol. 50, No. 11, November 1994, zitiert in Curtis, Mark: The Great Deception, S. 122. Vgl. Aburish, Said: The Rise, Corruption and Coming Fall of the House of Saud, Bloomsbury, London 1994, S. 177. 819 Odell, Peter: ´International Oil: A Return to American Hegemony´, World Today, Vol. 50, No. 11, November 1994, zitiert in: Curtis, Mark: The Great Deception, S. 123. 820 Hirst, David: ´Jordanians told to uphold peace pact`, Guardian, 17 November 1994, zitiert in Curtis, Mark: The Great Deception, S. 124. - 295 - 2.) Nach dem Krieg haben die USA und Saudi Arabien ein Bündnis zementiert, in dem die USA den Saudis Protektion zusagen unter der Bedienung, daß Saudi Arabien seine Ölpolitik nach US Preis und Produktionsvorstellungen ausrichtet. Durch dieses Abkommen ist es den USA gelungen, die OPEC zu überwinden. Das Täuschungsmanöver im 2. Golfkrieg wurde von den USA ganz im hegemonialen Stil verwendet. So wurde ein Machtvakuum, wie Glipin bestätigt, von der aufstrebenden (Super)Macht USA konsequent ausgenutzt, als die Sowjetunion wirtschaftlich einen akuten Schwächeanfall Anfang 1990 erleidete. Dies ermöglichte es den USA Realpolitik zu betreiben, mit der sie, zielbewußt durch den Irak-Krieg 1991, die ganze Golfregion zu dominieren anstrebte. Wie schon der Realismus andeutet, ist in einer unsicheren Welt das höchste Gut eines jeden Staates die Sicherheit, die dieser erlangen kann. Auch in dieser Hinsicht bedeutete das ausfüllen des Machtvakuums im Mittleren Osten für die USA zusätzliche Sicherheit, gegenüber allen anderen Staaten. Aber auch der Zwang so zu agieren ist laut der Hegemonie-Theorie unumgänglich, da sonst ein potentieller Konkurrent der USA, wie z.B. die Regionalmacht des Iraks ihre Machtposition gegenüber den USA, mit der Einverleibung des Kuwaits, verbessert hätte, und dies auf Kosten für den US Machtstatus in aller Welt. 8.51 Über den Golfkrieg zur Beherrschung der Erdölreserven im Mittleren Osten Retrospektiv gesehen, bedeutete der zweite Golfkrieg für die US-Führung eine einmalige Gelegenheit, die Golfregion zu dominieren. Mit einem Schlag (Krieg) war es den USA gelungen, in einer Region Fuß zu fassen, wie dies bis dato seit dem britischen Kolonialreich nicht mehr der Fall gewesen war. 40 Prozent der Weltölreserven und 45 Prozent der netto Öl- Exporte fielen daher schlagartig nach „Desert Storm“ an die USA. Die amerikanische Macht im internationalen Ölgeschäft war mit dem Krieg am Golf auf dem absoluten Höhepunkt angelangt, zu einer Zeit in der die Ölabhängigkeit Amerikas ihren historisches Höchstmaß erreicht hatte. „With one final stroke, justified and sanctioned by international law of the United Nations, the deployment of U.S. troops in the Gulf brought under American influence territories that held 40 percent of the world´s proved reserves and controlled 45 percent of the world´s net oil exports. American power over the international oil scene has never been so dominat at a time when American dependency on imported oil has never been greater.“821 Diese 821 Rossi, Lorenza: Who Shall Guard the Guardians Themselves? An Analysis of U.S. Strategy in the - 296 - Betrachtungsweise wurde auch von den Medien zu Kenntnis genommen. Kurz nach dem Golfkrieg war in der New York Times zu lesen, wie sehr der Einfluß der USA auf die OPEC zugenommen hatte. Es wurde bestätigt, daß die USA durch ihren Sieg am Golf einen Einfluß erlangt hatten, wie sie zuvor keine Industrienation jemals erlangt hatte. „Shortly after the war, as representatives of the thirteen oil-producing nations were about to gather in Geneva, the business correspondent of the New York Times wrote: `By virtue of its military victory the United States is likely to have more influence in the Organization of Petroleum Exporting Countries than any industrial nation has ever exercised.´“822 Bulloch und Morris schrieben zur Zeit der Golfkrise über Amerikas kontinuierliche Ölabhängigkeit: „Die Vereinigten Staaten waren 1990 abhängiger von importiertem Öl als je zuvor. Sie führten zu diesem Zeitpunkt mehr als 52 Prozent ihres Ölbedarfs ein, davon 11,5 Prozent aus der Golfregion.“823 Zwischen 1982 und 1988 stiegen in den USA die Ölimporte im Vergleich zu Japan und Deutschland um das Fünffache.824 Heute beziehen die USA 25,7 % ihres Öls aus den Golfstaaten.825 Ferner sind die USA das „verschwenderischste Land der Welt“. Während sie weniger als 5 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen verbrauchen sie 26 % des gesamten auf der Welt geförderten Erdöls,826 und dies während sie nur 2 % der Weltölreserven besitzen.827 Heute müssen die USA 60 % ihres kolossalen Ölbedarfs importieren.828 Erdöl spielte seit Anfang des 20. Jh. eine entscheidende Rolle zu Kriegs- und Friedenszeiten. Seither kam keine Groß- oder gar Supermacht ohne den essentiell wichtigen Rohstoff aus. Egal ob es sich um die Petro-chemische Industrie, die Landwirtschaft, PC relevante Produkte, die Agrarwirtschaft oder die Pharmaindustrie handelt ohne Öl könnte keine von ihnen existieren. Daher überrascht es auch nicht, daß die USA im 2. Weltkrieg siegten, da sie enorm Ölreserven besaßen. Die S.U. besaß noch größere Mengen an Erdöl, ohne die ihr Aufstieg zur Supermacht nicht denkbar gewesen wäre und selbst Russland besitzt heute Middle East Since 1945, Diss., Berlin; Frankfurt/M.; New York; Paris; Wien 1998, S. 291. 822 Zinn, Howard: A People´s History of the United States - 1492-Present, revised and updated ed., HarperPerennial, N.Y. 1995, S. 583. 823 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, Rowohlt Verl., Hamburg März 1991, S. 165. 824 Shapiro, Andrew, L.: Die Verlorene Weltmacht - Amerika im Vergleich zum Rest der Welt, C. Bertelsmann Verl., 1. Aufl., München 1993, S. 203. 825 Schmid, Fred/Conrad, Schuler: Krieg ums Erdöl, 2. akt. Aufl., Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung, Spezial # 15, München 2003, S. 35. 826 Ebenda, S. 5. Vgl. Thielen, Helmut (Hrsg.): Der Krieg der Köpfe - Vom Golfkrieg zur Neuen Weltordnung, Horlemann Verl., Unkel / Rhein / Bad Honnef 1991, Beitrag von: Alfred Mechtersheimer „Antiamerikanisch - weshalb eigentlich nicht?“, S. 113. 827 Magdoff, Harry et al.: „Die imperialen Ambitionen der USA und der Irak“, in: Irak Krieg, Marxistische Blätter Special 1-2003, Essen 2003, S. 10. 828 Schmid, Fred/Conrad, Schuler: Krieg ums Erdöl, 2. akt. Aufl., Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung, Spezial # 15, München 2003, S. 5. - 297 - immer noch große Reserven an Erdöl und ist eine Großmacht. Auch die EU wäre nie ohne das billige Öl des Mittleren Ostens zu einer Wohlstandsregion aufgestiegen.829 Deshalb galt Öl nicht nur als „strategischer Rohstoff“, der primär in Kriegszeiten für die US Führung unerlässlich war, sondern ohne ihn ist der Hegemonialstatus unerreichbar. Daher war die US Führung 1990 bestrebt den Irak als Regionalmacht im Mittleren Osten zu eliminieren, weil dieser seit seiner sozialistischen Revolution von 1958 den Interessen der USA im Weg stand. Nur mit dem Krieg von 1991 konnten die USA sich das Öl der Region aneignen. Einzige Ausnahme war der Iran, daher auch der von der von den USA angefangene Streit um Atomanlangen des Irans. Wie erwähnt verfügte die US-Regierung in Kooperation mit der britischen, nach dem Golfkrieg, über 44,6 % (60,9 Milliarden Tonnen Öl) der gesamten Ölreserven der Welt und 68 % der Ölreserven des Mittleren Ostens unter Anglo-amerikanischer Kontrolle. Diese 44,6 % der Ölreserven der Welt ergeben sich aus der Tatsache, daß die Ölreserven Saudi Arabiens mit 25,2 %, Kuwaits mit 9,3 % und die der V.A.E. mit 10,1 % im Anglo-Amerikanischen Lager liegen.830 Über eine solche Konstellation der Besitzergreifung des Erdöls im Golf schrieb Mohssen Massarrat, „nach dem Ende des zweiten Golfkrieges, dürfte kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß das entscheidende Kriegsziel in Wahrheit das war, was tatsächlich auch verwirklicht worden ist: die Rückführung der kuwaitischen Ölreserven in das westliche Lager, die Wiederherstellung der anglo-amerikanischen Kontrolle über die umfangreichsten Ölreserven der Welt, . . .“831 Mit dem Golfkrieg 1991 wurde Kuwait mit seinen fast 10 % der Weltölreserven rasch wieder von US (Öl)Konzernen übernommen. Karl Grobe-Hagel äußerte hierzu: „Kuwait haben die US Konzerne durch Kapitalbeteiligung längst unter Kontrolle; die Wiederherstellung der Souveränität des Emirats im Krieg von 1991 sicherte die Interessen der Anteilseigner ab.“832 Es war aber nicht nur ein ökonomischer Sieg, den die USA mit dem Krieg davon trugen. Vor allem war es auch ein militärischer Sieg, der die USA in die Lage versetzt zur absoluten dominanten Macht im strategisch wichtigen Mittleren Osten aufzusteigen, wie es zuvor nicht möglich war. Ein Artikel von Irwin Silber in der Ausgabe vom April 1991 im Crossroads verdeutlicht dies: „As a result of the outcome of the war in the Gulf, … ´The U.S. has unmistakably re-established itself as a superpower.` The U.S. government´s ´display of 829 Hornung, Klaus: Kriesenherd Naher Osten, Heyne Verl., München 1993, S. 162. 830 Massarrat Mohssen (Hrsg.): Mittlerer und Naher Osten - Geschichte und Gegenwart, Eine problemorientierte Einführung, Agenda Verl., Münster 1996, S. 294. 831 Ebenda, S. 295. 832 Grobe-Hagel, Karl: Irakistan – Der Krieg gegen den Irak und der „Kreuzzug“ der USA, ISP Verl., Köln 2003, S. 183. - 298 - devastating high-tech military power in the Gulf and its willingness to use it ruthlessly´ … ´will be an enormously intimidating factor in all future situations where the U.S. declares that it´s vital interests´ are involved.” … The U.S. is now-more than ever-the dominant force in the Middle East.´”833 Nach dem erneuten Irak Krieg 2003 besitzen die USA sogar im Alleingang fast 60 % der gesamten Ölproduktion und Ölreserven der Welt. Diese ergibt sich aus der Kontrolle über folgende wichtige OPEC Nationen: Irak, Saudi Arabien, Kuwait und den V.A.E.834 Das Resultat dieser Tatsache ist, daß das Öl der Region nun als Machtmittel der US Führung zur Verfügung steht, um ihre hegemonialen Interessen zu forcieren. Denn es dürfte klar sein, daß wer auch immer die Verteilung der Ölreserven der Welt in der Hand hält diesen Trumpf hegemonial in der Weltpolitik ausspielen kann. Umso mehr da die Ölreserven der Welt limitiert sind. In den letzten Jahrzehnten wurden kaum noch neue größere Reservoire entdeckt. Zeiten, in denen die Funde die Produktion übertrafen, sind längst vorbei. Öl ist daher heute noch viel wertvoller. Eine Studie bemerkte deshalb: „Öl ist das Herz der Wirtschaft.“835 Wegen des steigenden Bedarfs - besonders bei Indien und China, die ihren Energiebedarf für ihre steigenden Produktion nicht aus eigenen Quellen begleichen können - ist die Herrschaft über Produktion und den Ölmarkt entscheidend. Auch Europa und Japan decken ihren Bedarf an Rohöl zu einem großen Teil aus den Ölfeldern des Nahen Ostens. Europa muß 40 und Japan ganze 80 % aus dem Mittleren Osten importieren.836 Daher spielt die Frage des Ölpreises eine entscheidende Rolle. Verfügen die USA über die Ölressourcen des Iraks, können sie die OPEC unterlaufen oder sogar völlig obsolet machen, da sie dann den Preis des Rohöls bestimmen können. Mit der US Sanktionspolitik dem Irak gegenüber konnten die USA zumindest das irakische Öl, über das sie damals nicht verfügten, bedingt kontrollieren, indem sie es größtenteils vom Weltmarkt hielten. Somit war ein irakisches beeinflussen des Ölmarkts ausgeschlossen, da hierfür viel größere Produktions- und Verkaufszahlen nötig gewesen wären. Dies zeigt wie sehr der Ölpreis stets eine wichtige Rolle bei der Entscheidung der USA Krieg mit dem Irak zu führen spielte. Bush konnte die Okkupation Kuwaits nicht dulden, da der Irak dann einen viel zu großen Einfluß auf den globalen Ölpreis hätte, ähnlich wie Saudia Arabien, aber im 833 Crossroads, April 1990, zitiert in: Water, Mary-Alice (Ed.): New International – A Magazine of Marxist Politics and Theory, # 7, Special War Issue, 1991, New York 1991, S. 113. 834 Schmid, Fred/Conrad, Schuler: Krieg ums Erdöl, 2. akt. Aufl., Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung, Spezial # 15, München 2003, S. 5. 835 Ebenda, S. 5. 836 Ebenda, S. 35. - 299 - krassen Kontrast zu diesem war der Irak keine Nation, die ihre Ölpolitik nach US Interessen richtete. Im Gegenteil zu Saudi Arabien, das zu dem noch ein treuer Alliierter der USA ist, war der Irak stets bestrebt den möglichst höchsten Ölpreis zu erlangen. Das Zurückhalten des irakischen Potentials auf dem Weltölmarkt bedeutete generell teueres Öl. Teures Erdöl trifft vor allem Europa, Japan und andere Konkurrenten der USA und bringt ihnen erhebliche wirtschaftliche Nachteile, während die USA davon profitieren - jedenfalls solange das Erdöl mit Dollars bezahlt wird.837 Natürlich durfte der Ölpreis für die US Ökonomie nie zu teuer werden, da dies ihrem wirtschaftlichen Wachstum schaden würde. Was die US Hegemonie im 21. Jahrhundert gefährden könnte ist nicht ihr militärischer Status, sondern ihre volkswirtschaftliche Situation. Primär da die USA zwar die stärkste Militärmacht sind aber zugleich auch der größte Schuldner der Welt. Allein im Jahre 2002 lag das Handelsbilanzdefizit der USA bei annähernd 550 Milliarden Dollar. Die USA sind beim Rest der Welt mit 8 000 Milliarden Dollar verschuldet. Seit den 80er Jahren wurden in der US- Außenpolitik die militärischen Belange immer wichtiger, während ökonomische Fragen weniger interessierten. Zu Beginn des 1. Golfkrieges hatten sich die USA - die nach dem 1. Weltkrieg die dominierende Wirtschaftsmacht geworden waren - zum höchstverschuldeten Land der Welt entwickelt. Um diese Schulden zu finanzieren, sind die USA heute auf einen täglichen Kapitalstrom von etwa 2 Milliarden Dollar angewiesen. Dieser Fluss - der etwa 2/3 des in der Weltwirtschaft erzielten Überflusses entspricht, kann nur deshalb aufrechterhalten werden, weil der Dollar die wichtigste internationale Reservewährung ist. Ende der 90er Jahre wurden etwa 4/5 aller Devisentransaktionen sowie die Hälfte der weltweiten Exporte in Dollar abgerechnet. Die offiziellen Währungsreserven wurden ebenfalls in Dollar gehalten. Mit der Einführung des Euro hat der Dollar ernsthafte Konkurrenz bekommen. Durch den Zusammenbruch der Spekulationsblase, an den Aktienmärkten der USA, hat sich das Blatt aber gewendet.838 Mittlerweile hat der Dollar etwas 20 % seines Wertes gegenüber dem Euro eingebüßt (Stand Mai 2005). 8.52 Das Öl als Hegemonie-Instrument Vor allem war das Erdöl der Golfregion für die Hauptwirtschaftskonkurrenten Amerikas und deren volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten zu einem unentbehrlichen ökonomischer Faktor geworden. Es geht hierbei nicht so sehr um die Vergangenheit als um die unsichere 837 Das Öl, der Dollar und der Euro: Der Irak-Krieg - kein «Moneymaker», aber ein «OPEC-breaker» von Matthias George, Basel in: Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_104c/T06.HTM - 300 - Zukunft und hier bestätigt sich von selbst: „Das Ölreservoir im Golf ist nicht nur das größte der Welt, neue Explorationen vermehren sogar die schon nachgewiesenen Vorkommen.“ Die bekannten Reserven werden auf jeden Fall bis zum Jahr 2050 reichen.839 Der globale Bedarf liegt derzeit bei 29 Mrd. Barrel pro Jahr, wird aber auf 42 Mrd. Barrel für das Jahr 2020 geschätzt.840 Bis 2025 soll der globale Ölbedarf um 60% ansteigen. Der Ölexperte Colin Campell prognostiziert, daß in schon 2-4 Jahren der Gipfel der Ölförderung überschritten sein wird. Während in den letzten 20 Jahren kein einziges großes Ölfeld mehr entdeckt wurde, sind die größten Ölfelder heute zwischen 25 und 100 Jahre alt und trocknen allmählich aus. Erstmals hat die internationale Energieagentur in Paris von nur ´noch 30 Jahren Ölvorräten` gesprochen.841 Das globale Fördermaximum wird etwa um 2005 erreicht sein; wegen der Unsicherheiten läßt sich dies vielleicht bis zum Jahr 2010 erweitern. Ab dann geht es nur noch bergab.842 Neben der vorhandenen Menge ist besonders die kostengünstige Förderung des Öls wichtig, so sind z.B. die Kosten in den USA fast 20mal höher als die im Persischen Golf.843 Bis 2030 wird sich der globale Primärenergiebedarf noch um 2/3 erhöhen, und Öl und Gas bleiben die Hauptenergieträger. Der Öl Anteil wird dann bei 40 % liegen.844 Dazu kommt noch, daß die Ölreserven in den USA und in der Nordsee in 10 Jahren zu Ende gehen. Bis zum Jahr 2020 wird von Experten sogar mit einer allgemeinen Zunahme des Ölbedarfs um 50 % gerechnet.845 Im Jahr 2001 bezogen die USA schon 25,7 % ihres Öls aus der Golfregion.846 Ferner sind die USA das „verschwenderischste Land der Welt“. Während sie nur 5 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, verbrauchen sie ein Viertel des auf der gesamten Welt geförderten Erdöls,847 und ihr Ölbedarf wird in Zukunft stark zunehmen. 838 Ebenda. 839 Bulloch, John / Morris, Harvey: Saddams Krieg, 1. Aufl., Rowohlt Verl., Hamburg März 1991, S. 214. In diesem Buch ist eine Diskrepanz zu bemerken, auf Seite 214 wird das Golföl das die USA importieren mit 5% angegeben, während auf Seite 165 es mit 11,5 % vermerkt ist. 840 Der Spiegel, Nr. 22/24.5.04, „Die Quelle des Krieges“, S. 113 f 841 Frankfurter Rundschau, Montag, 8. November 2004, Nr. 261, „Die große Chance“, S. 7. 842 Campbell, Colin J.: Ölwechsel, München 2002, S. 77, zitiert in: Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kapf um die Weltherrschaft, DVA Verl., 2. Aufl., Stuttgart / München 2003, S. 208. 843 Dietz, H. / Hartmann, G. / Wüst, J.: Zeitbombe Nahost - Vom Golfkrieg zur Neuen Weltordnung?, Schulte & Gerth Verl., 1. Aufl., Asslar 1991, S. 17. 844 „Welt-Energie-Ausblick“ Der Internationalen Energieargentur (IEA), zitiert in: Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl, München 2003, S. 5. 845 Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl, S. 35. 846 Ebenda. 847 Thielen, Helmut (Hrsg.): Der Krieg der Köpfe - Vom Golfkrieg zur Neuen Weltordnung, Horlemann Verl., Unkel / Rhein / Bad Honnef 1991, Beitrag von: Alfred Mechtersheimer „Antiamerikanisch - weshalb eigentlich nicht?“, S. 113. - 301 - Wie schon gezeigt, hatten die USA mit dem 2. Golfkrieg, mit Ausnahe des Iran, das Erdöl der ganzen Region unter ihrer Kontrolle.848 Dieses war und ist essentiell für ihre Hegemonie. Ebenso wichtig war aber wie Winfried Wolf bestätigt: „Dieser Krieg brachte den Push für den neuen langen Konjunkturzyklus, der in den USA 1999 noch anhält.“849 Damit war die US Wirtschaft, die so sehr von Rüstungsaufträgen abhängt, gerettet und die 1990er Rezession letztendlich überwunden.850 Der ehemalige amerikanische Energieminister, James Schlesinger, brachte es im September 1989 anläßlich der Weltenergiekonferenz in Montreal, auf den Punkt: ´Welche Großmacht auch immer die Kontrolle über die Energieressourcen in der Golfregion erringt, sie wird dadurch im großen Ausmaß auch die Entwicklung der Welt beherrschen.`851 Während Lee Hamilton, als Vorsitzender des Unterausschusses für Europa und den Nahen Osten im US Repräsentantenhaus, völlig unverblümt über den Golfkrieg gestand: „Der Grund für unseren Einsatz am Golf ist viel alltäglicher: Geld und Öl - und wer die Kontrolle darüber ausübt.“852 Über ein Jahr nach Ende des Golfkrieg war es erneut James Schlesinger auf dem 15. Kongreß des Weltenergierates, der im September 1992 in Madrid offenbarte: `Das, was das amerikanische Volk aus dem Golfkrieg gelernt hat, ist, daß es wesentlich leichter und wesentlich lustiger ist, den Leuten im Vorderen Orient in den Hintern zu treten, als Opfer zu bringen und die Abhängigkeit Amerikas im Hinblick auf das importierte Öl zu begrenzen.`853 Noch wichtiger war aber die Tatsache, daß vom Öl und Ölpreis nicht nur das Auto abhängt, sondern auch die Bahn, die chemische Industrie, der Düngermittelmarkt, die Luftfahrt, die IT- Branche, ja somit fast die gesamte Weltwirtschaft, sogar die Lebensmittelversorgung inklusive Landwirtschaft. Was den Besitzern und Vertreibern dieses kostbaren Rohstoffs enorm viel Macht und Einfluß auf die globale Wirtschaft verleiht, denn: ´Der Ölmarkt 848 Massarrat Mohssen (Hrsg.): Mittlerer und Naher Osten - Geschichte und Gegenwart, Eine problemorientierte Einführung, Agenda Verl., Münster 1996, S. 294. 849 Wolf, Winfried: Bombengeschäfte - Zur politischen Ökonomie des Kosovo-Kriegs, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1999, S. 74. 850 Chomsky, Noam: Deterring Democracy, Vintage Books, London 1992, S. 81, 21 f. Der Spiegel, 1 / 1994, Rüstung: „Bitte um Hilfe“, S. 112 f. Clark, Ramsey (Ed.): Challenge to Genocide - Let Iraq Live, International Action Center, New York 1998, „Weapons of Mass Destruction“, von Richard Becker, S. 45 f. Siehe diesbezüglich auch: Khan, Mansur: Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege - Verschwörung und Krieg in der US-Außenpolitik, Grabert Verl., Tübingen 1998. 851 Die Tageszeitung vom 13. August 1991, zitiert aus: Massarrat Mohssen (Hrsg.): Mittlerer und Naher Osten, Münster 1996, S. 296. 852 Der Spiegel Nr. 34 / 1990, S. 119f, zitiert aus: Massarrat Mohssen (Hrsg.): Mittlerer und Naher Osten, Münster 1996, S. 296. 853 Sarkis, Nicolas, 1993: L´inquiétante baisse des revenus du pétrole, in: Le monde diplomatique, No. 467, Feb. 1992, Paris, zitiert aus: Massarrat Mohssen (Hrsg.): Mittlerer und Naher Osten, Münster 1996, S. 296. - 302 - funktioniert längst nicht mehr nach den Gesetzen des Marktes, sondern nach denen des Monoploy-Spiels, wobei die Spieler in Riad, Washington oder Houston sitzten.“854 Ausschlaggebend war aber, daß die USA mit dem Golfkrieg 1991 die Kontrolle über den essentiellen Wirtschaftskraftstoff Erdöl an sich reißen und somit die Preise und die Mengen hiervon bestimmen können. Damit waren sie stets in der glücklichen Lage, ihre Hauptwirtschaftskonkurrenten in den 90er Jahren – Japan und die BRD – über den Ölpreis zu kontrollieren. Somit ließ sich auch der bevorstehende wirtschaftliche Abstieg vorerst abwenden. Mit diesem großen Vorteil kam Washington seinem Ziel der Weltherrschaft viel näher. Mit dem Öl hoffen US Strategen ihre relative ökonomische Schwäche zu kompensieren. Der Spiegel schrieb längst: „An den Börsen wachsen die Zweifel and der Weltmacht Amerika, nicht an der militärischen Stärke, wohl aber an der ökonomischen. Es wächst die Furcht, daß die US-Wirtschaft ..., plötzlich zusammenbricht ... Denn der Wohlstand ... ist größtenteils auf Pump finanziert. Er speist sich... aus einem tiefroten Haushalt – und einer tiefroten Leistungsbilanz.“855 Es war der Euro, der die US Strategen am meisten Sorgen bereitete. Eine Studie stelle daher fest. „Die hegemoniale Postition der USA ist nicht zuletzt durch die Einführung des Euro brüchig geworden“. „Grundsätzlich existiert mit dem Euro, der in einem Wirtschaftsraum von etwa der Größte der USA gilt, eine echte Alternative zum Dollar.“856 Als einzige Antwort auf diese schwerwiegenden Probleme hat die Regierung von Bush jr. das Aufrüstung auserkoren, obwohl gerade diese Maßnahme die kritische Lage nur noch verschlimmert, da das explosive Wachstum der Aufrüstung kaum noch zu finanzieren ist.857 Bushs Aufrüstung ist noch gravierender als die von Ronald Reagan, die Anfang der 80er die zweite Phase des Kalten Kriegs einleitete. „Als einzig führende Industrienation setzen die USA auf eine permanente Kriegswirtschaft. 2002 wurden dem Kongreß mehrjährige Militärausgabe in der Höhe von 2,1 Billionen Dollar zur Genehmigung vorgelegt. Damit bleibt das Militär der wichtigste Impulsgeber für die Wirtschaft der USA.“858 Im Jahr 2004 wurde dieser astronomische Betrag sogar auf 2,4 Billionen erhöht.859 Dazu kommen noch die 854 Frankfurter Rundschau, Montag, 8. November 2004, Nr. 261, „Die große Chance“, S. 7. 855 Der Spiegel, Nr. 15 / 7.4.2003: „Mutter aller Gefahren“, S. 146. 856 Trevor, Evans / Heine, Michael / Herr, Hansjörg: Weiche Kurse – harter Fall?, in: Heise, Arne (Hg.): USA – Modellfall der New Economy? Marburg 2001, S. 55. 857 Vgl. auch Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, DVA Verl., Stuttgart München 2003, S. 192. 858 Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, 2. Aufl., Stuttgart / München 2003, S. 192 f. 859 Focus, Nr. 7 / 9. 2. 2004: “USA – Stark sein um jeden Preis”, S. 166. - 303 - Besatzungkosten des Irak, laut dem Economist sind diese $600 Mrd., während laut BBC die USA, bis Mitte 2004, schon $260 Mrd. hierfür ausgaben.860 Da die US Verschuldung astronomisch hoch ist, ist weder die Aufrüstung noch die Besetzung aus dem eigenen Haushalt finanzierbar. Daher gilt: „Die Kontrole über die globale Ölförderung ist für das amerikanische Reich die Überlebensfrage.“861 Bisher ist die Strategie nicht aufgegangen, die Besatzung und Kriegskosten im Irak durch den Wiederaufbau der Ölindustrie im Irak zu finanzieren.862 8.6 Die Bilanz des Golfkriegs Um ihre Hegemonie zu erzwingen, haben die USA einen Trümmerhaufen im Golf hinterlassen, welcher der Region noch lange zusetzen wird. Denn der Krieg hat den arabischen Staaten einen Gesamtschaden von 630 Milliarden Dollar zugefügt und die wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Region um Jahre zurückgeworfen.863 Die direkten Kriegskosten betrugen $100 Milliarden, von diesen zahlte Saudi Arabien letztendlich mehr als die Hälfte, was sich vor allem dadurch bemerkbar gemacht hat, daß Saudi Arabien als eines der reichsten Länder der Welt, heute verschuldet ist.864 Im Vergleich zum ersten Golfkrieg, der von 1980 bis 1988 acht lange Jahre wütete und auf einen Gesamtschaden von ca. $627 Mrd.865 bilanziert wird, erscheint der zweiter Golfkrieg schon fast monströs, wenn berücksichtigt wird, daß er in nur 42 Tagen, also anderthalb Monaten, die fast identische Summe an Gesamtschäden verursachte. Aber diese finanziellen Kosten können das Ausmaß der menschlichen Tragödie, die der Golfkrieg verursacht hat nicht veranschaulichen. Die Sanktionen waren zu einer Waffe mutiert, die in ihren Auswirkungen sogar schlimmer ist, als der Krieg es einst war. Sie sind die unerbittlichsten und destruktivsten in der Geschichte.866 Sie haben laut UN Dokumentationen bereits 1,5 Millionen Menschen im Irak getötet, die meisten davon waren 860 The Economist, 16-22. 8. 2003: “Show me the way to go home”, S. 9. 861 Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, 2. Aufl., Stuttgart / München 2003, S. 193. 862 “U.S. Sets Meeting on Exploiting Iraqi Oil after Hussein”, Oil and Gas International, 2.10.2002, zitiert in Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle, S. 193 ff. 863 Diese Zahl stammt von einem Report, der u.a. von der Arabischen Liga und der OPEC erstellt wurde. Vgl. taz vom 10.9.92, zitiert aus: Mechtersheimer, Alfred: Friedensmacht Deutschland - Pläydoyer für einen neuen Patriotismus, Ullstein Report, Ullstein Verl., Frankfurt am Main / Berlin 1993, S. 48. 864 Kronberger, Hans: Blut für Öl - Der Kampf um die Ressources, Uranus Verl., Wien 1998, S. 129. 865 The Independent, 20 July 1988, zitiert in: Hiro, Dilip: The Longest War - The Iran-Iraq Military Conflict, Routledge, New York 1991, S. 251. 866 Clark, Ramsey (Ed.): Challenge to Genocide - Let Iraq Live, International Action Center, N.Y. 1998, „Sanctions are Criminal“, von Rania Masri, S. 33. - 304 - Kinder (750.000 unter Fünf Jahren) und ältere Personen.867 Auch die Wirtschaft des Iraks hat immens unter den Sanktionen gelitten. Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) war 1993 auf fast das Niveau von 1960 abgesackt. Damit war fast ein Halbes Jahrhundert an ökonomischem Wachstum und Verbesserungen des Lebensstandards der irakischen Bevölkerung zu Nichte gemacht.868 Monica Moorehead blickte hinter die Kulissen dieser Politik und zeigt welches Ziel Washington mit den Sanktionen wirklich verfolgte. The real goal of the sanctions against Iraq is to grind down the people and weaken the whole country so that the U.S. can ultimately go in there and put in place a puppet government. The oil companies want a client regime just like in the ´good old days` before the 1958 Iraqi revolution overthrew the old feudal monarchy. The real goal is to denationalize Iraq`s oil so that Gulf, Exxon, Mobil, Citibank, and Chase Manhatten can take over again. Both Clinton and Bush before him fundamentally serve the interests of these big capitalists. All the talk about human rights, democracy, and the rights of small nations is just so much window dressing designed to conceal their real aims.869 Es zeigt sich daher anzunehmen, daß die Sanktionen nur den Irak niederwerfen sollen, damit dann die großen einflußreichen amerikanischen (Öl)Konzerne und Banken, wie Gulf, Exxon, Mobil, Citibank und Chase Manhattan wieder wie in der Zeit vor der 1958er irakischen Revolution ihre imperialistische Herrschaft fortsetzen können. Mit dieser Strategie hoffte Washington, ein Amerika höriges Regime im Irak zu installieren. 8.7 Resümee über den 2. Golfkrieg Es machte sich schnell bemerkbar, daß die Gründe der Bush Administration für den 2. Golfkrieg außer Rhetorik nicht viel zu bieten hatten. Keine der zahlreichen Begründungen entpuppte sich als richtig oder zwingend. Ein Krieg war sogar unnötig gewesen, da der Irak sich fast permanent bis zum Ende der Krise bereit gezeigt hatte sich von Kuwait zurückzuziehen. Es wurde lediglich die Forderung erhoben für Saddam Hussein eine gewisse „Gesichtswahrung“ zu bekommen, damit dieser nicht gedemütigt würde. Statt aber die Krise zu entschärfen setzte die Bush Administration auf gezielte Provokationen und schraubte ihre 867 Clark, Ramsey (Ed.): Challenge to Genocide - Let Iraq Live, International Action Center, N.Y. 1998, „Demonizing Oppressed Nations“ von Monica Moorehead, S. 66, „An Act of Real Solidarity“ von Brian Becker, S. 86, „Sanctions are Criminal“, von Rania Masri, S. 35, „The Devastations of Iraq by War and Sanctions“, von Ramsey Clark, S. 25. 868 Graham-Brown, Sarah: Sanctioning Saddam - The Politics of Intervention in Iraq, I.B. Tauris, London / New York 1999, S. 161. 869 Clark, Ramsey (Ed.): Challenge to Genocide - Let Iraq Live, International Action Center, N.Y. 1998, „Demonizing Oppressed Nations“ von Monica Moorehead, S. 67. - 305 - Forderungen so hoch, daß sie davon ausgehen konnte, daß der Irak auf diese nicht eingehen konnte. Schon eine eher oberflächliche Analyse würde an Hand von Logik bestätigen, daß die USA nicht im Interesse von Menschenrechten und der Aufrechterhaltung von internationalen Gesetzen im 2. Golfkrieg handelten. Denn die oft zitierte Demokratisierung wurde nach dem Krieg in Kuwait von den USA nicht unterstützt. Für Saudi Arabien und Kuwait galt deshalb stets die Devise: So lange der Ölfluß in Richtung USA & Westen nicht unterbrochen wurde und diese Staaten geostrategisch nichts gegen US Interessen am Golf unternahmen, sahen die USA getrost über jegliche Menschenrechtsmißachtungen hinweg. Was die Einhaltung internationalen Gesetze betrifft, so haben die USA eine ganze Anzahl von diesen in ihren Kriegshandlungen im Golfkrieg 1991 gebrochen, so daß ihr Einsatz für diese während der Golfkrise (1990-91) nur als rhetorisch bezeichnet werden kann. Letztendlich zeigt die diplomatische Geschichte der Bush Administration, daß ein kleiner Kreis um Präsident Bush die Golfkrise bewußt eskalieren ließ, um die USA zur Hegemonialmacht am Golf zu machen. Diese wurde nur allzu offensichtlich, als Präsident Bush April Glaspie als US Botschafterin zu Saddam Hussein schickte, nachdem die USA durch zahlreiche Repräsentanten der US Administration Hussein mitteilten, daß eine Invasion Kuwaits für sie kein Grund wären militärisch gegen den Irak vorzugehen. Die US Botschafterin gab daher Saddam Hussein, kurz vor der Golfkrise, zu verstehen, daß die USA nichts dagegen hätten wenn Saddam sein (Grenz)Problem mit Kuwait auf seine Art löse. Nach einer ganzen Reihe von solch ermutigenden und wohlwollenden US Signalen faßte Saddam Hussein dieses letzte als das „grüne Licht“ für eine Invasion Kuwaits auf. Kaum ließ er Kuwait besetzen, verkündeten die USA der Welt, daß dies ein brutale Aggression sei. Saddam Hussein verstand die Welt nicht mehr, da er nicht begriff, daß es für die USA nicht nur um Kuwait oder die Golfregion ging, sondern um die Bestrebungen, die Hegemonialmacht der Welt zu werden. Bei der Analyse der Dokumente über die Golfkrise wird deutlich, daß Bush enormen Druck auf den Irak ausübte, als die meisten Beobachter zum Kompromiß mahnten. Als Beobachter eine Zurückhaltung forderten startete Bush eine diplomatische Offensive gegen Saddam Hussein. Bush betrieb die Konfrontation mit Saddam Husseins Irak als einen persönlichen Kreuzzug zwischen Gut und Böse. „For the president, the war was a personal crusade: a - 306 - black-and-white struggle between good and evil; an opportunity ´to stand up for what´s right and condemn what´s wrong.`”870 Ähnlich wie Saddam Hussein, dirigierte Bush die US Außenpolitik gegenüber dem Irak, mit einer kleinen Clique. Schon sehr früh in der Krise, am 5. August, übernahm Bush im Alleingang die Politik gegenüber dem Irak, als er auf dem Rasen des Weißen Haus verkündete: „This will not stand“871. Schon hier zeigte sich wie unilateral die Exekutive vorging. Da zu diesem Zeitpunkt weder der Kongreß konsultiert, das State Department informiert oder das Militär vorbereit gewesen war. Sogar die nähsten Kabinettsmitglieder waren nicht auf diese Aussage ihres Präsidenten vorbereitet. Es gab zuvor kein Treffen der wichtigen National Security Council und auch keine Debatte.872 Für enge Mitarbeiter Bushs stand daher fest: Bush hatte schon am 5. August öffentlich verkündet, daß die USA wenn nötig auch mit militärischer Gewalt die Invasion Kuwaits rückgängig machen würden. Er ließ der Diplomatie daher kaum Spielraum. Exemplarisch war z.B. seine Aussage: „Iraq lied once again. They said they were going to start moving out today, and we have no evidence of their moving out. … I view very seriously our determination to reverse out this aggression.”873 Somit hatte er felsenfest erklärt, daß er beabsichtige, die Invasion rückgängig zu machen, was zwangsläufig auf einen Krieg mit dem Irak hinauslaufen würde. Auch die Anschuldigungen über das bedrohliche Atomprogram des Irak erwiesen sich als Kriegspropaganda, um die eigene unwillige Bevölkerung (sowie die Weltbevölkerung) davon zu überzeugen, daß ein Krieg absolut notwendig sei. Was das Öl angeht, muß gesagt werden, daß die Invasion des Irak nicht den Ölbedarf des Westens gefährdete, wie es oft fälschlich dargestellt wurde: Europa importierte nur 6% seines Öl aus dem Irak und Kuwait, während die USA 11% aus dieser Region bezogen.874 Es kann daher nicht von einer großen Bedrohung der US-Öl Interessen geredet werden. Die OPEC kann nicht alleine den Öl Preis bestimmen! Selbst im Fall eines nur schwer vorstellbaren Ölexportembargos der gesamten Golfstaaten, verfügten damals die von den Ölimporten abhängigen Industriestaaten durch die Nutzung ihrer strategischen Reserven und 870 News Conference Remarks, November 30, 1990 Weekly Compilation of Presidential Documents, Administration of George Bush, 1990, S. 1948. 871 Weekly Compilation of Presidential Documents, Administration of George Bush, 1990, S. 1209, 3:05 P.M., August 5. 1990 on the South Lawn of the White House. 872 Smith, Jean Edward: George Bush´s War, Henry & Holt Comp., N.Y. 1992, S. 6. 873 Woodward, Bob: The Commanders, Pocket Star Books, New York / London / Toronto / Sydney / Tokyo / Singapore 1991, S. 242. 874 Darwish, Adel / Alexander, Gregory: Unholy Babylon - The Secret History of Saddam´s War, St. Martin´s Press, N.Y. 1991, S. 52 f. - 307 - Einsparungsmaßnahmen, durch eine Steigerung der Ölproduktion in anderen Weltregion und durch die verstärkte Nutzung anderer Alternativeenergien über vielfältige Möglichkeiten, kurz- und ebenfalls auch mittelfristig relativ leicht eine „Durststrecke“ zu überwinden, als die zu 90% von Öleinnahmen abhängen so genannten „Erpresserstaaten.“875 Deswegen wird die Ölversorgung des Westens nicht bedroht oder gar zum Stocken kommen und braucht daher keine militärische Absicherung. Eine gegensätzliche Behauptung führt nur dazu, Ängste der westlichen Bevölkerung zu schüren und damit die militärische Intervention am Golf zu legitimieren. Es zeigt sich daher, wie rhetorisch die ganzen Legitimierungsversuche der Bush Administration waren. So gesehen, war die US Politik im 2. Golfkrieg mehr als nur die Rettung oder zumindest Sanierung der damals angeschlagenen Wirtschaft. Der 2. Golfkrieg war daher für die Realisten in den USA so etwas wie die Generalprobe, um die Weltpolitik nach ihren Vorstellungen neue zu gestalten. Nach dem die USA von der Rezession 1990 geschwächt waren, ergriffen einige Realisten, inklusive der Kalten Krieger in Washington die einzigartige Chance, die für sie bedrohliche Friedensdividende von 1989 zu beseitigen, in dem sie zielbewußt auf eine offensive Kriegspolitik während der Golfkrise 1990 setzten, die zu einer Eskalation zwischen dem Irak und den USA führen sollte. Daß aber nicht nur die Bush Administration darauf hin arbeitete die Golfregion zu dominieren, geht aus einem US Dokument eindeutig hervor. Jenes wurde im September 2000 von der PNAC, mit dem Titel „Rebuilding America`s Defenses“ verfaßt. Dort stand wörtlich: `Die Vereinigten Staaten haben jahrzehntelang angestrebt, eine dauerhaftere Rolle in der Sicherheit der Golfregion zu spielen. Während der ungelöste Konflikt mit dem Irak eine direkte Rechtfertigung liefert, geht der Bedarf an einer substantiellen Präsenz der amerikanischen Streitkräfte im Golf über die Angelegenheit mit dem Regime von Saddam Hussein hinaus.`876 Ferner war dort zu lesen, daß die US-Basen in Saudi-Arabien und Kuwait permanent besetzt bleiben müssen, mit der Begründung der Iran könnte sich bald als große Bedrohung der US Interessen in Region erweisen. Auch Bedenken Europas könnte sich gegen die USA stellen und wie eine Regimewechsel in China voranzutreiben wäre, wurden erörtert. Dabei sei es an der Zeit, daß die USA ihre Militärpräsenz in Südostasien erhöhen, während die Etablierung einer Weltraummacht sowie die absolute Kontrolle des Internets 875 Massarrat, Mohssen: „Der Golfkrieg: Historische, politische, ökonomische und kulturelle Hintergründe“, in: Stein, Georg: Nachgedanken zum Golfkrieg, Palmyra Verl., Heidelberg 1991, S. 41. 876 Zunneck, Karl-Heinz: Countdown zum 3. Weltkrieg – Der 11. September, der Irak-Konflikt und die Verschwörung zur US-Weltherrschaft, Kopp Verl., Rottenburg 2003, S. 24 f. - 308 - gefordert wurden.877 Hier zeigt sich wie Partei übergreifend Hegemonie ist, da auch zur Clinton Zeit, US Außenpolitik die selben Konstanten verfolgte. Militärisch gesehen, war der 2. Golfkrieg ein anderer Krieg als in der Vergangenheit, da er ein Luftkrieg war, in dem die USA zum ersten Mal auf die neue Airpower setzten. Was eine Kombination von Luftüberlegenheit und präzisionsgesteuerter Munition bedeutete. Bis zu diesem Krieg sahen Militärs in aller Welt die Luftwaffe als Streitkraft, um die Armee zu unterstützen, da sie überzeugt waren, ein Krieg könnte letztendlich nur durch die Armee gewonnen werden. Im Golfkrieg flog die Airforce 43 Tage lang pausenlose Einsätze, bis die Armee zu Einsatz kam, aber schon vor deren Einsatz war der Krieg längst entschieden. In nur drei Wochen wurde mit einer Sprengkraft bombardiert, die alle Bombardments des 2. Weltkrieg übertraf, dabei wurden 250.000 Irakis getötet.878 Die Armee wurde dann nur als „Aufräumer“ benötigt. Diese Erfahrungen über die Wirksamkeit der Luftwaffe als kriegsentscheidendes Instrument des Militärs, veränderte auch die folgenden Kriege Amerikas. Schon der Kosovo-Krieg von 1999 wurde zu einem reinen Luftkrieg, bei dem völlig auf die Erfahrungen des Golfkriegs 1991 zurück gegriffen wurden. Auch der Afghanistan-Krieg 2001 folgte diesem Muster, obwohl hier die Bodentruppen wieder eine Rolle spielen würden. Nur beim Irak-Krieg 2003 zeigte sich, daß Eroberung nicht ohne Bodentruppen funktionieren kann. Einen Kritikpunkt an der Hegemonialpolitik der USA im 2. Golfkrieg war, daß die USA damals den Krieg nicht mit einem Sturz des Hussein Regimes enden ließen. Hierbei sind jedoch zwei Dinge zu beachten: Erstens hätte ein Sturz bedeutet, daß die Bush Administration demzufolge sich auf einen wahrscheinlich blutigen Bodenkrieg hätte einlassen müssen. Zumal der Irak zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht so sanktionsgeschwächt war, wie 12 Jahre später, als die Sanktionen sich immer stärker auf das Land auswirkten. Dies hätte unweigerlich negative Erinnerungen an den Vietnamkrieg wach werden lassen, etwas das keineswegs im Interesse der Bush Regierung gewesen wäre und wahrscheinlich zu starken Protestaktionen in den USA selbst geführt hätte. Es ist anzunehmen, daß aus diesem Grund Präsident Bush Sn. General Schwarzkopf den Befehl gab nicht in Richtung Bagdad zu maschieren. Er wollte damit nicht seine Wiederwahl gefährden. Zumal es anzunehmen ist, daß Washington dachte der Irak wäre nach dem Krieg ein Land das leicht, von Außen, zu kontrollieren sei. Die Sanktionen, so war anscheinend die US Strategie, würden den Irak nicht nur mit vorranschreitender Zeit schwächen, sondern ihn letztendlich auch zum 877 Ebenda, S. 26. - 309 - Vasallenstaat machen, den die USA dann mit relativer Leichtigkeit nach ihrem Interesse kontrollieren könnten. Dies vor allem, da der Irak nach dem Krieg 1991, schon mit den beiden „Sicherheitszonen“ im Norden und Süden auf irakischem Territorium, von den USA & Großbritannien militärisch in Schach gehalten wurde und von der UN entsprechend abgerüstet wurde. Man versprach sich von diesem Vorgehen das letztendliche Aus für das Hussein Regime. Ein zweiter Grund warum wahrscheinlich die damalige US Regierung den Irak nicht besetzen wollte, war wohl, daß ein solches Vorgehen nicht nur in der arabisch / islamischen Welt auf starken Wiederstand gestoßen wäre, sondern auch, daß ein solches Vorgehen für die restlichen arabischen Staaten die Bedrohung des Saddam Hussein Regimes eliminiert hätte. Was bedeuten würde, daß es keinen Grund mehr gegeben hätte für diese Staaten sich vor dem Irak auch in Zukunft zu fürchten. Aber gerade diese Befürchtung erzeugte einen Drang dieser Regime die Nähe zu den USA zu suchen. Dies war exemplarisch im Verhalten der wichtigen US Verbündeten der Region Saudi Arabien und Ägyptens, beide die wichtigsten arabischen Staaten für die USA. Die Führung beider Staaten gilt bei ihrer Bevölkerung als korrupt und repressiv, so daß diese Regime im Notfall immer auf die Unterstützung einer starken Macht von Außen angewiesen sind, um sich zu retten. 1979 als die große Moschee in Medina (Saudi Arabien) von Aufständigen besetzt wurde konnte nur durch Intervention von Außen der Status Quo wiederhergestellt werden und die köngliche Familie bangte um ihr Bestehen.879 Ebenso wichtig wie dies für die Regime selbst ist, so ist eine Bedrohung dieser durch einen Staat wie Saddam Husseins Irak für die US Strategie in der Region essentiell. Denn diese Bedrohung spielte den USA direkt in die Hände, da viele arabische Staaten sich in den 90er Jahren nach dem 2. Golfkrieg immer noch bedroht fühlten. So war es ein Leichtes für die USA einerseits militärische Waren an jenen Staaten in milliarden Höhe zu verkaufen und ihrer Ökonomie wichtige Aufträge zu besorgen, da diese Staaten hofften, daß sie mit den gekauften Waffen gegenüber dem Irak sicherer seien. Andererseits konnten die USA sich in der wichtigen Region festsetzen, in dem sie zusätzlich mit den Staaten militärische (Verteidigungs)Abkommen abschlossen. Diese Abkommen hatten die USA schon während des Kalten Krieges angestrebt aber viele konnten erst mit der Bedrohung des Iraks in den 90er Jahren zu realisieren. Die USA handelten strickt nach der Hegemonie Theorie, da sie erkannt hatten, daß mit dem Ende der Biopolarität eine Machtvakuum entstanden war, das sie zu ihren Gunsten ausnutzen 878 Mähler, Klaus / Schmid, Fred: Krieg um Öl und Dollar-Ordnung, ISW-Report, Nr. 5, S. 13, zitiert in: Schmid, Fred / Schuhler, Conrad: Krieg ums Erdöl, S. 38. 879 In diesem Fall waren es spezielle französische Truppen, die die Revolte beseitigten und somit die saudische Herrschaftsfamilie rettete. - 310 - konnten. Mit dem siegreichen Ende des Golfkriegs im März 1991 waren die USA zu einer hegemonialen Macht aufgestiegen, die nun alleine über den ökonomisch, geo-strategisch wichtigen Mittleren Osten herrschte. Hiermit konnten sie auch gemäß der Hegemonietheorie dem Rest der Welt ihr Wertsystem aufzwingen. So wurde die Globalisierung und der „American Way of Life“ nachhaltig durch diesen Krieg erneut von den USA angetrieben und damit zur prägenden Weltkultur erhoben, für die es aus US Sicht keine Alternative geben durfte. Daß die USA sich längst als die Hegemonialmacht der Welt sah, zeigte sich auch durch Publikationen namenharter US Politiker und politischen Wissenschaftlern. So war es kein Zufall, daß Samuel Huntington, in seinem Bestseller, vom „Kampf der Kulturen“ sprach. Und daß Politiker wie Brzezinski und Kissinger erneut eine US Führungsrolle in der Welt forderten; mit dem Argument des Realismus, daß sonst der Welt (ohne US Führung) ein Chaos drohe. Die hegemonialen Imperative wurden in einem wichtigen Artikel von Charles Krauthammer im Foreign Affairs Magazin, dem Presseorgan des einflußreichen Council on Foreign Relation 1991 veröffentlicht. In diesem bedeutenden Artikel argumentiert Krauthammer, daß die Welt nach dem Kalten Krieg nicht multipolar, sondern unipolar sei. Die unherausgeforderten USA seien daher die zentrale Supermacht, die in aller Welt nun den Ton angeben müßten.880 Laut Krauthammers Artikel waren es die USA, die die Post-Kalte- Kriegs-Welt, durch den Golfkrieg, einleiteten. Daher schrieb er eindeutig: „Which leaves us with the true geopolitical structure of the post-Cold War world, brought sharply into focus by the gulf crisis: a single pole of world power that consists of the United States at the apex of the industrial West.“881 Für Krauthammer sind die USA die einzige Macht, die durch ihre militärischen, diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Fähigkeiten einen entscheidender Mitspieler (decisive player) in allen Konflikten spielen können und müssen.882 In seinem Artikel gibt er zu, daß die irakische Invasion Kuwaits die US Interessen im hegemonialen Sinne schwer bedrohten und die USA sich deswegen gezwungen sahen, den Irak anzugreifen. Krauthammer im Original: „Iraq`s invasion of Kuwait and hegemonic designs on Arabia posed as clear a threat to American interests as one can imagine-a threat to America’s oil-based-economy, to its close allies in the region, and ultimately to American 880 Krauthammer, Charles: „The Unipolar Moment“, in Foreign Affairs (America and the World) 1990/91, Vol. 70, # 1., S. 23. Dieser Artikel basiert auf einer Rede des Autors gegeben in Washington D.C, am 18. September 1990. 881 Ebenda, S. 24. 882 Ebenda. - 311 - security itself.“883 Nur eine Seite weiter schrieb er, daß, wenn Amerika Stabilität will, sie diese selbst herstellen muß. „If America wants stability, it will have to create it.“884 Er überbrückte die Theorie mit der Praxis als er schrieb, daß die sog. Schurkenstaaten (von ihm damals als Weapon States bezeichnet) den internationalen Status Quo zu unterwandern drohen und damit die westlich auferlegte Ordnung herausfordern. Hiermit erweist er sich als absoluter Realist, der die Hegemonial Theorie eines Robert Gilpin konsequent anwendet und befürwortet. Krauthammer diesbezüglich im Original: ´The current Weapon States . . . . are therefore subversive of the international status quo, . . . to challenge a Western-imposed order.“885 Er sieht die Intervention und Unipolarität als einzige Möglichkeit dem Chaos zu entgehen.886 Abschließend entpuppt er sich als absoluter Realist und Neo-Konservativer, der die amerikanische Hegemonie bedingungslos fordert: „Our best hope for safety in such times, as in difficult times past, is in American strength and will-the strength and will to lead a unipolar world, unashamedly laying down the rules of world order and being prepared to enforce them.`887 Hier hatte er fast wörtlich Gilpins theoretische Grundlangen für die Hegemonie beschrieben, in Folge dessen die USA handeln sollten. 8.8 Der Griff nach der Hegemonie Nicht nur der 2. Golfkrieg von 1991 hat bestätigt, daß die USA die Hegemonie längst anstreben, auch die US Bemühungen der letzten 14 Jahre zeigen deutlich, wie die USA auch weiterhin ihre Rolle als Hegemonialmacht durchaus ernst nehmen. So lag dem erneuten Krieg der USA gegen den Irak 2003 die Strategie zu Grunde, sich dessen Ölreserven (die derzeit auf 110 Mrd. Barrel oder 12 % des Weltvorrats geschätzt werden) anzueignen. Von den 73 im Irak bekannten Quellen werden derzeit lediglich ein Drittel ausgebeutet. Allein die 220 Mrd. Barrel an wahrscheinlichen und möglichen Reserven im Irak würden ausreichen, um für die nächsten 98 Jahre die US Öleinfuhren auf heutigem Niveau zu decken.888 Aber selbst mit den 112 Milliarden nachgewiesenen Barrel hat der Irak mehr als doppelt so viel Öl wie Rußland und fast das Zehnfache der Kaspischen Region. Damit würden sich die USA 883 Ebenda, S. 28. 884 Ebenda, S. 29. 885 Ebenda, S. 31. 886 Ebenda, S. 32. 887 Ebenda, S. 33. - 312 - einen nahezu klassischen Vorsprung in Sachen Ölreserven gegenüber dem Rest der Welt gesichert haben, den ihre schwer verschuldete Wirtschaft auch bitter nötig hat, da sie nach 2020 2/3 ihres Öl importieren müssen. Nur die Kontrolle über den Irak würde, laut Michael Klare, auch weiterhin den gigantischen Energieverbrauch uneingeschränkt sichern.889 Wie stark die Hegemonie Washingtons ist zeigte sich auch in dem Balkankriegen der 90er Jahre, im Kosovo-Krieg 1999, im Afghanistan Krieg 2001 und im Irak Krieg 2003, wo die USA intervenierten, in dem sie sich über die UNO hinwegsetzten, und ggf. im gleichen Maße, die NATO für die Durchsetzung ihrer hegemonialen Ziele instrumenalisierte. Nach dem Golfkrieg, griff Washington Anfangs 1994 aktiv und interventionistisch (wenn auch mit der Nato) in die Balkankriege ein. Daß die USA hierbei konsequent ihre eigene Machterweiterung verfolgten, kann mittlerweile nicht mehr geleugnet werden, da der Balkan ebenso wie die Golfregion als geostrategisch äußerst wichtig gilt, um u.a. Europa von Außen besser kontrollieren zu können. Im Kosovo-Krieg ging es auch um Rohstoffe, vor allem im Kosovo selbst auf Grund seiner Trapca Minen.890 Diesbezüglich zitiert Sara Flounders in ihrem Buch Kosovo: The War is About the Mines einen Reporter der New York Times folgend: „`Der sich weit erstreckende vom Staat kontrollierte ´Trepca`-Minenkomplex ist das wertvollste Stück Land auf dem Balkan und mindestens fünf Milliarden Dollar wert.´ Die Minen enthalten offenbar reiche Adern von Blei, Zink, Kadmium, Gold und Silber.´“891 Mittlerweile ist auch bekannt geworden, daß Washington den Konflikt mit Jugoslawien aus Eigeninteresse ausgelöst hatte. So schrieb Klaus von Raussendorff in NATO-Krieg und Kosovo-Konflikt: ´Die Einheit Jugoslawiens wurde zuerst von den USA infrage gestellt, zunächst in verdeckter Form: Mit dem US-Auslandshilfegesetz für 1991“ [Foreign Operations Law 101-513]892 „kürzte Washington ohne vorherige Warnung alle 888 Irak Krieg – Das angedündigte Verbrechen, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 2003, “Die imperialen Ambitionen der USA“, von H. Magdoff, John Foster, Rober McChesney & Paul Sweezy, S. 10. 889 Böhnel, M.: Das Ölen der Räder des Krieges, Neues Deutschland, Berlin 28.10.2002, S. 7. 890 Siehe zu dieser Thematik - Balkan & Kosovo-Krieg: Hofbauer, Hannes (Hg.): Balkankrieg - Die Zerstörung Jugoslawiens, Promedia Verl., Wien 1999. Bittermann, Klaus / Deichmann, Thomas: Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben, Edition Tiamat, Berlin 1999. Wolf, Winfried: Bombengeschäfte - zur politischen Ökonomie des Kosovo-Kriegs, Konkret Literatur Verl., Hamburg 1999. Cremer, Ulrich / Lutz, Dieter S. (Hrsg.): Nach dem Krieg ist vor dem Krieg, VSA Verl., Hamburg 1999. Clark, Ramsey (et al.): NATO in the Balkans, International Action Center, NY 1998. NATO-Krieg und Kosovo-Konflikt - Hintergründe, Zusammenhänge, Perspektiven, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 1999. Khan, Mansur: Das Kosovo-Komplott - Vom Balkankrieg zur US-Weltherrschaft, Hohenrain Verl., Tübingen 2000. 891 The Idaho Observer, April 1998, zitiert in: Hills, Frank: Das Chaos zur Jahrtausendwende - Die größte Finanzkatastrophe in der Geschichte der Menschheit, Anton A. Schmid Verl., Durach 1999, S. 140, 892 Flounders, Sarah: Die bosnische Tragödie - Die unbekannte Rolle der USA, Ahirman-Verl., Freiburg September 1996, S. 18. - 313 - Hilfe an Jugoslawien. Weltbank und IWF wurden von den USA gedrängt, ein Gleiches zu tun. Das Gesetz, das am 5.11.1990, also ein Jahr vor Ausbruch des jugoslawischen Bürgerkrieges verabschiedet wurde, entzog dem Staat Jugoslawien implizit die Anerkennung und kündigte an, daß die USA statt dessen mit seinen konstituierenden Republiken verhandeln würden. Dies war die Voraussetzung dafür, daß Bonn die völkerrechtswidrige Anerkennung von Slowenien und Kroatien gegen seine europäischen Partner erzwingen konnte. . . . Die Kriegsverlängerung diente dem Aufbau einer US-amerikanischen Militärpräsenz in Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Albanien und Montenegro.`893 Auch wenn die Massenmedien es stets vermieden hatten, von Öl- und Kohlevorräten in Bosnien sowie Kroatien zu reden, ist trotzdem nachgewiesen worden, daß diese dort existieren und Teil der US Kriegsstrategie waren, wie u.a. Professor Michel Chossudovsky berichtete.894 Mittlerweile ist die ganze Region, inklusive Albanien sowie das Kosovo eine Art US / NATO Protektorat geworden. Niall Ferguson schrieb dazu: ´Heute, im Anschluss an die Militäraktionen, werden Bosnien und der Kosovo faktisch als Kolonien verwaltet: von internationalen Organisationen unterstützt – im Fall des Kosovo von fünfzigtausend – amerikanischen und europäischen NATO-Soldaten.`895 Egal wie skeptisch man bezüglich solcher Aussagen sein mag, jegliche Zweifel über die Hegemoniebestrebungen der USA am Balkan wurden von einem ranghohen US Air Force General zunichte gemacht. Es handelt sich hierbei um Michael J. Dugan, der schon zuvor eine äußerst präzise Vorhersage über den Golfkrieg 1990 machte und deswegen seines damaligen Amtes enthoben wurde. Völlig unverblümt verkündete er, in der New York Times, die Strategie der USA in folgender Weise: „`Ein Sieg auf dem Balkan würde die Führungsrolle der USA in der Welt nach dem Kalten Krieg in einer Weise sicherstellen, wie es mit der Operation Wüstenstrum nie möglich gewesen wäre`, triumphierte Dugan.“896 Vor allem, da der Balkan geostrategisch gesehen, die Brücke zwischen Europa und dem Mittleren Osten ist.897 Die US Politikwissenschaftlerin Sarah Flounders resümiert diesbezüglich: 893 NATO-Krieg und Kosovo-Konflikt - Hintergründe, Zusammenhänge, Perspektiven, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 1999, S. 61. 894 Vivano, Frank / Howe, Kenneth: „Bosnia Leaders Say Nation Sits Atop Oil Fields”, The San Francisco Chronicle, 28. August 1995. Siehe auch: Cooper, Scott: „Western-Aims in Ex-Yugoslavia Unmasked, The Organizer, 24. September 1995, beide zitiert in: NATO-Krieg und Kosovo-Konflikt, S. 24. 895 Ferguson, Niall: Zusammenprall der Zivilisationen oder “verrückte Mullahs”. Die Vereinigten Staaten als imperiale Macht, Talbot, St./Chanda, N. (Hrsg.): Das Zeitalter des Terrors, München / Berlin 2003, S. 121, zitiert in: Irak Krieg, Essen 2003, „Kolonialkriege für eine „Neue Weltordnung“ von Ernst Woit, S. 25. 896 New York Times, vom 29. November 1992 zitiert in: Flounders, Sarah: Die bosnische Tragödie - Die unbekannte Rolle der USA, Ahriman-Verl., Freiburg September 1996, S. 41. 897 Flounders, Sarah: Die bosnische Tragödie - Die unbekannte Rolle der USA, Ahriman-Verl., Freiburg September 1996, S. 20. - 314 - ´Ob es sich nun um das Gesetz vom November 1990 handelt oder um die Anerkennung eines unabhängigen Bosnien . . . von den USA unterstützten Regierung . . . - die USA haben sich zu jedem Zeitpunkt des Konflikts auf dem Balkan durch ihre Einmischung eindeutig als Kriegstreiber betätigt. Sei es nun der Vance-Owen-Plan von Anfang 1993, demzufolge Bosnien in winzige Enklaven aufgeteilt werden sollte, sei es der Vance-Stoltenberg-Plan des Spätjahres 1993, der die Dreiteilung Bosniens vorsah - jeder dieser Vorschläge beweist nur die Entschlossenheit Amerikas, die Region zu beherrschen und seine imperialistischen Rivalen fernzuhalten.`898 Holger Walter beschrieb die Geopolitik der USA in den Balkankriegen ähnlich: (Es) soll offensichtlich auch die `widerspenstige´ BRJ, bestehend aus Serbien und Montenegro, unter NATO-(sprich USA-) Kontrolle gebracht werden. Das um so mehr, als sich dieses Gebiet mit seinen wichtigen strategischen Rohstoffen wirtschaftlich als bedeutsam erweist und gleichzeitig als unabhängiger Staat für die Verbindungswege zum Nahen Osten und zu den reichen Ölreserven im Bereich des Kaspischen Meeres ein unliebsames Hindernis darstellt.899 Mittlerweile hat nun mit dem Wegfall Montenegros die Bundesrepublik Jugoslawien offiziell aufgehört zu existieren.900 Die Existenz eines US Plans zur Auflösung und Entklavisierung Jugoslawiens kann auch nicht mehr länger geleugnet werden. So schrieb bereits Jo Conrad über die verschwiegenen Pläne Washingtons am Balkan: Set Beginn der ersten Amtszeit Clintons arbeiten die USA . . . unter dem Code- Namen `Roots´ als `covert action´ des CIA und der DIA, einer gemeinsamen Einrichtung des Pentagon und des CIA, . . . an der militärischen und ethnischen Destabilisierung Jugoslawiens als letztem NATO-resistenten Balkanland. Ziel von `Roots´ ist die Loslösung des Kosovo als Rohstoffbasis Jugoslawiens durch weitgehende Autonomie, Anschluss an Albanien oder Selbständigkeit, die Abtrennung Montenegros als letztem Zugang Jugoslawiens zur Adria und die Loslösung der Vojvodina als Kornkammer und Rohstoffquelle und damit der Zusammenbruch Jugoslawiens als souveräner überlebensfähiger Industriestaat.901 In diesem hegemonialen Sinne ist auch die NATO Politik der USA zu verstehen. Erstmals wurde die NATO in den Balkankriegen von Washington instrumentalisiert. Was schon an sich einen Mißbrauch der NATO darstellt, da diese strikt nur zu Verteidigungszwecken entworfen wurde. So verwundert es auch nicht, als die USA am 23. März 1999 zum 50. Jahresjubileeum in Washington die NATO von einer defensiven Militärorganisation in eine offensive umgestalten wollten, um wie es hieß, die Sicherung von wichtigen Rohstoffen in 898 Ebenda, S. 42. 899 NATO-Krieg und Kosovo-Konflikt - Hintergründe, Zusammenhänge, Perspektiven, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 1999, S. 27. 900 Siehe u.a.: Süddeutsche Zeitung, vom 14.3.02., S. 1. 901 Conrad, Jo: Ursprünge, Big Nose Media, 1. Aufl., Worpswede November 2000, S. 47 f. - 315 - aller Welt zu gewährleisten, Menschenrechte zu verteidigen und den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.902 Spätestens mit dem Kosovo-Krieg 1999 zeigte sich, wie sehr die USA die NATO für ihre Zwecke instrumentalisierten. Der ganze Krieg war letztendlich ein US Krieg, in dem die (NATO) Alliierten zwar ihre Teilnahme am Krieg verkünden durften, dann aber nichts als ein Anhängsel im militärischen Sinne blieben. Daher schrieb der Spiegel über den Kosovo-Krieg: „ . . dass der Nato-Krieg nichts anderes, als ein amerikanischer Krieg mit winzigen europäischen Einsprengseln ist: . . . Die U.S. Air Force stellt 80 Prozent aller Flugzeuge. Und von den 1800 Bomben-Targets gibt es - laut einer hochrangigen Nato-Quelle - ein einziges, ein britisches, das nicht aus den in den USA gefütterten, in den USA kontrollierten Hightech-Computer stammt.“903 „Alle . . Operationen erfolgen nicht über die Befehlskette der Nato. Die US-Luftwaffe hält die Informationen gegenüber den Verbündeten geheim.“904 Bezüglich der Diplomatie zeigte sich ebenfalls, welche Statistenrolle den Europäern zukam. So erzählte ein hochrangiger europäischer Diplomat in Brüssel: „Es war für uns eine schmerzliche Erkenntnis: Wenn’s ernst wird, bestimmen in der Nato nur noch die USA.“905 Es zeigt sich daher, wie klar die USA das Sagen hatte, obwohl außer G.B. kein europäischer Staat eine militärische Lösung für die Kosovo-Krise wollte.906 Dies wird umso verständlicher wenn bekannt wird, wie konsequent und zügig die USA an der Hegemonie arbeiten. Bereits 1991, nur kurz nach der Niederlage des Irak im 2. Golfkrieg publizierte Newsweek einen bemerkenswerten Artikel, mit dem Titel „Operation Steppenshild?“. Dort wurde berichtet, daß das US Militär eine Unternehmung in Kasachstan vorbereite, die sich am Modell „Desert Storm“ orientiere.907 Eggert hält diesbezüglich fest: „Stets folgte den Verträgen über Förderrechte das Militär auf dem Fuße. Im Jahr 1997 nahmen Sondereinsatztruppen der USA gemeinsame Manöver mit der Armee Kasachstan auf. Entsprechende Manöver mit Usbekistan begannen ein Jahr später.908 Wie wichtig dabei Zentralasien und Afghanistan ist zeigt folgende Information: 902 Bittermann, Klaus / Deichmann, Thomas (Hg.): Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben, Berlin 1999, S. 149. 903 Der Spiegel, 1 / 2000, Serie (I): „Der etwas andere Krieg“, S. 130. 904 Der Spiegel, 2 / 2000, Serie (II): „Der etwas andere Krieg“, S. 142. 905 Der Spiegel, 3 / 2000, Serie (III): „Der etwas andere Krieg“, S. 154. 906 Khan, Mansur: Das Kosovo-Komplott, Tübingen 2000, S. 135. Der Spiegel, Nr 16. / 19.4.99, „Krieg ohne Sieg“, S. 27. 907 “Afghanistan und die Jagd nach Öl”, von Patrick Martin, 22. Nov. 2001, (aus dem Englischen), http://wsws.org/de/2001/plan-n22.shtml, zitiert in: Eggert, Wolfgang: Angriff der Falken, Bd. 1, Beim Propheten! Verl., Erstausg., München 2002, S. 107. 908 Ebenda. - 316 - Das hegemoniale Bestreben Washingtons wird offensichtlich, wenn die geostrategische Lage veranschaulicht wird: Beim ´Krieg` gegen den afghanischen Terrorismus handelt es sich um eine Irreführung und einen Betrug. [Denn]: Wie im Buch ´Black Gold Hot Gold`... vorhergesagt, wurde das in den späten 70er Jahren endeckte und unvorstellbar riesige Ölfeld unter dem Kaspischen Meer (Tschetschenien-Region) bisher nicht angebohrt oder gefördert. Dieses Ölfeld ist – gemessen an den derzeitigen Verbrauchsraten – groß genug, um den Welt-Erdölbedarf für weitere 500 Jahre (!!!) zu decken. Die beiden möglichen Pipeline-Routen, auf denen der immense Öldurchfluß aus der kaspischen Region Tschetscheniens gegenwärtig bewerkstelligt werden könnte, führen entweder durch den Kosovo (über Mazedonien) zum Mittelmeer oder durch Afghanistan zum Indischen Ozean. Vor .. Jahren versuchte die Clinton Regierung daher den Kosovo unter internationale Kontrolle zu bringen und begann mit der Pipelinekonstruktion. Ihr gelang es jedoch nicht, das Vorhaben zu Ende zu führen. Die normale Route wäre gewesen, das Öl aus Tschetschenien über das Schwarze Meer durch den Bosporus ins Mittelmeer zu transportieren. Doch der schmale Kanal am Bosporus ist schon durch die Tanker aus den Schwarzmeerölfeldern vollkommen überlastet, ja geradezu verstopft. Die Alternative ist, den Bosporus zu umgehen und die Tanker über das Schwarze Meer in die Donau zu führen, um dann von dort ein kurzes Stück mit einer Pipeline über Mazedonien und den Kosovo in die albanischen Haupt- und Hafenstadt Tirana zu überbrücken. Das amerikanische Vorhaben wurde jedoch durch die Chinesen unterbunden, die die Albaner seit 1949 als Schutzmacht mit Waffen ausstatteten. Nachdem die Russen die unglaublichen tschetschenischen Ölfelder in den späten 70er Jahren entdeckt hatten, versuchten sie Afghanistan unter Kontrolle zu bekommen, um ein riesiges Pipelinesystem zu errichten und das Öl direkt über den indischen Ozean zu vermarkten. Dies resultierte in Jahrzehnte andauernden Krieg zwischen der Sowjetunion und Afghanistan. Die Sowjets wurden Ende der 80er durch die von den USA mit Waffen versorgten Rebellengruppen (zu denen auch jene des Bin Laden gehörte) besiegt und gestoppt. Die Sowjets haben ihr Militär während der 80er Jahre massiv aufgestockt (u.a. die größte Atom-U-Boot-Flotte der Welt), weil sie mit den riesigen Gewinnen aus dem Ölverkauf aus Tschetschenien auf dem freien Markt rechneten. Als die Afghanen unter Bin Laden (der vom U.S. CIA unterstützt wurde) den Bau der Pipeline Sowjetunion-Afghanistan stoppten, brach die Sowjetunion wirtschaftlich zusammen und verschwand im Jahre 1991. Das riesige tschetschenische Ölfeld liegt immer noch brach, ohne daß Öl gefördert worden wäre.909 Das US Imperium besitzt derzeit die Kontrolle über alle wesentlichen Ölvorkommen auf der Erde. Aber seine Macht wäre gefährdet, könnte China oder gar ein kleines Land wie das nach Unabhängikeit strebende Tschetschenien seine riesigen Mengen an Öl selbst fördern und 909 Peccator, Hues: Trümmer für den Feldherren - Hintergründe zu den Anschlägen vom 11. September 2001, Extrem Verl., Hörgenau 2001, S. 93 f. Der original Text erschien zuerst in einem Artikel von Mashall Smith in einer Sonderausgabe der amerikanischen Brother Jonathan Gazette, und wurde im o.g. Buch von Michael Kent übersetzt und um einen wesentlichen Blickwinkel erweitert. - 317 - verkaufen.910 Dies erklärt auch warum es zu den Kriegen zwischen Rußland und Tschetschenien einerseits und den USA und Afghanistan andererseits kam. Rußland überfiel Tschetschenien primär wegen dessen imensen Ölreserven im November 1994–1996 und dann wieder 1999 in einem Krieg, der bis heute wütet und hundert Tausende auf beiden Seiten tötete.911 Ebenfalls 2001 überfielen die USA Afghanistan in einem Krieg, der erheblich destruktiver ist und bis heute andauert. Beiden Kriegen liegt entgegen der Propaganda beider Invasoren nicht der vermeintliche Terrorismus zu Grunde, sondern das gigantische Ölfeld im Kaspischen Meer. Beide Mächte Rußland und die USA hoffen somit nicht nur die unabhängige Ölförderung Tschetscheniens zu stoppen, sondern sich selbst des Öls zu bemächtigen. Es geht also um das zukünftige Energiemonopol der Erde und die damit direkt verbundene Geldmacht. In diesem Sinne war folgendes bemerkenswert. Genau an dem Tag als China einen gemeinsamen Pakt mit Afghanistan abgeschlossen hatte, wurde Amerika durch die Anschläge des 11. Septembers getroffen. „Es gibt Hinweise darauf, daß CIA und FBI Wochen zuvor von den Angriffen auf das World Trade Center wußten.“912 Die ganze Pipeline Sache war schon seit mindestens 1995 geplant. Die US Wirtschaft hat ein reges Interesse an Afghanistan. 1995 beschlossen die Staaten Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Usbekistan den Bau Gaspipeline, die vom Kaspischen Meer bis Indien führen sollte. Nutznießer war das Energie Konsortium Unocal (United Oil of California) und die saudiarabische Delta Oil, die zusammen 85% der Aktien hielten (sic). 910 Ebenda. 911 Politkovskaja, Anna: Tschetschenien –Die Wahrheit über den Krieg, DuMont Verl., Köln 2003, S. 328, 327. 912 Peccator, Hues: Trümmer für den Feldherren - Hintergründe zu den Anschlägen vom 11. September 2001, Extrem Verl., Hörgenau 2001, S. 95. Siehe diesbezüglich auch: Frankfurter Rundschau vom, 17. Mai 2002, S. 2, „Auch Bush war über Terrorwarnung informiert“. & The Guardian, May 18, 2002, S. 4. Mittlerweile sind auch eine ganze reihe kritischer Bücher zum 11. September erschienen, die die These vertreten, daß die Terroranschläge nicht ohne Wissen elitärer US Kreise hätten statt finden können, andere behaupten sogar, daß die Bush Administration die Anschläge selbst inszenierte. Vgl. z.B.: Bülow von, Andreas: Die CIA und der 11. September, Piper Verl., München 2003. Guthart, Christian: 11. September – ein Untersuchungsbericht, München 2002. Meyssan, Thierry: Der inszenierte Terrorismus – Auftakt zum Weltenbrand?, Kassel 2002. Brisard, Jean-Charles/Dasquie, Guillaume: Die verbotene Wahrheit – Die Verstrickung der USA mit Bin Laden, Zürich / Hamburg 2002. Bröckers, Mathias: Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9., Zweitausendeins Verl., Frankfurt am Main 2002. Eggert, Wolfgang: Out of the Blue – Spuren des Terrors in Americka, Beim Propheten Verl., München 2002. Eggert, Wolfgang: Angriff der Falken – Die verschwiegene Rolle von Mossad und CIA bei den Anschlägen vom 11. September, Beim Propheten Verl., München 2002. Ruiter, de Robin: Der 11. September 2001 – Osama bin Laden und die okkulten Kräfte hinter den terroristischen Anschlägen auf die USA, Anton A. Schmid Verl., Durach 2002. Icke, David: Alice in Wonderland and the World Trade Center Disaster – Why the official Story is a monumental lie, Bridge of Love Books, MO 2002. Peccator, Huess: Trümmer für den Feldherrn, Alsfeld 2001. Schölzel, Arnold (Hg.): Das Schweigekartell – Fragen & Widersprüche zum 11. September, Berlin 2003. - 318 - Außerdem waren im kleinen Umfang beteiligt Turkmenrusga aus Turkmenistan, die Crescent Group aus Pakistan, die russischen Gazprom, die Hyundai Engineetring & Construction Company von Süd Korea sowie Inpex und Itochu aus Japan. Die Aufgabe des Konsortium bestand darin, besagtes Projekt zu prüfen und sich an seinem Bau zu beteiligen, so geschah es 1997.913 Der Vertrag war mit Unterstützung der amerikanischen Regierung am 23. Juli 1997 in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad unterzeichnet worden, während die Taliban versprachen die Trassenführung in Afghanistan zu sichern.914 Noch bevor Dick Cheney Vizepräsident wurde, war er Chef von Halliburton, einer der Haupt- Ölversorgungsfirmen. Als Chef dieser sagte er 1998, daß er sich nicht an eine Zeit erinnern könne, in der eine Region so schnell hervorrückt, um eine solch strategische Signifikanz zu erlangen, wie die kaspische.915 Im Oktober 1998 erlebten Unocal und die US Regierung jedoch einen herben Rückschlag. Da die Taliban den ersehnten Pipeline Auftrag an die argentinische Firma Bridas vergab.916 Von genau diesem Zeitpunkt an änderte sich die US Afghanistanpolitik schlagartig. Denn nun mußten die Taliban verschwinden, daher wurde Osama Bin Laden zum neuen Schreckgespenst. Die USA verhinderten die natürlichste Ölroute durch den Iran, für alle Beteiligten. Ebenso waren sie abgeneigt, Pipelines durch Rußland oder Azerbeijan zuzulassen, da dies Moskaus Zugang zu den essentiellen Energiequellen ermöglicht und der ehemaligen Supermacht zum Aufstieg als dominante Macht in Zentralasien geholfen hätte.917 Am 8. Dezember 1998 zog sich Unocal vom Projekt zurück, da die afghanische Regierung für Unocal ein zu großes Risiko darstellte, wie man diplomatisch verlauten ließ. Dieser Rückzug war aber vorgetäuschst, wie eine spätere Senatsanhörung bewies. Denn schon am 12. Februar 1998 began der unsichtbare Krieg der USA gegen das Taliban Regime in Afghanistan. An diesem Tag hielt Vizepräsident John M. Maresca vom Unacol Konzern, im US Kongreß, eine Rede. In dieser gratulierte er den Abgeordneten, da sie sich auf die Öl- und Gasvorkommen in Zentralasien konzentrierten. Der einflußreiche Ölmanager stellte seinen Zuhörern drei Aufgaben: 1. Es müßten schnell Pipelines für die riesigen Öl- und Gasreserven im Kaukasus gebaut werden, 2. müßten die USA dafür sorgen, daß in der Region neue politische Strukturen entstehen, „einschließlich Afghanistans“, 3. müßte dort auf Dauer ein positives 913 Peccator, Hues: Trümmer für den Feldherren - Hintergründe zu den Anschlägen vom 11. September 2001, Extrem Verlg., 1. Aufl., Hörgenau Oktober 2001, S. 25. 914 Junge Freiheit - Wochenzeitung für Politik und Kultur, Nr. 39/01, 21. September 2001, „Rückkehr der Geopolitik eingeläutet“, von Bruno Bandulet, S. 9. 915 Crescent International, Vol. 30, no. 17, November 16-30, 2001, „Central Asian oil and gas: the real reason for the US´s War on Afghanistan“,von Zafar Bangash, S. 5. 916 Ebenda. 917 Ebenda. - 319 - Investitionsklima geschaffen werden. „Der Markt der Zukunft .. liege in Asian, im Süden und Osten Zentralasiens. Deshalb müßten die Pipelines nach Süden zum Indischen Ozean geführt werden. Da der Iran nicht kooperiet, ´ist die einzige andere Möglichkeit, eine Pipeline durch Afghanistan zu bauen´. Nun kam er zum Punkt: ´Von .. Anfang an haben wir klar gemacht, dass die Pipeline, die wir durch Afghanistan legen wollen, nicht gebaut werden kann, bevor dort eine anerkannte Regierung im Amt ist, die das Vertrauen von Regierungen, Kreditgebern und unsere Firma genießt.`918 Für alle Fälle verfolgte Unocal noch ein anderes (alternatives) Öl-Pipeline Projekt. Dieses sollte eine 1000 Meilen lange Verbindung zwischen Chardzou in Turkmenistan und der pakistanischen Küste herstellen. Aber auch in diesem ambitionierten Projekt, das täglich von den westsibirischen Ölfeldern eine Millionen Barrel Öl zum Meer transportieren sollte und ein Investitionsvolumen von $ 2 Mrd. betrug, war Afghanistan im Weg. Diesen beiden Szenarien lag Afghanistan zu Grunde, da es geostrategisch für die US Pläne nicht mehr wegzudenken war. Aber die Beziehungen zwischen den USA und den Taliban verschlechterte sich dermaßen bis sie am 2. August 2001 in Islamabad eingestellt wurden.919 Die Autoren Charles Brisand & Gaillame Dasquie berichteten wie US Beamte den Taliban mitteilten sie müßten den Bau einer Pipeline erleichtern, um als Gegenleistung von den USA auf internationaler Ebene anerkannt zu werden. Brisand sagte: „´Einmal erklärten die Vertreter der USA den Taliban während der Verhandlungen: ´Entweder ihr nehmt unser Angebot an, dann rollen wir Euch einen goldenen Teppisch aus, oder aber wir begraben Euch unter einem Bombenteppisch.`920 Daher konnte die realpolitische Vorgehensweise Washingtons nicht mehr überraschen, als der englische Guardian als erste Zeitung mitteilte, daß verläßliche westliche militärische Quellen darauf hinweisen, daß ein US Plan für eine ungewisse Situation existierte, der von einem Angriff auf Afghanistan Ende des Sommers 2001 ausging.921 Am 8. Juni 2001 traf sich die afghanische Opposition mit pakistanischen Diplomaten und ranghohen britischen Beamten des Außenministeriums unter UN Schirmherrschaft in Weston Park, um die afghanische Lage zu erörtern.922 Nicht viel später, am 7. Oktober griffen die USA Afghanistan an. Brisant war hierbei die Tatsache, daß Mitte Juli 2001 vier Tage lang diplomatische Gespräche zwischen 918 http:www.rense.com, zitiert in: Schmid, Fred / Chuhler Conrad: Krieg ums Öl, S. 11. 919 Eggert, Wolfgang: Angriff der Falken, München 2002, S. 120. 920 BBC News, 18. September 2001, 11:27 GMT, Bericht “US ´planned Attack on Taleban`-The Wider Objective was to oust the Taleban”, von George Arney, zitiert in: Eggert, Wolfgang: Angriff der Falken, S. 118 f. 921 The Guardian, Wednesday September 26, 2001, „Attack and counter-attack“, by David Leigh, S. 7. 922 Ebenda. - 320 - Amerikanern, Russen, Pakistanern, Spaniern und Iranern in einem Berliner Hotel statt fanden. Niaz Naik, ein ehemaliger pakistanischer Außenminister, der an der Konferenz teilnahm, sagte aus, daß die Amerikaner ihm gegenüber erwähnten, wenn die Taliban in Afghanistan sich nicht benehmen würden und Pakistan nicht helfen würde die Taliban zu beeinflussen, dann bliebe für die USA nur noch die Option einer militärischen Operation gegen die Taliban übrig.923 Auch der ehemalige US Außenministeriumsbeamte Lee Coldren vermittelte eine Botschaft, die er von Bushs Mitarbeitern bekam, als er erwähnte: „Ich glaube, es wurde über die Tatsache diskutiert, daß die Vereinigten Staaten von den Taliban so angewidert waren, daß sie möglicher Weise eine militärische Aktion erwägen.“ Mit von der Partie waren auch Karl Inderfurth, ehemals ranghoher Offizieller für Afghanistan im US-Außenministerium und der ehemalige US Botschafter Pakistans Tom Simons. Erörtert wurde bei diesem Treffen auch, wie Bush in Afghanistan vorgehen wollte, um Erfolg da zu haben wo die Clinton Administration einst scheiterte. Die Falken in Washington konnten auch mit der stillschweigenden Duldung der Russen rechnen, sowie militärischen Einrichtungen in Usbekistan und Tajikistan, die schon US Militärberater besaßen. Diese Botschaft wurde den Taliban via Pakistan übermittelt.924 In dieser Hinsicht berichtet auch der Spiegel am 24. September 2001: „Schon im Juli wurden pakistanische Politiker darüber informiert, dass Pläne für einen US-Angriff auf Afghanistan fertig seien, die auch von Stützpunkten in den ehemaligen Sowjetrepubliken ausgingen.“925 Als interessant dürfte in dieser Hinsicht vor allem gelten, daß die US Festungen in Afghanistan, Usbekistan und Kirgistan für Gas- und Öltransporte vergleichbar viel Sicherheit bieten wie Camp Bondsteel in der US Zone des Kosovo für den AMBO-Transportkorridor von Bulgarien über Mazedonien nach Albanien926, und als eine US Kolonie gelten können. Die britische Tochterfirma von Cheneys Ex-Öltransportkonzern Halliburton namens Brown & Root Ltd. hat die Machbarkeitsstudie für den Korridor schon längst erstellt. Mit dem Bau wurde Herbst 2001, also genau zu dem Zeitpunkt begonnen, als die US finanzierte UCK auch in Mazedonien eine Waffenruhe einläutete.927 Die Junge Welt ergänzte diese Angaben: Die Ölpipeline, in die schon $ 1,13 Mrd. investiert ist, führt vom Schwarzmeerhafen Burgas durch 923 The Guardian (Europe), Saturday, September 22, 2001, „Threat of US strikes passed to Taliban weeks before NY attack“, by Jonathan Steele, Ewen Macaskill, Richard Norton-Taylor and Ed Harriman, S. 1. 924 Guardian, Wednesday September 26, 2001, „Attack and counter-attack“, by David Leigh, S. 7. 925 Der Spiegel, Nr. 39 / 24.9.01, „Zehn Jahre Krieg?“, S. 158. 926 Sozialimus, 1/2002, Januar 2002, Berlin, „Hat der Krieg Gründe - oder ist Bush verrückt?“, von Thomas I. Steinberg, S. 58. - 321 - Bulgarien und Mazedonien, unweit der Grenze zum Kosovo bis Vlore an der albanischen Adria. Ihre Kapazität von 750000 bbl/d) wird sie den Treibstoff Durst von 20 Millionen europäischen Autos decken können. Über sie wacht die US Festung Camp Bondsteel im Kosovo – die größte Militärbasis außerhalb der USA seit dem Vietnamkrieg. Für Ausstattung und Versorgung von Bondsteel sorgt Dick Cheneys ehemalige Firma Halliburton. Bei diesem Projekt geht es mehr als nur eine Pipeline Konsortium aus den Gruppen BP-Amoco- ARCO, Chevron und Texaco. Es geht um den transeuropäischen Korridor #8, um die infrastrukturelle Erschließung aller Profitmöglichkeiten auf dem Balkan. Dies bedeutet den Bau von Straßen, Tunnels, Brücken, Schienen, Hafen- und Wasserstraßenanschlüsse, sowie Gas- und Glasfaserleitungen. Dieses lukrative Geschäft haben sich längst die US Firmen Bechtel (größtes Bau-Unternehmen der Welt), Enorn (Energie-Gigant) und General Electric (Megakonzern für Rüstung & Elektrotechnik) gesichert. Die „Durchlauf“-Staaten Bulgarien, Mazedonien und Albanien mußten sogar Souveränitätsrechte an AMBO abgeben und sich zum schweigen bezüglich der Pläne des Konsortiums verpflichten. Michel Chossudovsky, Professor für Ökonomie, meinte hierzu: „Mit AMBO sollte außerdem Total-FINA-Elf, der italienisch-französisch-belgische Konkurrent, ausgeschaltet werden.“ Mit der Gefangennahme Milosevics und der Regierungsübergabe an die jugoslawischen Weltbankangestellten in Belgrad ist auch von Jugoslawien nun keinerlei Opposition mehr zu erwarten.928 Alles deutet auf eine Transportverbindung zwischen Zentralasien (Kaukasus / Afghanistan) und dem Balkan (Kosovo-Albanien) hin, die von den USA kontrolliert werden sollen. Es dürfte auch kein Zufall sein, daß Afghanistan relativ nah neben den Ländern liegt, die in Zukunft das meiste zusätzliche Öl und Gas zu kaufen bereit sind: Pakistan (derzeit auch von US Militärs umgeben), Indien und ganz Ostasien.929 Thomas Steinberg schrieb passend in dem Monatsmagazin Sozialismus: „Die US-Amerikaner haben mit dem Afghanistankrieg und der Errichtung der Festungen in Mittelasien die Region strategisch gesichert, so dass jedenfalls kein Konkurrent das Gas aus Turkmenistan zur arabischen See pumpen kann. Geschweige denn Öl aus den übrigen Gebieten. Die Vereinigten Staaten haben also mit dem Krieg bereits jetzt einen geradezu klassisch anmutenden geostrategischen Vorteil erlangt.“930 927 Guardian, 15. Februar 2001, Monbiot, George: „A discreet deal in the pipeline“, Monbiot vermutet, die USA hätten die Zustimmung der Kosovo-Albaner zum AMBO-Bau dadurch erlangt, indem sie sich im jugoslaischen Bürgerkrieg auf ihre Seite gestellt hätten. Zitiert in: Sozialismus, 1/2002, S. 58. 928 Junge Welt, Berlin, 10./11. November 2001, „Krieg um Öl von Karatschi bis Triest“, S. 3, zitiert in: Eggert, Wolfgang: Angriff der Falken, Beim Propheten! Verl., München 2002, S. 87 f. 929 Sozialimus, 1/2002, Januar 2002, Berlin, „Hat der Krieg Gründe - oder ist Bush verrückt?“, von Thomas I. Steinberg, S. 58. 930 Ebenda, S. 58 f. - 322 - Peter Pilz verweist diesbezüglich auf eine erstaunliche Übereinstimmung in der hegemonialen Politik der USA. „Wer zwei bestimmte Karten der Welt übereinander legt, wird eine erstaunliche Übereinstimmung feststellen. Auf der einen Seite sind die Zentren der außeramerikanischen Erdölförderung verzeichnet. Die zweite Karte zeigt die militärischen Stützpunkte der USA. Der imperiale Bogen, der von Kasachstan über Arabien bis ans Horn von Afrika gezogen wird, sichert die Kontrolle über die Schlüsselressource von Bushs Block. Den Statthaltern kommt dabei vor allem eine Rolle zu: die Pipelines zu schützen und frei zu halten. Vor dem Krieg gegen den Terror saß das amerikansiche Militär nur in der Türkei. Jetzt kontrolliert es den gesamten Bogen.“931 Dies paßt auch hervorragend zur neuen Militärstrategie der USA. In der das Militär ein einziges Instrument werden soll, mit dem die USA jederzeit und überall zuschlagen, gewinnen und besetzen können. Dazu müssen die USA überall sein. Daher heißt es im National Security Strategy Dokument der USA, daß um die Gefahren für die Sicherheit der USA unter Kontrolle zu halten, benötigen die USA basen und Stützpunkte in Westeuropa, Nordostasien und darüber hinaus in aller Welt.932 Dieses hegemoniale Muster sollte sich auch konsequent nach den Anschlägen des 11. September wiederholen. Erst ließ Washington alle (NATO) Verbündeten ihre uneingeschränkte Solidarität bekunden, um dann praktisch im Alleingang Afghanistan zu bombardieren. Als sich dieser Krieg selbst für die größte Supermacht der Welt als zu verlustreich erwies, wurden die Verbündeten quasi gezwungen, ihre Bodentruppen nach Afghanistan zu schicken. Die US Operationen sind daher längst keine reine US / afghanische Offensive mehr. Der britische Historiker Eric Hobsbawm äußerte sich folgendermaßen über die generelle US Politik seit dem 11. September: „Die USA wollen die Weltherrschaft. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben sie dieses Ziel verfolgt.“933 Es dürfte daher klar sein, daß der 11. September im Sinne einer konsequenten hegemonialen US Außenpolitik zu verstehen ist. Somit ist es deutlich geworden, daß die USA schon lange vor dem 11. September geostrategische Interessen im Bezug auf Afghanistan und der gesamte Region, die locker als Kaukasus oder Zentralasien bezeichnet werden kann, gehabt haben. Aber erst der 11. September machte es den konservativen hegemonialen Gestaltern (Wolfowitz, Cheney, Rice, Krauthammer, ect.) der Bush Administration möglich, ihre hegemonialen Pläne zu implementieren. Und erst mit dem 11.9. könnten sie die sämtlichen 931 Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, DVA Verl., Stuttgart / München 2003, S. 127. 932 The National Security Strategy of the United States of America, Washington 2002, Government Printing Office, S. 29. 933 Der Spiegel, Nr. 12 / 18.3.02, „Die USA wollen die Weltherrschaft“, S. 146. - 323 - westlichen Staaten auffordern, bei der sog. Bekämpfung des internationalen Terrorismus mitzumachen. Hier zeigte sich auch, daß die Bush Administration rücksichtslose Hegemonialpolitik betrieben, ggf. auch gegenüber ihren Verbündeten. In diesem Sinn sollte Afghanistan die Brutstätte des internationalen Terrorismus sein, daß die USA aber Probleme mit dem Taliban Regime hatten, da dieses die US Hegemonie nicht ohne weiteres hinnehmen wollte, wurde natürlich in den westlichen (primär von den US Medienkonzernen kontrollierten) Medien nicht erwähnt. Und damit wurde auch absichtlich verschwiegen, daß der 11. September den USA in ihrer Afghanistanpolitik direkt in die Hände spielte und nicht opportuner hätte stattfinden können. Die derzeitigen Kriege in Afghanistan und im Irak zeigen deutlich, daß es hierbei um geo-strategisch ökonomisch wichtige Staaten geht, die die USA unbedingt kontrollieren wollen, da ohne diese Staaten ihre Hegemonie kaum implementierbar ist. Auch die Tatsache, daß die USA, 15 Jahre nach dem 2. Golfkrieg, immer noch militärische Stützpunkte in der Golfregion unterhalten läßt sich nur mit geostrategischem Kalkül erklären. Die US Regierung hat mit Kuwait unmittelbar nach dem Golfkrieg 1991 eine zehnjähriges Verteidigungskooperationsabkommen abgeschlossen, das den USA Zugang zu kuwaitischen militärischen Anlagen so wie die Vorpositionierung von US Militärgeräten in Kuwait gewährleistet, dies belegen kongressionelle Dokumente.934 Ähnliche Abkommen wurden von den USA mit Bahrain und Katar ebenfalls 1991 besiegelt. Diese Verträge ermöglichen es, den USA ihre Streitkräfte in der Region mit den Golfstaaten zu trainieren, militärische Manöver durchzuführen und dort Zugang zu Häfen und anderes militärischen Anlagen zu besitzen.935 Ferner haben die USA ein weitreichendes militärisches Abkommen mit Oman, welches seit 1981 besteht.936 So gesehen, sollen ihre militärischen Einrichtungen und Soldaten u.a. in Saudi Arabien ihre Hegemonie in der wichtigen Region sichern. Um ihre Hegemoniebestrebungen endgültig unter Beweis zu stellen, hat die US Regierung nun den Einsatz von „Mini“-Atomwaffen nicht mehr ausgeschlossen, als neue kriegspolitische Strategie, gegen die von ihr als Schurkenstaaten bezeichneten Nationen. 934 Aussage von Edward Djerejian, 30 Juni 1992, (USA) im House of Representatives Committee on Foreign Affairs, Subcommittee on Europe and the Middle East, One hundred second Congress, Second session, Developments in the Middle East, USGPO, Washington D.C., 24 & 30 June 1992, S. 86. 935 Faour, Muhammad: The Arab World after Desert Storm, United States Institute of Peace Press, Washington D.C. 1993, S. 89. 936 Aussage von Edward Djerejian, 30 Juni 1992, (USA) im House of Representatives Committee on Foreign Affairs, Subcommittee on Europe and the Middle East, One hundred second Congress, Second session, Developments in the Middle East, USGPO, Washington D.C., 24 & 30 June 1992, S. 86. - 324 - Hierüber schrieb die Frankfurter Rundschau: „Mit Sorge und Empörung hat die internationale Gemeinschaft auf die neuen US-amerikanischen Atomwaffenpläne reagiert. China zeigte sich schockiert über die Enthüllung, wonach es zu den sieben Zielländern für einen möglichen Atomwaffeneinsatz der USA gehört.“ Angeblich soll der Bericht des US- Militärs, auf Weisung von Präsident George W. Bush erstellt worden sein.937 Die Studie wurde 2000 in Auftrag gestellt und beinhaltet Pläne eines möglichen atomaren Angriffs auf den Irak, Iran, Libyen, China, Nordkorea, Syrien und Rußland. Es wurde erläutert, die USA würden diese Waffen einsetzen, wenn sie selbst mit chemischen, biologischen oder nuklearen Waffen angegriffen würden, oder im Falle von überraschenden militärischen Entwicklungen.938 Professor Peter Gowan schrieb längst in US-Hegemonie und globale Unordnung: „Seit 1990 kämpft Washington aus vitalen nationalen kapitalistischen Interessen heraus unablässig für seine Unipolarität und sein exklusives Entscheidungsrecht über die Kernangelegenheiten der Weltpolitik.“939 Also genau seit Washingtons Inszenierung des Golfkriegs mit der die USA zur einzig verbleibenden Supermacht wurden. Epilog: 9.0 Die konsequente Implementierung der Hegemonie Das bereits erwähnte Pentagon Dokument, welches nach dem 2. Golfkrieg veröffentlicht wurde, macht die hegemoniale Strategie zur Richtlinie der US Poltik nach dem Krieg. So werden in dem Pentagon-Papier von 1992, das die New York Times teilweise veröffentlichte, eindeutige Anweisungen über den Mittleren Osten und in anderen Regionen der Welt für US Politiker festgelegt. Es läuft darauf hinaus, daß Washington konsequent versuchen muß, alle möglichen Regionalmächte in der Region an deren Aufstieg zu hindern, damit die Hegemonie der USA nicht in Frage gestellt werden kann. Das 46 seitige Dokument vom 8. März bestätigt völlig unverblümt die hegemonialen Züge der US Außenpolitik mit dem Zitat: ´Zunächst müssen die USA die Führungseigenschaften zeigen, die notwendig sind, um eine neue Ordnung herbeizuführen und zu erhalten...` Über die NATO wurde verkündet: ´Wir müssen alles daran setzen, um etwaige Sicherheitsabsprachen auf ausschließlich europäische 937 Frankfurter Rundschau, Dienstag, 12. März 2002, Nr. 60/11, „US-Atompläne lösen weltweite Empörung aus“, S. 2. 938 The Guardian, (Europe) Monday, March 11, 2002, S. 8 & 11. 939 Gowan, Peter: US-Hegemonie und globale Unordnung, VSA Verl., Supplement der Zeitschrift Sozialismus 5/2002, Hamburg 2002, S. 6. - 325 - Initiative hin zu verhindern, ... `940 Es war diesbezüglich kein Zufall, daß im gleichen Jahr (1992) der derzeitige stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz „eine Richtlinie zur weltweiten Sicherung amerikanischer Interessen (`Defence Planning Guidance`), die nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig läßt“, veröffentlichte. „Der Studie zufolge müßten auch entwickelte Industrienationen wie etwa die NATO-Partner bei etwaigen Versuchen, die Führungsrolle der USA herauszufordern oder größeres regionales Gewicht zu erlangen, ´abgeschreckt` werden. Die Verbündeten müßten laut Wolfowitz unter einer Art ´Erwachsenen-Beaufsichtigung` (´adult supervision`) gestellt werden. Auch sollten die USA Europa und bestimmte Regionen in Ostasien nicht nur in militärische Protektorate verwandeln, sondern die Interessenwahrung dieser Protektorate gleich selbst übernehmen.“941 Dieses Pentagon Dokument wurde als „No-Rivals-Plan“ bekannt. Geträu der Hegemonietheorie hieß es dort wörtlich: `Wir müssen versuchen zu verhüten, dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle – ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Solche Regionen sind Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der früheren Sowjetunion und Südwestasien.`942 Wie die Hegemonietheorie bereits vorhersagt, schwinden mit der Zeit die Ressourcen, was den Antrieb, sich möglichst viel vom Rest zu sichern, erhöht. In den USA weiß die Elite, daß die Ökonomie nicht auf eine plötzliche Steigerung des Ölpreises vorbereitet ist. Die teuren und wenig ergiebigen Gebiete reichen nicht mehr aus, um die USA zu versorgen, daher führt der einzige Weg mitten ins Zentrum des Mittleren Ostens, deswegen auch die Bestrebung, wie es verharmlosend heißt, diese Region zu demokratisieren. Ist dieser Plan erfolgreich, werden die Ölreserven der Region fast exklusiv von den USA kontrolliert, damit ließen sich nicht nur die EU und Japan, 2 der größten Hauptwirtschaftskonkurrenten der USA, kontrollieren und dirigieren, sondern auch die aufstrebende Großmacht China wäre dann von US Ölfirmen Energieversorgungsmäßig abhängig.943 Die USA sind, wie Michael Kreil voraussagte, (durch ihre Kriege seit dem Golfkrieg 1991) längst die Hegemonialmacht geworden, die sowohl ´maker` als auch ´breaker` von Regimen ist. Dies ist völlig im Einklang mit der Hegemonie Theorie, da laut Gilpin der Golfkrieg 1991 ein hegemonialer 940 Flounders, Sarah: Die bosnische Tragödie - Die unbekannte Rolle der USA, Ahriman-Verl., Freiburg September 1996, S. 40 f. 941 Euro-Kurier, Nr 3., Juni 2002, „Nein zur Interventionsarmee - Wird die Bundeswehr im Antiterror- Krieg verheizt?“, S. 9. 942 „Prevent the Re-Emergence of a New Rival“, New York Times, 8. 3. 92., zitiert in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 4 / 92, S. 429. 943 Vgl.: Irak Krieg – Das angedündigte Verbrechen, Marxistische Blätter Special, Neue Impulse Verl., Essen 2003, “Die imperialen Ambitionen der USA“, von H. Magdoff, John Foster, Rober McChesney & Paul Sweezy, S. 11. - 326 - Krieg war, der das internationale (Staaten) System neu ordnete, so daß die USA davon nicht nur profitieren, sondern auch dessen Regeln bestimmen würden. Es kommt daher zur einer neuen Verteilung der Macht sowie eine Neuordnung in den Grundbestandteilen des Systems. Laut Gilpin trägt dieser hegemonialer Krieg zu einer territorialen Verteilung unter den Staaten des System bei: Irak wurde aus Kuwait vertrieben. Ebenfalls war diese Aktion exakt im Einklang mit der Gilpinschen Theorie, nach der die Hegemonialmacht (USA) versucht den Status Quo wiederherzustellen, während die aufstrebende Macht, in diesem Fall der Irak versuchte ihn territorial zu beseitigen. Aber dieses beseitigen bezieht sich nicht nur auf Territorium. Die aufstrebende Macht versucht auch die Regeln des Systems zu verändern. Genau dies tat die Regionalmacht Irak nachdem Hussein mit Reden versuchte die arabischen Staaten davon zu überzeugen, den Einfluß der USA rückgängig zu machen oder wenigstens zu neutralisieren. Die dominante Macht, die USA, ging dann weiter nach der Hegemonietheorie vor, als sie nach dem Golfkrieg 1991, die neuen Regeln und eine neue Arbeitsteilung etablierte. Schon vor dem Krieg wurde mit Bushs Rede über die „Neue-Weltordnung“ klar, daß die USA vor hatten die Regeln neu zu definieren, die von da ab für das System gelten würden. Die wichtigste dieser Regeln war, daß von nun an, die USA nicht nur das Öl des Westens beschützen, sondern, daß hierfür von den Alliierten finanzielle Unterstützung gefordert wurde. Somit war klar, daß nur die USA als letzte verbleibende Supermacht, die allgemeinen Regeln des System nun bestimmen würden. Was die Arbeitsteilung betraf wurde klar, daß durch den von den USA erwzungenen relativ niedrigen Ölpreis, die Öl produzierenden Länder der Dritten Welt unter noch schlechteren Arbeitsbedingungen leiden würden. Wie schon im theoretischen Teil der Arbeit beschrieben, war das dirkete Resultat des Kriegs die Auflösung des ausländischen Arbeiter Proletariats in den Golfstaaten. Vor allem das stärkste Arbeiter Proletariat im Irak wurde durch den Krieg vernichtend geschlagen, was ganz im US Interesse und deren Ölkonzernen war. Dies schaffte eine Neuordnung der Arbeitsteilung, von den nun die US Ölfirmen im Irak profitieren, die mit der (neo)marxistischen Theorie übereinstimmt. Gemäß der Hegemonietheorie stellte der hegemoniale Krieg auch eine relativ stabile Ordnung her, und das internationale System wird nun durch die neuen Realitäten der Machtverteilung regiert. Wichtig ist auch, daß laut Gilpin nicht gleich eine neue Hegemonialmacht wegen dem Krieg entstehen muß. So streben die USA (nach dem Krieg) die Hegemonie auch weiter an. Auch die 3. Grundcharaktere des hegemonialen Kriegs wurden erfüllt: (1) Der Konflikt - 327 - wird total und beinhaltet letztendlich die Partizipation aller Hauptstaaten des Systems. Beim Golfkrieg 1991, waren fast alle Staaten auf Seite der USA. Der Krieg war in sofern total, da er die größte Truppenansammellung seit dem 2. Weltkrieg und die massivste Bombardierung seit dem Vietnamkrieg darstellt. (2) Es geht um die Grundgestaltung des Systems und die Art wie es regiert wird. Die Legitimität des System wird in Frage gestellt. Daher sind hegemoniale Kriege unlimitierte Konflikte; sie sind zugleich politisch, ökonomisch und ideologisch in ihrer Signifikanz und Konsequenz. Sie richten sich auf die Zerstörung der Macht, die gegen die „Ordnung“ verstößt. Genau dies wa bei der Besetzung Kuwaits der Fall. Die aufstrebende Regionalmacht Irak beabsichtigte, die territorialen sowie die wirtschaftlichen Grundlagen mit einer Invasion Kuwaits zu ihren Gunsten zu verändern. Mit der Aneignung des kuwaitischen Erdöls hatte Irak seinen Ölvorrat fast verdoppelt, besaß nun ca. 20% der Weltreserven, und hatte somit das von den USA dominierte internationale System abrupt in Frage gestellte, bzw. herausgefordert. Wäre diese Annextion also nicht rückgängig gemacht, würden alle Grenzen im Mittleren Osten automatisch in Frage gestellt seien, da sie von Kolonialmächten gezogen wurden und somit künstlich sind. Dies hätte die ganze Legitimität (aus westlicher Sicht) der Region in Frage gestellt. Auch politisch ginge es um die Möglichkeit des Irak unabhängige Politik zu gestalten, ohne Einmischung von Außen. Ökonomisch ging es um den Ölbesitz des Irak & Kuwait und wer ihn vertreiben darf. Ideologisch war es ein Konflikt zwischen kapitalistischen Ländern angeführt von den USA und einem Irak, der eine merkwürdige Art von diktatorischen arabischen Sozialsmus prädigte, der sich, Anfang 1990, gegen US Interessen richtete. Als die Krise sich zuspitze zeigte sich jedoch schnell, daß die islamische Welt generell hinter dem Irak stand und die USA (sowie den Westen) als imperialistische Mächte empfand, die einen reaktionären Imperialismus wiederherstellen wollten. Aber die ideologischen Trennlienien waren noch viel tiefgreifender, da der Krieg der erste Nord-Süd Konflikt war, in dem ein grob geeinter Norden, unter Führung der USA, die Rekolonialisierung des Südens einleitete. Auch in dieser Hinsicht war der Krieg ein hegemonialer, da die USA als Hegemonialmacht nicht nur den Status Quo gegen den Irak verteidigten, sondern da sie mit diesem Krieg den ersten seiner Art einleiteten, um weitere dieser Art folgen zu lassen, im Kosovo, Afghanistan und erneut im Irak. Wo es primär um Ressourcen-Sicherung ging und wo wiederum der Norden unter US-Führung gegen den Süden (die dritte Welt) Krieg führte. (3) Hegemonialer Krieg ist in seinen Mitteln unlimitiert was die Kriegsführung betrifft. Die Einschränkung von Gewalt und Verrat sind nur durch den Stand der Technologie, den gegebenen Ressourcen und die Angst vor Vergeltung gedämpft. Auch dies paßt hervorragend zum Golfkrieg. Die Mittel die verwendet - 328 - wurden waren unbegrenzt. Die USA warfen in diesem Krieg mehr Bomben ab mit einer größeren Sprengkraft als alle Bombardements im 2. Weltkrieg, während sie von geächteten Waffen wie z.B. Napalm und Fuel-Air-Explosives, (Benzin-Druck Bomben) massiv Gebrauch machten. Auch die später sehr umstrittene abgereicherte US Uran-Mantel Munition wurde massiv verwendet, während Washington mit dem Einsatz von Atomwaffen drohte, vor allem wenn der Irak chemische Waffen einsetzen würde. Eigentlich war der Einsatz der Uran- Geschosse an sich schon ein verdeckter atomarer Krieg. Verrat wurde in sofern eingesetzt, daß Irak in eine Falle in Kuwait gelockt wurde, als die USA versichern ließen der irakisch- kuwaitische Grenzstreit gehe sie nichts an. Am wichtigsten war jedoch, daß es bei dem Golfkrieg um „das regieren des internationalen Systems ging“. Die Biopolarität wurde durch den Krieg schlagartig aufgelöst und als direkte Konsequenz waren nun nur noch die USA die einzig verbleibende Supermacht der Welt. Deswegen war es für die USA nun möglich geworden, ihren hegemonialen Bestrebungen nachzugehen. Mit diesem hegemonialen Krieg konnten die USA die Welt nun mehr nach ihrem Vorstellungen dominieren. Glipins Auffassung, daß der Konflikt im internationalen System sich erhöhen wird weil mit zunehmenden Alter das internationale System komprimierter wird, da die Staaten dazu tendieren zu expandieren und die Distanz zwischen ihnen sich verringert, was zunehmend das Konfliktpotential zwischen diesen erhöht, erweist sich als richtig. Dies löst den ehemalig leeren Raum um die Zentren im System auf. Die Ausbeutungsmöglichkeit der Ressourcen nimmt ab und Möglichkeiten für wirtschaftliches Wachstum werden geringer. Im System verdeutlichen sich die Grenzen des Wachstums sowie die Expansion der Staaten, was zunehmend Konflikte hervorruft. Die drei großen US Kriege nach dem Golfkrieg 1991: 1999 im Kosovo, 2001 gegen Afghanistan und 2003 gegen den Irak zeigen wie die Konflikte im internationalen System stetig zunahmen, und bestätigen somit die Hegemonietheorie. Interstaatliche Aktion wird somit mehr und mehr zu einem Gewinn des einen Staates, während er im Vergleich für die anderen einen Verlust darstellt. Die These, der schwindenden Rohstoffe der Hegemonietheorie parallel zur zeitlich zunehmenden Konfliktbereichtschaft der Groß- und Supermächte, wird nun immer offensichtlicher. So zeigt sich einerseits schon heute, daß es 2005 mit dem Rohstoff Erdöl bergab geht, da der Bedarf steigt, während das Angebot sinkt und somit die Preise steigen, was zur Folge hat das Öl teuer bleiben wird. Aber Öl bleibt für jede moderne Industrienation unersetzlich. Und der Kampf um das „schwarze Gold“ hat längst angefangen. China benötigt - 329 - für seine rapide Industrialisierung, die in Weltrekordgeschwindigkeit entstanden ist, nach den USA, das meiste Öl.944 Somit wird klar, daß die USA versuchen auch die Wirtschaftskraft Chinas über den Machtfaktor Öl zu dirigieren und wenn nötig einzuschränken. All dies ist aber nur das Vorspiel der Motorisierung von 3 Milliarden Asiaten in Asien.945 Die Konfliktbereitschaft wird gerade zu exemplarisch durch die neue aggressive atomare Strategie der Supermacht USA verdeutlicht. Die Hegemonie Theorie muß nach dem 2. Golfkrieg als durchaus relevant für die internationalen Beziehungen gelten. Dies um so mehr, als sich nach dem Ende der Biopolarität die USA an zahlreichen Kriegen und Interventionen als führende Militärmacht beteiligt haben. Vordergründig wurden diese von den Massenmedien oft als Aktionen oder Interventionen (im Gegensatz zu Kriegen) zur Wiederherstellung von Menschenrechten, Ordnung, Stabilität, internationalen Gesetzen und der Bekämpfung des internationalen Terrorismus eher euphemistisch dargestellt. Wie die Hegemonietheorie aber schon voraus sagt, werden hegemoniale Kriege immer als humanitäre Aktionen von den Großmächten dargestellt, um diese als legitim erscheinen zu lassen. Auch der zweite US Krieg gegen den Irak fünktionierte für die USA nach der Hegemonietheorie, da es um das Ausfüllen eines Machtvakuum ging, nach dem der Irak durch die US forcierten Sanktionen über ein Dekade lang geschwächt wurde. Dieses Eingreifen in ein Machtvakuum, wird auch von den Realisten der Hegemonie Theorie vorausgesagt, wie im Theorieteil bereits beschrieben. Da die Hegemonietheorie jedoch besagt, daß eine Nation, die nach Hegemonie strebt, nicht aufhören wird ihr Ziel zu verfolgen, bis sie als einzige Hegemoniemacht die Weltordnung in ihrem Interesse gestalten kann. Dieser Theorie zufolge werden die USA sich nicht mit ihrem Sieg am Golf zufrieden geben. Offizielle US Dokumente bestätigen dieses hegemoniale Vorgehen in aller Welt, vor allem wo es um die Sicherung strategischer Rohstoffe und die damit verbundenen lukrativen Geschäfte geht. Die US Politik ist nach dem 3. Golfkrieg, daher vehement von Überlegungen der neo- konservativen Realisten geprägt, die eine konsequente Machterweiterung bis hin zur Hegemonie anstreben. Zu dieser geopolitischen Strategie paßt das Konzept des US Verteidigungsministerium wie die berüchtigte Faust aufs Auge. In dessen neusten, aller vier Jahre erscheinenden Statusbericht, erschien folgende Strategie: „weltweit den Zugang vor allem zu den 944 Der Spiegel, Nr. 42/11.10.04, „China Geburt einer Weltmacht“, S. 114. Allein im Jahr 2003 erhöhte sich der Ölimport für China um 15 %. - 330 - Energieressourcen zu sichern; keine auch nur lokale Dominanz in Mittelasien zuzulassen, und drohender Dominanz militärisch zuvorzukommen.“946 Vervollständigt wird diese aggressive Hegemonialpolitik der US Regierung durch die Kriegswirtschaft der USA, bei der die Waffenproduktion die Konjunktur ankurbelt; der Krieg das Volk zum Gehorsam mit Notstandsgesetzen zwingt und die Rüstungswerte mit jeder Kriegsvorbereitung wieder nach oben steigen. Die Innen- und Außenpolitik ist längst in den Händen der plutokratischen Öl- und Gasgesellschaften, die sich mit dem m.i.K. in einer unheiligen Allianz, zu einer gigantischen Oligarchie, verbunden haben..947 Schon rein militärisch gesehen sind die USA geradezu bestrebt ihre Interessen, falls nötig militärisch, zu erlangen. Dies zeigt sich u.a. durch die Tatsache, daß sie als Nation, die weniger als 5% der Weltbevölkerung ausmacht, ganze 36% der weltweiten Militärausgaben für sich beansprucht. Dies bedeutet nichts anderes als, daß sie weitaus mehr als ein Drittel der gesamten Militärausgaben in der Welt auf sich nehmen und daher als Nation unangefochten die stärkste Militärmacht der Erde sind.948 Die Hegemonialtheorie Gilpins besagt in diesem Sinne, daß die Hegemonie bestrebende Macht alles tun wird, um ihre Weltordnung dem Rest der Welt aufzuzwingen, alle reluktanten Staaten (i.e. Afghanistan, Irak) müssen daher besiegt oder verdrängt werden, damit letztendlich die unipolare Hegemonialmacht die gesamte Welt nach ihren Vorstellungen beherrscht. Der hegemoniale Kurs der USA offenbart am eklatantesten an ihre Irakpolitik. Da der Irak sich mehr als 12 Jahre lange, nach dem verheerenden Golfkrieg, gegen die US Dominanz in der Region gewendet hat, hat die USA stets versucht die genozidartigen Sanktionen zu verschärfen, damit der Irak als Regionalmacht aus der Region total verschwindet. Als die Sanktionen letztendlich scheiterten griff Washington den Irak 2003 erneut an. Eigentlich gab es aber keinen echten Frieden für den Irak nach dem Golfkrieg 1991, da im Norden und Süden des Landes die USA & G.B. „Schutzzonen“ errichteten von denen sie den Irak über eine Dekade willkürlich angriffen.949 Auch hier zeigt sich wie die USA längst gemäß Gilpin vorgingen und die Regeln des internationalen System von nun an bestimmten. Iraks Souveränität galt in den „Schutzzonen“ nicht mehr, da dieser in drei circa gleich große Zonen aufgeteilt wurde. Nur das restliche Irak, der mittlere Teil des Landes, 945 Frankfurter Rundschau, Montag, 8. November 2004, Nr. 261, „Die große Chance“, S. 7. 946 Department of Defense: Quadrennial Defense Review Report, Washington 30. September 2001, zitiert in: Sozialismus, Januar 2002, „Hat der Krieg Gründe - oder ist Bush verrückt?“, von Thomas Immanuel Steinberg, S. 59. 947 Sozialismus, Januar 2002, „Hat der Krieg Gründe - oder ist Bush verrückt?“, von Thomas Immanuel Steinberg, S. 59. 948 Frankfurter Rundschau, 14. Juni 2002, Nr. 135/24, „Die Rüstungsspirale dreht sich wieder schneller“, S. 2. - 331 - wurde von Hussein regierte und besaß eine gewisse Autonomie. Auch die vielen Putsch Versuche, der US Regierung gegen Bagdad, die oft in den Medien als notwendig und human dargestellt wurden, zeigten wie sehr Washington bereits internationales Recht mit seinen eigenen Regeln ersetzt hatte, da diese still schweigend akzeptiert wurden. Dies gilt auch für das Aushebeln der UNO, das ja mit dem Golfkrieg 1991 anfing (als der Kriegskurs exklusiv von den USA bestimmt wurde) und konstant über die schwere Dezember Bombardierung Clintons von 1998, sowie die 2001er Bombardierung zu Bushs Amtseinführung, bis zum illegallen 2003er Krieg gegen Bagdad weitergeführt wurde.950 Wie bereits erwähnt hat die US Regierung nun den Einsatz von „Mini“-Atomwaffen nicht mehr ausgeschlossen, als neue kriegspolitische Strategie gegen die von ihr als Schurkenstaaten bezeichneten Nationen und somit ihre Hegemoniebestrebungen endgültig unter Beweis gestellt. Dies steht absolut im Einklang mit der Hegemonietheorie, die besagte, daß ein hegemonialer Krieg unbegrenzt ist was die Anwendung von Waffen und Technologie betrift und daß nur die Angst vor Vergeltung diese Anwendung verhindern kann. Daß die neue offensive Atomkriegspolitik nur eine weitere Attrappe auf dem Weg zur Hegemonie ist, zeigt auch, das folgende Zitat: „Die neue ´Nuclear Posture Review` (NPR) lässt befürchten, dass die USA nach dem Ende des Kalten Kriegs dabei sind, die Zusammensetzung und die Einsatzbereiche ihres nuklearen Arsenals dem Ziel anzupassen, ihre Stellung als einzige verbliebene Supermacht auf Dauer zu zementieren.“951 Hierzu paßt auch, daß die Bush- Doktrin äußerst euphemistisch als „vorbeugende Militäraktion“ bezeichnet wird. Denn Bush bestätigte mit seinem martialischen Kommentar, die USA „müssten ... den Kampf zum Feind tragen, bevor sich die Bedrohung herauskristallisiere.“ Kubbig vom Hessischen Institut für Friedens und Konfliktforschung kommentierte diese Aussage Bushs, mit den folgenschweren Worten: „Diese Doktrin kommt einem Freifahrtschein für unilaterale Waffengänge gegen Staaten gleich, die über Massenvernichtungswaffen verfügen und/oder den US-Forderungen nicht nachkommen, Terrorzellen zu bekämpfen.“952 Letztendlich deutet alles, ganz im Rahmen der Hegemonie Theorie, darauf hin, daß die US Regierung versucht, zur Hegemonialmacht der Welt zu werden, welche dann aus einer Position der Stärke die Weltordnung neu und stets nach ihren Interessen gestalten kann. Diese Hegemoniebestrebung sollte aber nie nur im engen Rahmen des Militarismus 949 Simons, Geoff: Targeting Iraq – Sanctions and Bombing in US Policy, Saqi Books, London 2002, S. 179-201. 950 Vgl. Khan, Mansur: Das Irak-Komplott – Mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Tübinen 2004. 951 Der Spiegel, Nr. 12 / 18.3. 02, „USA - Den Knüppel herausgeholt“, S. 135. 952 Frankfurter Rundschau, 14. Juni 2002, Nr. 135, „Jetzt haben die USA den Freifahrtschein für unbegrenzte Aufrüstung“, von Bernd W. Kubbig, S. 7. - 332 - verstanden werden, da z.B. die Globalisierung der Welt in erheblichen Maße von den USA vorangetrieben und genutzt wird. Auch politisch und kulturell bestimmen die USA die Gestaltung der Welt in einem bisher einzigartigen Maße. Auch dies ist eine wichtige Komponente der Hegemonietheorie Gilpins: Die Werte, Symbole und Institutionen der aufstrebenden und dominierenden Macht werden dem Rest der Welt auferzwungen, so daß die (US) Werte zu globalen Werte werden. So kann es nicht überraschen, wenn die Weltmassenmedien nicht nur von US Konzernen dominiert werden, sondern deren Lebensweisen als fortschrittlich preisen. Charles Kupchan schrieb diesbezüglich: „Die Weltwirtschaft ist stark gewachchsen, weil sie von der Amerikanisierung nicht zu trennen ist. Die Stabilität des globalen Marktes ist Amerikas Willen geschuldet, diesen Markt zu kontrollieren. ... Die Vereinigten Staaten haben die Regeln bestimmt und die Globalisierung benutzt, um die Welt nach ihrem Bilde zu formen. Viele Länder haben dabei mitgespielt, weil sie keine Wahl hatten.“953 Demokratie, Menschenrechte, freie liberale Marktwirtschaft, all dies sind Begriffe und Schlagwörter, die sofort mit den USA und deren Kultur assoziert werden und damit einen großen Einfluß auf die Weltordnung ausüben. Wie aus der Arbeit ersichtlich geworden ist, agieren und reagieren die USA stets so, wie die Hegemonietheorie dies voraussagt und fordert. So agierte und reagierte die US Regierung auch im zweiten Golfkrieg, da die enorme Schwächung der Sowjetunion die Bipolarität auflöste und somit ein Machtvakuum ermöglichte, das die USA zu ihrer Machterweiterung konsequent ausnutzten. Mit einer cleveren Inszenierung brachten sie Saddam Hussein und den Irak in eine realpolitische Falle, aus der dieser keinen Ausweg fand, so daß die USA dann militärisch angreifen konnten und damit, auf Kosten aller potentieller Konkurrenten, ihre gesamte Ausgangsposition zur Durchsetzung ihrer Interessen im Mittleren Osten enorm verbesserten. Der irakische Einmarsch in Kuwait war daher notwendig, damit die USA ihre eigene Macht in der Region ausüben und diese damit noch erweitern konnten. Auch der 11. September, der den USA das Angreifen gegen die Taliban in Afghanistan ermöglichte und mit dem teilweise später der erneute Angriffe auf den Irak 2003 legitimiert wurde, wurde konsequent in hegemonialer Manier ausgenutzt. Wobei es gar nicht einmal drauf ankommt, in wie fern die USA am 11.9.01 wirklich überrascht wurden, oder ob sie durchaus zielbewußt „wegsahen“, damit ihre hegemoniale Politik legitimerer erschien. Der Politologe Chalmers Johnson, ein ehemaliger Berater der CIA sagte in einem Spiegel Interview über den 11. September folgendes aus: „Es gibt jedoch einflussreiche 953 Kupchan, Charles: Die europäische Herausforderung – Vom Ende der Vorherrschaft Amerikas, Rowohlt Verl., 1. Aufl., Berlin 2003, S. 106. - 333 - Persönlichkeiten in Washington, die die Militarisierung der internationalen Politik als glänzende Gelegenheit sehen, um ihre eigenen verdeckten Absichten zu verfolgen: Sie befürworten Angriffe auf den Irak, die Kontrolle über die Öl- und Gasvorkommen in Zentralasien und die Einkreisung Chinas. Der Aufbau eines Raketenschirms soll der erste Schritt auf dem Weg zur Zementierung der weltweiten US-Vorherrschaft sein.“954 9.1 Schlußbetrachtungen Daß die USA überhaupt in eine so günstige Ausgangsposition zur Erlangung der globalen Hegemonie vorschreiten konnten, war nur über den zweiten Golfkrieg möglich geworden. Daher muß dieser 1991er Krieg, um die Hegemonie, als ein entscheidender des letzten Jahrhunderts gelten, da es nur mit diesem den USA gelang die Bipolarität komplett zu beseitigen, um als globale dominierende Ordnungsmacht gemäß der Hegemonie Theorie aufzusteigen und dann die Weltpolitik nach ihren machtpolitischen Vorstellungen zu gestalten. Die Wiederwahl von George W. Bush wird die hegemonialen Tendenzen noch verstärken955, da dieser sich durch die erneute Wahl zum Präsidenten in seinen Handlungen bestätigt sieht und auch keine Rücksicht mehr auf einen weiteren Wahlkampf nehmen muß. So überrascht es auch nicht, daß Bush kurz nach seiner Wiederwahl verkündete: `Unsere Mission besteht darin, dem ganzen Nahen Osten Freiheit zu bringen.`956 Bush jr. sieht seine Mission darin „der Demokratie den Weg zu bahnen und den militanten Islamismus endgültig zu besiegen.“957 Daher deutet alles auf eine erneute Konfrontation mit möglichen Kriegen gegen die islamischen Staaten dieser Welt. Bush glaubt dabei anscheinend an einen endgültigen US Sieg. Obwohl der Irak-Krieg schlecht verläuft, nach den privaten Aussagen des ehemaligen US Außenministers Colin Powell gewinnen derzeit die Aufständigen im Irak.958 Es zeigt sich daher, wenn die USA ihren enormen Konsum und den dazu gehörenden gigantischen Energieverbrauch auch weiterhin nicht aufgeben wollen, wovon auszugehen ist, funktioniert dies nur durch die Kolonialisierung der rohstoffreichen Teile der Erde. Schon ein US Dokument aus dem Jahre 1948, das erst 1967 veröffentlicht wurde, zeigt wie sehr diese 954 Der Spiegel, Nr. 42 / 2001, Ausland / USA: „Kein Rezept für den Frieden“, Interview mit Chalmers Johnson, S. 206. 955 Was sich schon kurz nach der 2. Wiederwahl Bushs mit der US Offensive in Falluja im Irak andeutete. Siehe u.a. Der Spiegel, Nr. 48, 22.11.04, „Irak – Ein katastrophaler Sieg“, S. 126-129. 956 Der Spiegel, Nr. 46/8.11.04., „Die rechte Revolution“, S. 130. 957 Ebenda, S. 132. 958 Ebenda, S. 132, 134. - 334 - Regierung die ungerechte Ordnung der Welt aufrecht erhalten will. So steht in jenem Dokument, daß die USA damals ca. 50% des Rechtums der Welt besitzen, aber nur 6,3 % der Weltbevölkerung. Dennoch wurde angestebt, internationale Beziehungen aufzubauen, die es den USA erlauben, diese Stellung der Ungleichheit aufrecht zu halten.959 Laut US Statistiken nehmen sich die 4% der US Bevölkerung 25% des Weltreichtums. Dies ist das amerikanische Kuchenstück. Und wiederum 5% der Amerikaner nehmen sich 21% dieses Stücks.960 Wegen der mit zunehmender Zeit schwinden (Öl) Ressourcen versucht die US Führung sich so viele (strategisch) Rohstoffe im Ausland anzueigen wie möglich, da ohne diese selbst das Krieg führen nicht mehr möglich ist! Die Hegemonie wird also nicht mehr nur wegen ihrer selbst angestrebt, sondern auch einfach weil der Turbo-Kapitalismus der USA ohne eine ökonomische Besitzergreifung, sprich indirekte Kolonialisierung nicht mehr funktionsfähig ist. Es wird daher immer klarer, daß die US Regierung schon aus wirtschaftlichen Gründen die Rohstoff reichen (islamischen) Staaten bezwingen muß, ob durch Krieg, Umsturz oder Markteroberung in der Form von Globalisierung, die stets von den USA ausging, da ihr Konsumdrang dies befiehlt. Der Historiker Emmanuel Todd beschrieb die USA als ein schwarzes Loch, das Kapital und Rohstoffe vom Rest der Welt absaugen würde, ohne dafür einen realen Gegenwert zu geben.961 Der einzige Grund, warum dieses absurde Verhältnis noch bestehe ist, daß die USA mit dem Dollar über die Weltwährung verfügen und diesen ohne entsprechenden Gegenwert drucken können. Um das Szenario eines ökonomischen US Niedergangs abzuwenden, steuerte die Bush Administration 1990 zielbewußt auf einen Krieg mit dem Irak zu, um die Ölreserven des Mittleren Ostens noch enger und direkter zu kontrollieren. Damit konnte der schwächelnde Dollar noch einmal durch das essentiell wichtige Öl aufgewertet werden. Denn schon 1990 hatte der Dollar gegen den Yen und die D-Mark kontinuierlich an Wert verloren, was die Investoren der USA-AG zunehmend beunruhigte. Die Folgen einer solchen Euro- zentrierten Politik hätten das Ende des „freien Öls“ für die USA bedeutet. Diese Gefahr ist sehr real. Der zuvor erwähnte französische Historiker Todd sagte als Grund für den Untergang der USA zwei Hauptgründe vorraus: Ein zu hoher Ölpreis und eine starke Abwertung des Dollars. Beides existiert zur Zeit bis zu einem gewissem Grad, wobei der Ölpreis ein doppelschneidiges Schwert ist, da die USA Dank ihrer Sonderstellung des Dollars weitaus weniger von einem hohen Ölpreis betroffen sind als ihre Wirtschaftskonkurrenten. 959 U.S. Department of State, Policy Planning Staff: Review of Current Trends: U.S. Foreign Policy, Foreign Relations of the United States, 1948, Volume 1, Part 2, S. 510-529. 960 U.S. Department of Commerce / U.S. Census Bureau: The Changing Shape of the Nation´s Income Distribution, Washington D.C. 2000, S. 4. - 335 - Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Tatsache, daß die USA ihr importiertes Öl nicht nur mit generell sich entwertenden Dollars bezahlen, sondern, daß die Ölproduzenten des Mittleren Ostens die gigantischen Schulden der USA mit finanzieren. Die USA drucken daher Hunderte von Milliarden dieser fiat-Petro-Dollar, die dann von den Staaten der Welt zum Kauf von Öl bei den OPEC-Produzenten verwendet werden. Fachleute haben die Kontrolle über die globale Ölförderung für die USA schon als deren Überlebensfrage bezeichnet.962 Trotzdem war der 2. Golfkrieg für die USA der hegemoniale Krieg, den diese benötigten, um erstens die Biopolarität abzuschaffen und zweitens um ihre Position als potentielle Hegemonialmacht in aller Welt auszubauen. Nur mit diesem Krieg gelang es ihnen die ebenso geo-strategisch wie ökonomisch wichtige und essentielle Region des Mittleren Ostens auf Dauer zu kontrollieren. Mit dem siegreichen Krieg folgte die Kontrolle über das Erdöl der Region. Ironischer Weise war es der besiegte Irak, dessen Öl die USA nicht kontrollieren konnten. Aber dies würde den USA in einem erneuten Krieg 2003 gelingen. Mit den Ölreserven den Mittleren Ostens unter US Kontrolle konnte auch der seichte und schwache Dollar aufgewertet werden. Dies war seit den 70er Jahren stets ein Bestreben der USA gewesen. Mit dieser „Petro-Dollar-Recycling“ Methode hatten die USA die Schwäche des Dollars nicht nur überwunden, sondern es gelang ihnen auch vom Goldstandard zu einem Ölstandard umzusteigen, dies war bitter nötig geworden, nachdem 1971 die USA auf Grund von relativer Wirtschaftsschwäche vom Goldstandard abweichen mußten. Somit wurde nach den 70er Jahren von den USA erneut die „Ölwaffe“ auch gegen Wirtschaftskonkurrenten, die vom Öl weit abhängiger als die USA waren, eingesetzt.963 Als Fazit läßt sich daher sagen, daß die US Außenpolitik auch weiterhin bestrebt sein wird, die Hegemonie zu erlangen. Leider zeigt die Geschichte, daß Großmächte nur selten (wie die Sowjetunion) friedlich und daher kampflos abtreten.964 Auch die Bush Regierung hat nicht den Eindruck hinterlassen, daß sie gedenken würde als Supermacht von der Weltbühne abzutreten. Das Gegenteil trift eher zu, wie ihre expansionistische Außen- und Kriegspolitik, seit dem 11. September, deutlich unter Beweis stellte. 961 Todd, Emmanuel: Weltmacht USA – Ein Nachruf, Piper Verl., München / Zürich 2003, S. 157. 962 Siehe u.a.: Pilz, Peter: Mit Gott gegen Alle – Amerikas Kampf um die Weltherrschaft, DVA Verl., Stuttgart / München 2003, S. 193. 963 Siehe u.a. Khan, Mansur: Das Irak-Komplott – mit 3 Golfkriegen zur US-Weltherrschaft, Grabert Verl., Tübingen 2004, S. 38-54, 314-320. Vgl. auch: Engdahl, William F.: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht – Der Weg zur neuen Weltordnung, Dr. Böttiger Verl., 3. Aufl., Wiesbaden 1997. 964 Kupchan, Charles: Die europäische Herausforderung – Vom Ende der Vorherrschaft Amerikas, Berlin 2003, S. 222, 234. - CCCXXXVI - L I T E R A T U R V E R Z E I C H N I S A B R A H M A S, Eddie (Ed.): The New Warlords – From the Gulf War to the Recolonisation of the Middle East (by), Counterattack No 3, London 1994. A B U R I S H, Said K.: Ölscheichs und Tyrannen – Der märschenhafte Aufstieg und Verfall des saudiarbischen Königshauses, Knauer Verl, München 1995. A B U R I S H, Said: A Brutal Friendship - The West and the Arab Elite, Victor Gollancz, London 1997. A D A M S, James Thuslow: The Epic of America, Little, Brown & Company, Boston 1934. A D E L, Darwish / G R E G O R Y, Alexander: Unholy Babylon The Secret History of Saddam´s War, St. Martin´s Press, New York 1991. 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S e l b s t ä n d i g k e i t s e r k l ä r u n g Ich erkläre hiermit, daß ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet. Mir ist bekannt, daß andernfalls der Senat gemäß dem Gesetz über die Universität zum Entzug des aufgrund dieser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist. Mörfelden-Walldorf, 26.06.2005 ______________________ L E B E N S L A U F Nationalität Deutsch Geburtsdatum 1965 3. Dezember Kaiserslautern, als Sohn des Arztes und Naturwissenschaftlers Prof. Dr. med, Dr. Sc. M. H. Khan und seiner Ehefrau Dr. med. Helga Khan geb. Schenk. Schule 1972 Volksschule Walldorf Klasse 1-4 1977 Rhein Main Elementary School Klasse 5-7 1980 Rhein Main Junior High School Klasse 8-9 1982 Frankfurt American High School Klasse 10-12 1985 Graduation (Abitur) (11. Juni) Universität 1986 Aufnahme zur University of Maryland 1990 Abschluß / B.A. Political Science 1990 Aufnahme zur Boston University (Mai) 1992 Abschluß / M.A. International Relations (Januar) 1993 Aufnahme zur University of Maryland 1994 Abschluß / B.Sc. Economics (August) Civil Superior Service Examen - (Auswahlverfahren zum diplomatischen Dienst Pakistan) bestanden. Publikationen 1998 Veröffentlichung meines Buches: „Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege“ Erschienen Oktober 1998 (2. Aufl. 2002) 1999 „Vom Wüstensturm zum Wüstenfuchs – Amerikas langer Krieg im Mittleren Osten“, Artikel in Deutschland in Gegenwart & Geschichte, Nr. 1. März 1999, S. 4 ff. 2000 Veröffentlichung meines Buches: „Das Kosovo-Komplott“ Erschienen 14. Februar 2000 2002 Im Buch: „Die Welt nach dem 11. September“, als Coauthor die Kapitel: „Afghanistan im Kreuzfeuer der amerikanischen Kriegspolitik“ & „Der Islam als Feindbild der westlichen Gesellschaft“. 2004 Veröffentlichung meines Buches: „Das Irak-Komplott“ Erschienen August 2004